Beschluss vom Landgericht Duisburg - 7 T 24/16
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Duisburg vom 28.08.2015 (64 IN 267/14), mit denen die Vergütungsanträge vom 31.03.2015 und vom 28.07.2015 beschieden worden sind, unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt einheitlich wie folgt neu gefasst:
Die Vergütung und Auslagen des weiteren Beteiligten werden wie folgt festgesetzt:
Vergütung: 166.543,24 €
Auslagen: 4.296,40 €
Zwischensumme: 170.839,64 €
Umsatzsteuer: 32.459,53 €
Gesamt: 203.299,17 €
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der weitere Beteiligte zu 85 % und die Schuldnerin zu 15 %.
Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: bis 400.000,00 Euro
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G r ü n d e :
2I.
3Mit Eigenantrag vom 31.10.2014 hat die Schuldnerin unter anderem beantragt, das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen zu eröffnen sowie die vorläufige Eigenverwaltung und die Eigenverwaltung für das eröffnete Insolvenzverfahren (Anordnung des sog. Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO) anzuordnen (Bl. 4 ff., 100 ff. GA). Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 03.11.2014 (Bl. 403 ff. GA) den weiteren Beteiligten zum vorläufigen Sachwalter bestellt. Im Nachgang hierzu hat es mit Beschluss vom 11.11.2014 (Bl. 422 f. GA) einen vorläufigen Gläubigerausschuss eingesetzt. Der weitere Beteiligte hat das Amt des vorläufigen Sachwalters bis zum 01.01.2015 ausgeübt. Mit Beschluss vom 01.01.2015 (Bl. 627 f. GA) hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet, die Eigenverwaltung angeordnet und den weiteren Beteiligten zum Sachwalter in dem eröffneten Insolvenzverfahren ernannt. Zugleich wurde der vorläufige Gläubigerausschuss bestätigt.
4Der von der Schuldnerin eingereichte Insolvenzplan vom 15.04.2015 (Bl. 1286 ff. GA) wurde in der Fassung vom 01.07.2015 (Bl. 2073 ff. GA) mit den Änderungen gemäß Protokoll vom 07.07.2015 durch Beschluss vom 14.07.2015 (Bl. 2360 ff. GA) bestätigt, nachdem die Gläubiger diesem Plan im Abstimmungstermin vom 07.07.2015 zugestimmt haben.
5Mit Vergütungsantrag vom 31.03.2015 (Bl. 1266 ff. GA), auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der weitere Beteiligte die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von insgesamt 97.558,32 € (brutto) inklusive Auslagen für seine Tätigkeit als vorläufiger Sachwalter beantragt. Er hat in diesem Zusammenhang geltend gemacht, auf die Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters, die sich jedenfalls auf 25 % der Regelvergütung des Sachwalters (60 %) belaufe, seien Zuschläge in Höhe von insgesamt 25 % gerechtfertigt. Bei der Berechnung der Vergütung sei von einer vergütungsrelevanten Masse in Höhe von 8.828.973,23 € auszugehen.
6Das Amtsgericht hat die Vergütung mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.08.2015 (Bl. 2728 ff. GA) – auf den zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird – antragsgemäß festgesetzt.
7Mit Vergütungsantrag vom 28.07.2015 (Bl. 2469 ff. GA), auf dessen Inhalt ebenfalls zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat der weitere Beteiligte für seine Sachwaltertätigkeit die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von insgesamt 410.820,79 € (brutto) inklusive Auslagen beantragt. Diese Vergütung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 28.08.2015 (Bl. 2696 ff GA), auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird, antragsgemäß festgesetzt. Mit Beschluss vom gleichen Tag (Bl. 2756 GA) wurde das Insolvenzverfahren aufgehoben.
8Mit ihren jeweils am 08.09.2015 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerden vom 04.09.2015 (Bl. 2779 f. GA und Bl. 2786 f. GA), die mit Schriftsatz vom 29.09.2015 (Bl. 2794 GA) durch Bezugnahme auf das beigefügte Gutachten von Herrn Q E I, ergänzt durch den Schriftsatz vom 28.01.2016 (Bl. 2999 ff. GA) begründet worden sind, wendet sich die Schuldnerin gegen die jeweiligen Vergütungsfestsetzungen. Auf die dortigen Ausführungen wird wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen. Sie greift in diesem Zusammenhang sowohl die zugrunde gelegte vergütungsrelevante Masse als auch die geltend gemachten Zuschläge an. Für die Tätigkeit des weiteren Beteiligten als vorläufigen Sachwalter errechnet sie auf der Grundlage der von ihr mit 2.556.790,03 € bezifferten vergütungsrelevanten Masse eine Vergütung in Höhe von 16.056,76 € netto (Bl. 2867 GA), wovon ihrer Auffassung nach die Kosten der seitens der E2-mbh durchgeführten Liquiditätsprüfung in Abzug zu bringen seien.
9Für die Sachwaltertätigkeit beziffert sie die ihrer Ansicht nach angemessene Vergütung mit 101.850,00 € (Bl. 2883 GA).
10II.
11Die gemäß §§ 270a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1, 64 Abs. 3 InsO statthaften sofortigen Beschwerden der Schuldnerin gegen die angefochtenen Vergütungsfestsetzungen haben in der Sache teilweise Erfolg und führen zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidungen.
12So kann bereits die im vorliegenden Fall getrennt erfolgte Festsetzung der Vergütung der vorläufigen Sachwaltertätigkeit einerseits und der endgültigen Sachwaltertätigkeit andererseits nicht aufrecht erhalten bleiben. Die Vergütung für beide Tätigkeitsabschnitte ist vielmehr einheitlich festzusetzen, wobei der Sachwalter, der auch als vorläufiger Sachwalter tätig war, einen Zuschlag von 25 % auf seine sich aus § 12 Abs. 1 InsVV ergebende Vergütung, insgesamt also eine Regelvergütung von 85 % der Vergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV, erhält (BGH BeckRS 2016, 14382).
