Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 1 O 173/11
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 38.945,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 51.927,00 € vom 31.08.2010 bis zum 24.02.2011 und aus 38.945,25 € seit dem 25.02.2011 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären.
3. Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1 – 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 46.699,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2010 zu zahlen.
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären.
7. Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 5-6 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.
8. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet.
9. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.578,14 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2010 zu zahlen.
10. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
11. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 27 % und die Beklagte zu 73%.
12. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen vermeintlich fehlerhafter Anlageberatung.
3Der Kläger war Kunde der Beklagten und wurde durch die Beraterinnen C und E der Beklagten hinsichtlich der Beteiligungen an den Fondsgesellschaften N2 (im Folgenden: N2), der N3 (im Folgenden: N3) beraten.
4Der Kläger zeichnete die N2 unter dem 07.08.2001 in Höhe eines Anteils von 95.000,00 €. Das neben dem Eigenkapital erforderliche Kapital von 43.073,00 € wurde zu einem Zinssatz von 4,78 % p. a. durch die Stadtsparkasse L im Wege einer Begebung einer Namensschuldverschreibung finanziert.
5Am 17.11.2002 zeichnete der Kläger die N3 in Höhe eines Anteils von 100.000,00 €. Das neben dem Eigenkapital erforderliche Kapital von 40.736,70 € wurde zu einem Zinssatz von 5,07 % p. a. durch die Sparkasse L im Wege einer Begebung einer Namensschuldverschreibung finanziert.
6Der Kläger zahlte auf die Beteiligung an der N2 einen Eigenkapitalbetrag von 51.927,00 € ein und auf die Beteiligung an der N3 einen Eigenkapitalbetrag von 59.263,30 €.
7Der Prospekt der N2 enthält auf Seite 36 Angaben zum Eigenkapitalvermittlungsvertrag, die lauten:
8„Die N2 hat mit der H AG (im Folgenden „H“ AG) einen Vertrag über die Vermitt-
9lung des Eigenkapitals in Höhe von EUR 141.399.495,00 abgeschlossen. Für die
10Vermittlungsleistung erhält die H AG eine Vermittlungsprovision.
11Die Provision vergütet folgende Leistungen:
12Die Organisation und Abwicklung der Vermittlung und der Einwerbung des Eigenkapi-
13tals der Investoren inkl. Aller damit zusammenhängender Tätigkeiten. Die Vergütung
14beträgt EUR 11.206.900,00 inkl. MwSt und ist spätestens am 28.12.2001 zur Zahlung
15fällig. Der Vergütungsanspruch tritt jeweils anteilig ein, wenn sämtliche rechtsverbind-
16lich unterzeichneten Beteiligungsunterlagen vorliegen, die Widerrufsfrist abgelaufen
17und die Kommanditeinlage auf dem Konto der N2 bzw. des
18Treuhänders eingegangen ist. Der Betrag ist in der laufenden Prognoserechnung
19unter der Position „Eigenkapitalvermittlungsprovision“ der Fondsgesellschaft erfasst.“
20Der Prospekt der N3 enthält auf Seite 34 folgende Angaben zum Eigenkapitalvermittlungsvertrag:
21„Die N3 hat mit der J
22einen Vertrag über die Vermittlung des Eigenkapitals in Höhe von EUR
23246.799.949,00 abgeschlossen. Für die Vermittlungsleistung erhält die J eine
24Vermittlungsprovision.
25Diese Provision vergütet folgende Leistungen:
26Die Organisation und Abwicklung der Vermittlung und der Einwerbung des Kapitals
27der Investoren sowie aller damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Die Vergütung
28beträgt EUR 21.939.269,48 inkl. MwSt und ist spätestens am 28.12.2002 zur Zahlung
29fällig. Der Vergütungsanspruch tritt jeweils anteilig ein, wenn sämtliche rechtsverbind-
30lich unterzeichneten Beteiligungsunterlagen vorliegen, die Widerrufsfrist abgelaufen
31und die Kommanditeinlage auf dem Konto der N3 bzw. des
32Treuhänders eingegangen ist. Der Betrag ist in der laufenden Prognoserechnung
33unter der Position „Eigenkapitalvermittlungsgebühr“ erfasst.“
34Die Beraterinen der Beklagten klärten den Kläger hinsichtlich beider Beteiligungen weder über die Vereinnahmung von Provisionen, noch über deren Höhe auf.
