Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 14d O 54/06
Tenor
1. Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Gebele in E vom 23.04.1997, Ur-Nr. 730/1997 wird für unzulässig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags.
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Tatbestand
2Die Beklagte betreibt gegen den Kläger die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Gebele in E vom 23.04.1997, Ur-Nr. 730/1997 (Anl. K 1). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3Die Firma H GmbH vertrieb in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts vornehmlich ältere Immobilien, unter anderem Eigentumswohnungen im aus 31 Wohneinheiten bestehenden Mehrfamilienhaus Merowinger P-P-Straße/E (wiederaufgebaut nach Zerstörung ca. #####/####). In den Vertrieb eingeschaltet war die Firma H2.W.F., welche den vollfinanzierten Erwerb der Immobilien als "Steuersparmodell" anbot. Im Rahmen solcher Geschäfte war als kreditgebende Bank zumindest auch die Beklagte tätig. Für die Firma H2.W.F. trat u.a. der Zeuge C als Handelsvertreter auf. Dieser bot dem Kläger und seiner Ehefrau Anfang 1997 als Steuersparmöglichkeit eine im o.H2. Anwesen gelegene Eigentumswohnung an. Diese erwarben daraufhin von der Firma H die angebotene Eigentumswohnung (Größe: 22 m², Kaufpreis von 105.177,60 DM (Urkunde des Notars Imhof vom 10.04.1993, Anl. K 5). Kaufpreis und Erwerbskosten wurden von der Beklagten finanziert. Mit Verträgen vom 16., 23.04.1997 (Anl. K 6 und 6a) nahmen der Kläger und seine Ehefrau bei der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises nebst Erwerbkosten Darlehen in einer Höhe von (nominal) 56.000 DM und 65.800 DM auf. In der eingangs zitierten Urkunde bestellten die Eheleute der Beklagten zur Absicherung der Rückzahlungsverpflichtung (X2 der Einzelheiten der Sicherungsabrede wird auf Ziff. 4 der Darlehensverträge verwiesen) eine Grundschuld in Höhe von 121.800 DM (nebst Zinsen). Ferner unterwarfen sie sich X2 des Grundschuldkapitals der Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen .
4Der Kläger trägt vor:
5Es sei die Beklagte und der Wohnungsverkäufer H gewesen, die über ihren Darlehensvermittler C von der Vertriebsfirma H2.W.F. die Initiative ergriffen hätten und dem Kläger, der sonst nicht im Traum an den Erwerb einer vollfinanzierten Wohnung gedacht habe, habe aufsuchen lassen, um ihm ihre in allen Details bereits feststehende Wohnungsvollfinanzierungen im vorab ausgehandelten und fix und fertig feststehenden Paket mit der Wohnung anzudienen. Die Vermittler der Fa. H2.W.F. seien angewiesen gewesen, ausschließlich die Finanzierungen der Beklagten im Paket mit den Wohnungen zu vermitteln. Die Beklagte habe die Fa. H2.W.F. beauftragt, bzw. es ihr überlassen
6- die Bonitätsdaten sämtlicher für sie - die Beklagte -zu werbenden Darlehensnehmer zu beschaffen,
7- die Identitätsprüfung sämtlicher für sie - die Beklagte -zu werbenden Darlehensnehmer durchzuführen,
8- die Darlehensvertragsberatung, insbesondere die Beratung betreffend die Darlehenskosten betreffend sämtliche für sie - die Beklagte - zu werbende Darlehensnehmer durchzuführen, und
9- die Unterschrift unter den Darlehensvertrag herbeizuführen.
10Zudem habe die Beklagte der Fa. H2.W.F. zugesichert gehabt, eine Provision in Höhe von 1% der jeweils vermittelten Darlehenssumme zu zahlen. So sei es natürlich, dass die Vermittler ausschließlich die Finanzierungen der Beklagten vermittelt hätten. Zu diesem Zweck habe die Beklagte ihre fertig ausgefüllten Darlehensvertragsformulare der Fa. H2.W.F., dort dem für die Finanzierungen zuständigen Herrn Y, überlassen.
11Nachdem sich der Zeuge C die Telefonnummer des Klägers habe geben lassen, habe er sich Mitte März 1997 telefonisch bei dem Kläger gemeldet. Er habe sich als Finanzberater der Firma H2.W.F. vorgestellt und den Kläger um einen Beratungstermin gebeten. Inhalt der Beratung sollten, so der Zeuge C, die Darstellung von sich selbst bezahlenden Kapitalanlagemöglichkeiten sein. Obwohl der Kläger kein Interesse an irgendwelchen Anlagen gehabt habe, habe sich der Zeuge C nicht abschütteln lassen. Die Versuche des Klägers, den Zeugen C loszuwerden und das Gespräch endlich zu beenden, seien vergeblich geblieben. Schließlich sei es dem Zeugen C gelungen, sich für einen Hausbesuch bei dem Kläger aufzudrängen. Am 14.03.1997 sei der Zeuge C erstmals bei dem Kläger in der Wohnung erschienen. Nachdem er sich und die Firma H2.W.F. vorgestellt habe, habe der Zeuge C sogleich mit dem Abspulen des von den Ausbildern der H2.W.F. ihm auswendig beigebrachten "Drückerprogramms" losgelegt. Er habe dem Kläger sinngemäß erklärt , um dem Staat nicht unnötig Steuern zu zahlen, solle er sich lieber für ein Steuersparmodell entscheiden und den eingesparten Betrag anderweitig verwenden. Da er - der Kläger - doch Vater von zwei Kindern sei, könne er es sich sicherlich nicht leisten, dem Staat unnötige Geschenke zu machen. Da habe er genau das Richtige für ihn. Anhand eines Prospekts habe er dem Kläger erklärt, dass das Beste für ihn in seiner Situation ein besonders werthaltiges und neu saniertes Objekt in E sei. Die Finanzierung dafür liefere er gleich mit, so dass sich der Kläger praktisch um nichts kümmern müsse. Da es sich um eine Vollfinanzierung handele und eine Bank eine Vollfinanzierung nur bei absolut sicheren Finanzierungen bereitstelle, könne der Kläger sich schon deshalb betreffend die Werthaltigkeit der Wohnung absolut sicher sein. Das sei wie eine Bankgarantie. Die allein noch in Rede stehenden Finanzierungskosten (die Finanzierung sei ja an die T2 des Kaufpreises getreten), so habe der Zeuge C weiter erläutert, würden sich quasi von selbst aus