13Diese Regelvergütung ist vorliegend insgesamt um einen 15-%-igen Zuschlag zu erhöhen wegen der zeitaufwändigen und intensiven Zusammenarbeit mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, der im Verhältnis zu einem Normalverfahren erheblich erhöhten Anzahl von Gläubigern sowie wegen der umfangreichen Prüfung und Bearbeitung etwaiger Haftungsansprüche.
14Dass im Rahmen der Sachwaltervergütung die Gewährung von Zuschlägen grundsätzlich möglich ist, ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Verweis in § 10 InsVV (Stephan in MünchKomm, InsO, Kommentar, 3. Aufl. 2014, § 12 InsVV, Rn. 8 f.; Eickmann u.a., InsO, Kommentar, 4. Aufl. 2011, § 12 InsVV, Rn. 3; Lorenz in FK-InsO, 8. Aufl. 2014, § 12 InsVV, Rn. 10). Demnach gelten die Vorschriften von §§ 1 – 9 InsVV auch für den Sachwalter, soweit in § 12 InsVV nichts anderes bestimmt ist. § 12 InsVV schließt die Anwendung der Vorschriften des ersten Abschnitts nicht aus, sondern bestimmt in Abs. 2 lediglich einen speziellen Zuschlagstatbestand. Dass dieser nicht abschließend ist, ergibt sich bereits aus der dortigen Formulierung, wonach in „insbesondere“ in dem dort geregelten Fall ein Zuschlag zu gewähren ist. Hinzu kommen gegebenenfalls auch hinsichtlich der Tätigkeit des vorläufigen Sachwalters Zu- und Abschläge, die wegen der einheitlichen Berechnungsgrundlage in gleicher Weise wie beim Sachwalter berechnet werden können. Ob die zuschlagsbegründende Tätigkeit in der Zeit der vorläufigen Sachwaltung oder im eröffneten Verfahren erbracht wurde, ist dann unerheblich. Dasselbe gilt, wenn sie teils im Eröffnungsverfahren, teils danach erbracht worden ist (BGH BeckRS 2016, 14382).
15Maßgebliches Kriterium für die Gewährung von Zu- und Abschlägen ist der im Verhältnis zu den im jedem Verfahren zu erfüllenden gesetzlichen Aufgaben des (vorläufigen) Sachwalters gestiegene oder geminderte Arbeitsaufwand (BGH wie vor). Es sind daher die besondere Stellung und Funktion des Sachwalters sowie dessen abweichender Aufgabenkreis zu beachten, da Zu- und Abschläge grundsätzlich nur dann zu gewähren sind, wenn eine Abweichung vom Regelfall vorliegt, die zudem auch noch erheblich sein muss (vergl. BGH NZI 2006, 464). Vor diesem Hintergrund unterscheiden sich die einem (vorläufigen) Sachwalter zu gewährenden Zuschläge deutlich von denen, die einem Insolvenzverwalter zugestanden werden können.
16Dies zugrunde gelegt, hat das Amtsgericht in den jeweiligen Beschlüssen im Ergebnis zu Unrecht Zuschläge auf den Regelsatz wegen Betriebsfortführung, engmaschiger Liquiditätsüberwachung, der Sanierungsbemühungen, der Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten sowie wegen Prüfungs- und Mitwirkungsarbeiten im Zusammenhang mit dem seitens der Schuldnerin erarbeiteten Insolvenzplan gewährt. Insoweit haben die Beschwerden Erfolg.
17Anders als das Amtsgericht meint, rechtfertigt eine Betriebsfortführung in der Eigenverwaltung nicht grundsätzlich die Gewährung eines Zuschlags. In diesem Zusammenhang ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Tätigkeitsbild des Sachwalters sich grundsätzlich von dem des Insolvenzverwalters unterscheidet. So ist die Betriebsfortführung gerade kein Bestandteil des Normalverfahrens eines Insolvenzverwalters (Eickmann u.a., a.a.O., § 2 InsVV, Rn. 2). Dies ist bei der Frage, ob eine erhebliche Abweichung vom Regelfall vorliegt, jedoch zu berücksichtigen.
18Die Überwachung und Begleitung der Betriebsfortführung gehört bei der Begleitung der Eigenverwaltung hingegen zu den Regelaufgaben des Sachwalters (LG Dessau-Roßlau NZI 2015, 570) und prägt insoweit den gesetzlichen Regelfall (BGH BeckRS 2016, 14382). Gleichwohl findet die Vorschrift des § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV über § 10 InsVV Anwendung, allerdings nur, wenn die Überwachung der Betriebsfortführung die Arbeitskraft des (vorläufigen) Sachwalters in überdurchschnittlichem Umfang in Anspruch genommen hat. Das ist nicht der Fall, wenn der Schuldner in einem durchschnittlichen Verfahren die Überwachung und Kontrolle jederzeit ermöglicht, die Unterlagen und Daten aufbereitet und vollständig zur Verfügung stellt und jederzeit Auskunft gibt (BGH wie vor).
19Dass – gemessen an den vorstehenden Grundsätzen – die Arbeitskraft des weiteren Beteiligten durch die Überwachung der Betriebsfortführung überdurchschnittlich in Anspruch genommen worden ist, ist nicht ersichtlich.
