Schlussurteil vom Landgericht Düsseldorf - 4 O 6/92
Tenor
für R e c h t erkannt:
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger - über den mit Teilurteil vom 28. August 1997 bereits zuerkannten Betrag hinaus - weitere 227.252,56 DM nebst Zinsen in Höhe von 3,5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen, und zwar
• von 54.675,25 DM seit dem 1. Februar 1992,
• von 19.329,69 DM seit dem 1. Februar 1993,
• von 26.102,95 DM seit dem 1. Februar 1994,
• von 31.010,46 DM seit dem 1. Februar 1995,
• von 28.050,25 DM seit dem 1. Februar 1996,
• von 19.964,07 DM seit dem 1. Februar 1997,
• von 15.975,75 DM seit dem 1. Februar 1998,
• von 14.894,33 DM seit dem 1. Februar 1999 und
• von 17.749,81 DM seit dem 1. Februar 2000.
II.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung von 400.000 DM und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung von 70.000 DM vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheiten können jeweils auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder öffentlich-recht¬lichen Sparkasse erbracht werden.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger ist Arbeitnehmer-Erfinder bzw. (zu unterschiedlichen und teilweise zwischen den Parteien streitigen Anteilen) Miterfinder von insgesamt sechs Vorrichtungs- bzw. Verfahrenserfindungen, die von der Beklagten in Anspruch genommen worden sind und die zu Schutzrechten im In- und Ausland geführt haben. Eine der Erfindungen betrifft einen X-Spulkopf, die weiteren fünf Erfindungen betreffen Verfahren zum Aufwickeln des Fadens auf die Spule (sog. X), die mit diesem X-Spulkopf, aber auch mit sogenannten X-Spulköpfen durchgeführt werden können. Die Beklagte hat X- und X-Spulköpfe hergestellt und sowohl einzeln als auch als Teile ganzer Spinnanlagen vertrieben. Sie hat dabei ihren Abnehmern zugleich die Möglichkeit eröffnet, die erfindungsgemäßen Verfahren zu benutzen, ohne dafür über den Kaufpreis für die Spulköpfe bzw. die Spinnanlagen hinaus einen gesonderten Preis zu berechnen. Über die Einzelheiten ihrer Vertriebstätigkeit hat die Beklagte im Verlaufe des Rechtsstreits Rechnung gelegt, wobei sie im Rahmen einer Nachkalkulation ermittelt hat, in welchem Umfang die Spulköpfe am Betriebsergebnis für die verkauften Spinnanlagen beteiligt sind. Auf der Grundlage der erfolgten Rechnungslegung nimmt der Kläger die Beklagte vorliegend auf Zahlung einer angemessenen Arbeitnehmer-Erfindervergütung in Anspruch.
3Mit Teilurteil vom 28. August 1997 hat die Kammer dem Kläger für die Nutzung der Diensterfindung "X-Spulkopf" einen Betrag von 1.349.568,85 DM nebst Zinsen zugesprochen. Nunmehr verlangt der Kläger eine Erfindervergütung noch für die die X betreffenden Verfahrenserfindungen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Diensterfindungen:
4- Bag X - "X mit X" - EP X;
- Bag X- "Stufenpräzision mit variabler mittlerer Geschwindigkeit" - EP X;
- Bag X - "Bikonische Anfangswicklung" - EP X;
- Bag X - "Wilde bikonische Anfangswicklung plus Stufenpräzisionswicklung" - DE X;
- Bag X - "Wild CBC mit Stufenpräzision" - EP X.