Mieteinnahmen und Steuervorteilen bezahlen. Genaueres würde er dem Kläger allerdings in wenigen Tagen mitteilen können, er benötige nur noch seine Bonitätsdaten (Einkommen). Der Kläger habe ihm diese in der Erwartung mitgeteilt, dass ein solches Projekt im Hinblick auf seine vergleichsweise schwache Bonität X2 seiner zwei Kinder ohnehin nicht durchführbar sein würde und habe darauf gehofft, anschließend in Ruhe gelassen zu werden. Dann sei der Zeuge C zunächst wieder verschwunden. Etwa zwei Wochen später sei der Zeuge C erneut bei dem Kläger in der Wohnung erschienen und habe ein extra für ihn erstelltes sogenanntes "persönlichen Berechnungsbeispiel" mitgebracht. Anhand dieser sich angeblich im Berechnungsbeispiel widerspiegelnden "Finanzanalyse" habe er sein schon bekanntes Programm noch einmal abgespult, dieses mal mit konkreten Zahlen. Er habe den Kläger gefragt, ob er nicht P2 jeden Eigenaufwand Steuern sparen und gleichzeitig seine Altersrente aufbessern wolle, wie dies mit der vollfinanzierten Wohnung in E P2 weiteres möglich sei. Das ganze sei bombensicher, zumal ja die Finanzierung bereits stehe. Bei dem von ihm bereits im vorangegangenen Gespräch kurz - wenngleich P2 konkrete Zahlen - vorgestellten, für den Kläger maßgeschneiderten Objekt handele es sich um eine neusanierte Wohnung in E in der Merowinger T4. Stetig steigende Mieteinnahmen seien garantiert, weil zunächst eine Mietgarantie mitverkauft werde und danach durch die bekannt hohe O in E ohnehin sehr starke Mietsteigerungen zu erwarten seien. Er - Herr C - würde alles für den Kläger regeln, auch seine Steuererklärungen kostenlos für ihn erstellen, da ja die Firma H2.W.F. Fachmann sei. Stets würde er ihm beratend zur Seite stehen. Es könne doch nun wirklich nichts schief gehen angesichts des Umstandes, dass sogar die NordLB eine Vollfinanzierung zur Verfügung T2. Im übrigen könne der Kläger die Wohnung - falls er sie doch nicht als zusätzliche Altersvorsorge behalten wolle - innerhalb von zwei Jahren problemlos mit Gewinn wiederverkaufen und zwar sogar mit Gewinn nach Rückführung der Finanzierung. Anhand des Berechnungsbeispiels habe der Zeuge C dem Kläger dann zugesichert,
12- dass der Zinssatz für die Vollfinanzierung 5,95% p.a. betrage (in Wahrheit betrug dieser schlussendlich 7,72% für das Darlehen über DM 56.000,-- und 7,63% für das Darlehen über DM 65.800,--
13- dass die Zinskosten DM 7.243,13 p.a. betragen würden (in Wahrheit betrugen sie schließlich DM 9.343,74)
14- dass diese (ohnehin falsch angegebenen Zinskosten) sich bis auf DM 162,18 monatlich "von selbst" aus Mieteinnahmen und Steuervorteilen bezahlen würden,
15- dass der Kläger sich um nichts kümmern müsse, weil er - C - alles aufgrund einer einzigen Unterschrift beim Notar für ihn regeln würde,
16- dass nur noch wenige Wohnungen nebst Vollfinanzierung vorhanden seien, alle anderen seien X2 der großen O schon weg (in Wahrheit gehörte auch dies zu den auswendig zu lernenden Verkaufssprüchen).
17Völlig verwundert über dieses, aber auch beeindruckt von diesem kaum fassbaren Angebot sei der Kläger den unzutreffenden Angaben des Zeugen C auf den Leim gegangen und habe ein in den ihm angebotenen vollfinanzierten Wohnungserwerb eingewilligt. Dies insbesondere auch deshalb, weil nach den Zusicherungen des Zeugen C die Beklagte, eine renommierte deutsche Bank, hinter der ganzen Sache gestanden und die Werthaltigkeit "bankgeprüft" habe. Daraufhin habe Zeuge C, um ein Abspringen des Klägers in letzter Minute zu verhindern, schnell auf die nächste Stufe seiner Schulung umgeschaltet und habe die Eilbedürftigkeit dieses einmaligen Angebots betont. Es müsse jetzt wirklich schnell gehandelt werden, fast alle Wohnungen nebst Vollfinanzierungen der Nord/LB seien X2 der hohen O schon weg. Er habe in Absprache mit der H2.W.F für den Kläger gerade noch einen Notartermin für den 10.04.1997 reservieren können, den er unbedingt wahrnehmen müsse. Gerne könne er ihn mit zum Notar begleiten, um die Sache unter Dach und Fach zu bringen. Wenige Tage später, am 10.04.1997, sei der Zeuge C bei dem Kläger erschienen und habe ihn zum Notar Imhof begleitet. Bei dem Notar Imhof habe es sich um einen sogenannten "Mitternachtsnotar" gehandelt, der den Vertrieben rund um die Uhr zur Verfügung gestanden habe. Um ein Abspringen und das Scheitern des Vorhabens zu vermeiden, habe der Notar Imhof in den Geschäftsräumen der H2.W.F. zur Beurkundung des genannten Vertrages bereitgehalten. Noch am Abend des 10.04.1997, außerhalb der normalen Notarzeiten, sei das in der Anlage K 5 genannte Vertragswerk in den Geschäftsräumen der H2.W.F. innerhalb von zehn Minuten "heruntergerattert" worden. Nachdem das Angebot auf Abschluss des Kaufvertrages unterzeichnet gewesen sei, habe der Zeuge C sicher sein können, seine Provision verdient zu haben. Ein Ausstieg aus dem Geschäft sei zu diesem Zeitpunkt - genau so habe es die H2.W.F. geplant gehabt - faktisch nicht mehr möglich gewesen. Die H2.W.F. habe nun auf der Basis der mit der Beklagten bestehenden Rahmenvereinbarung in aller Ruhe den Abschluss des Darlehensvertrages vorbereiten können. Wenige Tage später habe der Zeuge C den Kläger erneut in seiner Wohnung besucht und habe ihm die fix und fertig ausgefüllten und von der Beklagten bereits am 16.04.1997 unterzeichneten Darlehensverträge (Anlage K 6 und 6a) zur Unterzeichnung vorgelegt. Dabei habe er zur Eile gedrängt, der Kläger solle den Vertrag sofort unterzeichnen, es handele sich doch nur noch um eine Formsache, schließlich müsse die Wohnung ja bezahlt werden. Überrascht davon, dass er überhaupt noch etwas unternehmen müsse und P2 den Vertrag vernünftig überprüfen zu können haber er ihn unterschrieben.