35Hinsichtlich der N3 erhielt der Kläger Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 12.563,66 € sowie hinsichtlich der N2 am 25.02.2011 eine Ausschüttung in Höhe von 12.981,75 €.
36Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.07.2010 wurde die Beklagte unter Fristsetzung zum 30.08.2010 außergerichtlich zur Anerkennung von Schadensersatzansprüchen aufgefordert. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.09.2010 ab. Mit der Klageschrift bietet der Kläger Zug um Zug gegen Erfüllung der mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche die Abgabe eines Angebots gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € und auf Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus den Beteiligungen an. Hilfsweise bietet der Kläger Zug um Zug gegen Erfüllung der mit dieser Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche der Beklagten die Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 €und die Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus diesen Beteiligungen an die Beklagte an.
37Der Kläger behauptet, er sei wenige Wochen vor Zeichnung der Beteiligung an der N2 und der Beteiligung an der N3 diesbezüglich jeweils durch die Beraterin C und die Beraterin E der Beklagten telefonisch kontaktiert worden. Die Beratungen seien jeweils durch die Zeugin C und die Zeugin E im Rahmen mehrerer Telefonate erfolgt. Der Kläger sei ein konservativer Anleger, was den Beraterinnen der Beklagten bekannt gewesen sei. Im Anschluss an die Gespräche sei dem Kläger ein Werbeflyer zur N2 (Anlage K 6) per Post zur Verfügung gestellt worden und habe er einen Kurzprospekt zur N3 erhalten. Der Kläger habe gegenüber den Beraterinnen deutlich gemacht, dass er zwecks Vermögensbildung eine sichere Anlageform suche. Der Kläger habe als sicherheitsorientierter Anleger auf eine ausgewogene Gewichtung seiner Anlageprofils Wert gelegt und in eine Wohnimmobilie, zwei Eigentumswohnungen zur Vermietung und fünf Lebensversicherungsverträge investiert.
38Der Kläger ist der Ansicht, er sei von der Beklagten nicht ordnungsgemäß über die von ihr bezogenen Provisionen aufgeklärt worden. Auch die Angaben zu Provisionen in den Prospekten seien nicht ausreichend. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte der Kläger die streitgegenständlichen Beteiligungen nicht gezeichnet. Hierfür streite die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens.
39Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Erwerbspreise Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Vorteile aus den Gesellschaftsanteilen zu. Steuervorteile seien nicht im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen, da noch nicht geklärt sei, ob diese dem Kläger verbleiben. Der Kläger habe ferner einen Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns. Er hätte, da er eine sichere Anlage gewünscht habe, die Gelder ansonsten festverzinslich angelegt und bei einer Laufzeit bis 2010 (N2) bzw. einer Laufzeit bis 2012 (N3) mindestens eine Rendite von 4 % erzielen können. Er habe jeweils kein Steuersparmodell um jeden Preis gewünscht, sondern wollte sein erarbeitetes Geld in erster Linie sicher anlegen. Da der Kläger so zu stellen sei, als hätte er die Beteiligungen nicht gezeichnet, sei er auch von allen Nachteilen aus den Beteiligungen freizustellen. Im Rahmen des zu ersetzenden Schadens seien auch außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 4.162,62 € zu ersetzen.
40Die Ansprüche des Klägers seien auch nicht verjährt, da er von den anspruchsbegründenden Umständen erst im Rahmen der Mandatsbegründung hinsichtlich der streitgegenständlichen Beteiligungen im Jahr 2009 Kenntnis erlangt habe.
41Nachdem der Kläger hinsichtlich der N2 zunächst einen Schadensersatzbetrag von 51.927,00 € geltend gemacht hat, hat er die Klage zwischenzeitlich insoweit hinsichtlich eines Betrages von 12.981,75 € im Hinblick auf die am 25.02.2011 erfolgte Ausschüttung für erledigt erklärt. Hinsichtlich des betreffend der N3 zunächst geltend gemachten Schadensersatzbetrages von 71.583,00 € hat der Kläger den Rechtsstreit in Höhe von 1.777,80 € für erledigt erklärt.