Der Kläger beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine durch das Gericht zu bestimmende angemessene Arbeitnehmer-Erfinder-vergütung aus den Nutzungshandlungen entsprechend den Ziffern 2. - 6. des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. November 1995 (2 U 118/94), mindestens jedoch 2.729.124 DM, zu zahlen, zuzüglich Zinsen in Höhe von 3,5 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz ab dem 22. Januar 1992 aus 676.283 DM, ab dem 1. Januar 1993 aus 192.339 DM, ab dem 1. Januar 1994 aus 238.392 DM, ab dem 1. Januar 1995 aus 339.593 DM, ab dem 1. Januar 1996 aus 362.232 DM, ab dem 1. Januar 1997 aus 284.832 DM, ab dem 1. Januar 1998 aus 189.437 DM, ab dem 1. Januar 1999 aus 188.082 DM und ab dem 1. Januar 2000 aus 257.936 DM.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Sie ist der Auffassung, daß dem Kläger für die genannten Verfahrenserfindungen allenfalls ein geringer Vergütungsbetrag zustehe, der jedoch infolge Aufrechnung erloschen sei. Insoweit macht die Beklagte einen Schadenersatzanspruch geltend, den sie daraus herleitet, daß der Kläger eine von ihm gemachte Arbeitnehmer-Erfindung pflichtwidrig nicht gemeldet habe.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Teilurteils vom 28. August 1997 sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16Nachdem die Kammer mit Teilurteil vom 28. August 1997 bereits über die dem Kläger für die Diensterfindung "X-Spulkopf" zustehende Erfindervergütung entschieden hat, ist vorliegend noch über die die sogenannten X betreffenden Erfindungen des Klägers zu befinden. Für deren Nutzung hat die Beklagte dem Kläger eine weitere Vergütung von 227.252,56 DM nebst Zinsen zu zahlen, und zwar 158.127,86 DM für die mit den X ausgestatteten X-Spulköpfe sowie weitere 69.124,70 DM für die mit den Changiergesetzten ausgestatteten X-Spulköpfe.
17I.
181.
19Was zunächst die X-Spulköpfe betrifft, mit denen die X ausgeübt werden können, ist davon auszugehen, daß gedachte Lizenzvertragsparteien für die als Vergütung zu zahlende Lizenz auch hinsichtlich der erfindungsgemäßen Verfahren den mit den Spulköpfen erzielten Umsatz als Bezugsgröße zugrunde gelegt hätten. Diese Art der Lizenzberechnung liegt schon deshalb nahe, weil für die Benutzung des Vorrichtungspatents ohnehin eine Erfindervergütung auf Lizenzbasis zu zahlen ist und die X, die eine bestimmte, vorteilhafte Verwendung der Spulköpfe ermöglichen, dem Erwerber eines X-Spulkopfes von der Beklagten – praktisch begleitend - mit zur Verfügung gestellt worden sind. Da die X zusammen mit den Spulköpfen verwertet worden sind, bietet es sich für gedachte Lizenzvertragsparteien an, die Mitbenutzung der erfindungsgemäßen Verfahren durch einen angemessenen Zuschlag auf den für den Spulkopf als solchen anzusetzenden Lizenzsatz abzugelten.
20Die statt dessen von den Parteien und insbesondere vom Kläger herangezogene Differenz zwischen den Durchschnittspreisen für einen X-Spulkopf mit und ohne X erscheint demgegenüber schon deshalb weniger geeignet, weil sich der vom Kläger zum Ausgangspunkt seiner Berechnung genommene Preisunterschied auf die gesamte Spulkopfsteuerung einschließlich zugehöriger Elektrik bezieht, von der die vergütungspflichtigen X lediglich einen Teil betreffen. Die genannte Preisdifferenz bildet insofern keinen exakten (und dementsprechend überlegenen) Anhaltspunkt, auf den zurückzugreifen aus der Sicht von Lizenzvertragsparteien sachgerecht sein könnte.
212.
22Wird für die Vergütung der X auf den Umsatz mit den X-Spulköpfen abgestellt, so können - wegen der absoluten Höhe der gewählten Lizenzbasis - von vornherein nur vergleichsweise niedrige Lizenzsätze in Betracht kommen. Zu berücksichtigen ist überdies, daß sich die einzelnen Erfindungen des Klägers darin erschöpfen, die als solche bereits bekannten Grundverfahren zum Aufwickeln der Fäden lediglich in einer bestimmten Weise zu variieren. Den in Rede stehenden Xn kommt vor diesem Hintergrund eine allenfalls durchschnittliche Bedeutung bei. Die eigenen Prospektangaben der Beklagten zu ihrer Stufenpräzisionswicklung stehen dieser Beurteilung nicht entgegen. Bei ihnen handelt es sich erkennbar um Werbeaussagen, die naturgemäß die Vorteile der beworbenen Technik besonders herausstreichen und für den Interessenten anpreisen. Bei der Bemessung des Lizenzsatzes fällt schließlich ins Gewicht, daß die X lediglich den Schutz von Verfahrenspatenten genießen, die sich - wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat - praktisch nicht im Wege einer Lizenzvergabe verwerten lassen. Hinzu kommt, daß sich auch eine Benutzung der - in aller Regel in einer entsprechenden Software verkörperten - X nur schwer nachweisen läßt. Es ist deshalb den Wettbewerbern der Beklagten relativ gefahrlos möglich, ihre Spulköpfe mit den erfindungsgemäßen Verfahren auszurüsten, ohne ernsthaft befürchten zu müssen, daß sie selbst oder ihre Abnehmer wegen Patentverletzung in Anspruch genommen werden. Die der Beklagten durch die X vermittelte Monopolstellung ist von daher faktisch spürbar entwertet. Insgesamt rechtfertigt sich bei alledem kein höherer Lizenzsatz als 1 %.
