Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 4b O 79/03
Tenor
I. Das Versäumnisurteil vom 20. November 2003 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass diejenigen Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Detmold entstanden sind, von der Klägerin zu tragen sind.
II. Dem Beklagten werden die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 3.500,00 EUR vor-läufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 20. November 2003 darf nur fortgesetzt werden, wenn diese Sicherheit geleistet wird.
IV. Der Streitwert wird auf 100.000,00 EUR festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Bewilligung der Umschreibung von zwei Patenten in Anspruch.
3Im Einzelnen liegt dem Rechtsstreit folgender Sachverhalt zugrunde: Unter dem 12. Juni 1995 schloss die Klägerin mit dem Beklagten und dessen Sohn X einen schriftlichen "Patent- und Know how-Übertragungsvertrag”. Nachfolgend sind die Präambel sowie die Ziffern 2 bis 3.3, 6, 7 (erster Absatz) und 9 des Vertragstextes wiedergegeben.
4X
5Am 25. Juni 1998 übertrug die Klägerin die vereinbarten Geschäftsanteile auf den Beklagten und dessen Sohn. Zahlungen leistete die Klägerin – bis heute – nicht.
6Unter dem 23. März 1999 trafen die Parteien die nachstehend eingeblendete Nachtragsvereinbarung:
7X
8Zwischen den Parteien ist streitig, ob der handschriftliche Text von der Klägerin ohne Absprache nachträglich hinzugefügt worden ist.
9Mit Schreiben vom 2. Juni 1999 erklärten der Beklagte und sein Sohn – wie nachfolgend ersichtlich – die sofortige Kündigung des Patent- und Know how-Übertragungsvertrages.
10X
11Unter dem 24. Juli 2003 wiederholten sie die fristlose Kündigung über ihre Prozessbevollmächtigten.
12Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte aufgrund des Patent- und Know how-Übertragungsvertrages verpflichtet sei, in die Umschreibung der von ihm bereits übertragenen Schutzrechte – des deutschen Patents X und des deutschen Teils des europäischen Patents X – einzuwilligen. Die ausgesprochenen Kündigungen gingen ins Leere. Abgesehen davon, dass dem Beklagten im Vertrag kein Kündigungsrecht eingeräumt sei, liege ein Zahlungsverzug nicht vor. Seit dem 23. März 1999 sei die Zahlungsverpflichtung einverständlich aufgehoben worden. Für die Zeit davor habe der Beklagte die Nichtzahlung des vereinbarten Forschungsetats selbst zu verantworten, weil er jegliche Bemühungen der Klägerin zur Vermarktung der übertragenen Patente sabotiert habe.
13Im frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2003, an dem der Prozessbevollmächtigte des Beklagten teilgenommen hat (GA 63), ist Haupttermin auf den 20. November 2003 bestimmt worden. Zu diesem Termin ist für den Beklagten niemand erschienen. Die Kammer hat deshalb am 20. November 2003 durch Versäumnisurteil antragsgemäß wie folgt erkannt:
14- Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt der Umschreibung folgender Patente auf die Klägerin zuzustimmen:
- Patent-Nummer X "Vorrichtung zum intensiven Mischen von Flüssigkeiten oder eines Flüssigkeits-Feststoff-Gemisches zum Behandeln von Wasser, wässrigen Lösungen oder anderen Flüssigkeiten und Schmelzen”, beim Patentamt angemeldet am 11.11.1987;
- Patent-Nummer X (deutscher Anteil von EP 0 134 890) "Vorrichtung zum Herstellen hochwertiger Feststoff-Flüssigkeits-Gemische bis zum kolloiden System oder bis zur Koagulation zur Wasseraufbereitung oder zum Einbringen von Gasen in Flüssigkeiten”, beim Patentamt angemeldet am 03.05.1984.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
- Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das Versäumnisurteil ist dem Beklagten am 28. November 2003 zugestellt worden. Mit Telefax vom gleichen Tage hat er Einspruch eingelegt.
