Urteil vom Landgericht Duisburg - 5 S 35/88
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amts-
gerichts Duisburg-Ruhrort vom 14. Januar 1988
(8 C 665/87) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem
Kläger zur Last.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger unterhält in bei der Beklagten das Konto Nr. 0836213. Von diesem Konto buchte die Beklagte zu seinen Lasten am 06. Februar 1987 sowie am 23. Februar 1987 jeweils 403,-- DM ab, nämlich jeweils 400,-- DM als mittels Geldautomaten abgehobenen Betrag sowie 3,-- DM Gebühren. Die Parteien streiten darum, ob diese Belastung des Kontos des Klägers zu Recht erfolgte.
3Der Kläger war im Besitz einer von der Beklagten ausgehändigten Euroscheckkarte mit Magnetstreifen. Am 07.10.1985 erhielt er von der Beklagten seine persönliche Identifikationsnummer (im folgenden PIN-Nummer). Dabei wurde er auf die in den Geschäftsräumen der Filiale aushängenden "Bedingungen für die Benutzung von
4ec-Geldautomaten" hingewiesen, bereits früher war er auf die "Bedingungen für eurocheque-Karten" hingewiesen worden. Während des Jahres 1986 nahm die Beklagte 9 Belastungen au seinem Konto vor, die auf Bargeldabhebungen an
5ec-Gelautomaten der unter Verwendung der Scheckkarte und PIN-Nummer des Klägers getätigt wurden und die sämtlich unbeanstandet blieben.
6Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Gutschrift von 806,-- DM für die Abhebungen vom 06. Februar und 23. Februar 1987.
7Er behauptet:
8An diesen Tagen habe er keine Abhebungen vorgenommen. Entweder habe der Geldautomat Beträge, die er anderen Benutzern ausgegeben habe, fehlerhaft für sein Konto verbucht, oder aber Dritte hätten unbefugt durch Manipulation unter Verwendung seiner - des Klägers - Daten die Beträge an den ec-Geldautomaten der abgehoben. Dazu könnten sie jedoch nicht seine - des Klägers - Karte verwandt haben, da er diese nie vermißt habe. Seine PIN-Nummer habe er stets verschlossen in seinem Schreibtisch aufbewahrt.
9Der Kläger meint, die Bedingungen für die Benutzung von Geldautomaten verstießen gegen das AGBG. Die Freizeichnungsklausel in Ziff. 6 der Bedingungen treffe im vorliegenden Fall nicht zu; diese Klausel sei auch mit dem AGBG unvereinbar. Für die Unsicherheiten, die mit der Ausgabe von ec-Magnetkarten ausgingen, müsse die Bank haften.
10Die Beklagte behauptet, daß die Abhebungen am 06. Februar und 23. Februar 1987 unter Verwendung der ec-Karte des Klägers vorgenommen seien. Die Geldautoma-ten hätten störungsfrei funktioniert, wie der Buchungsstreifen der zeige. Zudem er-gebe sich auch aus der ec-Magnetkarte, die der Kläger nach seiner Beanstandung bei der Beklagte abgegeben hat, daß mit dieser Karte zuletzt am 23. Februar 1987 Geld von einem Geldautomaten abgehoben worden sei.
11Die Beklagte meint, sie sei nach Ziff. 6 der "Bedingungen für die Benutzung von
12ec-Geldautomaten" zur Belastung des Kontos des Klägers berechtigt gewesen; diese Bedingungen seien auch wirksam
13Das Amtsgericht hat zur ordnungsgemäßen Funktion der Geldautomaten sowie zu den auf die Magnetkarte des Klägers geschriebenen Daten Beweis erhoben und die Klage dann abgewiesen, weil die Beklagte die Abbuchungen vom Konto des Klägers berechtigt vorgenommen habe. Es stehe fest, daß diese unter Verwendung der
14ec-Karte und PIN-Nummer des Klägers vorgenommen worden seien und der Kläger dann, wenn er die Abhebungen nicht selbst vorgenommen habe, jedenfalls das Risiko einer unbefugten Verwendung seiner ec-Magnetstreifenkarte und PIN-Num-mer durch Dritte trage.
