Teil-Versäumnis- und Schlussurteil vom Landgericht Düsseldorf - 14d O 218/05
Tenor
Die Beklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 76.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2003 sowie weitere 719,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2006 (die Beklagten zu 1) und 2)) bzw. seit dem 24.02.2006 (der Beklagte zu 3)) zu zahlen.
Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 18% und den Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldnern zu 82% auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu 82%.
Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegenüber dem Beklagten zu 3) jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1) – 3) auf Zahlung von Schadensersatz aus dem Erwerb wertloser Zeichnungsscheine für Aktien der AA in Anspruch. Gegen den Beklagten zu 4) hat der Kläger die Klage mittlerweile zurückgenommen.
3Die AA wurde im Jahr 2000 von dem Beklagten zu 2) mit einem Gründungskapital von 50.000 € gegründet. Geschäftsgegenstand der AA war laut Prospekt der Handel mit nationalen und internationalen Immobilien, mit grundstücksgleichen Rechten und mit Unternehmensbeteiligungen. Die Beklagten zu 1) und 2) waren Mitglieder des Aufsichtsrates der AA, der Beklagte zu 3) war seit dem 01.02.2001 Mitglied des Vorstandes der AA
4Neben der AA gab es weitere mit ihr verbundene Unternehmen, unter anderem die BB Gesellschaft für Vermögensaufbau mbH (folgend: BB), das DD und die CC
5Im Zeitraum von Juli 2000 bis September 2002 warb die AA private Anleger für die Teilnahme an vorbörslichen Aktienemissionen im Rahmen von drei Grundkapitalerhöhungen. Dazu bot sie unter anderem im Fernsehen, im Internet und in Verkaufsprospekten die sogenannte "R-Aktie" an. Die Aktie wurde im Rahmen dieser Angebote als besonders risikolos dargestellt, da sie umfassend "grundwertgesichert" sei. Ferner wurde die Geschäftsentwicklung als "äußerst erfolgsversprechend" angegeben.
6Um Anleger zu akquirieren, wurden von den Beklagten zu 1) und 2) sowie einem Herrn D Call-Center errichtet, die von der DD, der BB und zum Teil auch von der AA selbst betrieben wurden. Mittels dieser Call-Center erfolgte auch der Aktienverkauf.
7Gemäß Vertriebsvertrag vom 10.10.2001 erhielt die BB von der AA einen Aufwandszuschuss für die Vertriebscenter von 375.000,00 DM monatlich. Außerdem zahlte AA monatlich 25 % bis 35 % (abhängig vom Ausgabekurs der Aktie) vom getätigten Verkaufsumsatz an die BB
8Zwischen der AA und der Targon bestanden im wesentlichen drei Verträge: Zunächst gab es einen Vertrag über Konzepterstellungs- und Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der organisatorischen und vertriebsmäßigen Markteinführung der R-Aktie unter Einschluss von Prospektunterlagen vom 28.02.2001. § 7 dieses Vertrages sah vor, dass sich die Konzeptgebühr nach einem noch zu vereinbarenden Beratungs- und Dienstleistungsvertrag richten sollte.
9Ein solcher Vertrag wurde unter dem 15.03.2001 geschlossen und sah in § 3 vor, dass die E ein monatliches Honorar in Höhe von 20% - 40% (auch hier abhängig vom Ausgabekurs) der monatlichen Zeichnungssumme erhalten sollte.
10Schließlich wurde in einem Vertriebsvertrag vom 01.06.2001 unter § 4 eine Änderung der Provision vereinbart. Diese sollte nunmehr 40% - 65% betragen.
11Alle diese Verträge wurden auf Seiten der AA durch den Beklagten zu 3) als Vorstand unterzeichnet.
12Die AA erwarb während ihres Geschäftsbetriebes insgesamt sechs Immobilien.
13Der Kläger, der bis dahin keine Erfahrungen mit Aktien hatte, beantragte im Oktober 2001, November 2001, Dezember 2001 und März 2002 auf Vermittlung des Aktionärsberatungszentrums der AA mit vier von ihm unterzeichneten Zeichnungsscheinen die Zuteilung von insgesamt 25.500 R-Aktien zu einem Stückwert von 3,00 € und zahlte insgesamt 76.500,00 € an die AA Dem Erwerb war ein Anruf von einem Herrn E von der AA am Arbeitsplatz des Klägers im August 2001 vorausgegangen. Aktien der AA erhielt der Kläger nie.