18Alle dem Kläger bekannten Miteigentümer in der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Merowinger T2 in E seien auf die gleiche Art und Weise von den Vermittlern der Fa. H2.W.F. mit Wohnungen des H und der Finanzierungen der Beklagten bedacht worden.
19Der Kläger habe feststellen müssen, dass es sich bei dem Haus Merowinger T4. in E nicht um ein neu saniertes Objekt, sondern um ein Haus handele, das 1950 letztmals renoviert worden sei.
20Die Beklagte habe noch einen verdeckten Zins in Form eines Disagios von ihm kassiert. Das habe er aber aufgrund der Finanzierungsberatung durch den Zeugen C gemäß dem Berechnungsbeispiel (Anlage K 16) nicht erkennen können. Dies habe er insbesondere auch nicht erkennen können, als ihm der Vermittler C am 23.04.1997 zwischen Tür und Angel völlig überraschend den bereits fertig ausgefüllten Darlehensvertrag der Beklagten vorgelegt habe und mit dem Hinweis darauf, dass es sich doch nur noch um eine reine Formalie handele, zur schnellen Unterzeichnung gedrängt habe. Dieser verdeckte Zins, das sogenannte Disagio, belaufe sich auf einen Betrag in Höhe von insgesamt DM 12.180,--. Nicht mit einer Silbe sei der Kläger dementsprechend über die besonderen Kosten dieses allein für die Beklagte vorteilhaften Disagios aufgeklärt worden. Es hätten den Kläger nämlich unter Berücksichtigung des für das Darlehen einkalkulierten Disagios eine jährliche Zinsbelastung von effektiv 7,72% für das Darlehen in Höhe von DM 56.000,-- (Anlage K 6) und 7,63 % für das Darlehen über die Summe von 65.800,--, Anlage K 6a (nicht wie für das Gesamtdarlehen gemäß Berechnungsbeispiel zugesichert 5,95%) DM 9.343,74,-- bezogen auf die Gesamtdarlehenssumme (nicht wie im Berechnungsbeispiel zugesichert DM 7.243,13) ergeben. Völlig unabhängig von der Werthaltigkeit des Objekts bedeute dies bezogen auf die fehlerhafte Zusicherung im persönlichen Berechnungsbeispiel allein auf die erste Zinsfestschreibungsperiode von 10 Jahren eine Zinskostenmehrbelastung in Höhe von DM 20.532,05.
21Im Kaufpreis versteckt sei noch eine Maklerprovision in Höhe von 18,4% (DM 22.411,20,--bezogen auf den vollfinanzierten angeblichen Gesamtkaufpreis in Höhe von DM 121.800,--) gewesen, die zwar der Beklagten bekannt gewesen sei, die der Kläger allerdings nicht habe erkennen können. Im Rahmen des Berechnungsbeispiels sei dem Kläger ausdrücklich zugesichert worden, dass keinerlei Vermittlercourtage gezahlt werden müsse. Diese eigentlich ja gar nicht existierende Provision habe die Beklagte verdeckt mitfinanziert, wohlwissend, dass der Kläger hierüber getäuscht worden sei. Der Zeuge H habe der als Zeugin benannten Frau L ausdrücklich während ihrer Tätigkeit für den H2.W.F.-Vertrieb erklärt, dass er mehr als 18% "versteckte Innenprovision" in seine Kaufpreise einkalkuliere und dies der jeweils finanzierenden Bank bekannt sei.
22Entgegen den mit Hilfe des Berechnungsbeispiels vom Zeugen C gegebenen Zusicherungen sei die von der Beklagten vollfinanzierte Wohnung weit weniger als die Hälfte des Kaufpreises wert. Die Beklagte habe selbstverständlich von dieser sittenwidrigen Überteuerung gewusst, bzw. hätte sie dies X müssen. Denn die Beklagte hatte gem. § 18 KWG eine entsprechende Einwertung vornehmen müssen, wozu entsprechend einem Schreiben des damaligen Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen auch eine Objektbesichtigung gehörte.
23Nach Darstellung des Vermittlers habe der Kläger für Zinsen aus Eigenmitteln monatlich maximal DM 630,53,-- aufwenden müssen. Nirgends sei erläutert worden, dass die Tilgung über eine Lebensversicherung erfolgen sollte. Zur Tilgung des größeren Darlehens über DM 65.800,-- habe der Kläger seine seit 1979 bestehende Kapitallebensversicherung, die seine einzige Altersvorsorge darstelle und die bereits seitens der Beklagten verwertet worden sei, abtreten müssen.
