Urteil vom Landgericht Duisburg - 2 O 45/12
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Haftungsansprüche aus einer steuerberaterlichen Tätigkeit. Dabei verfolgt die Klägerin Ansprüche aus eigenem und aus abgetretenem Recht.
3Die Klägerin beauftragte im Jahr 2008 die Beklagte, eine Steuerberatergesellschaft, im Anschluss an eine ihr und ihrer Tochter infolge Erbfalls vom 08.03.2005 zugeflossene Erbschaft (Anlage K 2, Bl. 87 d. A.) mit der Erstellung der Erbschaftssteuererklärung für ihre Tochter und für sich persönlich. Das von der Klägerin erzielte Erbe umfasste diverse Fondsbeteiligungen. Als solche Fondsbeteiligungen waren auch die E2 Nr. ## und Nr. ## zu einem Nominalwert von je EUR 51.130,00 enthalten. Bei diesen Fonds handelte es sich um geschlossene Immobilienfonds, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten und damit vermögensverwaltend und nicht gewerblich tätig waren. Am 23.05.2008 ergingen zulasten der Klägerin und ihrer Tochter Schätzungssteuerbescheide des zuständigen Finanzamts. Unter dem 04.06.008 legte die Klägerin selbst Einspruch ein, um ihr drohende Steuerzahlungen abzuwenden. Das Finanzamt bestand jedoch auf der Einreichung einer Erbschaftssteuererklärung, um die Vollziehung auszusetzen. Vor diesem Hintergrund wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Unter dem 14.07.2008 reichte die Beklagte die vorläufige Erbschaftssteuererklärung ein. Am 28.07.2008 wurde in wesentlichen Teilen Aussetzung gewährt. Für den E2 Nr. ## setzte die Beklagte unter dem 14.07.2008 einen Wert von EUR 46.215,00 und für den E2 Nr. ## einen Wert von EUR 47.976,00 in die Erbschaftssteuererklärung ein. Dem lag zugrunde, dass die Beklagte sich bei der Betreibergesellschaft der Fonds nach den auf den Stichtag bezogenen steuerlichen Wertverhältnissen erkundigt und deswegen für den Fonds Nr. ## EUR 434,98 je EUR 511,29-Anteil und für den Fonds Nr. ## EUR 391,90 je EUR 511,29-Anteil angesetzt hatte. Zweitmarktwerte fragte die Beklagte nicht ab. Das zuständige Finanzamt forderte zu der eingereichten Erklärung weitere Darlegung an, akzeptierte aber die bzgl. der Fonds Nr. ## und Nr. ## angegebenen Werte. Mit Datum vom 06.11.2008 erging Erbschaftssteuerbescheid als vorläufige Veranlagung (Anlage B 1, Bl. 61 d. A.). Gegen den Bescheid vom 06.11.2008 wurde Einspruch eingelegt. Sodann wurde das Mandat zwischen den Parteien im Januar 2009 beendet. Zum Zeitpunkt der Beendigung war über den Einspruch noch nicht entschieden worden. Die Tochter der Klägerin hat dieser ihre Ansprüche gegen die Beklagte abgetreten.
4Die Klägerin behauptet, dass für die beiden Fonds am 10.03.2005 ein Zweitmarktwert bestanden habe, der sich für den Fonds Nr. ## auf 35 Prozent und für den Fonds Nr. ## auf 40 Prozent des Nominalwertes belaufen habe. Die Beklagte hätte daher für die beiden Fonds den jeweiligen Zweitmarktwert berücksichtigen müssen. Sie hätte korrekterweise für den Fonds Nr. ## EUR 17.895,50 und für den Fonds Nr. ## EUR 20.425,00 ansetzen müssen. Ihr, der Klägerin, sei dadurch ein Steuerschaden von EUR 5.380,70 entstanden in Bezug auf den Fonds Nr. ## sowie ein weiterer Schaden in Höhe von EUR 5.234,69 hinsichtlich des Fonds Nr. ##.
5Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr Schadensersatz wegen einer Verletzung der steuerberaterlichen Pflichten zustehe.
6Die Klägerin beantragt,
7die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 10.610,00 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte erwidert, dass es für die streitgegenständlichen Fonds einen Zweitmarkt nicht gebe. Bei, wie vorliegend, Kommanditanteilen an vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaften, ließe sich der Wert nicht aus einem Marktkurs errechnen. Die von der Fondsgesellschaft mitgeteilten Werte berücksichtigten dagegen auch auf den Grundstücken ruhende Lasten und seien damit verlässlich.
