Urteil vom Landgericht Duisburg - 23 S 123/97
Tenor
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Wesel vom 19. Februar 1997 (26 C 233/96) teilweise abgeändert und wie folgt gefaßt:Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 7.994,64 DM nebst 4 % Zinsen auf 900,00 DM seit dem 4. April 1996, auf 900,00 DM seit dem 5. Mai 196, auf 900,00 DM seit dem 5. Juni 1996 und auf 5.294,64 DM seit dem 1. September 1996 zu zahlen.Im übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufungen werden dem Beklagten zu 80/100 und den Klägern jeweils zu 10/100 auferlegt.Streitwert der Berufung: 9.970,11 DM.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
2I. Die Kläger nehmen den Beklagten, ihren Sohn, auf Zahlung rückständigen Mietzinses für die Monate April bis August 1996 in Höhe von 4.500,00 DM und auf Nachzahlung von Nebenkosten für die Jahre 1994 und 1995 in Höhe von 5.470,11 DM in Anspruch. Der Beklagte erhob Widerklage mit dem Antrag, festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 1. November 1995 kein Mietverhältnis mehr bestehe. Zur erstinstanzlich abgetrennten Widerklage wurde nicht verhandelt. Am 19. Februar 1997 verurteilte das Amtsgericht ihn zur Nachzahlung von Nebenkosten in Höhe von 2.981,74 DM nebst Zinsen und wies im übrigen die Klage ab. Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien.
3II. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet, die der Kläger teilweise begründet.
41. (Mietzins)
5Der Beklagte ist gemäß § 535 BGB verpflichtet, an die Kläger Mietzins für die Monate April bis Juni 1996 in Höhe von 2.700,00 DM zu zahlen.
6a) Daß die Kläger als Vermieter mit dem Beklagten und seiner ehemaligen Ehefrau als Mieter am 15. März 1993 einen Mietvertrag über die im Obergeschoß des Hauses in gelegene Wohnung abgeschlossen haben, bestreitet der Beklagte nicht mehr.
7aa) Dieser Mietvertrag wurde bislang nicht wirksam gekündigt.
8Die Kläger haben ihn nicht konkludent gekündigt. Soweit die hingenommen haben, dass die Zeugin im Dezember 1995 nach der Trennung von dem Beklagten das Schloß zur Wohnungstür auswechselte, bedeutet dies keine Kündigung. Die Zeugin sollte nämlich in der Wohnung bleiben.
9Die von dem Beklagten mit Schreiben vom 30. März 1996 erklärte fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ist unwirksam, weil nur beide Mieter gemeinsam das Mietverhältnis kündigen konnten. § 13 des Mietvertrages enthält keine hiervon abweichende Regelung.
10b) Die Kläger haben dem Beklagten nicht den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung entzogen. Der Nachweis, daß sie die Auswechslung des Wohnungstürschlosses bewirkt oder maßgeblich gefördert haben und daß sie ihm Hausverbot erteilt haben, ist dem beweispflichtigen Beklagten nicht gelungen. Weder die auf seien Antrag hin als Partei vernommene Klägerin zu 1. noch die von beiden Parteien benannte Zeugin haben seine Behauptungen bestätigt. Vielmehr ist lediglich bewiesen, daß die Zeugin das Schloß auswechseln wollte und deswegen den Kläger zu 2. ansprach. Der erwiderte, sie solle zunächst den Rechtsanwalt fragen. Nachdem, sie ihn konsultiert hatte, teilte sie dem Kläger zu 2. mit, daß dieser keine Bedenken geäußert habe. Darauf entgegnete der Kläger zu 2., "dann solle sie dies tun”. Während der anschließenden urlaubsbedingten Abwesenheit der Kläger veranlaßte die Zeugin den Austausch des Schlosses.
11Von diesem Beweisergebnis ausgehend, hat sich die Zeugin zum Austausch des Schlosses und zum Aussperren des Beklagten entschlossen, ohne daß der Kläger zu 2. initiativ wurde. Gegen seine Initiative spricht seine Empfehlung, zunächst anwaltlichen Rat einzuholen. Der von der Klägerin zu 1. wiedergegebene Satz, "dann solle sie es tun”, war jedenfalls für das Auswechseln des Schlosses nicht ursächlich. Im Gegenteil, nachdem die Zeugin anwaltlichen Rat eingeholt hatte, liegt es nahe, daß ihr eigener, durch den Rechtsanwalt bekräftigter Entschluß maßgeblich war.