24Darauf, dass bei diesem Finanzierungsmodell die effektive Belastung des Darlehensnehmers wesentlich höher sei als bei einer annuitätischen Tilgung, weil
25- während der gesamten Darlehenslaufzeit auf die volle Darlehenssumme Zinsen zu zahlen seien,
26- ein Wechsel der finanzierenden Bank kaum möglich sei, wenn das Darlehen nicht getilgt werde, weil die Mieteinnahmen keine ausreichende Sicherheit bieten können und auch nicht sichergestellt sei, ob am Ende der Lebensversicherungslaufzeit die Ausschüttungen ausreichend hoch seien, um den Darlehensbetrag zu tilgen,
27- eine vorzeitige Darlehenstilgung durch die Lebensversicherungen z.B. bei einem Verkauf der Wohnung nicht möglich bzw. mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden seien, weil die Rückkaufswerte der Lebensversicherungen in der Regel erheblich geringer seien als die geleisteten Einzahlungen
28sei der Kläger weder von dem Zeugen C noch von der Beklagten hingewiesen worden.
29Die Aufwendungen für ein Darlehen P2 Lebensversicherungstilgung seien wenigstens 30% geringer als für ein Darlehen mit endfälliger Tilgung über Lebensversicherung.
30Die Zusicherung des Zeugen C, dass es sich bei diesem vollfinanzierten Wohnungserwerb um eine perfekte Altersvorsorgemöglichkeit handele, sei ebenfalls falsch gewesen.
31Der Kläger beantragt,
32die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars Gebele in E vom 23.04.1997, Ur-Nr. 730/1997 für unzulässig zu erklären.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Hilfsweise beantragt sie,
36den Kläger widerklagend zu verurteilen, an sie 94.821,30 €
37zzgl. 7,#### % Zins auf 25.769,11 € seit dem 1.11.06 sowie
38zzgl. 7,####2 % Zins auf 30.278,71 € seit dem 1.11.06 zu zahlen.
39Der Kläger beantragt,
40die Hilfswiderklage abzuweisen.
41Die Beklagte trägt vor:
42Die Engagements der Beklagten erklärten sich nicht zuletzt damit, dass die H2.W.F. ihren Sitz in P gehabt habe und die Beklagte im Harz bzw. Harzvorland mit Filialen vertreten sei. Vermittler der H2.W.F. hätten somit auch gegenüber der Beklagten für verschiedene Immobilien Kreditanfragen gestellt.
43Nicht die Beklagte habe das Geschäft initiiert. Der Kläger sei mittels des Vermittlers an die Beklagte herangetreten. Der Kläger habe um ein Darlehn nachgesucht, um einen von ihm gewünschten Kaufvertrag finanzieren zu können. Nicht das "gesamte Objekt" in E sei finanziert worden. Tatsächlich seien in namhafter Zahl auch von anderen Banken Wohnungskäufe finanziert worden. Mit der H2.W.F. habe es keinen "Rahmenvertrag" gegeben. Die Beklagte stehe nicht in ständiger Geschäftsbeziehung mit der H2.W.F. und oder der Fa. H, ebenso wenig gebe es Rahmenvereinbarungen. Sie habe niemanden von der H2.W.F. beauftragt, Darlehen zu vermitteln. Die Beklagte wisse nichts von dem Inhalt der Gespräche des Herrn C mit dem Kläger. Über die Einzelheiten der Vertragsanbahnung sei der Beklagten nichts bekannt. Die Beklagte habe die H2.W.F. insbesondere nicht beauftragt, Bonitätsdaten zu beschaffen, Identitätsprüfungen vorzunehmen oder eine Darlehensberatung vorzunehmen. Es sei zutreffend, dass für den Fall erfolgreicher Vermittlung eines Darlehens eine bankübliche Provision bezahlt worden. Der Zeuge C habe den von der Beklagten unterschriebenen Darlehensvertrag nicht im Original erhalten und dem Kläger ausgehändigt. Nach der im Hause der Beklagten praktizierten Verfahrensweise werde die Korrespondenz mit dem Darlehensnehmer direkt geführt.
44Von einer angeblichen Überteuerung der Immobilie habe sie nichts gewusst und auch keine Kenntnis davon haben müssen. Die von der H2.W.F. bzw. der H GmbH vertriebenen Objekte seien in C auf Alter, Größe, Bautenstand und M3 ähnlich gewesen (20-30 Wohnungen, zentrale Innenstadtlage, Bj. 50er bzw. 60er Jahre, grundsaniert). Von vornherein sei angesichts der Vielzahl der Objekte und dem Umstand, dass diese auch teilweise vermietet gewesen seien, nicht in Betracht gekommen, alle Wohnung in Augenschein zu nehmen. Es seien stichprobenartig Wohnungen in Augenschein genommen. Alle Objekte seien durchsaniert gewesen und hätten nach Einschätzung der Zeugen M2 und S2 eine gute Bausubstanz aufgewiesen. Die Besichtigung sei in erster Linie erfolgt, um ausschließen zu können, dass bedingt durch Reparaturstau an den Gebäuden o.a. ein größerer Abschlag auf den Beleihungswert hätte vorgenommen werden müssen.
45Eine Erinnerung an die Besichtigung des Objektes Merowinger P-Straße sei bei den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten nicht mehr vorhanden. Diese könnten sich noch erinnern, fünf bis sechs Objekte in E gesehen zu haben. Es existiere eine Notiz über eine Besichtigung der Merowinger P-Straße. Besagte Notiz sei aber von einem ehemaligen Sachbearbeiter gefertigt, der selbst nicht bei den Besichtigungen zugegen gewesen sei. Die Notiz könne mithin unzutreffend seien.