20Die Klägerin beantragt nunmehr,
21wie erkannt.
22Der Beklagte beantragt,
23das Versäumnisurteil vom 20. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
24Er macht geltend: Der Vertrag vom 12. Juni 1995 sei nicht auf eine Schutzrechtsübertragung gerichtet. Zu einer solchen sei er – der Beklagte – zum damaligen Zeitpunkt auch überhaupt nicht in der Lage gewesen, weil er die streitbefangenen Patente bzw. Patentanmeldungen bereits im Jahre 1987 auf die Gesellschaft für organphysikalische Forschung übertragen habe, deren Gesellschafter sein Sohn X, seine Tochter X und seine Ehefrau X seien. Die Nachtragsvereinbarung vom 23. März 1999 habe die vertraglichen Pflichten der Klägerin nicht rechtswirksam geändert. Forderungsberechtigt hinsichtlich des jährlichen Forschungsbetrages von 400.000,00 DM sei die Gesellschaft für organphysikalische Forschung. Da es sich insoweit um einen echten Vertrag zugunsten Dritter handele, habe das Forderungsrecht nur unter Beteiligung der Gesellschaft für organphysikalische Forschung beseitigt werden können. Diese habe an der Nachtragsvereinbarung vom 23. März 1999 jedoch nicht mitgewirkt. Abgesehen davon sei er – der Beklagte – auch von seinem Sohn X nicht bevollmächtigt gewesen. In jedem Fall aber hätten etwaige Vertragspflichten infolge der ausgesprochenen fristlosen Kündigungen des Patent- und Know how-Übertragungsvertrages ihre Grundlage verloren. Neben dem Zahlungsverzug hinsichtlich der Forschungsgelder habe die Klägerin ihre Obliegenheiten auch insoweit verletzt, als sie keinerlei Anstrengungen zur Vermarktung der ihr zur Verfügung gestellten Erfindungen unternommen habe. Der Vertrag vom 12. Juni 1995 könne schließlich auch deshalb keinen Bestand mehr haben, weil sich die Klägerin – wie unstreitig ist – zwischenzeitlich in Liquidation befinde.
25Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
26Mit seiner Klage hat der Kläger ursprünglich das Landgericht Detmold angerufen. Dieses hat sich mit Beschluss vom 17. Februar 2003 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit antragsgemäß an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
28Das Versäumnisurteil vom 20. November 2003 ist aufrechtzuerhalten, weil die Klägerin von dem Beklagten zu Recht verlangt, dass er in die Umschreibung der streitbefangenen Schutzrechte – des deutschen Patents X und des deutschen Teils des europäischen Patents X – einwilligt.
29I.
301. Mit Vereinbarung vom 12. Juni 1995 hat der Beklagte die streitigen Schutzrechte auf die Klägerin übertragen. Daran lassen bereits die Bezeichnung des Vertragswerkes als "Patent- und Know how-Übertragungsvertrag” und die für Ziffer 3 gewählte Überschrift "Übertragung” keinen Zweifel. Im Übrigen sehen die Ziffern 3.1 und 3.2 ausdrücklich vor, dass der Beklagte "hiermit” (d.h. durch den Vertrag vom 12.06.1995) sämtliche Rechte aus den europäischen Patenten X und alle entstandenen und entstehenden Rechte aus dem deutschen Patent X auf die Klägerin überträgt. Soweit in Bezug auf das deutsche Patent von noch "entstehenden” Rechten die Rede ist, trägt dies ersichtlich dem Umstand Rechnung, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses insoweit lediglich eine offengelegte Patentanmeldung vorlag. Dass von den Parteien eine Vollrechtsübertragung der Schutzrechte auf die Klägerin gewollt war, erschließt sich ferner aus Ziffer 7, wonach für den Fall des Erlöschens des Vertrages eine Rückübertragung der Patente (welche die Parteien mithin für erforderlich gehalten haben) vorgesehen ist. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der Klägerin die Schutzrechte – wie der Beklagte jetzt geltend macht – mit dem Vertrag vom 12. Juni 1995 überhaupt nicht übertragen worden wären.