20Der weitere Beteiligte hat im Rahmen seines Antrags vom 28.07.2015 lediglich auf die bisherige Berichterstattung sämtlicher am Verfahren Beteiligter verwiesen. Ein solcher allgemeiner Verweis auf die bisherige Berichterstattung reicht zur Begründung eines Vergütungszuschlags nicht aus. Es ist vielmehr Aufgabe des Verwalters, die einen Zuschlag rechtfertigenden Tatsachen in seinem Vergütungsantrag vorzutragen (Graf/Schlicker-Kalkmann, InsO, 4. Aufl., zu § 3 InsVV). Die Schuldnerin hat bereits im Rahmen ihrer Stellungnahme vom 05.08.2015 (Bl. 2547, 2562 GA) zu dem Vergütungsantrag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die vom Antragsteller behauptete „besonders intensive Überwachung“ nicht durch Tatsachenvortrag belegt ist.
21Dem Vorbringen des weiteren Beteiligten im Beschwerdeverfahren, ihm seien sämtliche notwendigen Bestellungen bzw. Rechtsgeschäfte täglich per Email durch den Sanierungsgeschäftsführer mitgeteilt worden und er habe jeweils noch am selben Tag entscheiden müssen, ob er Widerspruch einlegen wolle, lässt sich eine außergewöhnliche Belastung nicht entnehmen, zumal ein konkreter Umfang bzw. Prüfungsaufwand nicht erkennbar ist. Im Übrigen legt der weitere Beteiligte schon selbst nicht dar, dass es sich insoweit um eine – gemessen an einem durchschnittlichen Verfahren dieser Art – außergewöhnliche Belastung gehandelt habe. Gerade vor dem Hintergrund, dass die diesbezügliche Korrespondenz mit dem insolvenzrechtlich erfahrenen Sanierungsbearbeiter der Schuldnerin geführt worden ist, erschließt sich das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung nicht. Insoweit ist bereits – worauf die Schuldnerin zutreffend hingewiesen hat – eine entsprechende sachkundige Aufarbeitung der jeweiligen Sachverhalte erfolgt. Durch das Ablegen der Daten in einer eigens dafür vorgehaltenen Cloud hatte der weitere Beteiligte hierauf auch jederzeit Zugriffs- und damit einhergehend Kontrollmöglichkeiten.
22Auch die engmaschige Liquiditätsüberwachung und die Unstimmigkeiten mit der Schuldnerin hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit stellen entgegen der Auffassung des Amtsgerichts keine Erschwernisse dar, die einen Zuschlag zur Regelvergütung rechtfertigen.
23Gerade die Liquiditätsüberwachung ist eine Kernaufgabe des vorläufigen Insolvenzverwalters. Nur dadurch kann der vorläufige Sachwalter die Einhaltung seiner aus § 270b Abs. 4 S. 2 InsO resultierenden Pflicht, unverzüglich den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anzuzeigen, sicherstellen. Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass auch für die Erledigung einer Regelaufgabe ein Zuschlag gewährt werden kann, wenn diese den Verwalter außergewöhnlich belastet (BGH NZI 2008, 38). Dann muss jedoch eine signifikante Abweichung vom Tätigkeitsumfang im Normalverfahren vorliegen, d.h. die Tätigkeit muss einen überdurchschnittlichen Umfang oder besondere Schwierigkeiten aufgewiesen haben (BGH BeckRS 2013, 17565). Dass dies gegeben war, ist vorliegend nicht ersichtlich, zumal der weitere Beteiligte ausweislich seiner Mitteilung vom 09.12.2014 (Bl. 510 GA) die E2-mbh mit der Überwachung und Plausibilierung der Liquditäts- und Rentabilitätsplanung sowie der Erstellung eines Soll-/Ist-Vergleichs beauftragt hat. Diese hat für diese Tätigkeiten mit Rechnung vom 22.12.2014 (Bl. 624 f. GA) einen Betrag in Höhe von 12.166,56 € abgerechnet, den der weitere Beteiligte im Rahmen der Abrechnung seiner Sachverständigentätigkeit (Bl. 621 f. GA) als „sonstige Auslagen“ geltend gemacht und erstattet bekommen hat. Dass der gleichwohl bei ihm verbliebene Aufwand den Tätigkeitsumfang eines Normalverfahrens signifikant überschritten hat, hat der weitere Beteiligte trotz der mehrmaligen Hinweise der Schuldnerin auf die Einschaltung der E2-mbh nicht dargetan. Dies lässt sich auch den Berichten der E2-mbh nicht entnehmen, aus denen sich deren Prüfungsaufwand und der Ablauf der Prüfungen ergibt (Bl. 548 ff. GA, Bl. 580 ff. GA).
24Für die begleitete Teil-Sanierung in Form einer Teilbetriebsveräußerung war ebenfalls kein Zuschlag zu gewähren. Insofern lässt sich schon nicht feststellen, dass eine erhebliche Abweichung vom Regelfall vorliegt, was jedoch gerade Voraussetzung für die Gewährung eines Zuschlages ist (BGH NZI 2006, 464). Gerade bei Sanierungsbemühungen ist die Aufgabenverteilung zwischen Sachwalter und eigenverwaltender Schuldnerin in besonderem Maße zu beachten. Es gehört nicht zu den Aufgaben des (vorläufigen) Sachwalters, in eigener Zuständigkeit die Möglichkeit übertragender Sanierungen zu analysieren. Das ist Aufgabe der Eigenverwaltung. Der (vorläufige) Sachwalter hat aber die von der Eigenverwaltung ausgearbeiteten Szenarien zur Fortführung des Geschäftsbetriebes auf ihre Durchführbarkeit und die Auswirkungen auf die Quotenerwartung der Gläubiger zu überprüfen. Er muss die Eigenverwaltung insoweit beratend begleiten, wobei er den Sanierungsprozess jedoch nicht anstelle der Eigenverwaltung lenken darf. Er darf sich aber umgekehrt nicht darauf beschränken, von der Eigenverwaltung vorgelegte und abgeschlossen erarbeitete Konzepte nachträglich zu billigen oder im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit zu verwerfen (BGH BeckRS 2016, 14382). Dass der weitere Beteiligte diese Tätigkeiten in erheblichem Umfang erbracht hat, lässt sich indes nicht feststellen. In seinem Vergütungsantrag macht er lediglich geltend, es habe sich um die Mitwirkung zu einer bedeutsamen Rechtshandlung gehandelt, welche eine Prüfung der Vertragsdokumente und eine Begleitung der Sanierung umfasste. Unabhängig davon, dass eine Prüfung der Vertragsdokumente nicht zu den Aufgaben des Sachwalters gehören dürfte, vermag dies nach den vorstehenden Grundsätzen einen Zuschlag nicht zu rechtfertigen, da nicht ersichtlich ist, dass der weitere Beteiligte nicht nur ein vorgelegtes Konzept gebilligt hat, sondern schon im Vorfeld beratend tätig geworden wäre.