12Der Beklagte müßte, um eine Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Kläger zu 2. oder durch beide Kläger zu begründen, nachweisen, daß die Zeugin ohne ihr Zutun vom Auswechseln des Schlosses abgesehen hätte. Die Kammer verkennt nicht, daß der Nachweis solcher subjektiven Tatsachen, noch dazu hypothetischer Art, nur schwer zu führen ist. Es würde daher genügen, daß die objektiven nachgewiesenen Indizien eine solche Annahme stützen. Gerade dies ist nicht der Fall, denn es ist nicht bewiesen, daß die Idee, das Schloß auszuwechseln, von den Klägern kam. Der Umstand, daß die Kläger die Zeugin weiter wohnen lassen, ohne sie als Gesamtschuldnerin in gleicher Weise auf Mietzinszahlung in Anspruch zu nehmen wie den Beklagten, hat nicht das Gewicht, daß die Kammer hieraus die hohe Wahrscheinlichkeit herleiten kann, daß die Kläger oder der Kläger zu 2. die Initiative zum Austausch des Schlosses ergriffen haben.
13Zu berücksichtigen ist zudem, daß die Kläger als Vermieter nicht berechtigt waren, in die Interna ihrer Mieter einzugreifen, denn wie Eheleute, die gemeinsam eine Wohnung angemietet haben, deren Benutzung regeln, hat den Vermieter nicht zu interessieren. Das Auswechseln des Schlosses ist ein Vorgang, der sich in der Sphäre der Eheleute abspielte und nur der Zeugin zuzurechnen ist. Der Grundsatz, daß der Vermieter im Rahmen der von ihm geschuldeten Mietgebrauchs Störungen durch Dritte und Mitmieter abzuwehren hat, gilt nicht im Verhältnis von Eheleuten, die gemeinsam gemietet haben und sich gegenseitig den Gebrauch der Mietsache streitig machen.
14c) Die Mietzinszahlungspflicht des Beklagten entfällt nicht gemäß § 552 Satz 3 BGB, denn die Kläger sind nicht wegen Überlassung der Wohnung an einen Dritten außerstande, dem Beklagten den Mietgebrauch zu gewähren. Die Zeugin nutzt die Wohnung weiterhin aufgrund des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages. Wenn dem Beklagten der Zutritt verwehrt ist, so liegt dieses Gebrauchshindernis in seiner eigenen Sphäre.
15d) Gleichwohl haftet der Beklagte nur für den Mietzins für die Monate April bis Juni 1996; für die nachfolgende Zeit ist er entsprechend den gesellschaftsrechtlichen Enthaftungsregeln befreit.
16aa) Im Innenverhältnis ist das Rechtsverhältnis zwischen Ehegatten familienrechtlicher Art, jedoch können die Regeln der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff BGB) ergänzend herangezogen werden, soweit die dem familienrechtliche Charakter des Zusammenlebens nicht widersprechen (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., I. RdNr. 40; Voelskow in MünchKomm §§ 535. 536 RdNr. 12). Zu diesen nach Sinn und Zweck sowie unter Berücksichtigung der Interessen des Vertragsgegners anwendbaren Vorschriften zählt § 736 Abs. 2 BGB; diese Bestimmung paßt auf die Phase nach Ende des Zusammenlebens und nach Auszug eines der Ehegatten aus der gemeinsam angemieteten Wohnung. Die dem Vermieter bekannt gewordene räumliche Trennung der Mitmieter entspricht der Auflösung der Gesellschaft. Beide Eheleute haften – wie Gesellschafter für fortbestehende vertragliche Verpflichtungen – als Mitmieter weiterhin gesamtschuldnerisch dem Vermieter gegenüber für die Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis über die ehemals gemeinsame Wohnung. Die Nachhaftung der oder des ausgeschiedenen Gesellschafters wird gemäß § 736 Abs. 2 BGB in gleicher Weise begrenzt wie bei einer Personenhandelsgesellschaft (§ 160 HGB).