14Über das Vermögen der AA wurde am 23.03.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete zudem gegen die Verantwortlichen der AA ein Ermittlungsverfahren (AZ: 130 Js 136/02) wegen Verdachts des Betrugs ein und erhob Anklage gegen die Beklagten zu 1) und 3) zum Landgericht Düsseldorf, wo das Verfahren zur Zeit anhängig ist (Az: 14 KLs 20/06). Ein erster Hauptverhandlungstermin wird vermutlich im September 2007 stattfinden.
15Der Kläger behauptet, der beschriebene Unternehmenszweck der AA sei von den Beklagten zu keinem Zeitpunkt ernsthaft verfolgt worden. Die Gründung habe lediglich dazu gedient, Anlegergelder einzusammeln und über das vorgenannte Firmengeflecht den Beklagten zuzuführen. Die Beklagten hätten von der internen Geldverteilung allesamt profitiert. Auch der Beklagte zu 3) habe Barzahlungen erhalten. So habe er von der E insgesamt 172.478,88 € in bar erhalten und von den Konten der AA etwa 1.000.000,00 € abgehoben. Neben den bereits genannten Verträgen habe es noch verschiedene Verträge und Mehrerlösvereinbarungen gegeben. Von den Angelegten Geldern in Höhe von etwa 15 Millionen Euro sei nur ein Bruchteil, nämlich 1.057.635,00 € zzgl. Erwerbsnebenkosten in Immobilien angelegt worden, die jedoch auch nicht gewinnbringend gewesen seien.
16Der Kläger behauptet weiter, er sei mehrmals von verschiedenen Telefonberatern angerufen worden. Diese hätten ihm hohe Renditen zugesagt und erklärt, es handele sich um äußerst sichere, weil realwertgesicherte Aktien. Zusätzlich sei ihm suggeriert worden, dass namhafte und wirtschaftlich potente Personen (wie zum Beispiel ein Herr F) hinter dem Unternehmen AA stünden. Schließlich sei ihnen auch gesagt worden, dass die Anlegergelder nicht für das operative Geschäft verwendet, sondern bis zum Börsengang auf einem Treuhandkonto verwahrt werden sollten.
17Die Beklagten zu 1) und 2), die zuvor Klageabweisung beantragt und die Einrede der Verjährung erhoben hatten, waren in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2007 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumig.
18Der Kläger beantragt,
19- die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger 76.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2003 zu zahlen,
- die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 719,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit wegen außergerichtlich bereits entstandener Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
- gegen die Beklagten zu 1) und 2) ein Versäumnisurteil zu erlassen.
Der Beklagte zu 3) beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Der Beklagte zu 1) bestreitet, dass das Konzept der AA von Anfang an auf die Schädigung der Anleger gerichtet gewesen sei. Außerdem sei nicht der Kläger, sondern die AA geschädigt worden. Schließlich habe es bei der AA auch werthaltige Objekte gegeben. Ferner ist er der Ansicht, die Klage sei unzulässig, da das Landgericht Düsseldorf nicht zuständig sei.
25Der Beklagte zu 2) bestreitet den Inhalt des Telefonates des Klägers mit dem Telefonverkäufer. Ebenso bestreitet er, dass die AA ihren Zweck nicht verfolgt habe und dass es Pauschalvergütungsvereinbarungen, Mehrerlösvereinbarungen und Scheinverträge gegeben habe. Auch er hält das Landgericht Düsseldorf für unzuständig.
26Der Beklagte zu 3) bestreitet mit Nichtwissen, dass dem Kläger am Telefon falsche Versprechungen gemacht worden seien. Der Beklagte zu 3) trägt weiter vor, die von der AA erworbenen Immobilien seien werthaltig gewesen und ein Schaden sei wenn überhaupt nicht dem Kläger, sondern der AA oder dem Insolvenzverwalter entstanden. Er bestreitet zudem die vom Kläger genannten Zahlen bezüglich des Verhältnisses von zweckgemäßen (Anlage in Immobilien) und zweckwidrigen Verwendung (Zahlungen an verbundene Unternehmen) der Anlegergelder. Weiter behauptet der Beklagte zu 3), die Verträge mit der E seien nicht von ihm, sondern von dem Beklagten zu 1) und Herrn Grüters initiiert worden. Diese hätten auch auf eine rasche Unterzeichnung der Verträge gedrängt. Der Vertrag vom 01.06.2001 sei schließlich bloß eine Alternativfassung gewesen, die auf Betreiben des Beklagten zu 1) und des Herrn D ausgefertigt worden sei, jedoch keine Gültigkeit erlangt habe. Soweit er Geld von der E erhalten habe, seien diese lediglich zur Deckung seiner bei der Arbeit entstandenen Kosten (Reisekosten etc) bestimmt gewesen.