25Überdies gilt auch hier, dass ein Teil der Arbeiten im Zusammenhang mit den Sanierungsbemühungen auf die E2-mbh ausgelagert war. Ausweislich der Rechnung vom 22.12.2014 (Bl. 624 f. GA) – die der weitere Beteiligte im Rahmen seiner Sachverständigenvergütung als „sonstige Auslagen“ eingereicht hat – hat die E2-mbh auch Arbeiten für die Plausibilisierung der Fortführungsplanung abgerechnet.
26Auch der Hinweis des Antragstellers auf seine Tätigkeit im Lenkungsausschuss rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, zumal sich hieraus – angesichts des seitens der Schuldnerin in ihrer Stellungnahme vom 28.01.2016 unwidersprochen dargelegten tatsächlichen Umfangs – keine außergewöhnliche Belastung ergibt. Der im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhobene Einwand des Antragstellers, er habe im Zuge der Sanierung Überwachungstätigkeiten im Hinblick auf nach der vereinbarten Geschäftsordnung zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäfte erbracht, rechtfertigt ebenfalls nicht die Gewährung eines Zuschlags. Insofern ist auch die Kammer der Auffassung, dass der vorläufige Sachwalter Zuschläge für eine Tätigkeit nur dann verlangen kann, wenn diese zu seinen gesetzlichen Aufgaben gehört, während überobligatorisch erbrachte Leistungen keinen Zuschlag rechtfertigen (BGH BeckRS 2016, 14382, LG Freiburg BeckRS 2015, 20334; LG Dessau-Roßlau NZI 2015, 570; AG Essen NZI 2014, 271). Nach § 12 Abs. 2 InsVV ist dem Sachwalter ein Zuschlag zu gewähren, wenn das Insolvenzgericht nach § 277 Abs. 1 InsO angeordnet hat, dass bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners nur mit Zustimmung des Sachwalters wirksam sein sollen. Eine solche Anordnung hat das Amtsgericht vorliegend indes nicht getroffen. Vielmehr wurde ein Zustimmungsvorbehalt lediglich intern abgesprochen. Die diesbezüglichen Tätigkeiten hat der Antragsteller mithin überobligatorisch wahrgenommen, was nach den vorgenannten Grundsätzen keinen Zuschlag zu begründen vermag (vgl. auch AG Wuppertal BeckRS 2015, 01662; AG Essen NZI 2014, 271). Davon ist der Antragsteller im Übrigen ursprünglich auch selbst in seinem Vergütungsantrag ausgegangen, wie seine dortigen, diesbezüglichen Ausführungen (Bl. 1273 GA) zeigen.
27Auch die Befassung mit Aus- und Absonderungsrechten vermag eine Zuschlagsgewährung nicht zu rechtfertigen. Nach § 3 Abs. 1 lit. a) InsVV hat eine Erhöhung der Regelvergütung zu erfolgen, wenn die Bearbeitung von Aus- und Absonderungsrechten einen erheblichen Teil der Tätigkeit des Verwalters ausmacht, wobei die tatsächliche Erschwernis maßgeblich ist (Keller in Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 5. Aufl., zu § 129, Rz. 15). Der Verwalter muss sich zur Rechtfertigung des Zuschlags jedenfalls mehr als in einem durchschnittlichen Verfahren mit den Sicherungsrechten befassen, etwa deshalb, weil sich besondere rechtliche Schwierigkeiten ergaben. Es obliegt dem Verwalter, in seinem Vergütungsantrag die tatsächliche Belastung darzustellen (Riedel in MünchKomm, InsO, a.a.O., § 3 InsVV, Rn. 20). Dies zugrunde gelegt, sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Zuschlags hier nicht erfüllt. Ausweislich seines Vergütungsantrags möchte sich der Antragsteller die im Rahmen der Eigenverwaltung erbrachten Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Aus- und Absonderungsrechten zurechnen lassen. Insoweit verkennt er indes, dass eine Zurechnung allein nicht ausreichend ist. Er muss auch insoweit selber – wenn auch nur überwachend – tätig geworden sein. Es ist jedoch nicht ersichtlich, welche Tätigkeiten er selbst in diesem Zusammenhang erbracht haben will bzw. in welchem Umfang seine Tätigkeit dadurch erheblich erschwert gewesen sein soll. Zweifel an der Berechtigung eines Zuschlags bestehen in diesem Zusammenhang um so mehr, als – worauf der weitere Beteiligte in seinem Vergütungsantrag selbst hinweist – die Schuldnerin einen Sanierungsgeschäftsführer bestellt hat, der mit den rechtlichen Besonderheiten der Insolvenzordnung vertraut ist. Allein der Umstand, dass sich die Vermieterin und auch einige Lieferanten an den weiteren Beteiligten gewandt haben, die erst nach entsprechender Information durch den weiteren Beteiligten Kontakt mit der Schuldnerin aufgenommen haben, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, zumal dies keine Schwierigkeit im Rahmen einer Befassung mit den Aus- und Absonderungsrechten darstellt. Zudem gilt, dass die Information von Kunden und Lieferanten nicht zu den Aufgaben des (vorläufigen) Sachwalters gehört und damit bei der Zuschlagsbemessung nicht berücksichtigungsfähig ist (BGH BeckRS 2016, 14382).