15Gegen dieses Urteil wendet der Kläger sich mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er begehrt weiter die Gutschrift der belasteten Beträge und bleibt dabei, daß die Belastung seines Kontos entweder auf Fehlfunktionen der Geldautomaten der oder auf Manipulation Dritter beruhten. Hierzu hat der Kläger umfangreiches Material, insbesondere der Sendung
16"ARD-Ratgeber Technik" vorgelegt.
17Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und meint, wenn der Kläger die Abhebungen an den ec-Geldautomaten der nicht selbst vorgenommen habe, dann jedenfalls jemand, dem er seine ec-Karte sowie PIN-Nummer zugänglich gemacht habe.
18Die Kammer hat zur Frage der auf die ec-Magnetstreifenkarte des Klägers geschriebenen Daten sowie zur Funktionsweise des Geldautomatensystems Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Gutachtens des Dipl.-Volkswirts Dr.
19aus .
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Berufung ist unbegründet.
22Das Amtsgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen, denn sie ist nicht begründet.
23Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gutschrift von 806,-- DM auf seinem Girokonto 0836213 nach § 812 I 1 BGB. Denn die Beklagte war aus Ziff. 4 Satz 2 und Ziff. 5 ihrer "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten" be--rechtigt, diesen Betrag vom Konto des Klägers abzubuchen. Es steht fest, daß am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 jeweils 400,-- DM von verschiedenen Geld-automaten der unter Verwendung der ec-Magnetstreifenkarte sowie PIN-Nummer des Klägers abgehoben worden sind.
24Die Beklagte hat diese Behauptung bewiesen. Die Buchungsgeräte der haben am 06.02.1987 für die Zweigstelle und am 23.02.1987 für die Hauptstelle jeweils die Abhebung von 400,-- DM an Geldautomaten vermerkt und dabei zutreffend die in der ec-Magnetstreifenkarte des Klägers notierten Daten der Verfalldaten, Kontonummer und Bankleitzahl notiert. Der vom Amtsgericht zur Funktion der Geldautomaten der vernommene Angestellte der hat bekundet, daß die Geldautomaten an beiden Tagen ohne jede registriete Störung gearbeitet hätten. Er hat die dem Gericht vorgelegten Journalstreifen der erläutert. Bedenken gegen die Richtigkeit der Angaben des Zeugen bestehen nicht. Sie werden im Gegenteil bestätigt durch die Angaben des von der Kammer gehörten Sachverständigen Dr. , der aus den vorgelegten Journalstreifen ebenfalls eine störungsfreie Vornahme der beiden Abbuchungen erkennen konnte.