27Der Beklagte zu 3) erhebt zudem ebenfalls die Einrede der Verjährung. Hierzu trägt er vor, dass der Kläger bereits im Jahr 2002 Kenntnis von seinen Ansprüchen gehabt habe und ihnen (dem Beklagten zu 3)) die Klage nicht demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden sei.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30I.
31Die Klage ist zulässig.
32Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß § 39 ZPO zuständig, da die Beklagten zu 1) bis 3) in der mündlichen Verhandlung vom 11.08.2006 rügelos zur Sache verhandelt haben. Eine rügelose Einlassung nach § 39 ZPO ist auch nicht nach § 40 Abs. 2 S. 2 ZPO ausgeschlossen, da vorliegend kein ausschließlicher Gerichtsstand einschlägig ist. Dies gilt insbesondere für den Gerichtsstand des § 13 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VerkProspG a.F. bzw. § 32b ZPO, denn die Beklagten werden vom Kläger nicht wegen eines unrichtigen Börsenprospektes, sondern wegen mitverantwortlichen Betreibens eines auf Schädigung von Anlegern angelegten Unternehmens in Anspruch genommen.
33Einer Aussetzung des Verfahrens nach § 149 Abs. 1 ZPO bedurfte es nicht, da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist und es damit auf das Vorliegen eines Strafurteils nicht ankommt.
34II.
35Die Klage ist außerdem gegen die Beklagten zu 1) bis 3) begründet. Gegen die Beklagten zu 1) und 2) konnte somit das beantragte Versäumnisurteil ergehen.
361.
37Die Beklagten zu 1) bis 3) haften dem Kläger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus §§ 826, 830 BGB, denn sie haben sich gemeinsam an einer sittenwidrigen Schädigung des Klägers und der übrigen Zeichner von R-Aktien beteiligt.
38Für die Annahme sittenwidrigen Handelns im Sinne des § 826 BGB reicht ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten aus. Vorsatz ist nicht erforderlich. Für das Merkmal einer vorsätzlichen Schädigung genügt die Feststellung eines bedingten Vorsatzes, was lediglich voraussetzt, dass der Handelnde die Entstehung eines Schadens für möglich gehalten und in Kauf genommen hat (BGH NJW 1990, 389 ff., m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
39Das Verhalten der Beklagten zu 1) bis 3) ist dahingehend zu beanstanden, dass sie es zuließen, dass die von den Anlegern für die Kapitalerhöhung der AA gezahlten Gelder größtenteils nicht entsprechend dem Unternehmenszweck, nämlich in den Handel mit Immobilien, investiert wurden, sondern fast ausschließlich für weiche Kosten verwendet wurden und schließlich zumindest auch an die Beklagten zu 1) und 2) selbst flossen. Zu den weichen Kosten gehörten Provisionszahlungen und die sogenannten Beratungskosten dritter, mit der AA verflochtener, Unternehmen.
40Ein Großteil der Zahlungen der Anleger gelangte als Provisionszahlungen an die BB (25 % bis 35 % des Verkaufsumsatzes) und an die E (mindestens 25 % bis 40 % des Verkaufsumsatzes). Auch wenn man berücksichtigt, dass die E und die BB für diese Provisionen Gegenleistungen im Rahmen des Vertriebs erbrachten und von den Zahlungen der AA eigene Kosten, wie zum Beispiel solche für Miete und Personal, bestreiten mussten, so stellen Provisionen in diesen Größenordnungen keine angemessenen Gegenleistungen mehr da, zumal bei der BB auch noch berücksichtigt werden muss, dass diese zusätzlich zu den Provisionen noch monatliche Zahlungen in Höhe von 375.000 DM erhielt. Insofern kann es auch dahinstehen, ob der Vertrag zwischen der AA und der E vom 01.06.2001, der sogar Provisionszahlungen an die E zwischen 40 % und 65 % vorsah, tatsächlich jemals zur Ausführung gekommen ist oder ob es sich, wie der Beklagte zu 3) behauptet, lediglich um eine Alternativfassung handelte. Denn selbst wenn an die E nur Provisionen von bis zu 40 % der monatlichen Zeichnungssumme gemäß dem Vertrag vom 15.03.2001 flossen, so ergibt sich im Zusammenhang mit den Zahlungen an die BB in der Summe ein Betrag in einer Größenordnung, die einen ordentlichen Geschäftsbetrieb mit dem verbleibenden Kapital nicht ermöglicht. Die gilt umso mehr, weil aus den erworbenen Immobilien zumindest keine Gewinne in einer Größenordnung zu erwarten waren, die derartig hohe Ausgaben hätten kompensieren können.