42Der Kläger beantragt nunmehr,
43- 44
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 38.945,25 € zuzüglich Zinsen aus 51.927,00 € vom 15.11.2001 in Höhe von 4 % p. a. bis 30.08.2010 sowie aus 51.927,00 € vom 31.08.2010 bis 25.02.2011 und aus 38.945,25 € seit dem 26.02.2011 in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
- 46
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären;
- 48
3. die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1 – 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte;
hilfsweise,
50die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1- 2 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € an die Beklagte;
51- 52
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet;
hilfsweise,
54festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von dem Kläger am 07.08.2001 gezeichneten Beteiligung an der N2 im Nennwert von 95.000,00 € in Verzug befindet;
55- 56
5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 46.699,64 € nebst Zinsen aus 59.263,30 vom 17.11.2002 bis 30.09.2004, aus 58.078,03 € vom 01.10.2004 bis 01.10.2004, aus 52.744,33 € vom 02.10.2004 bis 26.10.2005, aus 51.440,54 € vom 27.10.2005 bis 19.12.2006, aus 48.477,44 € vom 20.12.2006 bis 15.12.2009, aus 46.699,64 € vom 16.12.2009 bis 30.08.2010 in Höhe von jeweils 4 % p.a. sowie aus 46.699,64 € seit 31.08.2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen;
- 58
6. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, insbesondere auch von etwaigen Nachschuss- und Nachhaftungspflichten, freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € resultieren und die ohne Zeichnung nicht eingetreten wären;
- 60
7. die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 5-6 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte;
hilfsweise,
62die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 5-6 erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € an die Beklagte;
63- 64
8. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet;
hilfsweise,
66festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von dem Kläger am 17.11.2002 gezeichneten Beteiligung an der N3 im Nennwert von 100.000,00 € in Verzug befindet;
67- 68
9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.162,62 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.08.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
70die Klage abzuweisen.
71Die Beklagte schließt sich der teilweisen Erledigungserklärung des Klägers nicht an. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Emissionsprospekte hinsichtlich der streitgegenständlichen Beteiligungen erhalten und sei anhand dieser beraten worden. Sie ist der Ansicht, die Beraterinnen hätten den Kläger nicht auf die von der Beklagten im Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Beteiligungen bezogenen Provisionen hinweisen müssen. Das Provisionsinteresse der Beklagten sei aufgrund der Prospektangaben und der auf den Zeichnungsaufträgen ausgewiesenen Rolle der Beklagten als Vermittlerin der Fondsbeteiligungen offenkundig. Darüber hinaus sei die Beklagte auf der Rückseite des Prospektes zur N3 als Vertriebspartnerin bezeichnet. Auch auf dem als Anlage K 6 vorgelegten Flyer sei angegeben, dass der Vertrieb durch die Beklagte erfolge und die H AG Vertriebskoordinator sei. Der Kläger sei über die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Initiator und der Beklagten und darüber, dass die Beklagte Vertriebspartner der J bzw. H AG gewesen sei, durch die Beraterinnen informiert worden.
72Anlageziel des Klägers sei die Erzielung von Steuervorteilen gewesen. Der Kläger habe bereits vor den streitgegenständlichen Beteiligungen – was unstreitig ist - mehrere Immobilienfonds und einen Medienfonds gezeichnet.
73Jedenfalls sei kein Verschulden der Beraterinnen der Beklagten gegeben, da sich diese hinsichtlich einer Pflicht zur Offenlegung von Provisionseinnahmen jedenfalls in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden hätten. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Gespräche sei eine Pflicht des Bankberaters zur ungefragten Offenlegung von Innenprovisionen über den Prospekt hinaus weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur vertreten worden.
