Urteil vom Landgericht Duisburg - 24 O 6/10
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.027,80 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 4.2.2010 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin in Höhe von 1.049,00 €
von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der
außergerichtlichen Kosten ihrer Streithelferin, jedoch einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin begehrt Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 24.027,80 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.049,00 nebst Zinsen im Zusammenhang mit Medikamentenlieferung und deren Rückgabe an
3den Hersteller. Die Klägerin ist Inhaberin einer Apotheke in M. Die Beklagte ist Pharmagroßhändlerin. Die Streithelferin der Beklagten ist eine weitere Pharmagroßhändlerin, die Streithelferin der Klägerin ist Herstellerin des umstrittenen Medikamentenprodukts. Die Klägerin bezog von der Beklagten im Juli 2009 einmal 20 und einmal 60 Einheiten W (PZN ######) jeweils zum Einzelpreis in Höhe von 324,70 €. Davon 4 Einheiten der Charge ###### und 76 Einheiten der Charge ######. Die Klägerin bezahlte der Beklagten die entsprechenden Rechnungen vom 21.7.2009 und 24.7.2009. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Bestellung und Rechnung wird auf Blatt 5, 6, 14, 15 verwiesen. Im Oktober 2009 bezog die Klägerin weitere 54 Einheiten, wobei die Chargen-Nummer dieser Einheiten streitig ist, welche von der Klägerin ebenfalls bezahlt wurden. Die Streithelferin der Klägerin rief am 19.11.2009 in der E und in der Q2 jeweils Nr. ## vom 19.11.2009 Medikamente der Marke W zurück „als vorsorgliche Maßnahme aufgrund des Verdachts der Arzneimittelfälschung“. Die Beklagte weist die Klägerin mit Faxschreiben vom 19.11.2009 auf diesen Rückruf hin und fordert diese zur Rücksendung an die Streithelferin der Klägerin auf. Eine eigene Rücknahme des Produkts lehnt die Beklagte ab. Am 21.1.2010 veröffentlicht die Herstellerin/Streithelferin der Klägerin einen weiteren Rückruf wegen anderer Chargen „wiederum als vorsorgliche Maßnahme aufgrund des Verdachts der Arzneimittelfälschung“. Die Klägerin sandte später insgesamt 74 Einheiten an die Streithelferin der Klägerin zurück. Die Streithelferin der Klägerin bestätigte dieser mit Schreiben vom 4.12.2009, dass sie 22 Einheiten der Charge ###### und 52 Einheiten der Charge ###### zurückgenommen habe und dass es sich hierbei um eine „Fälschung“ handele. Hinsichtlich des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf Blatt 42, 43 der Akte verwiesen. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16.12.2009 eine etwaige Ersatzlieferung für die an die Streithelferin der Klägerin zurückgesandte Ware
4gegenüber der Klägerin ab. Die Klägerin forderte von der Beklagten am 18.12.2009 mit anwaltlichem Schreiben erneut Nachlieferung oder ersatzweise Schadensersatzzahlung in Höhe von 24.027,80 €. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 21.12.2009 ab.
5Die Klägerin behauptet, dass die von der Beklagten versandte und von ihr an die Streithelferin der Klägerin zurückgesandte Ware gefälscht gewesen sei. Sie habe auch
6lediglich von der Beklagten das Produkt W bezogen. Die Klägerin sei zur Rücksendung des Produktes gemäß § 21 Apothekengesetz i.V.m. § 62 AMG verpflichtet gewesen, wozu im Übrigen die Beklagte selbst aufgefordert habe.
7Die Streithelferin der Klägerin ist dieser beigetreten. Weiterer neuer Vortrag ist von ihrer Seite nicht erfolgt.
8Die Klägerin beantragt,
91.
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 24.027,80 € nebst Zinsen in
11Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
12Rechtshängigkeit zu zahlen,
132.
14die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an sie Schadensersatz in
15Höhe von 1.049,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
16über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Streithelferin der Beklagten schloss sich dem Antrag der Beklagten an.
