Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 12 O 134/05
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,
die nachfolgenden Fotografien von Schmuckstücken im Internet zu veröffentlichen:
1
2.
2dem Kläger Auskunft zu erteilen über Umfang und Dauer der vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Veröffentlichung.
3II.
4Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichnete Veröffentlichung entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
5III.
6Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
7IV.
8Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,-- Euro vorläufig vollstreckbar.
9T a t b e s t a n d :
10Der Kläger arbeitet als freischaffender Fotograf mit Spezialisierung auf Werbe-, Industrie- und Architekturfotografie.
11Am 23. August 1999 übersandte er der Beklagten ein Angebot über die Erstellung von Fotografien ihrer Schmuck-Musterkollektion. In dem Angebot hieß es u.a. wie folgt:
12"... und erlauben uns, Ihnen folgendes Angebot zu unterbreiten:
13Fotografische Aufnahmen diverser Mustertafeln im Format DIN A4 für eine spätere 1:1 Ablichtung in Ihrem Katalog."
14Anfang September 1999 nahm die Beklagte das vorbenannte Angebot des Klägers an. Dieser erfüllte den Auftrag am 8. September 1999 und erstellte 13 Fotografien als Druckvorlagen für den späteren Katalogdruck. Unter dem 9. September 1999 übersandte der Kläger der Beklagten seine Rechnung "gemäß unserem Angebot", wobei er einen Endbetrag von 4.401,04 DM errechnete. Die Beklagte bezahlte die Rechnung; der Katalog wurde in der Folgezeit gedruckt.
15Im Oktober 2004 erfuhr der Kläger, dass die Beklagte unter der Internetadresse http://www.xxx-xxx-jewelry.de eine Website betreibt; auf dieser sind die im Urteilsausspruch zu I. wiedergegebenen Schmuckseiten veröffentlicht. Es handelt sich um die Fotografien, die der Kläger seinerzeit erstellt hatte. Die einzelnen Schmucknummern sind – wie die Beklagte behauptet – von ihr nachträglich eingearbeitet worden.
16Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Veröffentlichung der Fotografien im Internet und trägt vor, die Beklagte habe die Fotografien entgegen der vertraglichen Nutzungsbeschränkung digitalisiert und sodann in einem anderen Maßstab im Internet für Jedermann zugänglich veröffentlicht, ohne hierfür die Zustimmung des Klägers eingeholt zu haben. Zwischen den Parteien sei vereinbart gewesen, dass die Beklagte die Druckvorlagen nur für eine DIN A4-Abbildung in dem zu druckenden Katalog der Beklagten verwenden dürfe. Diese Nutzungsbeschränkung sei Gegenstand des klägerischen Angebots gewesen, welches die Beklagte durch seine Beauftragung angenommen habe. Von einer Veröffentlichung der Fotografien im Internet sei hingegen niemals die Rede gewesen. Der Beklagten sei an den streitgegenständlichen Fotografien ein klar definiertes beschränktes einfaches Nutzungsrecht zum Katalogabdruck in Papierform im Hochformat DIN A 4 eingeräumt gewesen; sie habe damit nur das Recht zur körperlichen Wiedergabe in ihrem Katalog erworben. Dieses Recht habe sie überschritten.
17Der Kläger beantragt,
18zu erkennen wie geschehen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte ist der Ansicht, nicht zur Unterlassung und zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet zu sein. Der Kläger habe seinerzeit die Fotografien unter Anleitung des Herrn Joachim XX erstellt. Das Aufheften der Schmuckstücke sei in den Räumlichkeiten der Beklagten erfolgt; erst als die Arbeiten vollständig abgeschlossen gewesen seien, seien die zu fotografierenden Arbeiten in das Atelier des Klägers verbracht worden. Nach der Ausführung der Fotografien habe HerrXXt die Mustertafeln umgehend wieder abgeholt; die Fotografien seien sodann gescannt und digitialisiert worden. Schließlich seien die gescannten Bilder digital nachgearbeitet worden, und zwar seien Klebereste wegretuschiert worden, Artikelnummern auf 12 Seiten gesetzt worden und ähnliches. Die Kataloge seien sodann gedruckt worden. Der Kläger habe dem Scannen und der damit verbundenen Ditigitalisierung zugestimmt. Der Kläger habe selbst das digitalisierte Werk der Beklagten in den Händen gehalten, indem er die Filme an eine Druckerei weitergegeben habe. Die Beklagte habe von Anfang an geplant, die Digitialisierung vorzunehmen, um entsprechend auch einen Internetauftritt zu erreichen. Im Unterschied zur Auffassung des Klägers sei dies jedoch nicht unerlaubt, sei von vornherein abgesprochen gewesen und anhand sämtlicher Tätigkeiten, die die Beklagte vorgenommen habe, für den Kläger auch erkennbar gewesen.
22Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
23E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
24Die Klage ist sachlich gerechtfertigt. Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Unterlassung verlangen; die Beklagte ist des weiteren zur Leistung von Schadenersatz und zur Auskunfterteilung verpflichtet.