25Die Beklagte hat ebenfalls bewiesen, daß die ec-Magnetkarte des Klägers, die dieser ihr nach Beanstandung der Abhebungen abgeliefert hat, die Information enthält, daß mit dieser Karte zuletzt am 23. Februar 1987 ohne Fehlversuch Geld von einem ec-Geldautomaten abgehoben wurde. Die vom Amtsgericht hierzu vernommene Bedienstete der Kartenauswertungsstelle der Beklagten hat diese Behauptung der Klägerin bestätigt. Auch der hierzu von der Kammer ergänzend gehörte Sachverständige Dr. hat diese Behauptung der Klägerin bestätigt. Er hat unter Verwendung eines entsprechenden Kartenlesegeräts der Kammer an Gerichtsstelle erläutert und demonstriert, welche Informationen auf den Magnetstreifen von ec-Karten enthalten sind und welche Informationen auf die Magnetstreifen dieser Karten bei der Abhebung von Geldautomaten geschrieben werden. Der Sachverständige hat erläutert, daß ein Geldautomat nach Einführen der ec-Magnetstreifenkarte zunächst prüft, ob er diese Karte überhaupt lesen kann. Wenn er das kann, beginnt seine Prüfung u. a. auf Übereinstimmung der Daten mit dem MM-Merkmal, das in Verbindung mit den auf den Magnetstreifen gespeicherten Daten verhindern soll, daß mittels einer Leerkarte eine Kartendoublette erstellt wird. Denn nur auf der einmal ausgegebenen Originalkarte stimmen die Informationen des Magnetstreifens mit dem MM-Merkmal der Karten überein. Wenn die Voraussetzun-gen vorliegen, gibt der Automat den gewünschten Geldbetrag aus und schreibt die Abhebung auf die Magnetkarte zurück. Anschließend liest er diese zur Kontrolle nochmals ab, bevor er sie wieder ausgibt. Die Kammer folgt den eingehenden Ausführungen des Sachverständigen. Sie waren gut verständlich und plausibel, Zweifel an ihrer Richtigkeit sind nicht ersichtlich, insbesondere auch nicht durch das vom Kläger vorgelegte umfangreiche Protokollmaterial der Sendung "ARD-Ratgeber Technik". Der Sachverständige hat mehrere ihm von der Kammer sowie den Prozeßbevollmächtigten vorgelegte ec-Magnetkarten, deren Daten er nicht kennen konnte, ausgewertet und ist stets zum zutreffenden Ergebnis dazu gelangt, ob mit dieser Karte überhaupt jemals abgehoben wurden, und wenn ja, wann.
26Der Schluß, daß die Abhebungen am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 unter Verwendung der ec-Magnetkarte sowie PIN-Nummer des Klägers vorgenommen worden sind, ist zwingend. Dies weisen nicht nur die beiden Journalstreifen der aus, vielmehr ergibt sich sogar aus der vom Kläger eingereichten ec-Magnetkarte selbst, daß diese zur Geldabhebung am 23. Februar 1987 eingesetzt wurde und daß bei dieser Abhebung sogleich die richtige PIN-Nummer ohne Fehlversuch eingegeben wurde. Gerade daß sich diese Daten aus der Magnetkarte des Klägers lesen lassen, ist ein ganz wesentliches Indiz für die Verwendung dieser Karten und der richtigen PIN-Nummer. Aus diesem Grund braucht die Kammer sich auch nicht mit sämtlichen Fragen, ob und ggf. wie durch unbefugte Dritte das Geldautomatensystem mißbraucht werden könnte, zu befassen. Denn jedenfalls bei der zweiten Abhebung am 23.02.1987 ist die ec-Magnetkarte des Klägers verwandt worden. Dann spricht aber alles dafür, daß mit dieser Karte und mit der PIN-Nummer des Klägers auch am 06.02.1987 400,-- DM bei dem Geldautomaten der Zweigestelle der abgehoben wurden. Denn es ist ganz unwahrscheinlich, daß sich gleich zweimal bei den Buchungsautomaten der Fehler eingeschlichen hätten und sich dieser Fehler für die zweite Abbuchung auch auf dem Magnetstreifen der Karte des Klägers bzw. bei der Ablesung dieses Magnetstreifens wiederholt hätte. Zwar wäre es nach den Ausfüh-rungen des Sachverständigen Dr. theoretisch möglich, mit einem Kartenlesegerät bei Kenntnis des entsprechenden Programms auf dem Magnetstreifen der ec-Karte des Klägers sowohl den Fehlbedienungszähler zurückzuschreiben als auch das Datum der letzten Abhebung einzugeben. Die Kammer hat aber keine Anhaltspunkte dafür, daß die Angestellte der Kartenlesestelle der Beklagten beim Ablesen der Informa-tionen auf der Karte des Klägers diese verändert hätte. Eine solche Manipulation erscheint nicht nur wegen des geringfügigen Betrags von 400,-- DM am 23. Februar 1987 abwegig, sie würde auch immer noch nicht erklären, wie die der Karte des Klägers entnommenen Informationen am 06. Februar 1987 in dem Buchungsauto-maten der registriert worden sein können. Sehr viel naheliegender ist vielmehr die Erklärung, daß entweder der Kläger selbst oder eine Person, die sowohl an die ec-Magnetkarte des Klägers als auch an die in seinem Schreibtisch verschlossen aufbewahrte (und nicht vernichtete) PIN-Nummer gelangen konnte, die Abhebungen vorgenommen hat.
