Urteil vom Landgericht Duisburg - 13 O 22/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Mit Vertrag vom 20.12.2010 (Anl. K1, Bl. 7-12 GA) gewährte die Beklagte den Klägern ein Darlehen über 248.000 €, das der Finanzierung eines Immobilienkaufs diente. Die Parteien vereinbarten eine Zinsbindung bis zum 30.03.2016. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf die zur Akte gereichte Kopie desselben verwiesen.
3Mit Schreiben vom 23.01.2013 (Anl. K2, Bl. 13 GA) erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages und kündigten an, den noch nicht getilgten Teil des Darlehens in Höhe von 239.215,24 € bis zum 01.02.2013 zurückzuzahlen sowie die von der Beklagten geforderte Vorfälligkeitsentschädigung unter Vorbehalt zu zahlen.
4Mit Datum vom 25.01.2013 schlossen die Parteien eine Vereinbarung (Anl. B1, Bl. 44 GA), nach der das Darlehen bis zum 01.02.2013 gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung von 28.397,09 € vorzeitig beendet werde, und dass am 01.02.2013 insgesamt 267.825,50 € an die Beklagte zu zahlen seien.
5Am 01.02.2013 zahlten die Kläger die Darlehensvaluta zurück.
6Darüber hinaus zahlten sie die von der Beklagten geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 28.397,09 €.
7Die Kläger riefen den Schlichter der Kundenbeschwerdestelle beim T in E an, um eine einvernehmliche Klärung der Frage herbeizuführen, ob die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet sei. Mit Bescheid vom 28.08.2013 (Anl. K3, Bl. 14-17 GA) machte der Schlichter einen Einigungsvorschlag, dem die Beklagte jedoch nicht zustimmte.
8Mit der Klage erstreben die Kläger eine Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Sie sind der Auffassung, dass der mit Schreiben vom 23.01.2013 erklärte Widerruf wirksam sei, weil die im Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung nicht hinreichend den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Formale Voraussetzung für eine wirksame Widerrufsbelehrung sei eine deutliche Gestaltung innerhalb des Vertragstextes. Diese sei hier nicht erfolgt, weil die Information über das Recht zum Widerruf nach dem Gestaltungsbild des Vertrages lediglich mit allgemeinen Informationen des Vertragstextes einhergehe und nicht in der gebotenen Weise hervorgehoben sei.
9Die Kläger beantragen,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 28.397,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2013 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie vertritt die Auffassung, dass der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch bereits daran scheitere, dass sich die Kläger in der Vereinbarung vom 25.01.2013 vorbehaltlos zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet hätten. Diese Vereinbarung sei der Rechtsgrund für die daraufhin erfolgte Zahlung und stehe deshalb einer Rückzahlung entgegen. Dass die Kläger danach unter Vorbehalt geleistet haben, sei vor diesem Hintergrund unerheblich.
14Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, dass der mit Schreiben vom 23.01.2013 erklärte Widerruf der Kläger ins Leere geht, da die zweiwöchige Widerrufsfrist zu diesem Zeitpunkt abgelaufen gewesen sei. Die Kläger seien ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden. Die maßgeblichen Regelungen (§§ 495, 355-359a BGB, Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB) enthielten nur inhaltliche Vorgaben, hingegen keine in formeller Hinsicht. § 360 BGB finde im Verbraucherdarlehensrecht keine Anwendung. Die formellen Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB würden durch die Widerrufsbelehrung des streitgegenständlichen Vertrages erfüllt, da die Form der Widerrufsbelehrung derjenigen im Muster in Anl. 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB entspreche.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die Klage ist unbegründet.
17Die Kläger haben keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.
18Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Betracht. Dessen Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.
191.
