Urteil vom Landgericht Duisburg - 1 O 160/18
Tenor
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Die Streithelferin trägt ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die VERAS Immobilienmanagement GmbH Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Beklagte war eine Wohnungseigentümergemeinschaft betreffend das mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in , Wohnungseigentümer waren . Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft war .
3Die Klägerin belieferte das Objekt im Zeitraum vom 11. November 2015 bis zum 31. August 2016 mit Fernwärme. Der Übergabepunkt befand sich in einem Kellerraum, die in der Verfügungsgewalt der Beklagten lag.
4Mit Schreiben vom 06. Oktober 2016 informierte die die Klägerin darüber, dass
5das Grundstück erworben habe und dass sie für ihn als Verwalterin tätig sei (Bl. 235 GA).
6Am 19. Oktober 2016 erstellte die Klägerin eine an die Beklagte adressierte Schlussrechnung für den vorgenannten Zeitraum über einen Betrag von 5.654,62 EUR. Wegen des genauen Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung der Rechnung vom 19. Oktober 2016 Bezug genommen (Bl. 5 f. GA).
7Am 10.Februar 2017 wurde als Eigentümer aller Eigentumswohnungen in das Grundbuch eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage zur Klageerwiderung vom 01.August 2018 beigefügten Grundbuchauszüge Bezug genommen (Bl. 18-234 GA).
8Die Klägerin ist der Auffassung, zwischen ihr und der Wohnungseigentümergemeinschaft sei ein Vertrag zustande gekommen. Auch wenn zwischenzeitlich Eigentümer aller Eigentumswohnungen geworden sei, bestehe die Wohnungseigentümergemeinschaft fort, sodass diese die richtige Beklagte sei.
9Die Klägerin beantragt,
101. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.654,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2016 zu zahlen;
112. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 4,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 07.12.2016 zu zahlen;
123. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von ihren außergerichtlichen Anwaltskosten von 546,50 EUR freizustellen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei nicht existent; sie hafte nicht für die etwaige Verbindlichkeiten, die von den früheren Wohnungseigentümern begründet worden seien. Zwar sei eine Wohnungseigentümergemeinschaft unauflöslich; allerdings setze ihre Existenz voraus, dass es mehrere Wohnungseigentümer gebe; das sei aber nicht der Fall, sei Alleineigentümer. Zwischen den früheren Wohnungseigentümern und sei keine Vereinbarung über die Übernahme von Verbindlichkeiten der Verkäufer getroffen worden.
16Mit einem am 27.Februar 2019 nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 288 f. GA) hat die Klägerin ihre Rechtsauffassung wiederholt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft richtige Beklagte sei. Sollte die Rechtsauffassung des Gerichts, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft beendet sei, müsse die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und das Passivrubrum dahingehend „berichtigt“ werden, dass Beklagter der sei.
17Die Streithelferin vertritt ergänzend die Ansicht, es sei „ersichtlich“, dass die Klägerin diejenige Partei verklagen wollte, gegen die ihr ein Anspruch zustand. Es sei davon auszugehen, dass sie verklagen wollte.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst den dazugehörigen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2019 (Bl. 274 ff. GA) Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20I.
21Die mündliche Verhandlung war nicht wiederzueröffnen.
22Das Vorliegen der Voraussetzungen von § 156 Abs. 2 ZPO wird weder von den Parteien behauptet, noch ist das Bestehen eines dort genannten Wiedereröffnungsgrundes ersichtlich.
23Für eine Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 1 ZPO besteht ebenfalls kein Anlass.
24Soweit die Klägerin und die Streithelferin die Wiedereröffnung mit der Begründung begehren, dass – wenn die Kammer an der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsauffassung festhalte – eine Rubrumsberichtigung zu erfolgen habe, stellt dies schon deshalb keinen Wiedereröffnungsgrund dar, weil einerseits eine Rubrumsberichtigung jederzeit (also auch nach Erlass eines Urteils) erfolgen kann und weil andererseits die Klägerin entgegen der Bezeichnung keine Rubrumsberichtigung wünscht, sondern eine Klageänderung. Eine Berichtigung des Passivrubrums kommt nur dort in Betracht, wo der Kläger erkennbar eine bestimmte Partei verklagen wollte, diese aber versehentlich falsch bezeichnet hat. Das ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Klägerin hat nach ihrer Bezeichnung die „WEG “, also die Wohnungseigentümergemeinschaft, verklagt. Dass sie diese – und nicht einzelne Wohnungseigentümer oder den Erwerber – verklagten wollte, ergibt sich eindeutig aus dem Passivrubrum der Klageschrift sowie aus deren Begründung. Des Weiteren folgt dies daraus, dass während des Rechtsstreits gerade Streit zwischen den Parteien über die Frage geherrscht hat, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft beendet ist oder ob sie fortbesteht. Ohne Zweifel folgt dies schließlich aus dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des – nicht nachgelassenen – Schriftsatzes der Klägerin vom 27.02.2019 (Bl. 288 GA), in dem es wörtlich heißt: „Nach diesseitiger Rechtsauffassung ist nach wie vor die Wohnungseigentümergemeinschaft die richtige Beklagte“. Nur für den Fall, dass das Gericht an der geäußerten Rechtsauffassung festhalte, wonach diese beendet sei, wolle die Beklagte in Anspruch nehmen. Soweit sich die Streithelferin in ihrem ebenfalls nicht nachgelassenen Schriftsatz teils gegenteilig äußert, ist sie mit diesem Vortrag wegen § 67 ZPO ausgeschlossen, weil sie sich damit in Widerspruch zu den Erklärungen der Hauptpartei (der Klägerin) setzt.