31Für die Entscheidung des Rechtsstreits kann dahinstehen, ob der Beklagte seinerzeit Inhaber der Vertragsschutzrechte war. Selbst wenn dem nicht so gewesen sein und der Beklagte der Klägerin seine materielle Berechtigung lediglich vorgetäuscht haben sollte, ist er zur Bewilligung der Umschreibung verpflichtet. Zwar wäre die Übertragungserklärung des Beklagten vom 12. Juni 1995 unter derartigen Umständen ins Leere gegangen; da das Vertragswerk darauf gerichtet ist, der Klägerin die streitigen Schutzrechte zuzuwenden, wäre der Vereinbarung allerdings – zumindest auch - die schuldrechtliche Pflicht des Beklagten zu entnehmen, die Übertragung der vertragsgegenständlichen Schutzrechte vorzunehmen. Sofern der Beklagte am 12. Juni 1995 deshalb nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen sein sollte, stünde der Klägerin nicht nur – wie beantragt – ein Anspruch auf Umschreibungsbewilligung, sondern außerdem ein – bisher noch nicht erfüllter – Anspruch auf materielle Übertragung der Schutzrechte zu. Dafür, dass dem Beklagten eine solche Übertragung unmöglich war (§ 306 BGB a. F.) oder unmöglich ist (§§ 275, 276 BGB a. F.), bestehen keine Anhaltspunkte. Für das Gegenteil spricht vielmehr, dass es sich bei den angeblichen Inhabern der vertragsgegenständlichen Schutzrechte um die nächsten Familienangehörigen des Beklagten (nämlich seine Ehefrau, seine Tochter und seinen Sohn) handelt, von welchen sich der Beklagte die Schutzrechte im Zweifel zurückübertragen lassen kann.
322. Dem Beklagten steht kein Anspruch auf Rückübertragung der Schutzrechte zu, welchen er dem Umschreibungsverlangen der Klägerin einredeweise (§ 242 BGB) entgegenhalten könnte.
33a) Ziffer 7 des Patent- und Know how-Übertragungsvertrages vom 12. Juni 1995 sieht zwar vor, dass die streitbefangenen Schutzrechte "bei Erlöschen dieses Vertrages” an den Beklagten und dessen Sohn zurück zu übertragen sind. Nähere Ausführungen dazu, unter welchen Voraussetzungen der Vertrag vom 12. Juni 1995 "erlöschen” soll, enthält der Vertragstext hingegen nicht. Das Regelwerk ist insbesondere nicht auf eine bestimmte Dauer geschlossen mit der Folge, dass der Vertrag nach Ablauf der festgelegten Zeit von selbst sein Ende finden würde. Die in Ziffer 7 des Vertrages vorgesehene Möglichkeit eines zukünftigen Erlöschens ist vor diesem Hintergrund dahin zu verstehen, dass die Parteien eine Beendigung des Vertragsverhältnisses wegen nachträglich eintretender Umstände für möglich erachtet haben, was im Übrigen auch deshalb Sinn macht, weil sich der Vertrag vom 12. Juni 1995 nicht in der (einmaligen) Schutzrechtsübertragung erschöpft, sondern mit Rücksicht auf den vereinbarten Know how-Transfer auf eine länger andauernde Zusammenarbeit gerichtet ist. Ziffer 7 kodifiziert insofern den in der Rechtsprechung (vgl. BGH, NJW 1999, 1177) allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, dass Dauerschuldverhältnisse gekündigt werden können, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
34b) Ein solcher Grund wäre gegeben, wenn Tatsachen vorlägen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machen würden (BGHZ 41, 108; BGH NJW 1993, 1972; 1999, 1177). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Beklagte, der sich auf die Kündigung des Übertragungsvertrages vom 12. Juni 1995 als ihm günstige Tatsache beruft. Sein Vorbringen ergibt indessen nicht, dass ihm eine Fortsetzung des Vertrages mit der Klägerin unzumutbar war oder ist:
35aa) Was zunächst die Behauptung des Beklagten betrifft, die Klägerin habe keinerlei Anstrengungen zur wirtschaftlichen Verwertung der ihr überlassenen Patente vorgenommen, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Mai 2003 unter Vorlage diverser Unterlagen (Anlagen K 10 bis K 14, K 16) im Einzelnen dargetan, dass sie mit der X, der X GmbH, der X GmbH und der X GmbH umfangreiche Verhandlungen über die Vermarktung der Erfindungen geführt hat, welche sämtlich auf Intervention des Beklagten gescheitert sind. Angesichts dieses ins Detail gehenden Sachvortrages hätte es dem Beklagten oblegen, seinerseits substantiiert zu den Behauptungen der Klägerin über ihre Verwertungsaktivitäten Stellung zu nehmen. Statt dessen hat der Beklagte sich darauf beschränkt, das Vorbringen der Klägerin mit der Bemerkung zu bestreiten:
36- "Die dargestellten intensiven Bemühungen der Frau X zur Auffindung eines Unternehmens zur Herstellung der Hochlevitationsmaschinen können durch den Beklagten nicht nachvollzogen werden.”
- "Die erheblichen Bemühungen, die Frau X nunmehr vortragen lässt, lassen zunächst nicht erkennen, dass der Beklagte über diese Bemühungen informiert war. Insofern wird die Richtigkeit der Behauptungen zu den Anbahnungen von Geschäftsbeziehungen durch Frau X bestritten, da dem Beklagten diese Bemühungen bislang in der nunmehr vorgetragenen Form nicht bekannt waren.”
Diese Einlassung ist prozessual unbeachtlich. Es handelt sich erkennbar um ein bloß pauschales Bestreiten ohne jede Nachfrage bei denjenigen Unternehmen, mit denen die Klägerin Verhandlungen geführt zu haben behauptet.
39Soweit der Beklagte einwendet, er sei über die Aktivitäten der Klägerin nicht unterrichtet gewesen, ist dies ebenfalls ohne Belang. Vertragliche Pflicht der Klägerin mag es gewesen sein, sich um die wirtschaftliche Verwertung der übertragenen Patente zu bemühen; der Vertrag vom 12. Juni 1995 bietet demgegenüber keine Grundlage für die Annahme, die Klägerin sei darüber hinaus auch verpflichtet gewesen, den Beklagten entsprechend zu unterrichten.
40bb) Soweit sich der Beklagte für seine Kündigung auf die – unstreitige – Nichtzahlung des jährlichen Forschungsetats von 400.000,00 DM beruft, bleibt auch dies ohne Erfolg. Keiner abschließenden Entscheidung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Zahlungspflicht der Klägerin am 23. März 1999 rechtswirksam in eine Lizenzbeteiligung geändert worden ist. Selbst wenn dem nicht so sein sollte, ist rechtlich von entscheidender Bedeutung, dass der Beklagte und sein Sohn die Nichtzahlung der Forschungsgelder über viele Jahre hinweg, nämlich von 1995 bis Mai 1999, hingenommen haben, ohne die Zahlung auch nur ein einziges Mal angemahnt zu haben. Schon die klaglose Hinnahme des Zahlungsverzuges mit den jährlich zu entrichtenden Forschungsbeträgen über die Dauer von 4 Jahren zeigt, dass der betreffende Sachverhalt von dem Beklagten und seinem Sohn offenbar nicht als so gravierend empfunden worden ist, dass eine weitere Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Klägerin für sie nicht in Betracht gekommen ist. Ansonsten wäre nämlich zu erwarten gewesen, dass die Forschungsgelder zumindest reklamiert worden wären, was getan zu haben der Beklagte selbst nicht einmal behauptet. Einen weiteren Beleg dafür, dass der Zahlungsverzug nicht als derart schwerwiegende Pflichtverletzung eingeschätzt wurde, dass auf ihn nur mit einer sofortigen Vertragsbeendigung hätte reagiert werden können, liefert die Tatsache, dass jedenfalls der Beklagte für seine Person am 23. März 1999 den vertraglichen Zahlungsanspruch zugunsten einer Lizenzbeteiligung an den Verwertungserlösen der Klägerin aufgegeben hat. Nachdem sich die Parteien darin einig sind, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt irgendwelche Lizenzeinnahmen noch nicht erzielt hatte, war