17Insoweit ist anerkannt, daß der ausgeschiedene Gesellschafter nicht nur bei Ablauf der starren fünfjährigen Nachhaftungsfrist von der weiteren Haftung befreit wird, sondern bei Dauerschuldverhältnissen eine vorzeitige Enthaftung eintritt, wenn der Vertragsgegner davon absieht, den Vertrag zu kündigen, obwohl er kündigen kann und ihm die Kündigung angesichts der Zweifel an der Solvenz des verbleibenden Gesellschafters, mit dem er das Schuldverhältnis fortsetzt, zuzumuten ist (BGHZ 70, 132 = NJW 1978, 636; BGHZ 87, 286 = NJW 1983, 2254). Speziell zum Miet- bzw. Leasingvertrag hat der BGH dies bekräftigt, allerdings dahingehend eingeschränkt, daß nur das Absehen von einer ordentlichen Kündigung die vorzeitige Enthaftung des aus einer Handelsgesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafters rechtfertigt (BGH NJW 1984, 1899).
18bb) Die Möglichkeit den Mietvertrag mit dem Beklagten und der Zeugin zu kündigen, haben die Kläger nicht genutzt, obwohl ihnen bewußt war und ist, daß die derzeit nicht berufstätige Zeugin zur Zahlung des Mietzinses nicht in der Lage ist; insoweit vertrauen sie ausschließlich auf die Zahlungsfähigkeit des Beklagten.
19Nach Auszug oder "Aussperren” des Beklagten hätten die Kläger im Dezember 1995 das Mietverhältnis zum 30. Juni 1996 ordentlich kündigen können.
20Der schriftliche Mietvertrag sieht zwar eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren, bis März 1998, vor. Indessen tragen die Kläger selbst vor, daß die Vertragsurkunde den wesentlichen Vertragsinhalt nicht vollständig wiedergibt; hinsichtlich der Umlage der Nebenkosten – so ihre Behauptung, die durch die Aussage der Zeugin bestätigt wurde – hätten die Vertragsparteien sich auf eine hälftige Teilung verständigt. Aus dem schriftlichen Vertrag geht diese Vereinbarung nicht hervor. Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Betriebskostenumlage kann diese Absprache nicht als unwesentlich abgetan werden. Somit entspricht der Mietvertrag nicht der gemäß § 566 Satz 1 BGB i. V. m. § 126 BGB vorgeschriebenen Schriftform. Er gilt daher nach § 566 Satz 2 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Beklagte behauptet ohnehin, die Parteien seien ein Mietverhältnis auf unbestimmte Dauer eingegangen und die feste Laufzeit hätten sie nur mit Rücksicht auf die kreditgebende Bank in den schriftlichen Vertrag aufgenommen.
21Da die von dem Beklagten und seiner Familie bewohnte Wohnung in einem Zweifamilienhaus liegt, in dem die Vermieter selbst wohnen – daß es sich um ein Zweifamilienhaus handelt, tragen die Kläger selbst vor und wird durch die Augenscheinseinnahme bestätigt -, konnten sie den Mietvertrag nach § 564 b Abs. 4 Nr. 1 BGB mit verlängerter Frist zum 30. Juni 1996 ordentlich kündigen.
22cc) Den Klägern ist zuzugeben, daß ihnen die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht bewußt war, weil sie im Zweifel von der im schriftlichen Vertrag niederlegten Mindestdauer ausgingen. Indessen spricht gegen sie, daß sie den Mietvertrag nicht fristlos gemäß § 554 BGB gekündigt haben, obwohl der Beklagte und die Zeugin mit der Zahlung der Mietzinsen für mehr als zwei Monate in Verzug geraten waren, die Zahlungsunfähigkeit der Zeugin ihnen bekannt war und der Beklagte seine Weigerung, für den Mietzins weiterhin aufzukommen, sogar schriftlich mitgeteilt hatte. In dieser Situation weiß jeder Vermieter auch ohne anwaltlichen Rat, daß ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist, und er wird das Mietverhältnis fristlos kündigen. Die Rücksichtnahme auf die Schwiegertochter und das Enkelkind ist menschlich verständlich und ehrt die Kläger. Auch werden die Kläger nur ungern an jemanden vermieten, der nicht zur Familie gehört. Bei der gebotenen wirtschaftlichen und rechtlichen Betrachtung wird jedoch der Vermieter, der auf die Mietzinseinkünfte angewiesen ist und diese zur Rückführung des anläßlich des Ausbaus des Obergeschosses aufgenommenen Kredits benötigt, die Voraussetzung für eine Weitervermietung an einen anderen solventen Mieter schaffen. Spätestens im Juni 1996 war somit die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses unabweislich.