28Auch ist für Prüfungs- und Mitwirkungsarbeiten hinsichtlich des von der Schuldnerin vorgelegten Insolvenzplans ist kein Zuschlag zu gewähren. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Schuldnerin hat der weitere Beteiligte lediglich eine überwachende, nicht jedoch eine gestaltende Tätigkeit ausgeübt. Hierbei handelt es sich indes – worauf die Schuldnerin bereits hingewiesen hat - um eine Regelaufgabe des Sachwalters, jedenfalls bei Verfahren im Zusammenhang mit § 270b InsO, bei denen eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans gesetzt worden ist. Dies zeigt sich bereits daran, dass dem Sachwalter der Insolvenzplan zur Stellungnahme zuzuleiten ist (vgl. Tetzlaff/Kern in MünchKomm, a.a.O, § 284, Rnn. 27), was naturgemäß eine Prüfung des Plans durch den Sachwalter voraussetzt. Auch die Regelung des § 284 Abs. 1 S. 2 InsO zeigt, dass die Beratung des Schuldners bei der Erstellung des Insolvenzplans zu den Regelaufgaben des Sachwalters zählt (OLG Dresden ZinsO 2015, 2273). Dass die überwachende Tätigkeit einen Umfang hatte, der signifikant vom Normalfall abgewichen ist oder dass besondere Schwierigkeiten vorlagen, ist nicht ersichtlich, zumal die Schuldnerin bei der Planerstellung von ihren Sanierungsberatern professionell beraten worden ist.
29Schließlich kann der weitere Beteiligte keinen Zuschlag für die Prüfung und Bearbeitung von Anfechtungsansprüchen geltend machen. Insoweit hat die Schuldnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass dadurch eine erhebliche Massemehrung eingetreten ist. So ist es durch die Anfechtungsansprüche zu einer Erhöhung der Masse um insgesamt 1.704.215,58 € gekommen, was zu einer Erhöhung der Nettovergütung um 34.084,31 € führt. Damit ist dem weiteren Beteiligten auf diesem Wege bereits ein seiner Tätigkeit entsprechender Mehrbetrag zugeflossen. Umstände, die einen darüber hinausgehenden Zuschlag rechtfertigen, hat der weitere Beteiligte nicht dargetan.
30Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Gewährung von Zuschlägen im Hinblick auf die intensive Zusammenarbeit mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, auf die Prüfung und Bearbeitung von Organhaftungsansprüchen und auf die Vielzahl der Gläubiger wendet. Insofern gilt folgendes:
31Hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss hat das Amtsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Vorhandensein eines vorläufigen Gläubigerausschusses in der Eigenverwaltung nicht zwingend ist. Soweit ein solcher vorhanden ist, treffen den (vorläufigen) Sachwalter gesetzlich normierte Informationspflichten, vergl. § 274 Abs. 3 S. 1 InsO. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Tätigkeit des Antragstellers jedenfalls nicht um eine überobligatorische Tätigkeit. Angesichts des Umfangs der Tätigkeit – Teilnahme an zwei mehrstündigen Sitzungen in der Eröffnungsphase und an zwei Sitzungen im eröffneten Verfahren, wöchentliche Telefonkonferenzen sowie zusätzliche telefonische und elektronische Korrespondenz und Vorbereitung des Insolvenzplans, hält die Kammer die Gewährung eines Zuschlags für geboten (vgl. auch LG Freiburg BeckRS 2015, 20334). Da telefonische Besprechungen wie Besprechungen unter Anwesenden zu bewerten sind, liegt insofern eine besondere Erschwernis vor. Vor dem Hintergrund, dass der vorläufige Gläubigerausschuss den vorläufigen Sachwalter jedoch auch entlastet, kommt insofern nur ein geringer Zuschlag in Betracht (BGH BeckRS 2016, 14382), wobei im vorliegenden Fall auch dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass die Sitzungen und die Telefonkonferenzen unstreitig von der Schuldnerin bzw. deren Beratern vorbereitet worden sind.
32Daneben ist dem weiteren Beteiligten auch ein Zuschlag für die Prüfung und Bearbeitung von Organhaftungsansprüchen zu gewähren. Auch wenn die Bearbeitung und Prüfung dieser Fragen im Grundsatz zu den Regelaufgaben des Sachwalters gehören, ist vorliegend gleichwohl ein Zuschlag zur Regelvergütung gerechtfertigt, weil die Prüfung vorliegend den in einem Normalverfahren anfallenden Aufwand erheblich überstieg und mit besonderen Schwierigkeiten verbunden war. Dies ergibt sich bereits aus der Zusammenfassung, die im darstellenden Teil des Insolvenzplans unter B. II. 13 (Bl. 2118 ff. GA) enthalten ist. Auch nach den eigenen Angaben der Schuldnerin in ihrer Stellungnahme zum Vergütungsantrag des vorläufigen Sachwalters vom 28.01.2016 (Bl. 2999, 3014 GA) rechtfertigt der Prüfungsumfang und die rechtliche Komplexität der haftungsrechtlichen Problemkreise grundsätzlich die Gewährung eines Zuschlags. Anders als die Schuldnerin meint, steht dem nicht entgegen, dass sich durch diese Ansprüche eine Massemehrung ergeben hat, da – wie noch auszuführen ist – die etwaigen Organhaftungsansprüche die Masse vorliegend nicht erhöht haben.
33Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Schuldnerin gegen die Gewährung eines Zuschlags für die Tabellenführung wegen der Vielzahl der Gläubiger. Ein solcher ist im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu gewähren, wenn die Zahl von 100 Gläubigern überschritten wird (BGH NZI 2006, 464). Dies ist angesichts der Zahl von 267 Gläubigern, die Forderungen angemeldet haben, der Fall.
34Anders als die Schuldnerin meint, war ein Abschlag von der Vergütung hingegen nicht vorzunehmen, dies insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass die Schuldnerin einen Sanierungsgeschäftsführer (D) bestellt hat, der mit insolvenzrechtlichen Fragen vertraut war. Diesem Umstand wurde bereits im Rahmen der Zuschlagstatbestände Rechnung getragen mit der Folge, dass die Bestellung des Sanierungsgeschäftsführers der Annahme besonderer Erschwernisse teilweise entgegenstand. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Zudem ist dieser Umstand bei der Bemessung der Zuschläge zu berücksichtigen. Ein darüber hinausgehender Abschlag ist nicht geboten (vgl. BGH BeckRS 2016, 14382).
35Die Kammer hält angesichts der vorstehend beschriebenen Erschwernisse einen Gesamtzuschlag in Höhe von 15 % für angemessen. Bei dieser Bemessung wurde bereits dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schuldnerin einen Sanierungsgeschäftsführer eingestellt hat, wodurch auch die Arbeit des weiteren Beteiligten erleichtert worden ist. Schon im Hinblick darauf und wegen der Beschränkung der Tätigkeit auf Prüfungs- und Überwachungsaufgaben müssen Zuschläge in der (vorläufigen) Eigenverwaltung in der Regel deutlich geringer ausfallen als im Regelinsolvenzverfahren (BGH BeckRS 2016, 14382).
362.
37Die vergütungsrelevante Masse, anhand derer die Vergütung des weiteren Beteiligten zu ermitteln ist, beläuft sich auf 6.907.325,13 Euro. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
38Die für den Vergütungsanspruch des Sachwalters maßgebliche Berechnungsgrundlage ist nach den Grundsätzen des § 1 InsVV zu ermitteln (BGH BeckRS 2016, 14382; Stephan in MünchKomm, a.a.O., § 12 InsVV, Rn. 7). Da das Verfahren vorzeitig beendet worden ist, ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen.
39Dies zugrundegelegt, berechnet sich die vergütungsrelevante Masse wie folgt:
40Zunächst ist – wogegen die Schuldnerin sich auch nicht wendet – ein Saldoübertrag aus dem Eröffnungsverfahren in Höhe von 1.460,185,72 € zu berücksichtigen.
41Daneben ist auch der Veräußerungserlös aus der Teilbetriebsveräußerung vom 01.01.2015 in Höhe von 50.000,00 € Teil der vergütungsrelevanten Masse. Anders als die Schuldnerin meint, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob dieser Betrag aufgrund einer Tätigkeit des Antragstellers erlöst worden ist. Eine entsprechende Einschränkung sieht § 1 InsVV nicht vor. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass dieser Betrag Teil der Masse i.S.v. §§ 35 f. InsO ist.
42Weiterhin zu berücksichtigen ist das sonstige freie bewegliche Anlagevermögen, zusammengefasst unter den Bilanzpositionen Maschinen, technische Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung nach ihrem unstreitigen Fortführungswert in Höhe von 178.589,00 €. Soweit die Schuldnerin der Auffassung ist, es sei nicht der Fortführungs- sondern der Liquidationswert zugrunde zu legen, vermag sich die Kammer dem nicht anzuschließen. Sind Fortführungs- und Zerschlagungswert unterschiedlich hoch, ist entscheidend, welche Werte sich voraussichtlich realisieren lassen (BGH NZI 2005, 558). Wird der Geschäftsbetrieb über den Stichtag der Verfahrenseröffnung hinaus fortgeführt, sind Fortführungswerte anzusetzen, es sei denn, dass bereits im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung absehbar ist, dass eine baldige Stilllegung des Geschäftsbetriebs ohne übertragende Sanierung wahrscheinlich ist. Im Rahmen der Bewertung des schuldnerischen Vermögens sind damit Zerschlagungswerte zugrunde zu legen, wenn keine Fortführung in Betracht kommt, Fortführungswerte hingegen dann, wenn Fortführung überwiegend wahrscheinlich ist oder stattfindet (I/Mock, InsVV, a.a.O., § 11, Rn. 95 m.w.N.). Vorliegend ist das Unternehmen fortgeführt worden. Auch nach den Ausführungen in dem Schlussgutachten vom 30.12.2014 (Bl. 585 ff. GA) ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass zumindest eingeschränkt Aussichten der Unternehmensfortführung bestehen, so dass nicht von den Zerschlagungswerten ausgegangen werden kann. Selbst die Schuldnerin macht im Übrigen nicht geltend, dass eine Fortführung nicht in Betracht kommt. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Schuldnerin, dass Gegenstände, die mit Aus- und Absonderungsrechten belastet sind, nicht zu berücksichtigen seien, da der vorläufige Sachwalter diese schon nicht in Ansatz gebracht hat.
43Gleiches gilt für die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe als sonstiges bewegliches Vermögen, und zwar nach ihren unstreitig zutreffend ermittelten Fortführungswert in Höhe von 1.696.800,00 €.