74Im Hinblick darauf, dass der Kläger die Beteiligung aus steuerlichen Gründen erworben habe und diese insbesondere auch dann erworben hätte, wenn er über die Zahlung einer Innenprovision aufgeklärt worden wäre, fehle es an der Kausalität eines etwaigen Beratungsfehlers. Es entspreche der allgemeinen Erfahrung in der Finanzbranche, dass ein Anleger sich auch bei Aufklärung über den Erhalt einer Vertriebsprovision für das entsprechende – insbesondere zur Steueroptimierung gewählte - Anlageprodukt entscheide. Eine alternative Anlageform für das vom Kläger gewünschte Ergebnis der Steuerersparnis habe es nicht gegeben. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger auch bei einer Aufklärung über Innenprovisionen die Beteiligungen gezeichnet hätte.
75Die Beklagte erhebt ferner die Einrede der Verjährung. Hierzu nimmt die Beklagte auf die als Anlage B 2 eingereichte Begründung des Ombudsmanns des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken Bezug.
76Im Rahmen eines etwaigen Schadensersatzanspruches müsse sich der Kläger erhaltene Ausschüttungen und Steuervorteile im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen. Der Kläger habe aufgrund der streitgegenständlichen Beteiligungen außergewöhnlich hohe Steuervorteile genossen. Ferner sei dem Kläger ein Mitverschulden anzurechnen. Wenn es ihm so entscheidend auf die Frage angekommen wäre, ob die Beklagte eine Provision erhalte, so hätte er dies nachfragen müssen.
77Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass dem Kläger für die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen Kosten für die anwaltliche Vertretung in Höhe von 4.162,62 € entstanden seien.
78Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitsandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
79Entscheidungsgründe:
80Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
81I.
82Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung nach den Grundsätzen der „positiven Vertragsverletzung“ bzw. aus § 280 Abs. 1 BGB zu.
831.
84Im Rahmen des zwischen dem Kläger und der Beklagten im Zusammenhang mit den drei streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen letztlich unstreitig jeweils zustande gekommenen Anlageberatungsverträgen war die Beklagte als beratende Bank verpflichtet, den Kläger darüber aufzuklären, dass und in welcher Höhe sie für die Vermittlung der Beteiligungen eine Vertriebsprovision erhält. Bei dem Vertrieb von Fondsanteilen muss die Bank den Kunden über ihr zufließende „Rückvergütungen“ aufklären, und zwar unabhängig von deren Höhe (zuletzt BGH Beschluss vom 19.07.2011, XI ZR 191/10, BGH Beschluss vom 09.03.2011, XI ZR 191/10, jeweils zit. nach juris). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen im vorgenannten Sinne liegen vor, wenn Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahlt, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse hat, gerade diese Beteiligung zu empfehlen (BGH Beschluss vom 09.03.2011, XI ZR 191/10). Die Aufklärungspflicht entsteht unabhängig davon, aus welcher offen angegebenen Quelle die Rückvergütung an die beratende Bank fließt, so dass als aufklärungspflichtige Rückvergütungen auch Provisionen anzusehen sind, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, so dass beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen kann, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt, so dass der Anleger das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann (BGH Beschluss vom 09.03.2011, XI ZR 191/10; BGH Beschluss vom 19.07.2011, XI ZR 191/10, jeweils zit. nach juris). Danach handelt es sich bei den hier an die Beklagte geflossenen Provisionen entgegen deren Ansicht um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, da diese hinter dem Rücken des Anlegers aus den offen ausgewiesenen Vertriebskosten an die Beklagte zurückflossen.
85Der Kläger wurde vorliegend unstreitig durch die Beraterinnen der Beklagten hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Beteiligungen nicht darauf hingewiesen, dass die Beklagte Provisionen für die Vermittlung der Beteiligungen erhält.