23Jedenfalls in der Größenordnung bestätigt wird dieser Ansatz durch die von der Beklagten vorgelegten Lizenzverträge. So sieht insbesondere die Vereinbarung mit Dr. X, die ebenfalls ein Verfahrenspatent auf dem hier einschlägigen Gebiet der Chemiefasern betrifft, eine Stücklizenz/Spulkopf von 300 DM vor, was bei einem Einzelpreis von 50.000 bis 60.000 DM je Spulkopf einem Lizenzsatz von etwa 0,5 % entspricht. Stellt man in Rechnung, daß der Beklagten mit der genannten Erfindung das grundlegende Stufenpräzisionsverfahren überlassen worden ist, während die Erfindungen des Klägers demgegenüber bloße Modifikationen zum Gegenstand haben, ist es nicht gerechtfertigt, allein wegen des Umstandes, das vorliegend mehrere Verfahrenserfindungen in Rede stehen, wesentlich über dem vereinbarten Lizenzsatz hinauszugehen. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, daß die verschiedenen X vom Anwender jedenfalls in aller Regel nicht gleichzeitig nebeneinander, sondern nur alternativ angewendet werden. Daß dem nicht so sei, läßt der Sachvortrag des Klägers nicht, jedenfalls nicht in ausreichend substantiierter Weise erkennen. Es mag theoretisch möglich sein, einzelne Changierverfahren miteinander zu überlagern oder nacheinander anzuwenden. Daß eine solche Verfahrensweise in der Praxis nennenswerte Bedeutung hat, ist indessen nicht dargetan. Eine schlichte Addition der Lizenzsätze für die einzelnen X - wie sie der Kläger begehrt - scheidet bei dieser Sachlage aus. Vielmehr sind die Verfahrenserfindungen des Klägers als Gesamtheit zu betrachten und zu bewerten.
24Von dem - wie dargelegt - angemessenen Lizenzsatz von 1 % ist wegen der außerordentlich hohen Umsätze der Beklagten ein Abschlag von einem Drittel vorzunehmen (vgl. Teilurteil vom 28. August 1997, Seite 24). Es ergibt sich somit ein Lizenzsatz von 0,7 %.
253.
26Ausweislich der erteilten Rechnungslegung sind bis Ende Dezember 1999 von der Beklagten insgesamt 9.627 mit den streitgegenständlichen X ausgestattete X-Spulköpfe entgeltlich vertrieben worden.
27Soweit die Spulköpfe als separate Vorrichtungsteile verkauft wurden, sind die jeweiligen Nettoverkaufspreise zugrundezulegen.
28Soweit dagegen - in der Mehrzahl der Fälle - die Spulköpfe als Teile ganzer Spinnanlagen veräußert wurden, hält die Kammer nicht weiter an ihrer Auffassung fest, daß die Angebotspreise einschließlich eines kalkulatorischen Gewinnaufschlages von durchschnittlich 20 % anzusetzen sind. Kein Lizenznehmer wird bereit sein, den lediglich für ein Angebot ausgewiesenen Preis eines Spulkopfes zur Bemessungsgrundlage für die von ihm zu entrichtenden Lizenzgebühren zu machen, weil gänzlich ungewiß und nach den Darlegungen der Beklagten in der Praxis auch mehr als zweifelhaft ist, ob sich der kalkulierte Preis überhaupt durchsetzen und der veranschlagte Gewinn realisieren läßt. Eine derart fiktive Größe der Lizenzberechnung zugrundezulegen, wird auch ein redlicher Lizenzgeber berechtigterweise nicht von seinem Lizenznehmer verlangen. Vernünftige Vertragsparteien werden sich statt dessen darauf verständigen, als Stückpreis denjenigen Betrag anzusetzen, der sich ergibt, wenn der tatsächlich erzielte betriebliche Gewinn für die Spinnanlagen (deren Bestandteil die X-Spulköpfe sind) anteilig auf die in ihnen enthaltenen Spulköpfe umgelegt wird. Diesen Betrag hat die Beklagte in ihrer Rechnungslegung als "Preis BE" ausgewiesen.