46Angesichts der Vielzahl der zu finanzierenden Immobilien und der Vergleichbarkeit der Lagen, Baujahre etc. hätten sich die Mitarbeiter der Beklagten dazu entschieden, die Werthaltigkeit nach einem Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Hierzu hätten sich die Zeugen M2 und S2 verschiedener Quellen bedient:
47- So sei von den Mitarbeitern der VDM-Preisspiegel als Vergleichsbasis herangezogen. Ausweislich dessen sei bei Wohnungen von 60-90 m2 ein Verkaufswert von 2.200,00 DM - 4.800,00 DM für einfache bis normale Lagen anzunehmen gewesen.
48- Die Beklagte habe ein Baukundenbüro für Großfinanzierungen in E unterhalten. Dort hätten beide Herren O nach den Marktwerten für vergleichbare Objekte gehalten. Das Baukundenbüro in E habe eine Objekteinschätzung gefertigt. Hiernach seien Quadratmeterpreise von 3.900,00 DM - 4.600,00 DM als realistisch eingestuft worden. Das damalig erstellte Exemplar liege nicht mehr vor. Indes verfüge die Beklagte noch über eine Markt- und Objekteinschätzung aus dem Jahr 2000 betreffend eines wenige hundert Meter von der N-P-Straße gelegenen Grundstücks. Die Verkehrswerte bestätigten die damalige Einschätzung. Der Aufbau und die Darstellung der vorgelegten Objekt- und Markteinschätzung entsprächen dem damalig eingeholten Bericht.
49- Diese Angaben seien nochmals durch eine telefonische Anfrage bei einer örtlichen Sparkasse überprüft.
50- Um die Angaben des Verkäufers zu der M3 einer weiteren Plausibilitätsprüfung zu unterziehen, habe die Beklagte Auskünfte zu den Mieten eingeholt. Die damalige Verwalterin des Objektes N-P-Straße habe auf Anforderung einer Mieterliste mit dem Stand 1997 übersandt. Die Bruttomieten seien nach Einschätzung der Beklagten auch bei großzügiger Schätzung um 35% zu berichtigen. Damit hätten sich im Objekt gezahlte Mieten von rd. 16,00 DM/m2 netto ergeben.
51- Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Kaufpreises hätten die Mitarbeiter der Beklagten noch aus dem Gesamtkaufpreis die Erwerbsnebenkosten (6% des eigentlichen Kaufpreises) abschlägig in Abzug gebracht.
52Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung (Bl.68 d.A.).
53Für den Fall, dass ein Widerrufsrecht des Klägers bestehen sollte oder aber das Gericht einen Schadenersatzanspruch des Klägers aus einer unterbliebenen Aufklärung seitens der Bank bejahen sollte, gleichzeitig aber ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta und des marktüblichen Zinses der Beklagten nicht durch den Sicherungszweck der Grundschuld erfasst sei, erhebt die Beklagte Widerklage. Denn dann sei das Kreditengagement insgesamt rückabzuwickeln. Der Kläger wäre so zu stellen, als wenn er das Darlehen nicht empfangen hätte. Er müsse auch die Leistungen, die er aufgrund des Darlehensvertrages gewährt bekommen habe, zurückgeben. Denn es sei nicht zu erkennen, aus welchem Grund dem Kläger die Darlehensvaluta einschließlich der daraus folgenden Nutzungen verbleiben sollte. In jedem Falle sei eine Position, die selbst bei Zusprechen eines Schadenersatzanspruches rückabzuwickeln sei, die Hergabe der Darlehensvaluta einschließlich der marktüblichen Verzinsung. Die Darlehen seien am 30.4.1997 ausgekehrt worden. P2 Berücksichtigung des Disagios seien gezahlt worden 25.769,11 EUR bzw. 30.278,71 EUR. Die marktübliche Verzinsung nehme die Beklagte unter Berücksichtigung eines 100%igen Auszahlungskurses und einer vereinbarten Laufzeit bis zum 30.03.2007 mit 7,#### % betreffend den Betrag von 25.769,11 EUR bzw. 7,####2% betreffend den Betrag von 30.278,71 EUR an. Dies gelte bezogen auf die damalige Verabredung des Darlehens. Bezogen auf den 31.10.2006 ergebe sich eine Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich des marktüblichen Zinses in Höhe von 94.821,30 EUR. Nach dem 01.11.2006 sei die Darlehensvaluta nach wie vor marktüblich zu verzinsen. Die Beklagte berücksichtige bei der Berechnung der Hilfswiderklageforderung nicht etwaig zu saldierende Gegenrechte des Klägers. Dies beruhe darauf, dass die Beklagte diese Ansprüche nicht abschließend zu beziffern in der M3 sei. Die von dem Kläger gezahlten Zins-und Tilgungsleistungen können nur saldiert werden, soweit und sofern nicht Steuerersparnisse und Mietzinserträge anzurechnen seien. Deren Höhe seien von dem Kläger aber bisher noch nicht in Fälligkeit begründender Weise substanziiert dargetan worden, so dass auch eine wechselseitige Saldierung etwaiger Ansprüche der Parteien der Beklagten nicht möglich sei. Fällig und somit auch saldierungsfahig können die Ansprüche des Klägers aber nur sein, wenn sie von ihm abschließend und nachvollziehbar beziffert seien. Dazu gehörten auch die von dem Kläger aus dem Geschäft erzielten Vorteile und Ersparnisse.
54X2 des weiteren Vortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die eingereichten Anlagen verwiesen.
55Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens und Vernehmung von Zeugen. X2 des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Sachverständigen Becker vom 15.06.2007 sowie die Sitzungsprotokolle vom 07.03.2008 und 16.05.2008 verwiesen.
56Entscheidungsgründe
57Die Klage ist begründet, die Hilfswiderklage dagegen nicht.
581.