auch aus der Sicht des Beklagten zumindest äußerst fraglich, ob die Nachtragsvereinbarung – weil Lizenzeinnahmen, an denen er partizipiert hätte, kaum zu erwarten waren - nicht der Sache nach auf einen kompensationslosen Verzicht auf die vertraglich vereinbarten Forschungsbeträge hinaus läuft. Wenn sich der Beklagte dennoch auf eine dahingehende Änderungsvereinbarung eingelassen hat, zeigt dies, dass er dem Zahlungsanspruch offensichtlich kein derartiges Gewicht beigemessen hat, dass der Zahlungsverzug der Klägerin eine weitere Durchführung des Vertrages für ihn unzumutbar gemacht hat. In demselben Sinne ist der Umstand zu werten, dass der Beklagte den vertraglichen Zahlungsanspruch in der Nachtragsvereinbarung ohne jeglichen Rechtsvorbehalt für die Vergangenheit preisgegeben hat.
41Für diese Bewertung kommt es nicht darauf an, ob der "Verzicht" des Beklagten in Bezug auf seine Person rechtwirksam erfolgt ist oder nicht. Soweit der Beklagte dieses in Abrede stellt, ist sein Bestreiten allerdings ebenfalls unberechtigt. Gemäß § 328 BGB ist nicht jeder Vertrag zugunsten Dritter per se ein solcher, der dem Berechtigten ein eigenes Forderungsrecht zuwendet, welches ihm nur mit seiner Zustimmung wieder genommen werden kann. Vielmehr ist derartiges allein dann der Fall, wenn die Parteien eine ausdrückliche Bestimmung dieses Inhalts getroffen haben, woran es vorliegend fehlt (§ 328 Abs. 1 BGB). In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zweck des Vertrages, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht (als eigenes) erwerben und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern (§ 328 Abs. 2 BGB). Im Streitfall hat der Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme eines echten berechtigenden Vertrages zugunsten Dritter tragen könnten. Im Gegenteil: Die Tatsache, dass der Beklagte sich am 23. März 1999 für berechtigt gehalten hat, den Vertrag zu Lasten der begünstigten Gesellschaft für organphysikalische Forschung zu ändern, belegt, dass letzterer ein eigenes Forderungsrecht nicht eingeräumt worden ist, zumindest aber den Vertragsparteien das Recht zustehen sollte, das der Gesellschaft für organphysikalische Forschung zugewendete Recht nachträglich wieder nach eigenem Ermessen zu beseitigen.
42Dass die Klägerin (bei einer unterstellten Unwirksamkeit der Nachtragsvereinbarung) nach 1999 mit weiteren Beträgen in Rückstand geraten ist, führt zu keiner dem Beklagten günstigen Beurteilung. Der Sachvortrag der Parteien, insbesondere das Vorbringen des Beklagten, bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass sich auf der Seite der Klägerin, auf Seiten des Beklagten und seines Sohnes oder bei der Gesellschaft für organphysikalische Forschung seit 1999 die Verhältnisse maßgeblich geändert hätten, beispielsweise dahingehend, dass die Klägerin – anders als früher – über finanzielle Mittel verfügt hat oder die begünstigte Gesellschaft – anders als früher – auf die vertraglich vereinbarten Forschungsgelder der Klägerin angewiesen war. Auch mit Blick auf den späteren Zahlungsverzug der Klägerin ist deswegen davon auszugehen, dass es sich nicht um einen Sachverhalt handelt, der aus der Sicht des Beklagten und seines Sohnes – welche die Nichtzahlung der Forschungsgelder bereits in der Vergangenheit über Jahre hinweg klaglos hingenommen haben – eine Fortsetzung des Vertrages vom 12. Juni 1995 unzumutbar macht. Inwiefern der Beklagte etwaige fortbestehende Zahlungsansprüche gegen die Klägerin deren Umschreibungsverlangen einredeweise (§ 273 BGB) entgegenhalten kann, ist vorliegend nicht zu entscheiden, weil der Beklagte derartiges selbst nicht geltend macht.