29In der Summe ist demnach für die Zeit bis 1999 von einem Gesamtumsatz in Höhe von 564.742.357 DM auszugehen.
30Bei Anwendung eines Lizenzsatzes von 0,7 % errechnet sich daraus eine Lizenzgebühr von 3.95 März 196,50 DM.
314.
32Von diesem Betrag steht dem Kläger ein seiner Miterfinderquote entsprechender Anteil zu. Er beläuft sich entsprechend dem Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 5. Juni 2000
33- für die Diensterfindung Bag X - "X mit X" auf 15 %,
- für die Diensterfindung Bag X - "Stufenpräzision mit variabler mittlerer Geschwindigkeit" auf 33 %,
- für die Diensterfindung Bag X - "Bikonische Anfangswicklung" auf 33 %,
- für die Diensterfindung Bag X - "Wilde bikonische Anfangswicklung plus Stufenpräzisionswicklung" auf 33 % und
- für die Diensterfindung Bag X - "X mit Stufenpräzision" auf 50 %.
Die genannten Quoten entsprechen - mit Ausnahme der Diensterfindung Bag X - den Erfinderbenennungen in den für die betreffenden Verfahren erteilten Schutzrechte, die - in der Reihenfolge ihrer vorstehenden Aufzählung - jeweils sieben, drei, zwei, zwei und zwei Miterfinder ausweisen.
39Der Sachvortrag der Beklagten zum Erfinderanteil des Klägers ist maßgeblich, weil der Kläger den Behauptungen der Beklagten nicht substantiiert und mit einem Beweisangebot entgegengetreten ist. Sein Vorbringen beschränkt sich vielmehr darauf, die Angaben der Beklagten als unsubstantiiert zu rügen bzw. (ohne eine nähere eigene Darstellung der statt dessen relevanten Verhältnisse) pauschal zu bestreiten. Ein derartiges Vorbringen ist prozessual unbeachtlich. Das gilt auch für die Diensterfindung Bag X, zu der es jedenfalls an einem Beweisantritt des Klägers zu seiner bestrittenen Behauptung fehlt, (unter Ausschluß der in der korrespondierenden Patentschrift ausdrücklich als Miterfinder benannten Personen) alleiniger Erfinder zu sein.
40Im Mittelwert ist - ausgehend von den erwähnten Quoten - ein Miterfinderanteil des Klägers von 33 % zugrundezulegen.
415.
42Nach den im Teilurteil (Seite 25 f) erläuterten Grundsätzen ist der Anteilsfaktor des Klägers an diesem Erfindungswert im Durchschnitt mit 12 % zu bewerten. Auch insoweit ist von dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten (namentlich in ihrem Schriftsatz vom 31. Januar 1997, Seiten 60 ff) auszugehen, daß seitens des Klägers nicht substantiiert bestritten worden ist. Der Sachvortrag der Beklagten rechtfertigt allerdings bei zutreffender Bewertung höhere als von der Beklagten selbst in Ansatz gebrachte Wertzahlen.
43a)
44Bezüglich der Diensterfindung Bag X ("X mit X") ist für die Stellung der Aufgabe eine Wertzahl von 3 anzusetzen. Die lediglich allgemein gehaltene Anweisung der Beklagten, daß bekannte X-Verfahren zur Praxisreife zu entwickeln, kann für sich noch nicht als Stellung der Aufgabe im Sinne von Nr. 31 der Richtlinien angesehen werden (vgl. Nr. 31 Abs. 3 der RL). Die Diensterfindung ist deshalb nicht in Gruppe 2, sondern in Gruppe 3 einzuordnen, welche diejenigen Fälle erfaßt, in denen der Betrieb die gelöste Aufgabe zwar nicht im eigentlichen Sinne vorgegeben hat, in denen der Arbeitnehmer jedoch durch die infolge seiner Betriebszugehörigkeit erlangte Kenntnis von Mängeln und Bedürfnissen zu der Erfindung veranlaßt worden ist. Andererseits scheidet eine Eingruppierung in die Kategorie 4 aus, weil nicht ersichtlich ist, daß der Kläger die zu der Erfindung hinführenden Mängel und Bedürfnisse selbst festgestellt hat. Für die Lösung der Aufgabe erscheint die Wertzahl 2 angemessen. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß sich das X-Verfahren mit X nach dem insoweit maßgeblichen Vorbringen der Beklagten naheliegend aus den dem Kläger beruflich geläufigen Überlegungen ergeben hat und der Kläger überdies durch die im Betrieb vorhandenen technischen Hilfsmittel unterstützt worden ist. Als damaliger Gruppenleiter im Unternehmen der Beklagten sind die Aufgabe und Stellung des Klägers im Betrieb mit der Wertzahl 4 anzusetzen (vgl. Nr. 34 Abs. 1 RL). Aus der Summe der vorgenannten Wertzahlen (3 + 2 + 4 = 9) errechnet sich ein Anteilsfaktor des Klägers von 18 %.