59Dem Kläger steht eine Einwendung im Sinne des § 767 Abs.1 ZPO zu. Er hat Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss, welcher die Beklagte verpflichtet, den Kläger nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 S. 1 BGB) so zu stellen, wie er P2 die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung gestanden hätte. In diesem Fall hätte er den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen, mithin sich nicht der Vollstreckung in sein Vermögen unterworfen.
60Nach ständiger – den Parteien hinlänglich bekannter - Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft unter ganz besonderen Umständen verpflichtet. So muss die Bank den kreditsuchenden Kunden auf eine von ihr erkannte Sittenwidrigkeit der Kaufpreisvereinbarung hinweisen. Von einem besonders groben Missverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, kann ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung. Kreditinstitute haben den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten aber grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse prüfen. Dementsprechend kann sich grundsätzlich aus der lediglich zu bankinternen Zwecken erfolgten Ermittlung eines Beleihungswerts keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kreditnehmer ergeben.
61Die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm benannten besonderen Finanzierungsvermittler, angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers oder der für sie tätigen Vermittler bzw. des Verkaufsprospekts nach den Umständen des Falles evident ist, so dass es sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
62Im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung im dargelegten T3 X2 eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs hat die Bank den Geschädigten nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 S. 1 BGB) so zu stellen, wie er P2 die schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 26. 6. 2007 - XI ZR 277/05, BGH, Urteil vom 16. 5. 2006 - XI ZR 6/04, Urteil vom 20. 1. 2004 - XI ZR 460/02, jeweils m.w.N.).
63a.
64"Institutionalisiertes Zusammenwirken" im vorgenannten Sinne hat der Kläger bewiesen. Es ist unstreitig, jedenfalls bewiesen, dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vermittler angeboten wurde. Insoweit kann auf die Aussage des Zeugen C genommen werden, an deren Richtigkeit angesichts der nachfolgend zu erörternden Umstände kein Zweifel besteht. Es ist ferner unstreitig, dass "F" unter Vermittlung der H2.W.F. über einen längeren Zeitraum mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit durch die Beklagte finanziert wurden. Die Beklagte hat selbst dargelegt, dass u.a. angesichts der Vielzahl der Objekte nicht alle Wohnung hätten in Augenschein genommen werden können. Der Zeuge S2 führte hierzu aus: "Die Geschäftsbeziehung zwischen der Nord LB und der H2.W.F. gestalteten sich in der Weise, dass über mehrere Jahre Finanzierungsfragen eingingen, mehr oder weniger regelmäßig." Wie der Aussage des Zeugen Y entnehmen ist, sollte die Beklagte als eine von mehreren "Finanzierern" in das Vertriebsmodell eingebunden sein. Der Zeuge C hat ausgeführt, der Kunde habe sich nicht um die Finanzierung kümmern sollen, es sei Teil des Gesamtkonzeptes gewesen, dass die Firma H2.W.F. Banken anspreche, die bereit seien, Finanzierungen zu übernehmen. Auch der weitere Ablauf des vom Zeugen C veranlassten Geschäfts belegt, dass nach einem Schema verfahren wurde, das sich durch ständige Wiederholung herausgebildet hatte. Es besteht kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln, da das Vertriebsmodell nicht für den Einzelfall, sondern als Massengeschäft entwickelt worden war. Das Gericht bezweifelt insbesondere nicht die Richtigkeit der Aussage des Zeugen C, wonach er dem Kläger den Darlehensvertrag zur Unterschrift vorgelegt hat. Dies passt zu der Zielsetzung der H2.W.F., wonach der Kunde sich nicht um die Finanzierung kümmern sollte; die Annahme, dass dies der Beklagten als Geschäftsbank verborgen geblieben war, erscheint nach der Lebenserfahrung lebensfremd, dies umso mehr, als die H2.W.F. von der Beklagten für jeden vermittelten Darlehensvertrag eine Provision erhalten hatte, somit die Tätigkeiten der H2.W.F. zwar nicht formal in ihrem Auftrag erfolgten, aber durch Geldzuwendungen gefördert wurden. Nahtlos fügt sich die Aussage des Zeugen Y ein, wonach dieser eine "Vorauswahl" der Kunden vorgenommen hatte; dass er dies, wie er weiter bekundete, "in Absprache mit Herrn M machte, ist angesichts des Interesses der H2.W.F. an einem reibungslosen Ablauf des Vertriebssystems mehr als nahe liegend (nicht im Widerspruch dazu steht die Bekundung des Zeugen M2, wonach er keine "Bonitätsraster" weitergegeben habe: Aufgrund der Vielzahl der Fälle dürfte auch P2 eine solche Vorgabe klar gewesen sein, welcher Kunde den Anforderungen der Beklagten entsprach und welcher nicht). Ins Bild passt schließlich der von den Zeugen S2, M2 und Y geschilderte "Ortstermin", in dessen Verlauf die Immobilien, die in den Vertrieb gelangen sollten, gemeinsam in Augenschein genommen wurden. Diese Verfahrensweise belegt, dass die Geschäftsbeziehung nicht nur "von Fall zu Fall" bestand, sondern darauf angelegt war, bei einer Vielzahl von Verkäufen einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Die Gesamtschau dieser Indizien lässt keinen ernsthaften Zweifel daran aufkommen, dass die Beklagte in das auf Dauer angelegte Vertriebsmodell (vom Zeugen C wohlklingend als ""inflationsgeschütztes Sparen" bezeichnet) fest eingebunden war und in einer im Wesentlichen gleichbleibenden Verfahrensweise Kredite an die von der H2.W.F. vermittelten Kunden vergab. Dem steht weder entgegen, das die Beklagte nicht die einzige Bank war, die sich an solchen Geschäften beteiligte; es genügt, dass sich im vorgenannten T3 eine ständige Übung herausgebildet hatte. Belanglos ist schließlich, dass die Beweisaufnahme keine Hinweise auf ausdrückliche Absprachen ergab. Denn es reicht, dass durch ständige Übung und die von den Zeugen geschilderten Hausbesichtigungen eine stillschweigende Übereinkunft hergestellt wurde, dass die Beklagte in dem von der H2.W.F. praktizierten Vertriebssystem die Rolle des "Finanzierers" einnehmen sollte.