44Auch der aus dem Einzug von Altforderungen resultierende Betrag in Höhe von 638.122,44 € ist zu berücksichtigen. Anhaltspunkte, die gegen die Berücksichtigung dieses unstreitig erlösten Betrages sprechen, hat die Schuldnerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.
45Daneben sind auch die Forderungen gegen die verbundenen Unternehmen in Höhe von 1.179.412,39 € Teil der vergütungsrelevanten Masse.
46Dem steht – anders als die Schuldnerin unter Hinweis auf den Beschluss des Landgerichts Mönchengladbach vom 27.04.2006 (ZinsO 2006, 646) meint – nicht entgegen, dass diese Forderungen nicht im Schlussgutachten vom 30.12.2014 (Bl. 586 ff. GA) aufgeführt sind. Diese Forderungen waren zum Zeitpunkt der vorläufigen Sachwalterschaft bereits existent und dem vorläufigen Sachwalter offensichtlich auch bekannt. Ersteres ergibt sich aus der Stellungnahme der Schuldnerin vom 10.07.2015, wonach diese Forderungen bereits in der Summen- und Saldenliste vom 30.09.2014 aufgeführt waren. Letzteres folgt aus der Stellungnahme der Schuldnerin vom 28.01.2016, in der sie sich darauf beruft, der vorläufige Sachwalter habe diesen Vermögensgegenstand in seiner Vermögensübersicht schlicht vergessen, was denknotwendig deren Bekanntheit voraussetzt. Vor diesem Hintergrund kann die Frage dahinstehen, ob im Eröffnungsverfahren unbekannt gebliebene Vermögenswerte – auch wenn sie erst im eröffneten Verfahren bekannt wurden – in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen sind (bejahend: Haarmeyer/Mock a.a.O., Rz. 73; verneinend: Graf/Schlicker, InsO, 4. Aufl., zu § 11 InsVV, Rz. 15). Dies umso mehr, als es vorliegend auch um die Vergütung des Sachwalters im eröffneten Verfahren geht, in dem diese Vermögenswerte jedenfalls bekannt waren.
47Entgegen der Ansicht der Schuldnerin sind diese Forderungen auch in voller Höhe als werthaltig anzusehen. Grundsätzlich sind Forderungen gegen Dritte mit ihrem Realisierungswert einzubeziehen (Münchener Kommentar a.a.O., zu § 11 InsVV, Rz. 35). Da nur solche Forderungen abzusetzen bzw. wertmäßig zu korrigieren sind, bei denen auf Grund feststellbarer, konkreter Informationen aus den Geschäftsunterlagen relativ sicher feststeht, dass sie nicht beitreibbar sind (Haarmeyer/Mock a.a.O., Rz. 85), ist ein weitergehender Sicherheitsabschlag nicht geboten. Auch aus den Ausführungen der Schuldnerin unter B. III. 2.1.1.1.3.4 im darstellenden Teil des Insolvenzplans (dortige S. 72, Bl. 2143 GA) ergibt sich nichts anderes. Dort sind lediglich Bedenken hinsichtlich der Werthaltigkeit für den Fall aufgezeigt worden, dass das schuldnerische Unternehmen nicht fortgeführt wird. Der Liquidationsfall liegt indes hier nicht vor.
48Hinsichtlich des verbleibenden Restbetrages in Höhe von gerundet 108.000,00 € macht die Schuldnerin nicht die fehlende Werthaltigkeit geltend, sondern beruft sich darauf, dass insofern kein Erstattungsanspruch besteht. Dies ist bereits angesichts des mitgeteilten Sachverhalts nicht nachvollziehbar. Auch der Umstand, dass es sich nach Angaben der Schuldnerin um ein Verrechnungskonto handelt, ist insofern ohne Belang, da dieses im maßgeblichen Zeitraum einen positiven Saldo ausgewiesen hat.
49Auch die im Vergütungsantrag dargestellten Anfechtungsansprüche sind Teil der vergütungsrelevanten Masse. Dies gilt sowohl hinsichtlich der bereits vereinnahmten Zuflüsse in Höhe von 653.262,76 € als auch hinsichtlich des Anspruchs gegenüber der N2 GmbH in Höhe von 1.050.952,82 €. Angesichts des Umstandes, dass die erstgenannten Anfechtungsansprüche sich auch nach den Darstellungen im Insolvenzplan (dortige S. 74, Bl. 2145 GA) auf 653.262,76 € belaufen, sind die Zweifel an der Berechtigung der diesbezüglichen Forderungen nicht nachvollziehbar, zumal diese Beträge nach den Darstellungen im Insolvenzplan auch durchsetzbar waren. Hinsichtlich der letztgenannten Forderung ist zwischenzeitlich ein Titel ergangen. Die N2 GmbH ist mit Urteil des Landgerichts Hagen vom 15.03.2016 vollumfänglich verurteilt worden. Auch wenn dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, ist zu beachten, dass es sich insoweit um eine titulierte Forderung handelt. Grundsätzlich ist bei streitigen Forderungen der voraussichtliche Realisierungswert für die Berechnung der Verwaltervergütung zu schätzen (BGH BeckRS 2012, 11162, Anmerkung Kießner in FD-InsR 2012, 333765). Anhaltspunkte, die gegen eine vollständige Realisierung dieses für vorläufig vollstreckbar erklärten Titels sprechen, sind nicht ersichtlich.
