Urteil vom Landgericht Duisburg - 7 S 203/87
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts
Mülheim an der Ruhr vom 16. März 1987 - 19 C 778/86 -
teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 3.210,07 DM nebst
4 % Zinsen seit dem 9. September 1986 zu zahlen.
Im übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung
zurückgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Kläger als
Gesamtschuldner 58 % und die Beklagte 42 %.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
1
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache zum Teil Erfolg.
3Die Beklagte ist verpflichtet, den Klägern Schadensersatz in Höhe von insgesamt 3.210,07 DM zu zahlen.
4Es entspricht der einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Literatur, daß der Vermieter, der durch sein schuldhaftes Verhalten eine Kündigung des Mietverhältnisses seitens des Mieters veranlaßt hat, verpflichtet ist, dem Mieter den durch die Kündigung bedingten Schaden zu erstatten.
5Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Kläger haben wirksam mit Schreiben vom 2. Mai 1986 gemäß § 542 BGB nach erfolgter Fristsetzung das Mietverhältnis gekündigt. Sie haben mit Schreiben vom 14. Januar 1986 und 15. April 1986 verschiedene Mängel angezeigt und zur Beseitigung eine angemessene Frist bis zum 30. April 1986 gesetzt.
6Daß die gerügten Mängel tatsächlich vorhanden waren, ist zum Teil unstreitig, im übrigen durch die zu den Akten gereichten anschaulichen Lichtbilder und die Feststellungen der Wohnungsaufsicht der Stadt anläßlich der Besichtigung vom 25. Februar 1986 bewiesen.
7Innerhalb der bis zum 30. April 1986 angemessenen Frist hat die Beklagte zwar unstreitig das Dach reparieren lassen und mit Verputzarbeiten begonnen. Sie hat jedoch keinesfalls all die gerügten Mängel beseitigen lassen. Dies gelangt ihr zum Verschulden, da die Frist ausreichend bemessen war, zumal bereits im Januar 1986 die meisten Mängel gerügt worden waren.
8Bis zum 30. April 1986 hat die Beklagte unstreitig an den gerügten undichten Fenstern keinerlei Arbeiten ausführen lassen. Diese Mängel hatten die Kläger bereits am 14. Januar 1986 angezeigt. Sie wurden darüber hinaus auch von der Wohnungsaufsicht der Stadt anläßlich der Wohnungsbesichtigung vom 25. Februar 1986 festgestellt. In dem Bericht der Stadt wird ausdrücklich festgehalten, daß die Fensterrahmen einen ungenügenden Feuchtigkeitsschutz hätten, so daß die Rahmen sich verzogen und die Fenster schlecht schlossen. Im Hinblick auf diese eindeutigen Feststellungen kann die Beklagte nicht damit gehört werden, daß lediglich ein Fenster undicht gewesen sei.
9Ferner hätten die Kläger mit Schreiben vom 15. April 1986 auch Feuchtigkeitseintritt unterhalb des Fensterbrettes in der Küche gerügt. Auch diesen Mangel hat die Wohnungsaufsicht der Stadt in dem oben genannten Bericht erwähnt und festgestellt, daß die innere Dämmung an den Fensterbrüstungen, vor allem in der Küche fehlt. Auch diesen Mangel hat die Beklagte unstreitig innerhalb der gesetzten Fristen nicht beheben lassen.
10Die Nichtbeseitigung der oben erwähnten Mängel rechtfertigte die Kündigung der Kläger nach § 542 BGB. Denn nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur genügt es nicht, wenn der Vermieter innerhalb der gesetzten Frist lediglich einen Teil der Mängel reparieren läßt. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob ein unstreitig auch nach dem 30. April 1986 noch vorhandener Riss in der Vorderfront des Hauses gravierend oder lediglich geringfügig war.
11Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie infolge der schlechten Wetterlage nicht zur Beseitigung der Mängel in der Lage gewesen wäre. Wenn das Wetter eine Dachreparatur im März 1986 zuließ, wäre ohne weiteres auch eine Reparatur der anderen Mängel möglich gewesen.