65Die Unrichtigkeit der Verkäuferangaben zum Wert der Immobilie sind auch im Sinne der o.H2. Rechtsprechung "evident". Nach dem Gutachten des Sachverständigen Becker vom 15.06.2007 ist davon auszugehen, dass die Immobilie im Erwerbszeitpunkt weniger als die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises wert war, mithin nach der eingangs zitierten Rechtsprechung von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer auszugehen ist. Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestehen nicht. Es entspricht dem Ergebnis des Gutachtens der Sachverständigen Mosdzien vom 16.11.2005, welches sich mit einer anderen Eigentumswohnung aus dem Anwesen mit vergleichbarer Größe (18 m²) befasst und das den Verkehrswert mit (nur) 21.000 € schätzt (Anl K 19). Dies korrespondiert ferner mit der Aussage des Zeugen S2, der - von der Beklagten damals mit der Immobilienbewertung betraut gewesen - nach Besichtigung des Objekts ausführte, dass er es als Beleihungsobjekt nicht empfohlen hätte. Berücksichtigt man ferner, dass unstreitig Immobilienbesichtigungen in E stattgefunden haben, an denen die Zeugen S2 und M2 teilgenommen haben und auch das streitgegenständliche Objekt besichtigt werden sollte, so drängt es sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf, dass die Beklagte sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen hat.
66b.
67Nach der eingangs zitierten Rechtsprechung hat der Nachweis eines institutionalisierten Zusammenwirkens zur Folge, dass die Kenntnis der Beklagten von der arglistigen Täuschung durch die H2.W.F./H Immobilien widerleglich vermutet wird. Der Beklagten ist der ihr hiernach obliegende Entlastungsbeweis nicht gelungen. Es ist nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass die Beklagte keine Kenntnis von der Überteuerung der Wohnung hatte.
68Aus der Aussage aller vernommenen Zeugen ergibt sich zwar, dass die Beklagte keine Kenntnis von möglicherweise unseriösen Vertriebspraktiken hatte und aus damaliger Sicht keine Zweifel an der Seriosität des Vertriebsmodells des "inflationsgeschützten Sparens" an sich, oder der Firma H GmbH bestanden. Die Beklagte war daher nicht gehalten, im Umgang mit H2.W.F./H Immobilien eine Vorsicht walten zu lassen, die über das bankübliche Maß hinausging. Ihre Rolle war auf die eines Finanzierers beschränkt; sie war weder an der Entwicklung des Vertriebsmodells beteiligt, noch hat auf die Beratung der Kunden oder deren Auswahl Einfluss genommen. Nach Aussage des Zeugen Y war das Vertriebsmodell damals schon seit längerem im Markt eingeführt. Es handelte sich – so der Zeuge C – nur um eine von vielen Möglichkeiten von "Finanzoptimierungen", welche Interessenten angeboten wurden. Überzeugend hat der Zeuge Y ausgeführt, dass es aus damaliger Sicht auch keinen Grund gab, die Seriosität der Firma H GmbH infrage zu stellen, da der weitaus überwiegende Teil der Geschäfte mit "F" zur Zufriedenheit der Kunden abgewickelt worden sei; Mängelrügen seien bis zu einem gewissen Zeitpunkt auch auf dem Kulanzwege abgeholfen worden. Er selbst sei an zufriedenen Kunden und Bänkern interessiert gewesen; nicht zuletzt deswegen habe er Darlehensanfragen, welche der Vertrieb eingereicht habe, nicht ungeprüft an Banken weitergereicht, sondern eine Vorentscheidung getroffen, ob der Interessent für das konkrete Geschäft überhaupt geeignet war. Wenn es selbst aus Sicht eines leitenden Mitarbeiters der Firma H2.W.F. keinen Grund zur besonderer Vorsicht gab, so gilt dies erst recht für die Beklagte, die keine Veranlassung hatte, einen tieferen Einblick in die Geschäftspraxis der H2.W.F. zu erlangen, als dies für die Darlehensgewährung erforderlich war. Hinzukommt, dass die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben hat, dass es der damaligen Geschäftspraxis der Beklagten entsprach, nicht dem Exposé des Verkäufers blind zu vertrauen, sondern die darin enthaltenen Angaben mittels stichprobenhafter Besichtigungen durch einen autorisierten Mitarbeiter (Zeuge S, Einsichtnahme in den Mietspiegel, Einholung von Einschätzungen des örtlichen Baukundenbüros und der ortsansässigen Sparkassen auf Plausibilität zu prüfen. Das Gericht hat auch im Fall "Merowinger P-P-Straße" keine ernsthaften Zweifel daran, dass – wie vom Zeugen S2 ausgeführt – jedenfalls Auskünfte beim Baukundenbüro und der Sparkasse eingeholt wurden. Das Gericht bezweifelt ebenfalls nicht, dass - wie vom Zeugen S2 weiter geschildert – die eingeholten Informationen der Geschäftsleitung (Frau T vorgelegt worden sind und diese daraufhin die Bestellung von Grundpfandrechen aus dem Objekt Merowinger P-Straße erlaubt hat. Da – wie eingangs ausgeführt – die Bank derartige Prüfungen nur im eigenen und nicht im Kundeninteresse vorzunehmen braucht, ist an dieser Verfahrensweise nichts zu beanstanden. Schon gar nicht lässt sich aus dem Umstand, dass die Beklagte keine intensiveren Untersuchungen – etwa durch externe Sachverständige - vorgenommen hat, herleiten, sie habe im o.H2. Sinne vorsätzlich gehandelt (vgl. die oben zitierte BGH-Rechtsprechung) .