86Entgegen der Ansicht der Beklagten war das Provisionsinteresse der Beklagten aufgrund der Prospektangaben und der auf den Zeichnungsscheinen ausgewiesenen Rolle der Beklagten als Vermittlerin der Fondsbeteiligungen auch nicht offenkundig, so dass eine Aufklärung nicht hätte erfolgen müssen. Die streitige Frage, ob der Kläger vorliegend vor Zeichnung der Beteiligungen die jeweiligen Prospekte erhalten hat, muss nicht geklärt werden, denn Hinweise auf die von der Beklagten bezogenen Provisionen ergeben sich aus den Prospekten nicht. In den Prospekten zur N2 und N3 wird unter der Überschrift „Eigenkapitalvermittlungsvertrag“ jeweils nur ausgeführt, dass die H AG bzw. die J für die Vermittlung des Eigenkapitals eine Provision erhält. Ein Hinweis darauf, dass die Beklagte Vertriebsprovisionen erhält, findet sich in den Prospekten nicht. Auch der Umstand, dass auf den Beitrittserklärungen bzw. Zeichnungsscheinen auf der ersten Seite in der rechten oberen Ecke ein Kästchen vorhanden ist, in das der Vermittler der jeweiligen Beteiligung- hier bei beiden Beteiligungen die Beklagte - eingetragen wird, stellt keinen ausreichenden Hinweis auf den Bezug von Vertriebsprovisionen durch die Beklagte dar. Denn diese Angabe beinhaltet lediglich die ausdrückliche Erklärung, dass die Zeichnung der Beteiligung über die Beklagte als „Vermittler“ erfolgt ist. Während der Kunde hieraus nicht den Schluss ziehen muss, die Beklagte als beratende Bank erhalte als „Vermittler“ eine Provision. Gleiches gilt für die Bezeichnung der Beklagten als Vertriebspartner auf der Rückseite des Prospektes bzw. Flyers. Auch wenn die Beraterinnen der Beklagten – was streitig ist – den Kläger darauf hingewiesen haben sollten, dass die Beklagte Vertriebspartner der J bzw. H AG gewesen sei, hätte der Kläger hieraus nicht den Schluss auf von der Beklagten bezogene Provisionen und erst recht nicht auf deren Höhe ziehen müssen.
87Ihrer Verpflichtung, den Kläger über die von der Beklagten zu vereinnahmenden Provisionen aufzuklären, ist die Beklagte nach alledem nicht nachgekommen.
882.
89Aufgrund des objektiven Pflichtverstoßes wird das Verschulden vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Beklagte hat den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht erbracht.
90Die Beklagte muss, wenn sie sich entlasten will, darlegen und beweisen, dass sie die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Während eine vorsätzliche Haftung bereits bei einem bloßen Rechtsirrtum entfällt, ist die Haftung wegen Fahrlässigkeit nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen (BGH Beschluss vom 29.06.2010, XI ZR 308/09, zit. nach juris). Einen unvermeidbaren Rechtsirrtum hinsichtlich eines zumindest fahrlässigen Verstoßes gegen ihre Aufklärungspflichten hat die Beklagte nicht darzulegen vermocht. Die Beklagte trägt vor, sie sei bei den Beratungen in den Jahren 2001 bis 2003 nicht davon ausgegangen, über den Erhalt von Provisionen und deren Höhe aufklären zu müssen und habe sich deshalb in einem Rechtsirrtum befunden. Dies lässt den Fahrlässigkeitsvorwurf jedoch nicht entfallen, denn, selbst wenn ein Rechtsirrtum vorgelegen haben sollte, dieser nicht als unvermeidbar eingestuft werden könnte. Denn die zu den Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Vertriebsprovisionen beratender Banken ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war entgegen der Ansicht der Beklagten in Bankkreisen vorhersehbar. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 29.06.2010 (XI ZR 308/09, zit. nach juris) zur Frage der Vorhersehbarkeit in Bezug auf ein Beratungsgespräch aus dem Jahr 1997 Folgendes ausgeführt:
91„Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die
92Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19.
93Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM
942009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990
95in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 – XI ZR 70/88, WM 1989,
961047, 1051 und vom 6. Februar 1990 – XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei
97vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen
98Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der
99Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem
100Berufungsgericht aufgegeben, Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB
101i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht
102dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in
103Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt,
104sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers
105zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89
106unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab
107diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein
108in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine
109Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage
110stellen und die Kundeninteressen gefährden.“
111Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollumfänglich an und diese greifen auch im vorliegenden Fall in Bezug auf die in den Jahren 2001 und 2002 geführten Beratungsgespräche zu den streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen Platz. Die Beklagte musste daher bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt damit rechnen, dass eine generelle Aufklärungspflicht über Rückvergütungen bestand. Die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (Beschlüsse vom 09.03.2011 und 19.07.2011, jeweils XI ZR 191/10, zit. nach juris) stellen danach keine grundlegende Änderung der bisherigen Rechtsprechung oder gar eine richterliche Rechtsfortbildung dar, sondern beinhalten lediglich die Fortführung und weitere Ausformung der Rechtsprechung zur Offenlegung von Interessenkollisionen der Bank gegenüber ihren Kunden im Allgemeinen und von Rückvergütungen im Besonderen, die für die beteiligten Verkehrskreise bei der gebotenen Sorgfalt bereits ab den Jahren 1989/1990 absehbar war. Ein etwaiger Rechtsirrtum der Beklagten ist damit nicht entschuldbar.
