Urteil vom Landgericht Duisburg - 2 S 107/92
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken vom 19. Februar 1992 - 9 C 349/91 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
2Die Klägerin beliefert die im Eigentum des Beklagten stehende Liegenschaft in mit Wasser. Am 6. Juli 1984 wurde ein neuer Zähler mit dem Zählerstand 0 eingebaut. Am 31. Dezember 1987 betrug dieser Zählerstand 3248 cbm. Im Jahre 1988 und 1989 wurde eine Ablesung des Zählerstandes nicht vorgenommen. Die Klägerin schätzte daraufhin den Verbrauch pro Jahr mit 248 cbm. Am 31. Dezember 1990 betrug der Zählerstand 5951 cbm. Die Klägerin begehrt im Wege einer Neuberech-nung die Kosten für den sich aus dieser Differenz für den genanten Zeitraum ergebenden Verbrauch von 2703 cbm abzüglich der bereits gezahlte 496 cbm, insgesamt 2207 cbm in Höhe von 3.876,24 DM incl. 10 DM Stornokosten.
3Die Klägerin ist der Ansicht, eine Nachberechnung sei möglich. Sie behauptet, der Wasserzähler sei in Ordnung und ist der Ansicht, die Beweislast für einen etwaigen Fehler liege bei dem Beklagten.
4Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe eine Schätzung nicht vornehmen dürfen. Er behauptet, nach den Erfahrungswerten könne der Verbrauch für die Jahre 1988 und 1989 nicht so hoch gewesen sein, der Zähler müsse defekt gewesen sein. Er ist desweiteren der Auffassung, die Beweislast liege bei der Klägerin, wenn die abgelesenen Werte im krassen Widerspruch zur vorgenommenen Schätzung stünden.
5Das Amtsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Zählerstände seien unstreitig und eine Nachberechnung möglich.
6Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
7Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem zwischen den Parteien über die Wasserlieferung geschlossenen Vertrag einen Anspruch in Höhe von 3.866,24 DM.
8Die Klägerin war nicht durch die von ihr aufgrund von Schätzungen des Verbrauchs erteilten Rechnungen für 1988 und 1989 gehindert, eine Nachberechnung wegen des inzwischen durch Ablesung des Zählerstandes festgestellten höheren Wasserverbrauchs vorzunehmen. Eine solche Nachberechnungsmöglichkeit ist in der Rechtsprechung für den Stromverbrauch anerkannt worden (LG Köln, RdE 1985, 107). Etwas anderes kann auch nicht auf dem Gebiet der Wasserversorgung gelten. Denn das Versorgungsunternehmen hat grundsätzlich Anspruch auf die volle Vergütung der abgenommenen Wassermenge. Wenn die genaue Ablesung nicht möglich ist, muß demgemäß eine Nachberechnung bei falscher Schätzung möglich sein. Dies ist auch nicht unbillig, da der Kunde der Rechnung entnehmen kann, ob eine Schätzung vorliegt, und er daraufhin den selbst abgelesenen Zählerstand mitteilen und so eine Korrektur der Rechnung auch zu seinen Gunsten bewirken kann.
9Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die von der Klägerin vorgenommene Schätzung an sich überhaupt zulässig war. Denn selbst wenn eine solche Schätzung nicht zulässig gewesen sein sollte, hatte die Klägerin jedenfalls Anspruch auf Bezahlung der tatsächlich verbrauchten Menge. Unstreitig beträgt die Differenz zwischen den Ende 1987 und Ende 1990 abgelesenen Zählerständen, abzüglich der bereits bezahlten Menge, jedoch 2207 cbm. Die Bezahlung dieser Differenzmenge kann die Klägerin grundsätzlich verlangen.
10Soweit der Kläger einwendet, die rechnerische Differenz entspreche nicht dem tatsächlichen Verbrauch, die Wasseruhr müsse fehlerhaft gewesen sein, ist er beweisfällig geblieben.
11Grundsätzlich trägt der Kunde und damit der Beklagte die Beweislast für einen Meßfehler, was nicht nur für den Gasverbrauch (AG Wuppertal, Urteil vom
1220. November 1986 - 95 C 303/86) gilt, sondern auch für den Wasserverbrauch. Dies rechtfertigt sich daraus, daß die Wasseruhr geeicht ist und der Kunde, wie auch hier dem Beklagten von der Klägerin unstreitig angeboten, nach § 19 AVB Wasser die Nachprüfung durch eine Eichbehörde verlangen kann, wobei er die Kosten nur trägt, wenn das Gerät entgegen seiner Behauptung in Ordnung war. Diese Möglich-keit hat der Beklagte abgelehnt.
13Eine Umkehr der Beweislast ergibt sich auch nicht daraus, daß die Schätzung wesentlich niedriger als der Zählerstand war. Ein Anstieg des Verbrauchs ist allein kein Anzeichen für einen Fehler des Meßgerätes, da der Verbrach gerade in einem Haus, das, wie auch die in Rede stehende Liegenschaft, mit einer Gewerbeeinheit ausgestattet ist, unterschiedlich sein kann. Im übrigen läßt der unstreitige Verbrauch für den Zeitraum vom 6. Juli 1984 bis 31. Dezember 1987 in Höhe von 3248 cbm keinen Anstieg des Verbrauchs in den Jahren 1988 bis 1990 erkennen. Denn für den Zeitraum von Juli 1984 bis Dezember 1987 ergibt sich daraus ein Verbrauch pro Jahr von 928 cbm. In den drei Jahren vom 31. Dezember 1987 bis zum 31. Dezem-ber 1990 hat der Beklagte ausweislich des Zählerstandes nur 2703 cbm und damit im Durchschnitt lediglich 901 cbm pro Jahr verbraucht. Dieser Verbrauchsrückgang spricht ebenso gegen einen Fehler, wie die Tatsache, daß die Wasseruhr nach dem Vorbringen des Beklagten mittlerweile einwandfrei funktioniert. Dieses einwandfreie Funktionieren der Wasseruhr bietet den Beweis des ersten Anscheins dafür, daß die Wasseruhr auch in den Jahren 1989 bis 1990 in Ordnung war. Tatsachen dafür, warum dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hat der Beklagte nicht genannt. Da der Beklagte den ihm obliegenden Beweis für einen Fehler des Meßgerätes nicht angeboten hat, ist er insoweit beweisfällig geblieben und hat der Klägerin den ausweislich des Zählerstandes erfolgten Verbrauch abzüglich der bereits geleisteten Zahlungen in voller Höhe zu erstatten.
14Der Anspruch auf Erstattung der Stornokosten, die der Beklagte nicht bestritten hat, ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 284, 286 BGB.
15Die Zinsforderung ist ebenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß
16§§ 284, 286, 288 BGB am dem 16. Februar 1991 gegeben, da sich der Beklagte nicht gegen die Zinshöhe gewandt hat und die Forderung am 15. Februar 1991 fällig gewesen ist.
17Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
18Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 3.876,24 DM.
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