20Die Streithelferin der Klägerin stellte keinen förmlichen Antrag.
21Die Beklagte meint, dass ein Rückruf lediglich wegen des Verdachts der Fälschung
22erfolgt sei als vorsorgliche Maßnahme. Ob sich das zurückgesandte Produkt tatsächlich als Fälschung herausgestellt habe, bestreitet sie. Jedenfalls hinsichtlich des Medikaments selbst, allenfalls hinsichtlich der Packung und Beilage komme eine Fälschung überhaupt in Betracht. Ein Teil der zurückgegebenen Packung, nämlich der Charge ###### seien der Klägerin nicht von der Beklagten geliefert worden. Die Streithelferin der Klägerin habe auch es abgelehnt, der Beklagten einen Nachweis hinsichtlich der Fälschung zur Verfügung zu stellen. Es sei zu vermuten, dass die Streithelferin der Klägerin selbst die Ware in den Verkehr gebracht habe. Nach ihren Informationen liege die Ursache in Südafrika. Dort habe die Streithelferin der Klägerin ca. 1000 Packungen geschenkweise zur Verfügung gestellt und zwar an die V. Diese Packungen seien offenbar verschwunden und in anderen Ländern wieder aufgetaucht. Inwieweit zwischen Original und Fälschung zu unterscheiden sei, könne mangels ausreichender Information durch die Streithelferin der Klägerin nicht beurteilt werden. Etwaige Wareneingangsdokumentation und andere Beweise seien nicht vorgelegt worden. Das vom Gericht eingeholte Sachverständigengutachten sei nicht verwertbar, weil insbesondere das rechtliche Gehör der Parteien durch die mangelnde Unterrichtung von einem Ortstermin verletzt worden sei. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Klägerin den ihr obliegenden Beweis einer Fälschung nicht erbracht habe oder zumindest ein Fall der Beweisvereitelung von Seiten der Streithelferin der Klägerin vorliege.
23Die Streithelferin der Beklagten unterstützt diese und hat sich im Wesentlichen ihren Vortrag zu Eigen gemacht. Neuer weiterer Vortrag ist durch die Streithelferin der Beklagten nicht erfolgt.
24Das Gericht hat Beweis erhoben entsprechend den Beweisanordnungen vom 11.5.2010, vom 7.6.2010 und vom 12.10.2010 durch Vernehmung der Zeugen W und E2 G sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und der anschließenden mündliche Anhörung des Sachverständigen H. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
25Protokolle vom 12.10.2010 und 24.1.2012 sowie das schriftliche Gutachten vom 14.3.2011 verwiesen.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
27Die Klage ist in dem aus dem Tenor der Entscheidung ersichtlichen Umfang begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des zugesprochenen Betrages gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 2, 434 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB i.V.m. einem geschlossenen Medikamentenliefervertrag zu. Dass die Beklagte der Klägerin das Medikament W in der Menge, wie von der Klägerin behauptet, geliefert und bezahlt erhalten hat, ist inzwischen als unstreitig anzusehen. Soweit die Beklagte zunächst noch einen Teil der Lieferung hinsichtlich der Charge ######, nämlich soweit die Klägerin keinen Lieferschein vorlegen konnte, bestritten hat, hat sie auf Hinweis des Gerichts, das ein bloßes Bestreiten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig sein dürfte, in Zusammenhang mit der vorgelegten Rechnung vom 5.10.2009 erklärt, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang 32 Einheiten der Charge ###### und 22 Einheiten der Charge ###### an die Klägerin geliefert habe. Entsprechend hat die Kammer den ursprünglich auch zu dieser Frage erlassenen Beweisbeschluss vom 11. Mai 2010 aufgehoben.