45b)
46Zu der Diensterfindung Bag X ("Stufenpräzision mit variabler mittlerer Changierfrequenz") ist es nach dem unwiderlegten Sachvortrag der Beklagten gekommen, als der Kläger anläßlich einer Unterredung mit einem Sachbearbeiter der Patentabteilung der Beklagten darüber berichtet hat, daß die Changiergeschwindigkeit erfahrungsgemäß im Laufe der Spulreise reduziert werden müsse. Da Entsprechendes bereits in der deutschen Auslegeschrift X beschrieben sei, habe der Sachbearbeiter sich danach erkundigt, ob eine Veränderung der Changiergeschwindigkeit auch beim Verfahren der Stufenpräzision anwendbar sei. Der Kläger habe dies auf der Grundlage seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres bejaht. Bei einer solchen Sachlage ist - angesichts der dezidierten und zielorientierten Vorgaben von Seiten des Betriebes - sowohl für die Stellung der Aufgabe als auch für die Lösung eine Wertzahl von lediglich 1 anzusetzen. Da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt bereits Abteilungsleiter war, ist seine Stellung im Betrieb mit der Wertzahl 3 zu bemessen. Insgesamt errechnet sich daraus (1 + 1 + 3 = 5) ein Anteilsfaktor von 7 %.
47c)
48Derselbe Anteilsfaktor gilt für die Diensterfindung Bag X ("Bikonische Anfangswicklung"). Maßgeblich dafür ist, daß der Kläger nach den Darlegungen der Beklagten an der genannten Erfindung allein im Umfang der Patentan-sprüche 8 und 9 beteiligt gewesen ist, die der Sache nach der Lehre gemäß der Diensterfindung Bag X entsprechen.
49d)
50Hinsichtlich der Diensterfindung Bag X ("Wilde bikonische Anfangswicklung plus Stufenpräzisionswicklung") sind die Stellung der Aufgabe mit 2,5 und die Lösung mit 2 zu bewerten. Die Beklagte hat insofern unwiderlegt vorgetragen, daß der Kläger seinerzeit mit der praxisreifen Entwicklung der Stufenpräzision und der bikonischen Anfangswicklung betraut war. Durchgeführte Tests hätten dabei ergeben, daß die Stufenpräzision bei dem steilen Anstieg der Changiergeschwindigkeit, wie sie für die bikonische Anfangswicklung benötigt werde, nicht tauglich gewesen sei. Für den Kläger als Fachmann habe es bei einem solchen Befund unmittelbar nahegelegen, als Alternative auf ein anderes, damals geläufiges Verfahren, nämlich das der wilden Wicklung, zurückzugreifen. Legt man diesen Sachverhalt zugrunde, so war die Aufgabe dem Kläger durch die Beklagte zwar nicht im Rechtssinne gestellt; sie war jedoch durch die betrieblichen Abläufe und Versuchsergebnisse weitgehend vorgezeichnet. Ihre Lösung war desgleichen mit Hilfe von dem Kläger beruflich geläufigen Erwägungen aufgrund seiner betrieblichen Kenntnisse und Erfahrungen aufzufinden. Die genannten Feststellungen rechtfertigen die eingangs erwähnten Wertzahlen von 2,5 (für die Aufgabe) und 2 (für die Lösung). Als Abteilungsleiter ist die Stellung des Klägers im Betrieb mit der Wertzahl 3 zu versehen. Zusammengenommen ermittelt sich daraus (2,5 + 2 + 3 = 7,5) ein Anteilsfaktor von 14 %.
51e)
52Die gleichen Wertzahlen und derselbe Anteilsfaktor gelten sodann für die Diensterfindung Bag ("X mit Stufenpräzision").
536.