43cc) Ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Übertragungsvertrages vom 12. Juni 1995 folgt schließlich auch nicht daraus, dass sich die Klägerin in Liquidation befindet. Der Übertragungsvertrag ist hierdurch nicht "erloschen”. Die Liquidation der Klägerin führt auch zu keinem Wegfall der Geschäftsgrundlage. Dies gilt ohne weiteres für den Fall, dass der Beklagte – wie die Klägerin behauptet - ihre Vermarktungsaktivitäten sabotiert und dadurch ihre (der Klägerin) finanzielle Lage herbeigeführt hat. Selbst wenn dem nicht so gewesen sein sollte, schuldete die Klägerin in jedem Fall keinen Verwertungserfolg, sondern allenfalls die Entfaltung solcher Vermarktungsbemühungen, wie sie redlicherweise von ihr erwartet werden konnten. Es liegt auf der Hand, dass es beispielsweise nicht das einseitige Risiko der Klägerin sein kann, wenn sich nachträglich – entgegen einer übereinstimmend anders lautenden Erwartung der Parteien – herausstellt, dass die patentgeschützten Erfindungen etwa im industriellen Maßstab nicht gewinnbringend ausführbar sind oder am Markt tatsächlich keine Nachfrage nach ihnen besteht. Wie oben dargelegt, hat die Klägerin vorliegend im Einzelnen spezifiziert, welche Vermarktungsbemühungen sie nach dem Abschluss des Übertragungsvertrages vom 12. Juni 1995 entfaltet hat. Der Beklagte hat dieses Vorbringen nicht in prozessual beachtlicher Weise bestritten. Es ist auch nicht zu erkennen, dass und in welchem Umfang die Aktivitäten der Klägerin, gemessen an dem, was von ihr zu erwarten war, unzureichend gewesen sein sollen. Soweit der Beklagte darauf Bezug nimmt, dass infolge Liquidation der Klägerin keine Aussicht bestehe, die vertraglich vereinbarten Forschungsgelder zu erhalten, hat die Klägerin unwiderlegt vorgetragen, dass sie nach erfolgter Umschreibung der Patente ohne weiteres in der Lage sein wird, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen. Abgesehen davon war die finanzielle Lage der Klägerin auch in der Vergangenheit, während der der Beklagte die Nichtzahlung der Forschungsgelder beanstandungslos hingenommen hat, keine andere. Der Beklagte hat auch nicht substantiiert aufgezeigt, dass und aufgrund welcher konkreten Umstände für ihn die Annahme berechtigt war, dass sich die finanzielle Situation der Klägerin in Zukunft nachhaltig verbessern werde.
44In Anbetracht all dessen bleibt festzustellen, dass der Beklagte die mangelnde Zahlungsfähigkeit der Klägerin nicht zum Anlass für eine Vertragsbeendigung nehmen kann, nachdem er unter praktisch denselben finanziellen Bedingungen über Jahre hinweg den Zahlungsverzug der Klägerin klaglos hingenommen und damit selbst zum Ausdruck gebracht hat, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses für ihn aus diesem Grunde nicht unzumutbar ist.
45II.
46Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 ZPO.
47Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709, 894 ZPO.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.