1123.
113Dem Kläger ist ein Schaden entstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage gezeichnet hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt, unabhängig von der ursprünglichen Werthaltigkeit der Anlage (BGH Urteil vom 24.3.2011, III ZR 81/10).
1144.
115Die Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten ist für den Schaden des Klägers kausal geworden. Steht eine schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Dies gilt auch für die fehlerhafte Aufklärung über Rückvergütungen. Der Aufklärungspflichtige muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erworben hätte, weil er den richtigen Rat oder Hinweis nicht befolgt hätte. Die Vermutung greift allerdings dann nicht ein, wenn sich der Anleger bei gehöriger Aufklärung in einem Entscheidungskonflikt befunden hätte, wenn es also nicht nur eine bestimmte Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab. Dazu muss aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls feststehen, dass dem Anleger bei gehöriger Aufklärung mindestens zwei tatsächlich von ihm zu ergreifende Handlungsalternativen zur Verfügung standen. Auch die Beweislast für das Nichteingreifen der Vermutung trägt die Bank, deren Aufklärungspflichtverletzung feststeht (BGH Beschluss vom 9.3.2011, XI ZR 191/10). Der Vortrag der Beklagten reicht nicht dazu aus, das Nichteingreifen der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens festzustellen. Die Beklagte behauptet im Hinblick darauf, dass der Kläger nach steueroptimierten Anlagemöglichkeiten gesucht habe, dass der Kläger auch bei Kenntnis von den von der Beklagten bezogenen Provisionen und deren Höhe die streitgegenständlichen Beteiligungen gezeichnet hätte. Bereits zuvor habe der Kläger – was unstreitig ist - mehrere Immobilienfonds und einen Medienfonds gezeichnet. Allein aus dem Umstand, dass der Kläger nach steueroptimierten Anlagemöglichkeiten gesucht habe und bereits vor den streitgegenständlichen Beteiligungen Immobilienfonds und einen Medienfonds gezeichnet hat, lässt sich in Bezug auf einen Entscheidungskonflikt bei ordnungsgemäßer Aufklärung über Rückvergütungen nichts herleiten. Insbesondere ist weder dargetan noch ersichtlich, dass der Kläger die früheren Fondsbeteiligungen in Kenntnis fließender Rückvergütungen gezeichnet hätte. Konkrete Handlungsalternativen, die einen Entscheidungskonflikt bei dem Kläger hätten begründen können, hat die Beklagte damit nicht dargetan, sondern allenfalls abstrakte die Möglichkeit aufgezeigt, der Kläger hätte in Kenntnis der Rückvergütungen die Anlagen dennoch zeichnen können. Dies genügt aber den Anforderungen des Bundesgerichtshof an eine konkret auf den Einzelfall bezogene Darstellung der Handlungsalternativen und des Entscheidungskonfliktes nicht (BGH, Beschlüsse vom 09.03.2011 und 19.07.2011, jeweils XI ZR 191/10, zit. nach juris; OLG Celle, Urteil vom 21.04.2010, 3 U 202/09, zit. nach juris). Die Vermutung des aufklärungsrichtigen Verhaltens ist bereits nach dem Vortrag der Beklagten nicht erschüttert, so dass den diesbezüglichen Beweisantritten der Beklagten nicht nachgegangen werden musste.
1165.