28Es ist weiterhin davon auszugehen, dass die von der Beklagten an die Klägerin genannten Chargen mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB waren. Als Sachmangel ist dabei grundsätzlich auch jede Form der Fälschung eines Produktes anzusehen. Dabei kann offenbleiben, ob hinsichtlich des Medikaments selbst eine Fälschung anzunehmen ist, wovon die Parteien bislang weiterhin nicht ausgehen. Ausreichend ist bereits, wenn die Verpackung und der Beilagezettel gefälscht, also nicht Original sind. Gerade im sensiblen Gesundheitsbereich kann ein Produkt selbst, wenn es als solches echt sein sollte, praktisch nicht mehr an Kunden verkauft werden,
29wenn der beiliegende Beilagezettel, sowie die Verpackung, nicht Original sind. Wollte ein Verkäufer/Apotheker ein solches Produkt weiterhin in den Verkehr bringen, bestünde eine hinreichende Hinweispflicht gegenüber dem potentiellen Endkunden, was praktisch dazu führen würde, dass der Kunde dieses Produkt nicht kaufen würde und stattdessen ein „vollständig echtes“ kaufen würde, da er dies grundsätzlich zu demselben Preis erhalten kann. Soweit die Beklagte, und die sich ihr angeschlossene Streithelferin, auf das Fehlen eines Sachmangels berufen bzw. eine Fälschung bestreiten, hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis eines Sachmangels erbracht. Aufgrund der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme durch Zeugeneinvernahme und Einholung eines Sachverständigengutachtens ist das Gericht davon überzeugt, dass zumindest die Verpackung und der Beilagezettel zu dem Produkt W, welches die Klägerin zurückgesandt hat, nicht Original ist, sondern eine Fälschung darstellt. Sowohl aufgrund der glaubhaften und schlüssigen Aussage des Zeugen E2 G als auch der weiteren Ausführung des Sachverständigen H sowie seinen mündlichen Erläuterungen kann kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass die von der Klägerin im Zuge des Rückrufs (nach Aufforderung der Beklagten) zurückgesandten Medikamente tatsächlich zumindest hinsichtlich Verpackung und Beilagezettel eine Fälschung darstellen. Sowohl der Zeuge E2 G als auch der Sachverständige haben nachvollziehbar erläutert, in welcher Hinsicht die von der Klägerin zurückgesandten Medikamentenverpackung und Beilagezettel von Originalverpackung, wie sie die Streithelferin der Klägerin ihren Angaben zufolge herstellt, deutlich abweichen, auch wenn dies für einen Laien auf den ersten Blick nicht so leicht erkennbar ist. Ein Originalprodukt und damit das Fehlen eines Mangels wäre nur dann anzunehmen, wenn auch diese vom Sachverständigen untersuchten und von der Klägerin zurückgesandten Medikamente tatsächlich von der Streithelferin der Klägerin hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind. Soweit die Beklagte und ihre Streithelferin jedoch der Streithelferin der Klägerin den Vorwurf machen, dass diese quasi daran mitgewirkt habe oder möglicherweise aus eigener Veranlassung dieses Produkt „erneut“ in den Verkehr, wenn auch mit Verpackung schlechterer Qualität, gebracht hat, hält das Gericht diese Annahme für nahezu abwegig. Die Beklagte und
30ihre Streithelferin legen auch keine Anhaltspunkte dar, welche eine solche Annahme ernsthaft in Betracht ziehen lassen. Insbesondere ist nicht plausibel dargelegt, welchen Vorteil die Streithelferin der Klägerin davon haben sollte, solche, jedenfalls für einen Fachmann erkennbar unterschiedliche Verpackung und Beipackzettel mit jedenfalls für den Fachmann erkennbar minderer Qualität in den Verkehr bringen sollte unter gleichzeitiger Inverkehrbringung von Verpackung und Beipackzettel, welche besserer Qualität sind. Insbesondere die bereits an eine „Verschwörung“ anmutenden Andeutungen der Streithelferin der Beklagten bieten keinen konkreten Anhalt dafür, dass die, jedenfalls für einen Fachmann erkennbaren unterschiedlichen Produkte tatsächlich beide von der Streithelferin der Klägerin als Original in den Verkehr gebracht worden sind. Im Übrigen hat die Beklagte zunächst selbst vermutet, dass etwaige Dritte diese Medikamente, welche die Streithelferin der Klägerin als Geschenk nach Südafrika gegeben haben soll, wieder nach Deutschland eingeführt haben sollen. Eine solche Rückeinfuhr