69Dennoch bleibt es zweifelhaft, ob sich die Mitarbeiter der Beklagten der Kenntnisnahme von der Überteuerung im Sinne der oben genannten Rechtsprechung "geradezu verschlossen" haben; diese Zweifel gehen aufgrund der oben erörterten widerleglichen Vermutung zu Lasten der Beklagten:
70Nach Durchführung der Beweisaufnahme sind gravierende Ungereimtheiten festzustellen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Zeugen M2 und S2 keine Erinnerung an die Besichtigung des Objektes Merowinger P-Straße mehr hätten, sich aber noch daran erinnern zu könnten, fünf bis sechs Objekte in E gesehen zu haben. Dies entsprach der Aussage des Zeugen M2. Auch nach eingehender Befragung hatte er keine zuverlässige Erinnerung an die Besichtigung dieses Objekts, was im Einklang mit aussagepsychologischen Gesetzmäßigkeiten steht, da der Sachverhalt mehr als 10 Jahre zurückliegt und der Zeuge M2 nicht ortskundig ist. Ebenso überzeugend war die Aussage des Zeugen S2, der bekundete, sich nach der Vernehmung des Zeugen M2 (07.03.08) eine Wohnung im Haus Merowinger angeschaut zu haben und sich nunmehr sicher zu sein, das Haus vorher nie betreten zu haben. Dies erläuterte er nachvollziehbar sinngemäß damit, dass sich der Hausflur und die besichtigte Wohnung in einem derart desolaten Zustand befunden hätten, dass er, hätte er damals eine Besichtigung vorgenommen, nicht nur von einer Beleihung des Objekts abgeraten hätte, sondern sich auch heute noch an dieses Ereignis erinnern würde. Wenn der Zeuge S2 damals das hier in Rede stehende Anwesen nicht von innen gesehen hat, so gilt das gleichermaßen für den Zeugen M2, der bei der Besichtigung der Düsseldorfer "F" ebenfalls zugegen war. Im Widerspruch dazu hat die Beklagte vorgetragen, dass eine Notiz über eine Besichtigung der Merowinger P-Straße existiere von einem ehemaligen Sachbearbeiter, der selbst nicht bei den Besichtigungen zugegen gewesen sei. Diese Notiz hatte sicherlich keine negative Bewertung enthalten, was aus dem Umstand folgt, dass die Geschäftsleitung (Frau T - wie ausgeführt - das P-P-Straße zur Bestellung von Grundpfandrechten freigegeben hat. Wie der unbekannte Mitarbeiter ein solches Attest hat ausstellen können, obwohl eine Besichtigung durch die Zeugen M2 und S2 nicht stattgefunden hat, blieb ungeklärt. Geht man davon aus, dass die Zeugen M2 und S2 die Wahrheit gesagt haben (woran das Gericht keinen Zweifel hat) verbleiben denklogisch mehrere Möglichkeiten. So könnte ein anderer Mitarbeiter die Wohnung besichtigt haben. In diesem Fall wäre Vorsatz im vorgenannten Sinne sicher gegeben, denn diesem hätte sich der desolate Zustand des Hauses ebenso aufgedrängt wie dem Zeugen S2. Möglich ist auch, dass der Verfasser den Vermerk "ins Blaue hinein" aufgesetzt hat, also im X, dass eine Besichtigung nie stattgefunden hat. Auch dann wäre Vorsatz zu bejahen, weil ihm denknotwendig klar war, dass seine Angabe - Besichtigung - sachlich unzutreffend (gelogen) war und die positive Bewertung reine Spekulation war, weil sie auf keiner Tatsachengrundlage (Inaugenscheinnahme) beruhte. Schließlich ist auch denkbar, dass der Verfasser eine mündliche Mitteilung fehlinterpretiert hat; dann läge sicherlich nur Fahrlässigkeit vor. Für eine derartige Annahme hat indes die Einvernahme der Zeugen M2 und S2 nichts ergeben. Beredt ist schließlich der Umstand, dass nach Angaben des Zeugen S2 im Hause der Beklagten keine Unterlagen betreffend die Einwertung des Objekts Merowinger P-Straße zu finden sind, obwohl es bei der Beklagten üblich ist, hierüber schriftliche Unterlagen anzulegen und aufzuheben. Es ist sicherlich möglich, dass diese in den Jahren verloren gegangen sind. Es ist aber ebenso denkbar, dass diese nie existiert haben, was wiederum die Annahme stützt, dass vorliegend "ins Blaue hinein" verfahren wurde. Die Ungewissheit, welche der vielen Möglichkeiten zutrifft, geht zu Lasten der darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten.
71c.
72Der Verjährungseinwand hat keinen Erfolg. Für den hier einschlägigen Anspruch aus c.i.c. gilt nach altem Recht (§ 195 BGB a.F.) die dreißigjährige Verjährung (Art. 229 , § 6 EGBGB).
732.
74Die Hilfswiderklage hat keinen Erfolg. Für eine Rückforderung der Darlehensvaluta gibt es keine Anspruchsgrundlage. Der Darlehensvertrag ist wirksam. Es mag sein, dass der Kaufvertrag mit der Firma F aufgrund des sittenwidrig überhöhten Kaufpreises unwirksam ist. Das berührt aber nicht die Wirksamkeit des Darlehensvertrags. Ob der Beklagte gemäß § 255 BGB die Abtretung der Ansprüche gegen den Verkäufer verlangen kann, braucht hier nicht erörtert werden, da ein solcher Anspruch nicht geltend gemacht worden ist.
753.
76Nebenentscheidungen: §§ 91, 709 ZPO.
774.
78Streitwert: 94.821,30 € (Streitwert der Hilfs-Widerklage). Klage und Hilfs-Widerklage betreffen bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise den selben Gegenstand (§ 19 Abs.1 GKG).
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