54Insgesamt ergibt sich demnach für die mit den X-Spulköpfen verwerteten X folgende Abrechnung:
55
| Gesamtumsatz: | 564.742.357,00 DM |
| Lizenzsatz 0,7 %: | 3.95 März 196,50 DM |
| Miterfinderanteil des Klägers 33 %: | 1.317.732,17 DM |
| Anteilsfaktor 12 %: | 158.127,86 DM |
| Erfindervergütung: | 158.127,86 DM |
56
7.
57Als Bestandteil der angemessenen Lizenzgebühr kann der Kläger von diesem Vergütungsbetrag Zinsen in Höhe von 3,5 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank verlangen.
58II.
59Soweit die Beklagte X-Spulköpfe mit den streitgegenständlichen X ausgestattet und vertrieben hat, ist die dem Kläger zustehende Erfindervergütung in entsprechender Weise zu berechnen. Bezugsgröße bildet auch insofern der von der Beklagten mit den X-Spulköpfen erzielte Umsatz, weil vernünftige Lizenzvertragsparteien auf diese Bemessungsgrundlage abgestellt hätten. In den Fällen des Einzelverkaufs sind dabei die jeweiligen Nettoverkaufspreise und in den Fällen der Veräußerung als Teil ganzer Spinnanlagen die nachkalkulierten "Preise BE" zugrundezulegen. Ausgehend von der Rechnungslegung der Beklagten ergibt sich damit für die Zeit bis 1999 bei einer Stückzahl von 4.277 ein Umsatz von 246.873.939 DM. Bei Anwendung des angemessenen Lizenzsatzes von 0,7 %, einem durchschnittlichen Erfinderanteil des Klägers von 33 % und einem durchschnittlichen Anteilsfaktor von 12 % stellt sich die Gesamtabrechnung mithin wie folgt dar:
60
| Gesamtumsatz: | 246.873.939,00 DM |
| Lizenzsatz 0,7 %: | 1.728.117,57 DM |
| Miterfinderanteil des Klägers 33 %: | 576.039,19 DM |
| Anteilsfaktor 12 %: | 69.124,70 DM |
| Erfindervergütung: | 69.124,70 DM |
61
Von diesem Betrag schuldet die Beklagte wiederum, beginnend mit den üblichen Abrechnungszeiträumen, Zinsen in Höhe von 3,5 % über dem jeweiligen Bundesbankdiskontsatz bzw. dem Basiszinssatz der EZB.
62III.
63Der Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht (teilweise) infolge Aufrechnung erloschen. Die Beklagte hat keinen Schadensersatzanspruch schlüssig dargetan. Das gilt zunächst im Hinblick darauf, daß die dem Kläger vorgeworfene Nichtmeldung einer Diensterfindung nur dann als ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten gewertet werden kann, wenn die von der Beklagten behaupteten Erkenntnisse objektiv eine Diensterfindung darstellen und vom Kläger bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt auch als solche zu erkennen gewesen sind. Schon dazu verhält sich der Sachvortrag der Beklagten nicht näher. Unklar ist des weiteren, ob die Beklagte die betreffende Erfindung überhaupt in Anspruch genommen hätte. Zweifelhaft kann dies deshalb sein, weil die Beklagte mit den vorliegend streitgegenständlichen Erfindungen bereits einen anderen Lösungsweg gegangen war, der es gegebenenfalls sinnlos gemacht hat, daneben eine weitere, alternative Technik zu verfolgen. Unsubstantiiert sind die Behauptungen der Beklagten schließlich auch hinsichtlich des Schadens. Die von der Firma X erzielten Umsätze besagen nichts Stichhaltiges dazu, welcher Schaden der Beklagten durch die angebliche Vorenthaltung der Diensterfindung entstanden ist. Überdies: Hätte die Beklagte die Erfindung in ihrer Produktion verwertet, wäre dies mit (gewinnschmälernden) Aufwendungen verbunden gewesen. Hätte die Beklagte die Erfindung lediglich als Sperrpatent eingesetzt, wäre darzulegen gewesen, welche konkreten geldwerten Vorteile sich hieraus für die Beklagte - z.B. mit Blick auf ihren Umsatz mit den streitgegenständlichen Erfindungen - ergeben hätte. All dies ist nach dem Sachvortrag der Beklagten ungewiß.
64IV.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
66Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 709 Satz 1, 108 Abs. 1 ZPO.
67Der Streitwert wird auf 5.000.000 DM festgesetzt, wobei auf das Teilurteil 2.500.000 DM entfallen. Für die Zeit seit dem 4. August 2000 beträgt der Streitwert 2.729.124 DM.
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