25I.
26Die Klägerin ist berechtigt, von der Beklagten zu verlangen, dass diese die Veröffentlichung seiner Fotografien von Schmuckstücken im Internet unterlässt (§§ 97 Abs. 1; 72; 16 Urheberrechtsgesetz). Die Beklagte hat die Fotografien des Klägers im Internet veröffentlicht, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein, und damit die Urheberrechte des Klägers verletzt.
27Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei den im Unterlassungsantrag des Klägers wiedergegebenen Fotografien um solche handelt, die vom Kläger erstellt worden sind. Die Beklagte trägt selbst vor, die zu fotografierenden Arbeiten seien in das Atelier des Klägers verbracht worden, und der Kläger habe diese erstellt. Ohne Bedeutung ist, dass die Beklagte nach der Fertigung der Fotografien diese insoweit bearbeitet hat, als sie noch Klebereste auf den Fotos beseitigt hat und die Artikelnummern eingearbeitet hat. Es bleibt dabei, dass der Kläger das Lichtbild hergestellt hat. Diese Fotografien genießen gemäß § 72 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz als Lichtbilder urheberrechtlichen Schutz. Die Anforderungen für einen urheberrechtlichen Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz sind gering. Auch einfache Fotografien, bei denen viele Parameter bereits vorgegeben sind, wie beispielsweise Fotografien in einer Bedienungsanweisung für ein technisches Gerät, sind geschützt (BGH, GRUR 1993, 34, 35 – Bedienungsanweisung; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Auflage, § 72 Rdz. 3). Dabei stehen die Lichtbildrechte gemäß § 72 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz der natürlichen Person zu, die die Fotos hergestellt hat. Dies ist in aller Regel die Person, die die Kamera bedient hat, also der Kläger.
28Die Beklagte hat ein einfaches Nutzungsrecht an den streitgegenständlichen Fotografien erworben.
29Der Kläger hat der Beklagten mit seinem Schreiben vom 23. August 1999 ein Angebot gemacht, welches von der Beklagten unstreitig auch angenommen worden ist. Der Kläger hat in seinem Angebot ausdrücklich herausgestellt, dass er folgendes Angebot unterbreite:
30"...Fotografische Aufnahmen diverser Mustertafeln im Format DIN A4 für eine spätere 1:1-Abbildung in Ihrem Katalog."
31Damit hat der Kläger deutlich gemacht – und dieses Angebot ist von der Beklagten auch angenommen worden –, dass Gegenstand seines Angebots Mustertafeln (fotografische Aufnahmen dieser Tafeln) "für eine spätere 1:1-Abbildung in Ihrem Katalog" sind. Die Bekagte hat diesen Katalog in der Tat sodann auch erstellen lassen.
32Der Umfang des eingeräumten Nutzungsrechts bestimmt sich im Zweifel nach dem mit seiner Einräumung verfolgten Zweck (§ 31 Abs. 5 Urheberrechtsgesetz). Im Zweifel ist anzunehmen, dass ein Urheber ein Nutzungsrecht nur in demjenigen Umfang einräumen will, den der Vertragszweck unbedingt erfordert (vgl. Fromm/Nordemann, a.a.O., §§ 31/32 Urheberrechtsgesetz, Rdz. 19 ff.). Bei der Bestellung von Fotografien versteht es sich nicht von selbst, dass eine zeitliche und qualitativ sowie eine inhaltlich unbegrenzte Nutzung beabsichtigt ist. Vielmehr bedarf es der Feststellung einer ausdrücklichen oder zumindest stillschweigenden Rechtseinräumung, die sich allerdings auch aus dem Vertragszweck, wie er sich nach den konkreten Umständen darstellt, ergeben kann (vgl. BGH, GRUR 1984, 528 f. – Bestellvertrag).
33Vorliegend ist aufgrund des eindeutigen Angebots des Klägers – und der seitens der Beklagten erfolgten Annahme – davon auszugehen, dass der Kläger der Beklagten ein einfaches Nutzungsrecht an den Fotografien für eine Verwendung in "1:1-Abbildung" im "Katalog" der Beklagten eingeräumt hat. Der Vertragszweck, wie er sich aus dem von der Beklagten angenommenen Angebot des Klägers ergibt, erforderte auch lediglich die Übertragung eines einfachen Nutzungsrechts für den Printkatalog der Beklagten.
34Eine solche Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts für einen Katalog umfasst indes eindeutig nicht zugleich auch die Erlaubnis zur Nutzung der Fotografie im Internet. Eine solche Nutzung ist keine unselbständige, mitumfasste Nutzungsform der Printmediennutzung, die der Beklagten eingeräumt war, sondern eine eigenständige Nutzungsart (vgl. KG, AfP 2001, 406, 409; Fromm/Nordemann, a.a.O., §§ 31/32, Rdz. 11).