23Die Kammer verkennt nicht, daß der Bundesgerichtshof die Enthaftung des aus einer Handelsgesellschaft Ausgeschiedenen bei Auslassen einer fristlosen Kündigung ablehnt (BGH NJW 1985, 1899). Seine auf eine handelsrechtliche Gesellschaft zugeschnittenen Erwägungen können jedoch nicht auf ein Wohnraummietverhältnis mit mehreren Mietern übertragen werden. Im Regelfall – von der Ausnahme des § 564 b Abs. 4 BGB abgesehen – genießt der vertragstreue Mieter Kündigungsschutz gemäß § 564 b BGB; die Kündigung ist nur bei Eigenbedarf oder bei Behinderung der wirtschaftlichen Verwertung des Mietobjekts zulässig. Daß die Enthaftung des Mieters, der ausgezogen ist, davon abhängen soll, ob eine dieser Voraussetzungen entsteht, ist nicht nachzuvollziehen, zumal sie ausschließlich von der Disposition des Vermieters abhängen und der Mieter keine Möglichkeit hat, sie darzulegen. Praktisch besteht jedenfalls kaum eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung; auch bei einem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag kann der Mieter gemäß § 564 c BGB i. V. mit § 564 b BGB Fortsetzung verlangen. Daher ist es nicht sachgerecht, den die Wohnung nicht mehr nutzenden Mitmieter ohne die Möglichkeit einer vorzeitigen Enthaftung weiter haften zu lassen. Seine fortdauernde Haftung ist insbesondere dann unbillig, wenn der Vermieter allein mit dem insolventen, den Mietgebrauch faktisch fortführenden Mitmieter das Mietverhältnis nicht fortsetzen würde und nur wegen der Zahlungsfähigkeit des Ausgeschiedenen die wirtschaftlich gebotene Kündigung nicht ausspricht.
24Das Argument des Bundesgerichshofs, die fristlose Kündigung sei in zahlreichen Fällen nur mit erheblichen Schwierigkeiten durchzusetzen, läßt sich auf die Wohnraummiete deshalb nicht übertragen, weil in diesem Bereich die ordentliche Kündigung in der Praxis weitaus mehr Streitpunkte und Zweifelsfragen bietet als die fristlose wegen Zahlungsverzugs, denn bei Zahlungsverzug und Zahlungsverweigerung, ohne daß der Mieter Minderung der Mietzinses einwendet, sind Probleme auszuschließen. Der vorliegende Sachverhalt belegt dies anschaulich. Klarer kann die Rechtslage nicht sein: Der Beklagte zahlt den Mietzins nicht, weigert sich zu zahlen und die Zeugin ist zahlungsunfähig. Daher ist, anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall, das Unterlassen der fristlosen Kündigung nicht nur wirtschaftlich unvernünftig, sondern auch rechtsmißbräuchlich. Die Kläger wissen nämlich, daß die Zeugin sich die 130 qm große Wohnung nicht leisten kann und der Beklagte, soweit er zahlt, im Innenausgleich (§ 426 BGB) gegen sie ohne Chancen ist.
25Durch die Möglichkeit, seinerseits das Mietverhältnis zu kündigen, wird der Mieter, der aus der Wohnung ausgezogen ist, nicht hinreichend geschützt, denn er allein kann nicht kündigen, sondern muß zuvor in einem langwierigen Verfahren mit ungewissem Ausgang den in der Wohnung verbliebenen Ehegatten auf Mitwirkung bei der Kündigung verklagen. Auch eine Gestaltung des Mietverhältnisses oder sein Ausscheiden aus dem Mietvertrag gemäß § 5 HausratsVO schützt den Mieter, der ausgezogen ist, nicht vor der weiteren Inanspruchnahme, weil das Familiengericht zumeist im Interesse des Vermieters eine fortdauernde Mithaftung des unterhaltspflichtigen Ehegatten anordnen wird (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 55. Aufl., § 5 HausratsVO RdNr. 3).
