Beschluss vom Landgericht Duisburg - 24 T 89/99
Tenor
Die Beschwerde des Gläubigers vom 30.4.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Duisburg vom 22.4.1999 (7 N 287/98) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2Der Gläubiger, ehemaliger Arbeitnehmer der Schuldnerin, stellte am 9.10.1998 einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Nachdem der Gläubiger auf den Hinweis des Gerichts weitere Unterlagen nachgereicht hatte, wurde sein Antrag mit Verfügung vom 20.11.1998 zugelassen. Mit Beschluß vom 8.12.1998 ordnete das Amtsgericht gemäß § 75 KO die Einholung eines schriftlichen Sachverstädigengutachtens darüber an, ob Tatsachen vorliegen, die die Zahungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners begründen und ob eine die Verfahrenskosten deckende verfügbare Masse vorhanden ist.
3Am 1. Januar 1999, bei Inkrafttreten der Insolvenzordnung, war das Verfahren noch nicht abgeschlossen. Zwei weitere Anträge auf Erölffnung des Konkursverfahrens waren über das Vermögen der Schuldnerin anhängig: Der Antrag einer Krankenkasse vom 2. Dezember 1998 (7 N 341/98) und der Eigenantrag der Schuldnerin vom 7. Dezember 1998 (7 N 345/98). Am 5. Januar 1999 ging ein weiterer, als "Konkursantrag" bezeichneter Eröffnungsantrag eines Gläubigers gegen die Schuldnerin beim Amtsgericht Duisburg ein, der aufgrund des Artikel 104 EGInsO als Eröffnungsantrag nach der Insolvenzordnung behandelt wurde
4(760 IN 2/99).
5Mit Beschluß vom 23. Februar 1999 setzte das Konkursgericht die Entscheidung über die drei Konkurseröffnungsanträge bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Insolvenzeröffnungsantrag vom 5. Januar 1999 aus (Bl. 41 d. A.). Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß der Eröffnungsantrag nach der Insolvenzordnung verfahrensrechtlich Vorrang habe, weil er weitergehe als der entsprechende Antrag nach der Konkursordnung.
6Nach Abschluß der Ermittlungen des von dem Gericht beauftragten Sachverständigen Rechtsanwalt , wurde in dem Verfahren 60 IN 2/99 am 1. April 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Eröffnungsbeschluß wurde unter anderem dem Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 7. April 1999 zugestellt. Am 22. April 1999 erging sodann in den drei ausgesetzten Konkurseröffnungsverfahren ein Beschluß, mit dem die Anträge auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgewiesen wurden (§ 107 Abs. 1 KO).
7Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Gläubigers. Er ist der Ansicht, daß der Vorrang eines Eröffnungsantrages nach der Insolvenzordnung nicht dazu führen dürfte, daß dem Konkursverfahren jede Masse entzogen wird. Die Ablehnung des Konkursantrages führe dazu, daß seine Forderung nicht mehr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 a KO bevorrechtigt sei, da die Insolvenzordnung die Priviligierung des § 61 KO nicht mehr vorsehe.
8II.
9Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt (§§ 109, 73 Abs. 3, 72 KO, § 577 ZPO).
10Sie ist jedoch nicht begründet. Eine kostendeckende freie Masse im Sinne des § 107 Abs. 1 KO ist nicht vorhanden. Durch die rechtskräftige Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das gesamte schuldnerische Vermögen, soweit es Gegenstand eines Konkursverfahrens hätte sein können, durch gerichtliche Beschlagnahme dem Insolvenzverfahren zugeordnet und der Verwaltung durch den dort bestellten Insolvenzverwalter unterstellt worden. Eine eigenständige freie Masse zur Durchführung eines Konkursverfahrens existiert seither nicht mehr.
11Treffen Eröffnungsanträge nach altem und neuem Insolvenzrecht zusammen, so haben die Anträge nach neuem Recht Vorrang, weil sie wegen der Wirkungen der Insolvenzeröffnung rechtlich auf eine weitergehende Entscheidung abzielen als die Anträge nach altem Recht. Die Insolvenzmasse umfaßt von Rechts wegen mehr Vermögensgegenstände als die bisherige Konkursmasse. Die bekannteste Erweiterung ist die Einbeziehung des Vermögens, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt (§ 35 InsO). Würde man den zeitlich früher gestellten Konkursantrag dem Vorrang einräumen, so hätte dies in vielen Fällen zur Folge, daß innerhalb kurzer Zeit zwei insolvenzrechtliche Verfahren gegen den selben Schuldner in Betracht kämen. Da die Konkursmasse nach altem Recht nur einen Teil derjenigen Masse darstellt, die nach der Insolvenzordnung zur Verwertung und Verteilung an die Gläubiger vorgesehen ist, bleiben die weiteren Vermögensgegenstände, die nur nach neuem Recht der Masse zugeordnet sind, außerhalb des Konkursbeschlags. Durch die Verfahrenseröffnung nach altem Recht wäre also der Eröffnungsantrag nach neuem Recht nicht vollständig erledigt. Eine solche Handhabung wäre verfahrensökonomisch nicht sinnvoll (Schmahl, Rechtspfleger 1998, 493 ff; Vallender/Rey, NZI 1999, 1 ff).
12Der Umstand, daß im Fall des Beschwerdeführers der Eröffnungsantrag nach altem Recht von einem Gläubiger gestellt worden ist, dessen Forderung im Konkurs ein Vorrecht genießt (§ 61KO), das ihm nach der Insolvenzordnung nicht mehr zusteht (§ 38 InsO), ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Vorrecht ist für die Rangordnung der Anträge ohne Bedeutung. Wie das Insolvenzverfahren sind auch die Konkursverfahren nicht in erster Linie dazu bestimmt, möglichst weitgehend die Rechtsposition des Eröffnungsantragstellers durchzusetzen. Sie sind vielmehr schon im Verfahren vor der Eröffnung darauf angelegt, das Interesse der gesamten Gläubigerschaft an einer möglichst weitgehenden effektiven Haftung des Schuldners durchzusetzen; dies zeigen insbesondere die Vorschriften über die Sicherungsmaßnahmen (§§ 106 KO, 12 VglO, 2 Abs. 3, 4 GesO).
13Dies steht auch im Einklang mit dem Rechtsgedanken des Artikel 104 EGInsO. Nach dieser Bestimmung gilt in einem Insolvenzverfahren das neue Recht auch für solche Rechtsverhältnisse und Rechte, die vor dem 1. Januar 1999 begründet worden sind. Hierunter fallen auch die bisherigen Konkursvorrechte für bestimmte Forderungen. Sie haben im neuen Insolvenzverfahren keine Wirkung mehr. Die Regelung wird mit der Erwägung gerechtfertigt, es sei zur Verwirklichung der Ziele der Insolvenzrechtsreform erforderlich, die Rechtsposition aller Beteiligten ausnahmslos den Regeln des neuen Rechts zu unterwerfen. Auf ein bisheriges Konkursvorrecht bezogen, lautet die gesetzgeberische Entscheidung also: Trifft ein solches Vorrecht mit einer Rechtsposition zusammen, die dem neuen Insolvenzrecht unterliegt, so
14darf dieses Vorrecht die Anwendung des neuen rechts nicht verhindern. Für die Kollision von Eröffnungsanträgen bedeutet dies, daß das Konkursvorrecht eines Antragstellers nach altem Recht nicht der Rechtsposition eines Antragstellers nach neuem Recht entgegengehalten werden kann (Schmahl, Rechtspfleger 1998, 493, 495).
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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