41Selbst wenn es nicht von Anfang an geplant war, die Anleger durch die Verteilung von angelegtem Kapital an verflochtene Unternehmen zu schädigen, war die Situation auf Grund der unstreitig existierenden Vereinbarungen dennoch tatsächlich so, dass eine ordnungsgemäße Anlage der Einlagegelder auf Grund der hohen Zahlungen an verbundene Unternehmen gar nicht möglich war. Die AA war nicht auf eine Tätigkeit im Wirtschaftsleben gerichtet, sondern Teil eines Geldverteilungssystems zu Gunsten der Beklagten zu 1) und 2) sowie anderer Beteiligter. Die Verwerflichkeit liegt darin begründet, dass die Beklagten zu 1) bis 3) durch die Kenntnis und Billigung dieses Systems die Anlegerinteressen in jeder Hinsicht ignorierten und mindestens bewusst die Augen davor verschlossen, dass die Gelder der Anleger zu einem Großteil unwiderbringlich verloren waren.
42Insofern ist es unbeachtlich, dass der Kläger die Immobilieninvestitionen dem potentiellen, und nicht dem tatsächlich ausgeschöpften Einlagevolumen gegenüberstellt. Denn es steht fest, dass der Großteil der Einlagegelder über Drittunternehmen der AA entzogen wurde und für Investitionen nicht mehr zur Verfügung stand. Die Schädigung der Anleger bestand darin, dass die von ihnen gezahlten Gelder zweckentfremdet wurden und nicht dem Unternehmenszweck zu Gute kamen, sondern der Bereicherung Dritter dienten. Dabei ist es auch unschädlich, wenn ein geringer Teil des Kapitals tatsächlich in, möglicherweise auch werthaltige, Immobilienobjekte investiert wurde. Dass ein Teil der Gelder zweckgerecht investiert wurde, was zur Wahrung des Anscheins eines ordnungsgemäßen Betriebes und der Möglichkeit, überhaupt Anleger zu gewinnen, auch notwendig war, vermag nichts daran zu ändern, dass ein Großteil der Gelder eben nicht in Immobilien, sondern in verbundene Unternehmen floss und dort nicht zum Nutzen der Anleger verwendet wurde.
43An diesem System der Schädigung haben sich die Beklagten zu 1) bis 3) beteiligt, indem sie die Werbung der Anleger und die Abführung des angelegten Kapitals durch die Verteilung an verflochtene Unternehmen zumindest gutgeheißen haben und möglicherweise auch selbst davon profitieren wollten. Die Beklagten zu 1) bis 3) bestreiten nicht, Kenntnis von den Geldflüssen an die E und die BB gehabt zu haben. Soweit der Beklagte zu 3) einwendet, die Verträge mit der E nicht erstellt und nur auf Druck des Beklagten zu 1) und des Herrn D unterzeichnet zu haben, ändert dies nichts an seiner Verantwortlichkeit. Dass er die Verträge unterzeichnet hat und ihren Inhalt somit kannte oder zumindest kennen musste, bestreitet er nicht. Als Vorstand der AA war er außerdem vertretungsbefugt und zu pflichtgemäßem Handeln und eigenen Prüfungen verpflichtet. Wenn er diese unterließ, vermag ihn das nicht zu entlasten.
44Trotz ihrer Kenntnis und ihrer Möglichkeiten als Vorstand bzw. Mitglieder des Aufsichtsrates sind die Beklagten zu 1) bis 3) nicht gegen die interne Geldverteilung vorgegangen, sondern haben zum Teil sogar selbst Vorteile aus den Geldflüssen gezogen. So hat der Beklagte zu 1) bei seiner Vernehmung im Ermittlungsverfahren eingeräumt, eine Einmalzahlung in Höhe von 200.000,00 DM und über 30 Monate Zuwendungen in Höhe von monatlich 41.000,00 DM von der E erhalten zu haben. Ebenso hat der Beklagte zu 2) eingeräumt und nicht bestritten, aus einem Geschäft 25.000 – 30.000 DM erhalten zu haben. Auch der Beklagte zu 3) räumt letztlich ein, dass Barzahlungen in Höhe von weit über 100.000 € an ihn geflossen sind. Selbst wenn diese, wie der Beklagte zu 3) behauptet, ganz oder teilweise dazu dienten, ihm entstandene Aufwendungen zu ersetzen, ändert dies nichts an der rechtlichen Würdigung. Selbst wenn der Beklagte zu 3) an der Verteilung der Gelder nicht partizipiert hätte, so könnte ihn dies ebenfalls nicht zu entlasten, da für eine sittenwidrige Schädigung keine eigene Bereicherung erforderlich ist. Ausreichend sind seine Kenntnis und Billigung bezüglich der finternen Geldverteilung, auf die dahinter stehenden Motive kommt es nicht an.