12Berücksichtigt man ferner, faß unstreitig all die gerügten Mängel bereits zu Beginn des Mietverhältnisses mit den Klägern vorhanden waren, so muß es der Beklagten zum Verschulden gereichen, daß sie die Mängel nicht unverzüglich, zumindest aber innerhalb der gesetzten Frist beseitigt hat. Sie ist deshalb den Klägern zum Schadensersatz verpflichtet.
13Die Beklagte muß den sogenannten "Nichterfüllungsschaden" ersetzen. Dies bedeutet, daß sie die Kläger so stellen muß, wie diese bei ordnungsgemäßer Erfüllung stehen würden. Das heißt, daß die Kläger grundsätzlich keinen Ersatz für die zu Beginn des Mietverhältnisses angeschafften Einrichtungsgegenstände, wie Teppiche und Gardinen, verlangen können. Denn diese Investitionen sind unabhängig von dem Zustand der Mietsache, wären also auch bei mängelfreier Übergabe des Hauses, entstanden. Daß diese Aufwendungen zumTeil nutzlos geworden sind, rechtfertigt gleichfalls keinen Schadensersatz. Denn sogenannte nutzlose Aufwendungen fallen nur dann unter den oben genannten Schadensbegriff, wenn im Rahmen einer zustellenden "Rentabilitätsvermutung" davon ausgegangen werden kann, daß sie sich im Laufe der Zeit durch zu erzielende Erträge finanziert bzw. getragen hätten.
14Dies kann vorliegend jedoch nicht angenommen werden.
15Ein Nichterfüllungsschaden liegt somit nur insofern vor, als die 1985 angeschafften Waren nicht mehr verwendet werden konnten und an ihrer Stelle wert- und mengenmäßig vergleichbare Ware angeschafft werden mußte. Unter Berücksichtigung dieses Ausführungen gilt für die einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen folgendes:
161.
17Die den Klägern unstreitig entstandenen Umzugskosten in Höhe von 1.902,20 DM
18sind zu ersetzen. Diese Kosten wären bei ordnungsgemäß Vertrags-
19erfüllung seitens der Beklagten nicht entstanden.
202.
21Für die neue Wohnung haben die Kläger ausweislich der Rechnung
22des vom 14. Mai 1986 (Bl. 157 d.A.) insgesamt
233.199,97 DM aufgewandt. Ein Schaden ist den Klägern allerdings nur
24insoweit entstanden, als sie die 1985 bei ihrem Einzug angeschafften
25Teppiche nicht mehr verwenden konnten und für diese neue Ware
26anschaffen mußten, bzw. soweit für die Verlegung der alten Teppiche
27Kosten entstanden sind. Soweit die Kläger über die 1985 bei ihrem
28Einzug angeschafften Mengen hinaus weitere und teuere Ware ge-
29kauft haben, liegt kein Schaden vor, da sie insofern in den Besitz
30eines neuen Gegenwertes gelangt sind. Deshalb können die Kläger
31nicht den gesamten Rechnungsbetrag der Rechnung vom 14. Mai
321986 verlangen. Ausweislich dieser Rechnung haben sie für die
33neue Wohnung weitaus größere Mengen und teuerere Ware er-
34worben. Die dortigen Mengen können somit nicht zugrundegelegt
35werden, mit Ausnahme der in Pos. 1 genannten Kosten für die
36Verlegung des Altbelages in Höhe von 137,07 DM.
37Die Kammer legt deshalb zu Vergleichszwecken die in der
38Rechnung vom 10. Juni 1985 (Bl. 21 d.A.) genannten Mengen
39und Preise zugrunde, und zwar Pos. 2 692,42 DM
40Pos. 3 = 93,87 DM
41Pos. 4 = 66,00 DM
42insgesamt 989,36 DM
43+ 14 % Mehrwertsteuer 138,51 DM
44insgesamt 1.027,87 DM.