26Eine Enthaftung des Beklagten ab Juli 1996 steht somit angesichts der besonderen Fallkonstellation nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom
278. Oktober 1984.
28e) Ersatzansprüche wegen des weggefallenen Mietzinsanspruchs stehen den Klägern nicht zu. Namentlich kommt ein Anspruch wegen Vorenthaltung der Mietsache nach Vertragsende (§ 557 BGB) nicht in Betracht, denn nach einer
29– unterstellten – Beendigung des Mietverhältnisses hätten die Kläger nicht den Willen gehabt, die Wohnung zurückzunehmen, denn die Zeugin sollte dort mit dem Enkelsohn wohnen bleiben. Vorenthalten setzt jedoch ein Behalten gegen den Willen des Vermieters voraus (BGH NJW 1960, 909 = ZMR 1960, 244; NJW 1983, 112 = ZMR 1983, 23; NJW-RR 1987, 907 = ZMR 1987, 287). Ein Schaden infolge Rückgabeverzugs ist nicht ersichtlich. Bereicherungsansprüche gegen den Beklagten scheiden aus, weil er durch eine Nutzung ohne rechtlichen Grund nicht bereichert wäre.
302. (Nebenkosten
31Der Beklagte schuldet eine Nachzahlung von 5.294,64 DM.
32a) Die Kläger legen folgende Nebenkosten um:
33aa) Frischwasser,
34bb) Entwässerung,
35cc) Straßenreinigung,
36dd) Müllentsorgung,
37ee) Heizung.
38Die Umlage dieser Kosten ist in §§ 10 und 16 des Mietvertrages vorgesehen. Insbesondere ist der Abwälzung der Kosten für die Straßenreinigung in § 16 Nr. 5 ausdrücklich erwähnt.
39Die Nebenkosten sind unter den Parteien hälftig zu teilen. Die Kammer folgt insoweit der Aussage der Zeugin . Sie hat bekundet, daß die Parteien vereinbart hätten, diese Kosten zu halbieren. Man sei eine Familie gewesen, und deshalb sei diese Vereinbarung nicht schriftlich niedergelegt worden. Die Zeugin steht zwischen den Fronten; sie weiß, daß der Beklagte sie in Regreß nimmt, soweit er zur Zahlung verurteilt wird. Insofern ist sie nicht daran interessiert, daß er zu möglichst hohen Zahlungen verurteilt wird. Andererseits ist ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von den Schwiegereltern nicht zu übersehen. Für ihre Aussage sprechen die tatsächlichen räumlichen Verhältnisse. Im Haus befinden sich keine drei annähernd gleich großen Wohnungen. Die Obergeschoßwohnung, in der der Beklagte mit der Zeugin und dem gemeinsamen Kind lebte, ist genauso groß wie die Erdgeschoßfläche; dort wohnten bei Vertragsschluß die Kläger und die 1996 verstorbene Mutter des Klägers zu 2. Zudem liegen im Kellergeschoß noch zwei kleinere Räume, die jedenfalls bei Vertragsschluß von den Klägern genutzt wurden, aber hinsichtlich der Betriebskosten nicht gesondert ins Gewicht fielen. Bei annähernd gleich großen Wohnflächen und gleicher Personenzahl bot sich somit eine hälftige Teilung an. Für die Richtigkeit der Aussage der Zeugin spricht ferner § 10 des schriftlichen Mietvertrages. Obwohl der Beklagte, wie er nunmehr einräumt, den Vertragstext eigenhändig ausgefüllt hat, sind dort die Leerräume offen geblieben, obwohl diese
40– zumindest hinsichtlich des nach Wärmeverbrauch umzulegenden Kostenanteils – ausfüllungsbedürftig sind. Bedenkt man, wie genau der Beklagte jedes Schriftstück überprüft, so ist ihm nicht entgangen, daß § 10 Nr. 2 und 3 des Vertrages entweder zu streichen oder auszufüllen war. Wenn er weder das eine, noch das andere tat, so belegt dies, daß er diesem Textteil keine Bedeutung beimaß. Dies wiederum spricht für eine besondere Kostenvereinbarung. Diese ist wirksam; der Mietvertrag enthält keine Klausel, die die Unwirksamkeit mündlicher Absprachen vorschreibt.
