Beschluss vom Landgericht Duisburg - 12 T 31/06
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts Duisburg vom 24.1.2006 (15 XVII B 96 Verg) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Betreuerin steht auf den Antrag vom 30.12.2005 für den Zeitraum 1.7.2005 – 30.9.2005 eine Vergütung für die Betreuung in Höhe von 351,75 € zu.
Der Anspruch richtet sich in voller Höhe gegen die §§ 1908 i; 1836 I BGB sowie § 4 I i.V.m. § 1 II VBVG und wird zur Erstattung gegen diese festgesetzt.
Der weitergehende Vergütungsantrag für den Zeitraum ab dem 1.10.2005 wird als derzeit nicht statthaft zurückgewiesen, im übrigen wird der Vergütungsantrag zurückgewiesen.
Die weitere sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf wird zugelassen.
1
Gründe
2Für den Betroffenen wird seit 1991 ein Pflegschaftsverfahren geführt. Mit Beschluss vom 12.12.1991 hat das Amtsgericht zunächst die Mutter des Betroffenen als Pfleger bestellt für die Wirkungskreise Aufenthaltsbestimmungsrecht, Heilbehandlung und Vermögenssorge. Mit Beschluss vom 3.1.1992 ist das Pflegschaftsverhältnis als Betreuungsverhältnis fortgeführt worden. Diese Betreuung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21.11.2001 verlängert und auf die Aufgabenkreise Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge und Bestimmung des Aufenthaltes beschränkt.
3Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.9.2004 die Mutter des Betroffenen als Betreuerin entpflichtet und Frau als Berufsbetreuerin bestellt. Zugleich hat es den Aufgabenkreis der Betreuung um die Vertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechts- und Behördenangelegenheiten erweitert.
4Die Betreuerin hat mit Antrag vom 27.12.2005 einen Vergütungsantrag für den Zeitraum vom 1.7.05 – 24.12.05 vorgelegt und die Festsetzung einer Vergütung von 820,75 € inkl. Umsatzsteuer beantragt.
5Sie hat die Auffassung vertreten, dass für die Berechnung der Betreuung der Beginn der berufsmäßigen Betreuung maßgeblich und die vorher geführte ehrenamtliche Betreuung nicht zu berücksichtigen sei.
6Der Bezirksrevisor hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass es für die Berechnung der Vergütung auf den Beginn der Betreuung überhaupt ankomme, so dass die Betreuerin für den Zeitraum 1.7.05 – 30.9.05 351,75 € beanspruchen könne.
7Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 24.1.2006 für den Zeitraum 1.7.2005 – 24.12.2005 eine Vergütung von 820,75 € gegen die festgesetzt und als vergütungsrechtlich relevanten Beginn der Betreuung unter Berufung auf Deinert, BTPrax Spezial S. 15 den 24.9.2004 (Zeitpunkt des Beginns der berufsmäßigen Betreuung) zugrunde gelegt.
8Der Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem berufsmäßigen Betreuer führe oft dazu, dass der neue Betreuer das bisherige Betreuungsverhältnis aufwändig rekonstruieren müsse, weil in dieser Konstellation regelmäßig Pflichtverletzungen des früheren Betreuers bestehen könnten.
9Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des , der darauf verweist, dass es auf die tatsächliche Dauer der Betreuung ankomme, zudem könne nur quartalsweise, d.h. bis zum 30.9.2005 und nicht bis zum 24.12.2005 abgerechnet werden.
10Die Betreuerin hat ausgeführt, dass es sachgerecht sei, von einer neuen Betreuung auszugehen, wenn ein ehrenamtlicher Betreuer – wie hier – wegen mangelnder Eignung entlassen werde. Denn aufgrund der Untätigkeit der früheren Betreuerin käme erheblich Mehrarbeit auf den neuen Betreuer zu, der über den üblicherweise anfallenden Mehrbedarf bei Übernahme einer bereits bestehenden Betreuung hinausginge.
11Sie beantragt, die weitere sofortige Beschwerde zuzulassen.
12Die zulässige sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist begründet.
13Die Berechnung der Vergütung der Beteiligten zu 1) richtet sich für den abzurechnenden Zeitraum ab dem 1.7.2005 nach dem Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern vom 21.4.2005 (VBVG).
14Nach § 5 I VBVG bemisst sich der zu vergütende Zeitaufwand abhängig von den Monaten "der Betreuung", wobei die meisten Stunden in den "ersten drei Monaten der Betreuung" anzusetzen sind (§ 5 I 2 VBVG).
15Im Fall, in dem eine Betreuung erstmals als ehrenamtlich zu führende Betreuung einzurichten ist und zu einem späteren Zeitpunkt durch einen anderen Betreuer berufsmäßig geführt wird, ist für die Vergütung des Berufsbetreuers nicht der erhöhte Stundenansatz wie bei erstmaliger Bestellung eines Betreuers anzuwenden, sondern der Stundenansatz wird ab der erstmaligen Einrichtung der Betreuung überhaupt berechnet, das heißt im vorliegenden Fall der ehrenamtlichen Betreuung ab 3.1.1992.