45Die Pos. 1 der Rechnung vom 10. Juni 1985 hat die Kammer
46hierbei außer Acht gelassen, da ausweislich der Rechnung
47vom 14. Mai 1986 eine vergleichbare Menge wieder verwendet
48werden konnte. Insofern ist den Klägern also kein Schaden
49entstanden.
5051
3.
52Für den in der Rechnung vom 10. Juli 1985 (Bl. 22 d.A.) ge-
53nannten Teppich, der nicht mehr verwendet werden konnte,
54steht den Klägern wiederum kein Schadensersatzanspruch zu.
55Insoweit handelt es sich nach ihrem eigenen Vorbringen lediglich
56um "nutzlose" Aufwendungen, die nach den obigen Ausführungen
57grundsätzlich nicht erstattet werden können.
584.
59Die Beklagte ist ferner nicht verpflichtet, für die neu angeschafften
60Eßzimmergardinen Schadensersatz zu leisten. Die 1985 für die
61alte Wohnung angeschafften Gardinen konnten nach Vortrag der
62Kläger zumindest "teilweise" wieder verwendet werden. Was un-
63ter "teilweise" zu verstehen ist, haben die Kläger nicht näher
64dargelegt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die neuen
65Gardinen für das Eßzimmer keinen Ersatz für die alten Eß-
66zimmergardinen darstellten, sondern für die neue Wohnung
67zusätzlich erforderlich geworden sind. Insoweit haben die Klä-
68ger einen bisher nicht besessenen Gegenwert erhalten und sind
69nicht geschädigt.
705.
71Was die geltend gemachten Renovierungskosten für die neue
72Wohnung anbelangt, so ist das Vorbringen zu unsubstantiiert,
73um Berücksichtigung finden zu können. Die diesbezüglich
74eingereichte Rechnung der Firma vom 16. Mai 1986
75hat keinerlei Aussagekraft. Dort sind lediglich Zahlen und
76Geldbeträge aufgeführt, die keinerlei Rückschluß auf die tat-
77sachlich erworbene Ware zulassen. Die Rechnung kann sich
78somit z.B. auf Luxusrenovierungen bzw. dafür erforderliche
79Waren beziehen, die von der Beklagten nicht zu ersetzen
80sind. Der Betrag kann somit insgesamt nicht in Ansatz ge-
81bracht werden.
826.
83Für die neue Wohnung mußten die Kläger unstreitig eine
84Wandkamiese zu einem Preis von 280,00 DM anschaffen 280,00 DM
85(vgl. Rechnung der Firma vom 7. Juni 1986, Bl. 26
86d.A.). Hierbei handelt es sich um einen Schaden, da die
87Beklagten bereits bei ihrem Einzug in das Haus des Be-
88klagten eine vergleichbare Kamiese anfertigen lassen
89mußten und anstelle dieser nunmehr die oben erwähnte
90neue Kamiese bezahlen mußten.
917.
92Was die Gardinenschienen anbelangt, so haben die Kläger
93nicht behauptet, daß sie diese anstelle alter, nicht mehr ver-
94wendbarer Schienen benötigt haben. Ein Schaden der Klä-
95ger ist somit diesbezüglich nicht nachgewiesen.
968.
97Soweit die Kläger schließlich hilfsweise Schadensersatz für
98all die 1985 bei ihrem Einzug in die streitgegenständliche
99Wohnung gemachten Aufwendungen verlangen, liegt kein
100sogenannter "Nichterfüllungsschaden" vor. Diese Aufwen-
101dungen wären auch dann entstanden, wenn die Beklagte
102ordnungsgemäß erfüllt hätte.
103Nach alledem stehen den Klägern insgesamt Schadenser-
104satzansprüche in Höhe von 3.210,07 DM
105zu.
106Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 291, 288 BGB. Den Klägern konnte insofern lediglich der gesetzliche Zinssatz von 4 % zugebilligt werden, da sie einen darüber hinausgehenden Schaden trotz Bestreitens der Beklagten nicht bewiesen haben.
107Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
108Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.633,49 DM festgesetzt.
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