41Wenn die Kläger an dem einmal vereinbarten Umlagemodus festhalten, obwohl etwa sechs Monate lang der Bruder des Beklagten einen der Kellergeschoßräume bewohnte, so ist dies nicht unbillig. Eine besondere Absprache für den Fall, daß die Personenzahl sich ändert, haben die Parteien nicht getroffen. Wenn der Beklagte nach Einzug des Bruders keine Änderung des Umlagemodus verlangte, obwohl er als Rechtsanwalt mögliche Konsequenzen abschätzen konnte, so zeigt dies, daß er der vorübergehenden Aufnahme des Bruders in Hinblick auf die Nebenkostenumlage keine maßgebliche Bedeutung beimaß.
42b) Zu den einzelnen Positionen und zum Zahlenwerk:
43aa) Die Kosten für den Wasserbezug belaufen sich laut Rechnungen der Stadtwerke auf 854,98 DM und 899,60 DM. Der Einwand des Beklagten, die Kläger hätten den Garten mit Frischwasser gesprengt, ist nicht von der Hand zu weisen. Daß der Garten bewässert wird, räumen die Kläger ein. Die Kosten der Gartenpflege sind laut § 16 des Mietvertrages nicht umlagefähig; unter Nr. 8 sind sie ausdrücklich gestrichen, obwohl auch der Beklagten und seine Familie, so jedenfalls der Vortrag der Kläger, den Garten mitbenutzen durften. Somit dürfen die Kosten nicht umgelegt werden, soweit Wasser für Grabenpflege verbraucht wurde. Die Kammer kann nur gemäß § 287 ZPO schätzen, denn auch bei Ausschöpfung der vom Beklagten angebotenen Beweise läßt sich nicht ermitteln, wieviel cbm Wasser bei der Gartenpflege verwendet wurden. Bedenkt man weiter, daß der Verbrauch für ein mit 6 oder 7 Personen bewohntes Grundstück mit 394 cbm (1994) und 375 cmb (1995) recht hoch ist, so erscheinen ein Abzug von 20 % und die Umlage von 80 % angemessen. Somit ist der Kläger für 1994 mit 341,99 DM und für 1995 mit 359,84 DM zu belasten.
44bb) Die Kosten der Entwässerung werden, wie die Gebührenbescheide der Gemeinde aufweisen, nach Personenzahl berechnet. "PGW” bedeutet "Personengleichwerte”; gut lesbar ist dies den Bescheiden, die dem Beklagten vorliegen, zu entnehmen. Die "PGW” werden in Zehnteln angegeben, so daß für 6 Personen 60 Berechnungseinheiten anzusetzen sind. Dies ist für einen Leser mit durchschnittlicher Auffassungsgabe nachzuvollziehen. Wegen der Gebührenbemessung nach Personen ist der Einwand, Wasser sei zum Gartensprengen verbraucht worden, bei den Entwässerungskosten irrelevant.
45Die Gebühren betragen für 1994 1.044,00 DM, für 1995 1.200,00 DM, die Anteile des Beklagten demgemäß 522,00 DM bzw. 600,00 DM.
46cc) Von den Straßenreinigungsgebühren, die ausweislich der vorgelegten Bescheide für 1994 und 1995 jeweils 26,73 DM betragen, hat der Beklagte ebenfalls die Hälfte zu übernehmen. Um keine der Parteien durch Auf- oder Abrundung zu bevorzugen oder zu benachteiligen, wird der Beklagte für 1994 mit 13,37 DM und für 1995 mit 13,36 DM belastet.
47dd) Die Umlage der Müllabfuhrkosten – dies beanstandet der Beklagte nicht ohne Grund – folgt nicht dem vereinbarten Abrechnungsschlüssel. Er wird nämlich mit den Kosten des 80-Liter-Gefäßes belastet. Indessen wird er hierduch nicht benachteiligt, denn ausweislich der Gebührenbescheide hatten beide Familien ein 120-Liter-Gefäß und eine 80-Liter-Tonne. Richtig wäre es gewesen, die Kosten für beide zu addieren und sodann zu halbieren. Dann hätte der Beklagte mehr zu zahlen. Jedenfalls können ihm bedenkenfrei die Gebühren für die 80-Liter-Tonne mit 169,00 DM (1994) bzw. 236,00 DM (1995) berechnet werden.
48ee) Zu den umlagefähigen Heizkosten zählen auch die Kosten der Wartung, der Schornsteinreinigung sowie der Immissionsmessung. Die Abrechnung ist insofern unrichtig, als nicht alle belegten Schornsteinfegerkosten berechnet werden; hierdurch wird der Beklagte nicht benachteiligt. Demgemäß betragen die Kosten für 1994 5.604,10 DM und für 1995 5.274,06 DM.