117Den Kläger trifft kein Mitverschulden an der Schadensentstehung. Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger hätte, wenn es ihm so entscheidend auf die Frage angekommen wäre, ob die Beklagte eine Provision erhalte, dies nachfragen müssen, verfängt nicht. Denn die Beklagte hat gerade gegen ihre Pflicht, den Anleger ungefragt über die von ihr bezogenen Provisionen aufzuklären, verstoßen. Diese Pflicht würde ad absurdum geführt, wenn man nun auf der Ebene des Mitverschuldens, einen Verschuldensvorwurf gegen den Anleger konstruieren würde, wenn dieser sich nicht seinerseits nach Provision erkundigt.
1186.
119Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Schadenersatzansprüche des Klägers nicht verjährt. Gemäß § 195 BGB beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre. Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Beklagte hat jedoch nicht schlüssig dargetan, dass und ab wann der Kläger konkret Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen hatte bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Diese Darlegung hätte konkret bezogen auf den Einzelfall und die jeweilige schadensersatzbegründende Pflichtverletzung erfolgen müssen und kann daher nicht durch die Bezugnahme auf den mit der Anlage B 2 vorgelegten Bescheid des Ombudsmanns des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken ersetzt werden. Darüber hinaus lassen sich diesem Bescheid auch keine Erwägungen entnehmen, die eine Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Klägers wegen Verletzung der Pflicht zur Aufklärung über den Bezug von Provisionen begründen könnten. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006 zu Rückvergütungen würde zur grob fahrlässigen Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände führen, greift diese Argumentation nicht durch. Selbst wenn man davon ausgeht, der Kläger hätte im Jahr 2006 zur Kenntnis nehmen können und müssen, dass Banken haften, wenn sie ihre Kunden nicht darüber aufklären, dass sie für die Vermittlung der Kapitalanlage Rückvergütungen erhalten, ist dies nur die Kenntnis einer Rechtsfolge. Damit trägt die Beklagte nicht vor, dass der Kläger im Jahr 2006 auch wusste, dass ihm ein solcher Anspruch zusteht. Dafür hätte der Kläger neben der Kenntnis der Rechtslage im Jahr 2006 auch wissen müssen, dass die Beklagte bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Anlage Rückvergütungen erhalten hat.
1207.
121Die Beklagte hat den Kläger so zu stellen, als hätte dieser die streitgegenständliche Beteiligung nicht gezeichnet.
122Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der geltend gemachten geleisteten Einlagen von 51.927,00 € (N2) und 59.263,30 € (N3).
123Im Wege des Vorteilsausgleichs hat der Kläger die durch die Zeichnung erlangten Vorteile, die Beteiligung an der N2 und N3 in Höhe eines Nominalbetrages von 95.000,00 € (N2) und 100.000,00 € (N3), an die Beklagte herauszugeben.
124Etwaige aufgrund der Beteiligung erzielte Steuervorteile muss sich der Kläger dagegen nicht anrechnen lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss sich ein Anleger im Wege des Vorteilsausgleichs die im Zusammenhang mit der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile auf seinen Schaden anrechnen lassen, es sei denn, die Ersatzleistung unterliegt ihrerseits der Besteuerung. Trotz Versteuerung der Ersatzleistung sind die erzielten Steuervorteile allerdings ausnahmsweise doch anzurechnen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Anleger derart außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat, dass es unbillig wäre, ihm diese zu belassen (BGH Urteil vom 31.5.2010, II ZR 30/09). Die Beklagte kann bereits nicht darlegen, dass es zu dauerhaften Steuervorteilen bei dem Kläger gekommen ist. Insofern kommt es auf die Frage, ob die Ersatzleistung der Besteuerung unterliegt oder außergewöhnlich hohe Steuervorteile erzielt wurden, nicht an. Die Frage, ob etwaige Steuervorteile bei dem Kläger verbleiben, kann noch nicht endgültig beantwortet werden. Die steuerrechtliche Problematik der Fonds ist durch die Finanzbehörden und -gerichte noch nicht abschließend geklärt. Die noch offene Frage, ob überhaupt dauerhaft Steuervorteile bei dem Kläger verbleiben, geht zu Lasten der Beklagten, da sie die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der Vorteilsausgleichung trägt.