452.
46Dem Kläger ist durch das Verhalten der Beklagten zu 1) bis 3) ein Schaden in Höhe der geltend gemachten 76.500,00 € entstanden. Diesen Betrag hat er (ausweislich Bl. 211 bis 214 GA) gezahlt, ohne dafür eine Gegenleistung erhalten zu haben. Insoweit ist es auch unbeachtlich, dass das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist und die AA unter Umständen noch Vermögen hat. Der Kläger hat nie Aktien erhalten und ist an der AA nicht beteiligt. Die erworbenen Zeichnungsscheine begründen auch kein Bezugsrecht für Aktien, die im Übrigen ohnehin praktisch wertlos wären.
47Auch der nicht anrechenbare Teil der vorprozessualen Anwaltskosten ist Teil des Schadens des Klägers. Der Kläger ist insoweit auch nicht gehalten, auf Freistellung zu klagen, sondern kann - unabhängig davon, ob er die Rechnung seiner Prozessbevollmächtigten schon beglichen hat - Zahlung des geltend gemachten Betrages verlangen, denn der Anspruch auf Freistellung von der Vergütungsforderung der Prozessbevollmächtigten wandelt sich gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Schädiger den Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert und der Geschädigte auch tatsächlich Geldersatz fordert. Dies ist hier der Fall.
483.
49Der Zinsanspruch ergibt sich für die Hauptforderung aus §§ 286, 288 BGB und bezüglich der vorprozessualen Anwaltskosten aus §§ 291, 288 BGB.
504.
51Der klägerische Anspruch ist auch noch nicht verjährt. Da der Kläger keine Ansprüche aus § 13 VerkProspG in Verbindung mit § 44 BörsG geltend macht, sondern seine Klage auf deliktische Ansprüche stützt, gilt die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB. Es kann dahinstehen, ob der Kläger erst im Jahr 2003 oder bereits im Jahr 2002 Kenntnis im Sinne des § 199 BGB hatte, denn auch wenn er bereits im Jahr 2002 ausreichende Kenntnis gehabt hat, so wäre die dreijährige Verjährungsfrist durch den Eingang der Klageschrift bei dem erkennenden Gericht am 28.12.2005 rechtzeitig gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden, da die Zustellung noch demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Zustellung an die Beklagten tatsächlich erst im Februar 2006 erfolgte, denn der Kläger hat alles erforderliche dafür getan, dass die Zustellung demnächst erfolgen konnte. Auf die Kostenanforderung vom 04.01.2006 hin hat der Kläger die fälligen Gerichtsgebühren bereits am 09.01.2006, und somit innerhalb von fünf Tagen, eingezahlt.
525.
53Der nachgelassene Schriftsatz des Beklagten zu 3) vom 28.06.2006 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da er keine andere rechtlichen Beurteilung rechtfertigt.
54III.
55Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3 S.2, 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Bei der Verteilung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Klägers war die Klagerücknahme gegenüber dem früheren Beklagten zu 4) (über die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4) wurde bereits vorab durch Beschluss entschieden) ebenfalls zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Dies ist erfolgt, indem die Differenz zwischen den tatsächlich angefallenen Kosten (Gerichtskosten, außergerichtliche Kosten von fünf Parteien) und den Kosten, die angefallen wären, wenn der Kläger von Anfang an nur die Beklagten zu 1) bis 3) verklagt hätte (Gerichtskosten, außergerichtliche Kosten von vier Parteien) ins Verhältnis zu den tatsächlich angefallenen Kosten (s.o.) gesetzt wurde.
56IV.
57Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt bezüglich der Beklagten zu 1) und 2) aus § 708 Nr. 2 ZPO und bezüglich des Beklagten zu 3) aus § 709 ZPO.
58Streitwert: 76.500,00 €
59Düsseldorf, 20.07.2007
6014 d. Zivilkammer
61xxx
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Referenzen
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