Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 13 O 315/92
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 17.220,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Januar 1990 zu zahlen.
Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,00 DM, die auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden kann, vorläufig vollstreckbar .
1
Tatbestand :
2Die Klägerin ist Tranportversicherer der Firma K in Köln. Sie nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht (§ 67 Abs. 1 VVG) auf Schadensersatz wegen im Gewahrsam der Beklagten in Verlust geratenen Transportgutes in Anspruch. Die Firma K beauftragte die Firma H GmbH mit der Beförderung einer Sendung Unterhaltungselektronikartikel im Gesamtwert von 17.220,00 DM nach St. R bzw. B. Die Firma H beauftragte ihrerseits mit der Beförderung das von den Beklagten zu 1. und 2. in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene Transportunternehmen "K". Mit der Durchführung des Transportes betrauten die Beklagten zu 1. und 2. den seit dem 14. August 1989 bei ihnen im Rahmen eines Probearbeitsverhältnisses als Fahrer angestellten Beklagten zu 3. Am 7. August 1989 hatte der Beklagte zu 3. eine vorläufige Einweisung in seine Tätigkeit als Fahrer erhalten. Den Transport der Elektronikartikel der Firma K sollte der Beklagte zu 3. in der Nacht vom 16. auf den 17. August 1989 durchführen. Es sollte dies seine erste selbständige Nachtfahrt werden. Am Abend des 16. August 1989 erschien der Beklagte zu 3. mit einem Kleintransporter vom Typ F, versehen mit einem Anhänger, der mit einer Plane abgedeckt war, bei der Firma H2 in Frechen, wo die Elektronikartikel eingeladen wurden. Gegen 20.00 Uhr traf der Beklagte zu 3. auf dem Firmengelände der Beklagten
3zu 1. und 2. ein, um Fahrtinstruktionen, Geld und Straßenkarten in Empfang zu nehmen. Von dort fuhr der Beklagte zu 3. mit dem beladenen Fahrzeug zu seiner Ehe
4frau nach Dormagen, wo er gegen 20.30 Uhr eintraf. Er stellte den Wagen auf dem Parkstreifen gegenüber dem Haus seiner Ehefrau, an einer öffentlichen X-Straße, ab.
5Als der Beklagte zu 3. gegen 01.00 Uhr die Fahrt antreten wollte, war der Lkw mit dem Anhänger verschwunden. Das Fahrzeug tauchte später, allerdings ohne die Elektronikartikel, wieder auf. Zur Schadensregulierung zahlte die Klägerin 17.220,00 DM an die Firma K.
6Die Klägerin behauptet, die Firma K sei Eigentümerin der abhanden gekommenen Elektronikartikel. Der Beklagte zu 3. habe seine Verpflichtung zur sorgfältigen Behandlung des Transportgutes verletzt, weil er den Lkw mit der diebstahlsgefärdeten Ware viereinhalb Stunden unbewacht nachts auf der öffentlichen X-Straße habe stehen lassen.
7Für das Verhalten des Beklagten zu 3. seien die Beklagten zu 1. und 2. gemäß § 831 Abs. 1 BGB haftbar. Sie hätten den Beklagten zu 3. hinsichtlich des unbewachten Ab- stellens des Fahrzeuges mit der diebstahlgefährdeten Ware nicht ordnungsgemäß angewiesen und beaufsichtigt.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 17.220,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Januar 1990 zu zahlen.
10Die Beklagten beantragen,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagten zu 1. und 2. behaupten, der Beklagte zu 3. sei ausdrücklich angewiesen worden, um 20.00 Uhr bei der Firma H2 zu laden und dann zur Geschäftsstelle der Beklagten zu 1. und 2. zu kommen. Dort habe er bis 22.00 Uhrbleiben und dann zu seiner Transportfahrt aufbrechen sol' len. Der Beklagte zu 3. sei erst seit kurzer Zeit in einem Probearbeitsverhältnis gewesen, so daß bis dahin keine Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit in seiner Person bemerkt worden seien.
13Der Beklagte zu 3. ist der Ansicht, es könne ihm nicht zugemutet werden, das Fahrzeug jede Sekunde im Auge zu haben. Es genüge, lediglich hin und wieder zu kontrollieren, ob sich bezüglich des Fahrzeuges irgendwelche besonderen Vorkommnisse ergeben haben. Er behauptet, derartige Sorgfaltspflichten selbstverständlich wahrgenommen zu haben.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Die Klage ist begründet.
17Die Klägerin hat einen gemäß § 57 Abs. 1 VVG auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.220,00 DM; gegenüber dem Beklagten zu 3. aus § 823 Abs. 1 BGB, gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. aus § 831 Abs. 1 BGB,
18Gemäß § 840 BGB haften die Beklagten als Gesamtschuldner.
19Der Schadensersatzanspruch stand ursprünglich der Versicherungsnehmer i n der Klägerin, der Firma K, als Eigentümerin zu. Die Klägerin beruft sich zu Recht auf die gemäß § 1006 BOB für die Firma K bestehende Eigentumsvermutung. Die Firma K war mittelbare Eigenbesitzerin des Transportgutes. Die Firma H2 hatte demgegenüber lediglich unmittelbaren Fremdbesitz zum Zwecke der Durchführung des Transportes für die Firma K erhalten. Für die Anwendung des § 1006 BGB genügt das Vorhandensein mittelbaren Eigenbesitzes.