50Die Beschwerde hat allerdings Erfolg, soweit sie sich gegen die Berücksichtigung von aktuellen Forderungen aus Lieferung und Leistung in Höhe von 910.087,62 € wendet. Es ist nicht ersichtlich, ob diese Forderungen bereits Teil des Saldoübertrags sind, worauf die Schuldnerin bereits mit ihrer Stellungnahme vom 05.08.2015 hingewiesen hat. Unabhängig davon steht der Berücksichtigung dieses Betrages bereits die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV entgegen, worauf die Schuldnerin ebenfalls mit ihrer vorgenannten Stellungnahme hingewiesen hat. Bei einer Betriebsfortführung ist nur der erzielte Überschuss, der nach einem Abzug der Ausgaben von den Einnahmen verbleibt, bei der Berechnung der vergütungsrelevanten Masse zu berücksichtigen. Da ein Überschuss nach den Angaben des weiteren Beteiligten nicht erzielt worden ist, ist es ihm verwehrt, isoliert nur die erlangten Forderungen geltend zu machen. Dass es sich um andere Forderungen handelt, hat der weitere Beteiligte auch auf den Hinweis der Schuldnerin nicht dargetan. Angesichts der von ihm selbst im Rahmen seines Antrags gewählten Aufteilung in „Altforderungen“, „Saldoübertrag“ und „aktuelle Forderungen aus Lieferung und Leistung“ ist dies auch nicht naheliegend.
51Auch die Position Organhaftungsansprüche ist nicht Teil der vergütungsrelevanten Masse.
52Angesichts des Umstandes, dass es sich ausweislich des darstellenden Teil des festgestellten Insolvenzplans um eine hochstreitige Forderung handelt, ist bereits fraglich, ob der weitere Beteiligte das Bestehen dieser Forderung durch einen schlichten Verweis auf sein Schreiben vom 05.06.2015 (Bl. 2485 ff. GA) überhaupt hinreichend dargetan hat. Unabhängig davon ist dieser angeblichen Forderung jedoch kein Wert beizumessen. Grundsätzlich ist bei streitigen Forderungen der voraussichtliche Realisierungswert für die Berechnung der Verwaltervergütung zu schätzen (BGH BeckRS 2012, 11162, Anmerkung Kießner in FD-InsR 2012, 333765). Bei dieser auf den Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezogenen Schätzung sind auch die neu hinzugetretenen Erkenntnisquellen zu berücksichtigen (BGH BeckRS 2011, 24543). Dies gilt insbesondere auch für den Umstand, dass in dem mit Beschluss vom 14.07.2015 (Bl. 2360 ff. GA) bestätigten Insolvenzplan eine Bestätigung des Verzichts auf die Weiterverfolgung möglicher Geschäftsführerhaftungsansprüche vorgesehen war. Auch die Zustimmung der beteiligten Gläubiger zu diesem Verzicht spricht gegen die Annahme, dass es sich um eine tatsächlich bestehende, werthaltige Forderung gehandelt hat, zumal die nach den Ausführungen des vorläufigen Sachwalters nominell bestehende Forderung zu einer Befriedigung sämtlicher Gläubiger geführt hätte.
53Damit ergibt sich eine vergütungsrelevante Masse in Höhe von 6.907.325,13 €, die der Berechnung der Vergütung zugrunde zu legen ist. Entsprechend der Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NZI 2011, 326) sind hierzu noch die aus der Verwaltervergütung resultierenden Umsatzsteuererstattungsansprüche zu addieren. Dies entspricht auch der unangegriffenen Berechnung des Amtsgerichts. Damit beläuft sich die der Vergütungsberechnung zugrunde zu legende Masse auf 6.939.661,78 €.
54Auf dieser Grundlage errechnet sich die dem Antragsteller zustehende Vergütung wie folgt:
55Bei der Berechnung der Vergütung ist nach den vorstehenden Ausführungen von einem Vergütungssatz in Höhe von 100 % der Regelvergütung nach § 2 InsVV auszugehen. Die Regelvergütung bei einer vergütungsrelevanten Masse in Höhe von 6.939.661,78 € beläuft sich auf 166.543,24 €. Hinzu kommen Auslagen in Höhe von 4.046,40 € und 250,00 €, sodass sich eine Zwischensumme von 170.839,64 € errechnet. Zuzüglich 19 % Umsatzsteuer (32.459,53 €) ergibt sich damit ein Gesamtbetrag in Höhe von 203.299,17 €.
56Anders als die Schuldnerin meint, sind die von der E2-mbh für die Liquiditätsprüfung gegenüber dem Antragsteller berechneten Kosten nicht von dieser Vergütung in Abzug zu bringen.
57Die Kammer verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Verwalter grundsätzlich im Rahmen seines Vergütungsantrags ausführen muss, für welche von ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse entnommen hat, und dass – im Falle einer unberechtigten Delegation – die Verwaltervergütung um den zu Unrecht aus der Masse entnommenen Betrag zu kürzen ist (BGH NZI 2005, 103). Ein solcher Fall ist indessen vorliegend nicht gegeben. So hat der weitere Beteiligte den seitens der E2-mbh abgerechneten Betrag nicht aus der Masse entnommen, sondern ihn im Rahmen seines Antrags auf Vergütung als Sachverständigen vom 30.12.2014 (Bl. 621 ff. GA) geltend gemacht und mit der Vergütung erstattet bekommen, wodurch die Schuldnerin jedoch nicht belastet wird. Entsprechend § 4 Abs. 9 JVEG wirken Entscheidungen im Rahmen der Sachverständigenentschädigung nicht zu Lasten des Kostenschuldners.
58Da ein Beschwerdegegner vorhanden ist, ist die Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO zu treffen (Ganter/Lohmann in MünchKomm, a.a.O. § 6, Rn. 83), wobei vorliegend die §§ 92, 97 ZPO Anwendung finden.
59Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, nachdem der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 21.07.2016 die sich im Zusammenhang mit der Sachwaltervergütung ergebenden grundsätzlichen Fragen geklärt hat.
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