unter Veränderung oder Reproduktion der Verpackung und Beipackzettel (da die Originalverpackung vermutlich eine andere Sprache hatten) stellt ebenfalls eine Fälschung dar und kann gerade nicht als Original angesehen werden. Soweit die Beklagte und ihre Streithelferin zuletzt zumindest andeutungsweise auch in Zweifel gezogen haben, dass die vom Sachverständigen untersuchten und auch von der Streithelferin der Klägerin als Fälschung bezeichneten Verpackung tatsächlich auch von der Klägerin zurückgesandt worden sind, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus Sicht der Kammer ebenfalls kein Zweifel. Auch unter Berücksichtigung des vom Sachverständigen H aufgezeigten Fehlers hinsichtlich der Anzahl (welcher jedoch lediglich 2 von insgesamt 74 Packungen betrifft) geben keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass die Streithelferin der Klägerin oder die von ihr für die Eingangskontrolle beauftragte Firma Q3 bewusst falsche Aufzeichnungen erstellt hat oder falsche Auskünfte hierüber erteilt hat oder insoweit ein grober Fehler unterlaufen ist.
31Einen hinreichenden Anhalt dafür, dass die Streithelferin der Klägerin letztendlich die Beweismöglichkeit der Klägerin bzw. die Gegenbeweismöglichkeit der Beklagten durch
32unzureichende Angaben und Auskünfte vereiteln wollte, kann nicht angenommen
33werden. Auch im Hinblick auf die zurückhaltende Information der Streithelferin der Klägerin und die Ablehnung bestimmten Wünschen auch des Sachverständigen, nämlich nach Herausgabe der Verpackung oder nach genauerer Untersuchung der Lagerstelle, bieten noch keinen ausreichenden Beleg für diese Annahme der Beklagten und ihrer Streithelferin. Es besteht weiterhin auch keine Veranlassung auf erneute Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil, wie die Beklagte zuletzt andeutet, das Gutachten des Sachverständigen H nicht verwertbar sein soll. Soweit die Beklagte und ihre Streithelferin den Sachverständigen H wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt haben, weil dieser sie (wie auch die Klägerin) nicht ausdrücklich vom Ortstermin vom 28. Februar 2011 unterrichtet hat, wurden der Antrag sowie die Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung der Kammer inzwischen rechtkräftig zurückgewiesen. Unabhängig davon bietet auch der Umstand, dass die Parteien infolge dieses Versehens bzw. Missverständnis des Sachverständigen in Zusammenwirken mit dem Gericht hinsichtlich der Frage, wer die Parteien und Beteiligten von einem Ortstermin unterrichtet, an diesem nicht teilgenommen haben, keinen ausreichenden Anhalt dafür, das bisherige Beweisergebnis nicht zu bewerten oder in weiterer Hinsicht ergänzen zu lassen, insbesondere den Ortstermin wiederholen zu lassen. Sowohl die bisherigen Stellungnahmen schriftsätzlicher Natur der Beklagten und ihrer Streithelferin, als auch die mündlichen Ausführungen im letzten mündlichen Verhandlungstermin geben nicht einmal ansatzweise einen Anhalt dafür, dass im Zuge einer Beteiligung der Parteien in einem solchen Termin das Ergebnis des Gutachtens in irgendeiner Weise anders ausgefallen wäre. Dies lässt sich gerade im Hinblick auf die Besonderheiten des Begutachtungsgegenstandes praktisch ausschließen. Soweit die Streithelferin der Klägerin in verschiedenen Punkten dem Sachverständigen keine Auskunft erteilt hat (unabhängig von der Frage, ob dies noch von Bedeutung ist) und dem Sachverständigen auch nicht uneingeschränkt Zugang in ihren Bereich gegeben hat, ist nicht davon auszugehen, dass eine Teilnahme der Parteien bzw. ihrer Anwälte dazu geführt hätte, dass die Streithelferin der Klägerin hier weitergehende Zugeständnisse gemacht hätte. Daneben lässt sich auch praktisch ausschließen, dass eine Beteiligung der Parteien bzw. ihrer Prozessvertreter an dem Ortstermin hinsichtlich des konkreten Untersuchungsergebnisses des Sachverständigen H ein anderes
34Ergebnis ergeben hätte, als dies in dem schriftlichen Gutachten niedergelegt ist und in seiner mündlichen Anhörung noch einmal ergänzend erläutert worden ist. Gerade auch die mündliche Anhörung hat keinen Anhalt dafür ergeben, dass eine Begutachtung ergänzende Erkenntnisse erbracht hätte unter Beteiligung der Parteien.