49Eine Aufteilung der Heizkosten nach Verbrauch ist im Mietvertrag nicht vorgesehen. Zwar befaßt § 10 sich damit. Unter Nr. 2. ist regelt, daß die Kosten entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen umzulegen sind, d. h. nach Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum und nach einem dem Wärmeverbrauch Rechnung tragenden Maßstab. Im folgenden Satz ist jedoch offen gelassen, welche Kostenquote nach Verbrauch umzulegen ist. § 10 nimmt ersichtlich auf die Heizkostenverordnung Bezug. Grundsätzlich sind danach die Kosten verbrauchsabhängig umzulegen. Jedoch gehen bei Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, von denen der Vermieter die eine bewohnt, die Bestimmungen der HeizkostenVO nicht der Parteivereinbarung vor. Diese Bestimmung greift ein. Die Räume im Erdgeschoß bilden, wie die Augenscheinseinnahme und die vorgelegten Skizzen, die der Beklagte als zutreffend anerkannt hat, ergeben hat, eine Wohnung. Die Räume im Anbau, die von der Großmutter bewohnt wurden, können nach ihrem Zuschnitt nicht als gesonderte Wohnung angesehen werden, die separat an einen Dritten zu vermieten gewesen wäre.
50Somit richtet sich die Umlage der Heizkosten allein nach der vertraglichen Vereinbarung. Sie sind demgemäß wie die übrigen Kosten hälftig aufzuteilen. Auf den Beklagten entfallen somit für 1994 2.802,05 DM und für 1995 2.637,03 DM.
51ff) Es ergibt sich folgende Gesamtabrechnung:
521994 1995
53Wasser 341,99 359,84
54Abwasser 522,00 600,00
55Straßenreinigung 13,37 13,36
56Müllentsorgung 169,00 236,00
57Heizung 2.802,05 2.637,03
58Summe 3.848,41 3.846,23
59./. Vorauszahlungen 1.200,00 1.200,00
60Nachzahlung 2.648,41 DM 2.646,23 DM
61Gesamtnachzahlung: 5.294,64 DM.
62c) Die Nachzahlungsforderung ist fällig. Die Abrechnung vom 17. Juni 1996 ist übersichtlich und nachvollziehbar. Sie enthält die erforderlichen Angaben; zu jeder Position werden die Gesamtkosten und der Aufteilungsmaßstab mitgeteilt. Dem Beklagten wurde zusammen mit der Abrechnung mit Schreiben vom 24. Juli 1996 Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen angeboten. Er bestreitet nicht, dieses Schreiben, das mit Einschreiben gegen Rückschein befördert wurde, erhalten zu haben. Wenn er auf das Angebot, die Unterlagen einzusehen, nicht eingeht, so kann er nicht einwenden, die Unterlagen nicht eingesehen zu haben.
633. (Zinsen)
641. Die monatlichen Mietzahlungen waren gemäß § 8 des Mietvertrages im Voraus fällig. Diese Klausel ist wirksam, denn sie trifft nicht mit einem Aufrechnungausschluß, sondern lediglich mit einer Ankündigungsklausel (§ 9) zusammen. Zudem hat der Beklagte den Mietvertrag handschriftlich ergänzt, so daß manches dafür spricht, daß er den vorformulierten Vertrag gestellt hat. Somit befindet sich der Beklagten seit dem der Fälligkeit nachfolgenden Tag gemäß § 284 Abs. 2 BGB in Verzug und hat die Forderungen gemäß § 288 BGB zu verzinsen.
65Die Nebenkostenforderung ist gemäß § 291 BB zu verzinsen. Die Klageerweiterung vom 12. August 1996 wurde nicht förmlich zugestellt; der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 2. September 1996 darauf erwidert, so daß unterstellt werden kann, daß sie ihm spätestens am 31. August 1996 zugegangen ist.
66Einen 4 % übersteigenden Schaden infolge höherer Zinsbelastung haben die Kläger trotz Bestreitens des Beklagten nicht unter Beweis gestellt.
67III. Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 92, 97 ZPO.
68Der Schriftsatz des Beklagten vom 25.9.1997, gibt keinen Anlaß, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Im übrigen war dem Beklagten kein Schriftsatznachlaß gewährt worden.
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