20Das Eigentum der Firma K an den Elektronikartikeln ist verletzt, weil ihr die Geräte durch den Diebstahl dauerhaft entzogen worden sind. Für den Verlust ist der Beklagte zu 3. gemäß § 823 Abs. 1 BGB haftbar. Er hat es schuldhaft unterlassen, die erforderliche Fürsorge für die ihm anvertrauten Güter auszuüben. Der Beklagte war verpflichtet, die Waren gegen die Gefahr eines Diebstahls zu schützen, weil sie ihm zur Durchführung eines sicheren Transportes anvertraut worden waren. Der Beklagte hat die von ihm zu erwartende Sorgfalt verletzt. Denn er hat den Lieferwagen mit dem besonders leicht zugänglichen, lediglich durch eine Plane abgedeckten Anhänger, nachts an einer öffentlichen T3,5 Stunden unbeaufsichtigt stehengelassen. Dieses Verhalten ist als fahrlässig zu bewerten. Es muß immer damit gerechnet werden, daß ein nachts unbeaufsichtigt abgestelltes Fahrzeug das Interesse potentieller Diebe weckt, weil diese - zu Recht - das Vorhandensein lohnenden Diebesgutes in dem Transportfahrzeug vermuten. Die Einlassung des Beklagten zu 3., er habe das Fahrzeug hin und wieder auf besondere Vorkommnisse kontrol1iert, sieht das Gericht als unsubstantiiert an. Der Beklagte zu 3. hätte sich schon der Mühe unterziehen müssen, darzulegen, in welcher Weise und wie oft er diese Kontrollen durchgeführt haben will. Im übrigen muß die Einlassung des Beklagten zu 3. als reine Schutzbehauptung zurückgewiesen werden. Aus der Ermittlungsakte 951 Oüs #####/#### StA Düsseldorf 1st zu ersehen, daß der Beklagte zu 3. am 17. August 1989 vor der Polizei erklärt hat, er habe gegen 22.00 Uhr den Müll aus der Wohnung gebracht. Jedoch sei ihm nicht aufgefallen, ob der Lkw noch dort abgestellt war oder nicht. Es ist davon auszugehen, daß der Beklagte zu 3. sich nicht mal bei dieser sich anbietenden Gelegenheit um den Lkw gekümmert hat.
21Für das widerrechtliche Verhalten des Beklagten zu 3. als ihres Verrichtungsgehilfen haften die Beklagten zu 1. und 2. gemäß § 831 Abs. 1 BGB.
22Es ist ihnen nicht gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB gelungen, sich von einem schadensursächlichen Verschulden zu entlasten. Den Beklagten zu 1. und 2. ist vorzuwerfen, daß sie den Beklagten zu 3. bei der Ausführung seiner Tätigkeit nicht mit der erforder 1ichen Sorgfalt angeleitet haben. Es hätte eines eindringlichen Hinweises an den Beklagten zu 3. bedurft, daß er das Fahrzeug nachts nicht unbewacht auf öffentlichen T4 abstellen darf. Die Beklagten zu 1. und 2. haben nicht ausreichend dargelegt, daß der Beklagte zu 3. eine dahingehende Belehrung erhalten hat. Aus der Behauptung der Beklagten zu 1. und 2., es bestehe für alle Fahrer die Anweisung, die gefahrenen Fahrzeuge mit Ladung nicht aus den Augen zu lassen, vermag das Gericht nicht zu entnehmen, daß der Beklagte zu 3. im konkreten Fall entsprechend belehrt worden ist.
23Es hätte auf jeden Fall einer besonderen Belehrung des Beklagten zu 3. bedurft. Denn immerhin handelte es sich um die erste von dem Beklagten zu 3. selbständig durchzuführende Nachtfahrt.
24Es kann dahinstehen, ob die Beklagten zu 1. und 2. den Beklagten zu 3. ausdrücklich angewiesen haben, um 22.00 Uhr zu starten und bis dahin mit dem beladenen Lkw auf dem Speditionsgelände zu bleiben. Denn auch diese Weisung konnte den Hinweis auf die nächtliche Diebstahls-
25gefahr nicht ersetzen. Die Beklagten zu 1. und 2. mußten einkalkulieren, daß der Beklagte zu 3. sich eventuell über ihre Weisung hinwegsetzen würde. Denn der Beklagte zu 3. war bei ihnen erst seit drei Tagen beschäftigt. Außerdem kann angenommen werden, daß der Beklagte zu 3. die Weisung der Beklagten zu 1. und 2. eher befolgt hätte, wenn er auf die nächtliche Diebstahlsgefahr besonders hingewiesen worden wäre. Selbst wenn der Beklagte zu 3. sich dennoch über die Weisung der Beklagten zu 1. und 2. hinweggesetzt hätte, kann nicht ausgeschlossen werden, daß er sich unter dem Eindruck der Belehrung über die Diebstahlsgefahr besser um den auf der X-Straße abgestellten Lkw gekümmert hätte.
26Die der Klägerin zuerkannte Zinsforderung ist begründet aus § 849 BGB.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.