20Entgegen der Auffassung der Beklagten steht einem Anspruch der Kläger aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB nicht schon entgegen, dass sie mit der Beklagten unter dem 25.01.2013 eine Vereinbarung über die vorzeitige Auflösung des Darlehensvertrages gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getroffen haben. Zwar gehen beide Parteien von der Wirksamkeit dieser Vereinbarung aus. Die Kläger hatten jedoch zuvor mit Schreiben vom 23.01.2013 angekündigt, die von der Beklagten geforderte Vorfälligkeitsentschädigung unter Vorbehalt zu zahlen. Hiernach konnte die Zustimmung der Kläger zur Vereinbarung vom 25.01.2013 aus Sicht der Beklagten nur dahin verstanden werden, dass dieser Zustimmung keine Anerkenntniswirkung im Sinne von § 208 BGB zukommen, der Rückforderungsausschluss aus § 814 BGB verhindert werden und die Möglichkeit einer späteren Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verlangens der Beklagten nach einer Vorfälligkeitsentschädigung erhalten bleiben sollten (vgl. zu den unterschiedlichen Lösungsansätzen OLG Oldenburg, Urteil vom 13.08.1996 – 5 U 64/96 –; OLG Hamm, Urteil vom 13.12.1995 – 31 U 112/95 –; OLG Köln, Urteil vom 08.01.1997 – 13 U 93/96 –; OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.10.1995 – 12 U 95/95 –; OLG Frankfurt, Urteil vom 12.06.1997 – 1 U 42/96 –.)
212.
22Die Beklagte durfte ihre Zustimmung zu einer vorzeitigen Aufhebung der Darlehensvereinbarung von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abhängig machen, denn die Kläger hatten den Darlehensvertrag bis dahin nicht wirksam widerrufen, insbesondere nicht mit Schreiben vom 23.01.2013.
23Die Kläger haben ihr Widerrufsrecht gemäß § 495 Abs. 1 BGB nicht rechtzeitig ausgeübt. Die 14-tägige Widerrufsfrist begann gemäß § 355 Abs. 2 BGB mit Vertragsschluss, also am 20.12.2010, und endete am 03.01.2011.
24Ohne Erfolg berufen die Kläger sich darauf, nicht formgerecht und deshalb nicht wirksam auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen worden zu sein.
25Nach § 495 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 BGB in der hier maßgeblichen Fassung vom 30.07.2010 steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach §§ 355 bis 359a BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses seit dem 11.06.2010 geltenden Fassung mit der Maßgabe zu, dass an die Stelle der Widerrufsbelehrung die Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 Absatz 2 EGBGB treten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Artikel 247 § 6 Absatz 2 EGBGB ist eine hervorgehobene und deutlich gestaltete Form des Hinweises auf das Widerrufsrecht erforderlich, die jedenfalls bei einer dem Muster entsprechenden Gestaltung eingehalten wird (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2014, Az. 2 U 98/13).
26Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung genügt dieser Vorgabe. Das Widerrufsrecht ist - zusammen mit Hinweisen zur Abtretbarkeit der Darlehensforderung und Übertragbarkeit des Vertragsverhältnisses - in einem umrandeten Bereich in einem eigenen Abschnitt mit fett gedruckter Überschrift deutlich gekennzeichnet. Diese Hervorhebung ist ausreichend. Ihr Zweck, nämlich sicherzustellen, dass der Verbraucher die Informationen zu seinem Widerrufsrecht bei der gebotenen Lektüre des Vertrages wahrnimmt und nicht über sie hinwegliest, insbesondere weil er sie an dieser Stelle nicht erwartet oder weil sie aufgrund ihrer äußeren Form in anderen Informationen untergehen, wird jedenfalls gewahrt, wenn richtigerweise auf einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher abgestellt wird. Einem solchen Verbraucher wird bei der von ihm zu erwartenden Lektüre des Vertragstextes schon allein aufgrund des Fettdrucks der Überschrift zum Widerrufsrecht diese Information nicht entgehen. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass sich die Hervorhebung in der Form nicht von anderen Belehrungen oder Informationen des Vertragstextes unterscheidet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine Alleinstellungsgestaltung im Sinne einer Hervorhebung des Widerrufs in einzigartiger Weise anordnen wollte. (vgl. auch insoweit zum Ganzen OLG Stuttgart a.a.O.).
27Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
28Der Streitwert wird auf 28.397 € festgesetzt.
29C
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