27Da feststeht, daß die Abhebungen an dem Geldautomaten der am 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 mit der ec-Magnetstreifenkarte des Klägers unter Verwendung der diesem ausgegebenen PIN-Nummer getätigt wurden, hat die Beklagte aus Ziffern 4 und 5 ihrer "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geld-automaten" einen Aufwendungsersatzanspruch, der sie zur Abbuchung berechtigte. Denn nach Ziffer 4 dieser Bedingungen ist der Kontoinhaber dem kontoführenden Kreditinstitut zum Ersatz aller Aufwendungen verpflichtet, die durch die Benutzung von ec-Geldautomaten unter Verwendung einer für sein Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen sowie durch den Einzug der ausgezahlten Beträge auf dem üblichen Inkassoweg entstehen; aus Ziffer 5 der Bedingungen folgt die Berechtigung der Beklagten, auf dem Konto Beträge, die unter Verwendung der für das Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen durch einen
28ec-Geldautomaten ausbezahlt wurden sowie hierfür anfallende Aufwendungen, auch bei mangelndem Guthaben zu belasten. Diese Bedingungen der Beklagten sind wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien einbezogen worden; der Kläger hat schriftlich bestätigt, auf sie hingewiesen worden zu sein. Sie lagen in der vom Kläger genutzten Filiale aus. Diese Regelung in Ziffer 4 und Ziffer 5 der "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geldautomaten" der Beklagten verstoßen auch nicht gegen das AGBG, insbesondere nicht gegen § 9 AGBG. Sie benach-teiligten den Kontoinhaber nicht unverhältnismäßig. Es liegt an ihm, wie gut er seine ec-Magnetstreifenkarte vor Mißbrauch schützt. Zudem ist kein Kontoinhaber ver-pflichtet, eine ec-Magnetstreifenkarte in Empfang zu nehmen. Er kann mit seinem Kreditinstitut vereinbaren, daß der Magnetstreifen so unbrauchbar gemacht wird, daß mit ihm keine Abhebungen von ec-Geldautomaten getätigt werden können. Sollte sein Kreditinstitut dazu nicht bereit sei, kann er es wechseln; bei der Vielzahl der in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Kreditinstitute wird er sich er eines finden, welches ihm eine Scheckkarte ausgibt, mit der keine Abhebungen an Geldautomaten vorgenommen werden können.
29Die Frage, ob auch Ziffer 6 der "Bedingungen für die Benutzung von ec-Geld-automaten", nach der der Kontoinhaber grundsätzlich alle Schäden trägt, die durch eine unsachgemäße oder mißbräuchliche Verwendung oder durch Verfälschung einer auf sein Konto ausgegebenen Euroscheck-Karte mit Magnetstreifen entstehen, mit dem AGBG vereinbar ist, braucht nicht entschieden zu werden. Diese Klausel ist nicht einschlägig. Denn danach hat der Kontoinhaber nur die für durch unsachge-mäße oder mißbräuchliche Verwendung der Magnetstreifenkarte entstandenen Schäden einzustehen. Ein Schaden ist der Beklagten durch die Abhebungen vom 06. Februar 1987 und 23. Februar 1987 jedoch nicht entstanden, insbesondere sind die Geldautomaten nicht funktionsuntüchtig geworden. Sie hat aus diesen Abhebun-gen lediglich Aufwendungen gegenüber der gehabt, um deren Ersatz es nunmehr geht.
30Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 I ZPO.
31Streitwert für das Berufungsverfahren: 806,-- DM.
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Referenzen
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