16Die Kammer schließt sich in diesem Punkt der bislang zu dieser Frage veröffentlichten Rechtsprechung des LG Heidelberg, Beschluss vom 12.12.2005, 2 T 69/05; LG Regensburg, Beschluss vom 4.1.2006, 7 T 757/05 und LG Koblenz, Beschluss vom 9.2.2006, 2 T 114/06 an (ebenso Dodegge, NJW 2005, 1899).
17Der Gesetzeswortlaut des § 5 VBVG stellt für die Frage des Stundenansatzes auf den Beginn der Betreuung überhaupt ab. Er spricht von den ersten Monaten der "Betreuung" und differenziert dabei nicht zwischen ehrenamtlicher und berufsmäßiger Betreuung. In § 5 V VBVG wird als einzige Differenzierung der Fall des Wechsels von der berufsmäßigen Betreuung zur ehrenamtlichen Betreuung anerkannt. Diese Vorschrift hat aber Ausnahmecharakter und ist nicht analogiefähig. Sie gewährt dem berufsmäßigen Betreuer über das Ende der Betreuung hinaus noch die Vergütung für einen Monat. Der Gesetzgeber verfolgt damit den Zweck, einen finanziellen Anreiz dafür zu schaffen, dass Berufsbetreuer Initiative entwickeln, sich nach Möglichkeit für ehrenamtliche Betreuungen einzusetzen (BT-Drucksache 15/4874, S. 32). Zugleich bestätigt das den Regelfall, dass die Betreuung vergütungsmäßig einheitlich zu behandeln ist, unabhängig davon, ob sie berufsmäßig oder ehrenamtlich geführt wird.
18Der Betreuerin ist zuzugeben, dass in den Fällen, in denen die Ungeeignetheit des ehrenamtlichen Betreuers Anlass für den Wechsel der Betreuung ist, viel Arbeit, möglicherweise sogar mehr Arbeit als bei erstmaliger Einrichtung einer Betreuung, auf den Betreuer zukommt. Es ist auch richtig, dass das Gesetz bei erstmaliger Einrichtung einer Betreuung davon ausgeht, dass mehr Arbeit anfällt, weshalb ein höherer Stundenansatz gewährt wird.
19Andererseits sind Fälle denkbar, in denen eine problemlos eingerichtete und gut funktionierende ehrenamtliche Betreuung als berufsmäßige Betreuung fortgeführt werden muss, weil der ehrenamtliche Betreuer künftig nicht mehr zur Verfügung steht, aber seinem Nachfolger geordnete Verhältnisse hinterlässt. In diesem Fall wäre ein erhöhter Stundenansatz für den neuen berufsmäßigen Betreuer nicht gerechtfertigt. Eine Differenzierung der Vergütung nach dem Anlass des Betreuerwechsels sieht das Gesetz aber nicht vor, eine solche Differenzierung ist mit dem Grundgedanken, durch eine Pauschalierung das Abrechnungswesen so einfach wie möglich zu gestalten, auch nicht vereinbar.
20Damit ergibt sich folgende Berechnung:
21Auszugehen ist von einem mittellosen Betroffenen, der nicht in einem Heim lebt und für den seit mehr als 12 Monaten eine Betreuung eingerichtet ist.
22Nach § 5 II, 2 Nr. 4 VBVG ist ein Stundenansatz von 3,5 Stunden im Monat zugrunde zu legen.
23Der Stundensatz der Betreuerin von 33,50 € steht außer Streit und ist angemessen (§ 4 I 2 Nr. 1 VBVG).
24Diese Vergütung ist nach § 9 VBVG zwingend in Drei-Monats-Zeiträumen abzurechnen. Beginn des Abrechnungszeitraums ist der 1.7.2005, der Zeitpunkt des Inkrafttretens des VBVG, weil die Betreuung zu diesem Zeitpunkt bereits eingerichtet war und keine Änderung des Stundenansatzes vorliegt. Danach kann mit dem am 30.12.2005 eingegangenen Vergütungsantrag lediglich das Quartal vom 1.7.2005 – 30.9.2005 abgerechnet werden, der Zeitraum ab 1.10.2005 ist einem späteren Vergütungsantrag vorbehalten.
25Daraus ergibt sich eine Vergütung von 3 * 3,5 * 33,50 € = 351,75 €.
26Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 13 a FGG).
27Die weitere sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf wird zugelassen.
28Diese ist innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder mittels eines von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterzeichneten Schriftsatzes bei dem Amtsgericht Duisburg, Landgericht Duisburg oder Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen.
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Referenzen
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