11Die Beklagte ist der Ansicht, dass kein Pflichtverstoß vorliege. Es sei richtig gewesen, die von der Fondsgesellschaft genannten Werte zum Stichtag in Ansatz zu bringen. Dies ergebe sich schon aus einem Schreiben der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 10.04.2003 (Bl. 58 d. A.), welche es für die Bewertung von geschlossenen vermögensverwaltenden Immobilienfonds als grundsätzlich zulässig erklärt habe, die Mitteilungen von Fondsgesellschaften über das Vermögen zu übernehmen. Ein etwaiger Zweitmarktwert berücksichtige Lasten und Werte nicht angemessen und sei bei nicht handelbaren Anteilen daher von vornherein nicht in Ansatz zu bringen. Darüber hinaus sei die Veranlagung vom 06.11.2008 nur vorläufig und etwaigen weiteren Korrekturen zugänglich gewesen. Das Mandat sei im Rahmen eines offenen Verfahrens beendet worden. Es fehle daher jedenfalls an einem kausal durch die Beklagte verursachten Schaden. Soweit es die prozessualen Aspekte des Rechtsstreits betrifft, ist die Beklagte der Ansicht, dass eine Beweiserhebung durch einen Sachverständigen vorliegend nicht zulässig sei.
12Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund der Beschlüsse vom 17.04.2013 (Bl. 111 d. A.) und vom 11.06.2013 (Bl. 145 d.A.). Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 28.03.2014 (Anlage zur Akte).
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Klage ist unbegründet.
15I. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte.
16Ein Anspruch steht ihr nicht zu, weil es an einer Pflichtverletzung aus dem Mandat über eine steuerberatende Tätigkeit fehlt. Der Vorwurf, die Beklagte habe anstelle der von der Fondsgesellschaft eingeholten Werte die von der Klägerin angeführten Zweitmarktwerte ansetzen müssen, greift nicht durch. Zu dieser Überzeugung ist das Gericht gelangt nach eigener Würdigung der Ausführungen im schriftlichen Sachverständigengutachten. Der Sachverständige kommt nämlich zu dem Schluss, dass ein Zweitmarktwert nicht in Ansatz gebracht werden könne. Dieser sei nämlich schon nicht geeignet, einen Nachweis über einen niedrigeren Verkehrswert als den durch die Mitteilung der Fondsgesellschaft festgestellten Steuerwert zu ermitteln. Das liege daran, dass die Wertermittlung nur über die Fondsgesellschaft bzw. durch ein Sachverständigengutachten über den Wert des Grundstücks durchgeführt werden könne. Das gelte insbesondere für geschlossene Fonds. Für diese seien Wert und Verbindlichkeiten gegenüberzustellen. Der Nachweis eines niedrigeren als des vom Fonds selbst ermittelten Wertes könne nur durch ein Sachverständigengutachten über das betreffende Objekt erbracht werden. In Ermangelung eines solchen sei es aus steuerberaterlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass von der Fondsgesellschaft mitgeteilte Werte übernommen würden und eine Bewertung anhand des Bewertungsgesetzes und Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes erfolge. Es müsse der Verkehrswert zugrunde gelegt werden, weil ein Börsenhandel mit täglicher Preisfestsetzung schon nicht existiere. Diese Schlussfolgerungen hält das Gericht für nachvollziehbar. Es entspricht auch höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Nachweis eines niedrigeren Wertes eines Grundstücks nur durch Sachverständigengutachten erbracht werden kann (BFH, Urteil v. 11.09.2013, II R 61/11 Rn. 31). Für den Fall der Bewertung eines geschlossenen Immobilienfonds kann nach Auffassung des Gerichts daher nichts anderes gelten. Denn auch dieser Fonds verwaltet lediglich Grundbesitz. Die an ihm gehaltenen Anteile entsprechen also unmittelbar den Werten der verwalteten Immobilien. Die Maßgeblichkeit des Verkehrswertes findet auch in § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG i. V. m. § 146 Abs. 1 – 6 BewG ihren Ausdruck. Damit liegt kein Fehler der Beklagten in der von ihr gewählten Vorgehensweise. Das Gericht war entgegen der Ansicht der Beklagten auch schon grundsätzlich nicht gehindert, diese steuerrechtlichen Fragen einer sachverständigen Begutachtung zu unterziehen (BGH, Urteil v. 11.11.1987, IVa ZR 143/86 Rn. 13).
17Im Übrigen dürfte, selbst wenn eine Pflichtverletzung der Beklagten vorgelegen hätte, ein Anspruch der Klägerin im Ergebnis ausscheiden. Sie dürfte dann nämlich in einem so gravierenden Maße gegen ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen haben, dass ein etwaiger Anspruch auf Null reduziert wäre. Ein solcher Verstoß läge hier darin, dass sie es unterlassen hat, eine weitere Korrektur der von ihr beanstandeten Steuerbescheide zu verfolgen. Dies dürfte ihr aber im weiteren Verlaufe des bei Beendigung des Mandates noch nicht abgeschlossenen Rechtsbehelfsverfahrens möglich gewesen sein. Wenn die Klägerin trotz der offensichtlich schwierigen steuerrechtlichen Fragen es unterlassen hat, sich insoweit unmittelbar steuerrechtlich beraten zu lassen, dann kann dies nicht zulasten der Beklagten gehen.
18II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.
19Der Streitwert wird auf 10.610,00 EUR festgesetzt.
20Rechtsbehelfsbelehrung:
21Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
22a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
23b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
24Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
25Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
26Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
27Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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