Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 21 S 122/02
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.02.2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 232 C 11924/00 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
1
Gründe
2I.
3Von der Darstellung tatsächlicher Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4Mit der Berufung wenden sich die Beklagten, die vorprozessual bereits 2/3 des Unfallschadens der Klägerin beglichen hatten, gegen die Verurteilung erster Instanz zur Zahlung auch des weiteren Schadensdrittels.
5II.
6Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
7In der Sache hat das Rechtsmittel ebenfalls Erfolg.
8Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf – weiteren – Schadensersatz i. H. v. 2.654,48 EUR (= 5.191,72 DM). Über die unstreitig bereits geleistete Zahlung von 5.349,88 EUR (= 10.463,45 DM) hinaus steht der Klägerin ein solcher Anspruch weder gemäß §§ 7, 18 StVG bzw. § 3 Nr. 1 und 2 PflVG noch nach § 823 BGB zu.
9Zwar ist der Klägerin unstreitig ein Schaden i. H. v. insgesamt 8.004,36 EUR (= 15.655,17 DM) dadurch entstanden, dass ihr Pkw beim Betrieb des Pkw des Beklagten zu 1) beschädigt wurde. Es liegt auch kein unabwendbares Ereignis i. S. d. § 7 Abs. 2 StVG vor, da jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass der Unfall bei Beachtung der Sorgfalt eines Idealfahrers vermieden worden wäre. Gemäß § 17 Abs. 1 StVG hängt jedoch im Falle der Beteiligung mehrerer Kraftfahrzeuge die jeweilige Verpflichtung zum Schadensersatz letztlich davon ab, inwieweit der Unfallschaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sieht die Kammer einen der Klägerin entgegenzuhaltenden Verschuldensanteil von mindestens 1/3 selbst dann, wenn man den klägerischen Vortrag zum Unfallhergang zugrundelegt. Ob die für die Beklagte zu 2) geltende Lichtzeichenanlage in dem Zeitpunkt, als die Beklagte zu 2) in den Kreuzungsbereich einfuhr, grünes oder bereits gelbes Licht anzeigte oder – wie der Zeuge Thon bekundet hat – die Ampel sogar schon auf Rot umschlug, als der besagte Pkw mit seiner gedachten Mitte in Höhe der Ampelanlage war (Bl. 67 GA), kann dahingestellt bleiben. Zu Recht haben die Beklagten in ihrer Berufung gerügt, dass das Amtsgericht bei seiner Entscheidung die Vorschrift des § 9 Abs. 3 StVO nicht ausreichend berücksichtigt hat. Danach muss derjenige, der abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Der Linksabbieger muss nötigenfalls abwarten, um das Vorrecht des Längsverkehrs zu beachten (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 9 StVO Rn. 29, 39). Die Wartepflicht des Linksabbiegers gegenüber entgegenkommenden Fahrzeugen besteht grundsätzlich auch im Verhältnis zu solchen Fahrzeugführern des Gegenverkehrs, die verbotswidrig noch bei roter Ampel in den Kreuzungsbereich einfahren (Hentschel, a. a. O., Rn. 40 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Der Abbiegewillige muss damit rechnen, dass entgegenkommende Kraftfahrer bei Gelb oder sogar bei beginnendem Rot noch durchfahren. Regelmäßig kann er nämlich die Phase der für den Gegenverkehr maßgeblichen Lichtzeichenanlage nicht kennen; die Zulässigkeit des Abbiegens kann aber nicht von Umständen abhängen, die der Abbiegende nicht kennen kann (Hentschel, a. a. O., Rn. 40). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Fahrer des klägerischen Pkw, der Zeuge xxx, seine Wartepflicht gegenüber der entgegenkommenden Beklagten zu 2) nicht erfüllt hat. Ein sicheres Anzeichen dafür, dass die Ampel für die Beklagte zu 2) Rot gezeigt hat und diese deshalb vor der Ampel anhalten werde, lag für den Zeugen xxx nicht vor. Alleine der Umstand, dass der Zeuge xxx diesem ein Zeichen zum Weiterfahren gegeben haben soll, kann insofern nicht ausreichen. Denn aus diesem Verhalten ließ sich allenfalls ein Vertrauen auf das Warten des abbiegewilligen Zeugen xxx nicht aber des geradeausfahrenden Gegenverkehrs herleiten. Der Zeuge xxx hätte sich daher mangels sicherer Kenntnis der Lichtzeichenphase des Gegenverkehrs in verkehrsangemessener Weise "vortasten" müssen. Dass der Zeuge xxx diese gesteigerte Sorgfaltspflicht beachtet hat, ist nicht überzeugend dargetan, so dass auf der Grundlage des § 9 Abs. 3 StVO ein Mithaftungsanteil von 1/3 jedenfalls gerechtfertigt erscheint, selbst wenn die Beklagte zu 2) schon bei Einsatz der Rotphase in die Kreuzung eingefahren sein sollte. Da über einen höheren Haftungsanteil nicht zu entscheiden ist, kann dahinstehen, ob die besagte Ampel im fraglichen Augenblick rotes, gelbes oder grünes Licht zeigte.
10Das Gesagte gilt entsprechend auch für die Haftung der Beklagten zu 3) und gemäß § 18 Abs. 3 StVG auch für die Haftung der Beklagten zu 2). Im Rahmen des § 823 BGB führen diese Erwägungen über § 254 BGB dazu, dass sich die Klägerin einen Haftungsanteil von mindestens 1/3 entgegenhalten lassen muss.
11Da die Beklagten bereits mehr als 2/3 des Schadens der Klägerin beglichen haben, war die Klage auf vollständigen Schadensersatz abzuweisen.
12III.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
14Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543 Abs. 2 ZPO.
15Streitwert: 2.654,48 € (§ 14 Abs. 1 S. 1 GKG)
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