35Von einem Sachmangel der die Klägerin zur Beanspruchung von Schadensersatz berechtigt, wäre im Übrigen auch dann auszugehen, wenn – wie es die Streithelferin der Beklagten zwischenzeitlich angedeutet hat – ein Mitarbeiter der Streithelferin der Klägerin möglicherweise Hilfestellung zur Herstellung bzw. Fälschung von Packung und Beiliegezettel geleistet hat, ohne hierzu durch seine Vorgesetzten bzw. den Vorstand der Streithelferin der Klägerin veranlasst gewesen zu sein. Da auch eine rechtswidrige Mitwirkung von Mitarbeitern der Streithelferin der Klägerin nicht dazu führt, dass sich das „Endprodukt“ als ein Originalprodukt angesehen werden kann. Aus diesen Gründen war auch die vom Prozessbevollmächtigten der Streithelferin der Beklagten gestellte Frage an den Zeugen E2 G, ob er ausschließen könne, dass es einen Mitarbeiter bei der Streithelferin der Klägerin gebe, der in unredlicher Weise Verpackungen hergestellt oder vertrieben habe, wegen fehlender Erheblichkeit für die Entscheidung des Rechtsstreits zurückzuweisen. Insoweit kann die mit der Fragestellung intendierte Behauptung, dass es einen solchen Fall tatsächlich gebe, als wahr unterstellt werden, da dies nicht geeignet ist, den Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Fall zu bringen.
36Die Schadenshöhe hat die Klägerin im Hinblick auf die Weigerung der Beklagten zur Ersatzlieferung sowie die von ihr geleisteten Zahlung auf die Lieferung der Beklagten nachvollziehbar dargelegt und belegt. Diese stehen auch nicht (mehr) im Streit. Infolge der Ablehnung der Beklagten liegen die weiteren Voraussetzungen des § 281 Abs. 2 BGB vor. Weitere Einwendungen der Beklagten gegenüber dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch werden auch nicht erhoben.
37Der Zinsanspruch auf die Hauptforderung rechtfertigt sich aus §§ 288, 291 BGB.
38Hinsichtlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, welche die Klägerin ihren
39Prozessbevollmächtigten zu zahlen hat, kann diese jedoch nur Freistellung verlangen, nicht jedoch Zahlung, weil sie nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt hat, dass sie diese Kosten bereits ausgeglichen hat. Soweit die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unstreitig vorgerichtlich nach Eintritt des Verzuges für die Klägerin tätig geworden sind, und eine entsprechende Rechnung gestellt haben, kann die Klägerin jedoch Freistellung von dieser Forderung verlangen. Ein solcher Anspruch war hier als Minus in dem Zahlungsanspruch enthalten und entsprechend zuzusprechen. Lediglich hinsichtlich des darüber hinausgehenden Begehrens einer direkten Zahlung war die Klage abzuweisen.
40Der mit den Rechtsanwaltskosten verbundene weitere Zinsanspruch war ebenfalls abzuweisen, da ein Freistellungsanspruch nicht der Verzinsung unterliegt.
41Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Das Unterliegen der Klägerin ist lediglich geringfügig und hat keine weiteren Kosten veranlasst.
42Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 2 ZPO.
43Der Streitwert für den Rechtsstreit wird abschließend auf 24.027,80 € festgesetzt.
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