35In jedem Falle trägt der vom Urheber in Anspruch genommene Verletzer die Darlegungslast für eine von der behaupteten Rechtseinräumung abweichende, umfassendere Gestattung. Eine solche umfassendere Gestattung, die die Nutzung der Fotografien auch im Internet erlaubt, ist von der Beklagten nicht in erheblicher Weise vorgetragen worden.
36Die Beklagte legt dar, die Parteien hätten "gleichzeitig" bzw. "im Vorfeld" vereinbart, dass weder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten noch die des Klägers "einbezogen würden in diverse Aufträge zwischen den Parteien". Dieses Vorbringen ist wegen seiner Unbestimmtheit nicht substantiiert, aber auch unerheblich, da vorliegend der Inhalt des von der Beklagten angenommenen Angebots des Klägers, also der vertragliche Inhalt, den konkreten Umfang der Nutzungsrechtseinräumung festgelegt hat. Die Beklagte legt des weiteren dar, dass sie von Anfang an geplant hätte, die Digitialisierung vorzunehmen, um entsprechend auch einen Internetauftritt zu erreichen; dies sei von vornherein abgesprochen worden und anhand sämtlicher Tätigkeiten, die die Beklagte vorgenommen habe, für den Kläger auch erkennbar gewesen. Auch dieses Vorbringen ist nicht erheblich. Die Beklagte hat selbst dargelegt, dass sie die Fotografien gescannt und digitalisiert habe, um einen Katalog zu erstellen, der nicht etwa Klebereste auf den Fotos enthalte, aber Artikelnummern aufweise. Das Scannen und Digitalisieren hatte demnach nach dem gesamten Vorbringen der Beklagten den Zweck, bestimmte kleinere Veränderungen an den Fotografien vornehmen zu können. Nach der Vornahme dieser Veränderungen sind die Fotografien auch nach dem Vorbringen der Beklagten zum Druck gegeben worden, um sodann den Katalog zu erstellen. Ob "anhand sämtlicher Tätigkeiten" der Beklagten für den Kläger erkennbar war, dass diese plante, "einen Internetauftritt zu erreichen", ist ohne Bedeutung. Die bloße Bekanntheit einer Planung ist für sich genommen nicht geeignet, eine Rechteeinräumung zu begründen, zumal das Angebot des Klägers eindeutig gestaltet war. Es ist von der Beklagten auch nicht dargetan, dass der Kläger wissen musste, dass notwendigerweise auch seine Fotos im Internet verwendet werden müssten und dass auch in einem solchen Fall keine gesonderte Vergütungsvereinbarung getroffen werden sollte. Das Vorbringen der Beklagten, sie habe von Anfang an geplant, die Digitalisierung vorzunehmen, um auch einen Internetauftritt zu erreichen, und dies sei von vornherein abgesprochen worden, ist mangels Vortrags jedweder hinreichend konkreter Einzeltatsachen nicht substantiiert und damit nicht erheblich. Es ist nicht im Einzelnen dargelegt, was überhaupt "von vornherein" abgesprochen worden ist, welchen konkreten Inhalt eine solche "Absprache" hatte und wann sie getroffen worden ist. Ist sie vor Vertragsschluss getroffen worden (mit welchem Inhalt?), ist der Vertrag indes mit anderem Inhalt abgeschlossen worden: Der Kläger hat mit seinem Angebotsschreiben vom 23. August 1999 – welches von der Beklagten angenommen wurde – den Umfang des von ihm zu erteilenden Nutzungsrechtes an den zu erstellenden Fotografien eindeutig festgelegt.
37II.
38Der Antrag auf Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten ist begründet.
39Der Kläger hat ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Feststellung der Schadenersatzpflicht der Beklagten (§ 256 ZPO), da er vor der Erfüllung des gleichzeitig geltend gemachten Auskunftsanspruchs eine bezifferte Zahlungsklage nicht einzureichen vermag. Der Sache nach stützt sich der Schadenersatzanspruch des Klägers auf §§ 97 Abs. 1, 31, 16 Urheberrechtsgesetz. Die Beklagte hat die von dem Kläger erstellten Fotografien unberechtigt benutzt. Sie hat auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig gehandelt. Die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte verlangt, dass sich die Beklagte über eine entsprechende Zustimmung des Klägers zur Nutzung der Fotografien im Internet Gewissheit verschafft. Dies hat sie zumindest fahrlässig unterlassen.
40III.
41Der von dem Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch ist gleichfalls gerechtfertigt (§ 242 BGB). Der Auskunftsanspruch besteht im Grundsatz dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Berechtigte über den Umfang seiner Rechte schuldlos im Ungewissen ist, der Verpflichtete aber leicht Auskunft geben kann. Für die Berechnung der Höhe des Schadenersatzanspruches kommt es auf die Einzelumstände an, deren Mitteilung der Kläger mit seinem Auskunftsanspruch begehrt.
42Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 und 709 Satz 1 ZPO.
43Streitwert: 50.000,-- Euro.
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