25Ist danach davon auszugehen, dass die Klägerin die gewollte Partei verklagt hat, nämlich die Wohnungseigentümergemeinschaft, stellt sich ihr Wunsch, strebt sie tatsächlich keine Rubrumsberichtigung an, sondern vielmehr eine subjektive Klageänderung. Eine Klageänderung nach Schluss der mündlichen Verhandlung, noch dazu – wie hier – unter einer Bedingung, ist indes unzulässig. Aufgrund der Unzulässigkeit besteht auch kein Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Hierzu besteht auch kein Anlass. Insbesondere stellt es keine Benachteiligung der Klägerin dar, eine neue Klage zu erheben. Die Klägerin müsste ohnehin gegen den den Rechtsstreit völlig neu führen, nachdem dieser bislang an dem Rechtsstreit nicht beteiligt war. Soweit die Klägerin und die Streithelferin darauf abstellen, dass der durch die vertreten würde, ist diese Auffassung falsch.
26mag sich außergerichtlich zur Verwaltung des Objekts der bedienen; dies erfolgt aber allein aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung; die Gesellschaft ist hingegen nicht seine gesetzliche Vertreterin und wird ihn deshalb im Rechtsstreit auch nicht vertreten können; etwaige Zustellungen an sie wären im Verhältnis zu
27unwirksam.
28II.
29Die Klage ist unzulässig. Die beklagte Partei („WEG “) ist nicht partei- bzw. prozessfähig, weil sie zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits nicht mehr existierte.
30Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer endet, wenn sich alle Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen (Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 10 Rn. 343). Sie kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Träger von Rechten und Pflichten sein und ist auch nicht mehr partei- oder prozessfähig gemäß § 10 Abs. 6 S. 5 WEG (AG Bremerhaven, Urteil vom 02. Juni 2010 - 55 C 1463/09 – juris). Dafür spricht schon, dass bereits rein begrifflich nach der Vereinigung in einer Person keine „Gemeinschaft“ mehr besteht. Weiter spricht hierfür die Systematik des Gesetzes. Gemäß § 10 Abs. 7 S. 4 WEG geht das Verwaltungsvermögen auf den Eigentümer des Grundstücks über, wenn sich sämtliche Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigen. Für die dort geregelte Gesamtrechtsnachfolge bestände kein Anlass, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft fortbestände; umgekehrt besteht keine (rechtliche) Notwendigkeit für das Fortbestehen der Wohnungseigentümergemeinschaft, nachdem ihr gesamtes Vermögen auf eine andere Person übergegangen ist, weil danach alle Ansprüche ohnehin für und gegen die andere Person geltend gemacht werden müssen. Dementsprechend ging auch die Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 7 S. 4 WEG hinsichtlich der Notwendigkeit einer Gesamtrechtsnachfolge davon aus, dass die Gemeinschaft bei Vereinigung aller Anteile in einer Person beendet sei (BT-Drs. 16/887, S. 63). Soweit sich die Streithelferin auf die abweichende Ansicht des Landgerichts Frankfurt (LG Frankfurt, Urteil vom 25. März 2014 – 2-09 S 63/12 –, juris) stützt, vermag sich die Kammer der dort vertretenen Auffassung nicht anzuschließen. Das Landgericht Frankfurt begründet den Fortbestand der Gemeinschaft mit dem Argument, dass bis zur Schließung der Wohnungsgrundbücher gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 WEG die Gemeinschaft fortbestehen müsse. Das überzeugt indes nicht, weil sich das dort genannte Verfahren auf die Schließung der Wohnungsgrundbücher beschränkt. Die Vorschrift schließt gerade nicht aus, dass die Wohnungseigentumsrechte bei einer Vereinigung in einer Person (im Grundbuch) erhalten bleiben können; dies ermöglicht es einer Person, in der sich alle Wohnungseigentumsrechte vereinigt haben, den wirtschaftlichen Wert der Eigentumswohnungen zu erhalten, um z.B. zu einem späteren Zeitpunkt einzelne Eigentumswohnungen wieder zu veräußern; in diesem Fall entsteht mit der Veräußerung die Gemeinschaft neu (vgl. Bärmann/Suilmann, 14. Aufl. 2018, WEG § 10 Rn. 346).
31Gemessen an diesen Grundsätzen war die WEG beendet, nachdem sich alle Wohnungseigentumsrechte in der Person des vereinigt haben. Dass dies entsprechend dem Vortrag der Beklagten geschehen ist, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2019 unstreitig gestellt. Die Beklagte existierte entsprechend zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr.
32III.
33Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 101 Abs. 1 2. Hs., 708 Nr. 11, 711 ZPO.
34Streitwert: 5.658,92 EUR.
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Referenzen
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