125Im Rahmen der Vorteilsausgleichung sind die von dem Kläger erhaltenen Ausschüttungen in Abzug zu bringen. Nachdem der Kläger in der Replik korrigierte und ergänzende Angaben zu den erhaltenen Ausschüttungen gemacht hat, hat die Beklagte diese weder bestritten, noch hat sie im Rahmen der ihr bei der Vorteilsausgleichung obliegenden Darlegungs- und Beweislast andere Ausschüttungsbeträge dargelegt und bewiesen. Danach sind in Bezug auf die N2 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 12.981,75 € in Abzug zu bringen und hinsichtlich der N3 Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 12.563,66 €. Danach kann der Kläger hinsichtlich der N2 einen Schadensersatzbetrag von 38.945,25 und hinsichtlich der N3 einen Schadensersatzbetrag von 46.699,64 € verlangen.
126II.
127Einen Anspruch auf entgangenen Gewinn nach § 252 BGB hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Sein pauschaler Vortrag, er hätte die Gelder ansonsten festverzinslich angelegt und so eine Rendite in Höhe von 4 % p. a. erzielt, reicht insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger unstreitig über Anlagen sowohl in Immobilien und Lebensversicherungen als auch in mehrere andere Fondsbeteiligungen verfügte, nicht aus. Es ist insofern erforderlich, dass zumindest ansatzweise vorgetragen wird, dass und welche andere konkrete Anlage mit dem Kapital erfolgt wäre. Es kommt dabei auf den konkreten Einzelfall und damit die jeweiligen Umstände des Anlegers an, die dieser vorzutragen hat. Es ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Anlage um eine solche handelt, die jedenfalls auch der Erzielung von Steuervorteilen diente. Insofern kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger sein Kapital in eine entsprechende Anlageform eingebracht hätte, die als solche nicht risikolos bzw. nicht mit einer festen Renditezusage ausgestattet gewesen wäre (im Anschluss an OLG Frankfurt Urteil vom 3.1.2011, 23 U 259/09). Denn im Falle der Anlage in eine steueroptimierten Anlage kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass der Anleger von vergleichbaren ebenfalls risikobehafteten Anlagen Abstand genommen hätte (BGH NJW 2004, 1868/1870).
128III.
129Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
130IV.
131Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Ersatz außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 2.578,14 € aus § 280 Abs. 1 BGB aufgrund der unter dem 28.07.2010 erfolgten außergerichtlichen anwaltlichen Aufforderung zur Anerkennung der streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche. Der von ihm geforderte Betrag in Höhe von 4.162,62 € steht ihm nicht vollständig zu, da er seine außergerichtlichen Kosten berechtigter Weise nur auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 118.126,64 € und einer Gebühr in Höhe des 1,5 fachen Gebührensatzes verlangen kann. Die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger rechtfertigt es, über die üblicherweise anzusetzende 1,3 fache Gebühr hinauszugehen. Im Übrigen steht dem Rechtsanwalt für Rahmengebühren bei der Festlegung der konkreten Gebühr ein Spielraum von 20% (sogenannte Toleranzgrenze) zu (BGH Urteil vom 13.1.2011, IX ZR 110/10). Eine weitere Erhöhung hält die Kammer dagegen für nicht gerechtfertigt. Dass der Klägervertreter vorgerichtlich umfangreich tätig gewesen ist, wird weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Angesichts der durch zahlreiche Urteile in anderen Verfahren geklärten Rechtslage kann jedenfalls für den hier zu beurteilenden Fall nicht mehr von einer besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeit bei der Bearbeitung ausgegangen werden.
132V.
133Die Feststellungsanträge zu 2. und 6. sind begründet. Die Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden des Klägers ergibt sich aus der Verletzung ihrer Aufklärungspflicht über die erhaltene Rückvergütung im Rahmen der Anlageberatung bezüglich der N2 und N3.
134VI.
135Die Feststellungsanträge zu 4. und 8. sind begründet. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Fondsanteile in Verzug. Jedenfalls mit Zustellung der Klageschrift hat der Kläger der Beklagten ein wörtliches Angebot auf Übertragung der Fondsanteile gemacht, § 295 BGB. Die Beklagte hat spätestens mit Zugang des Schriftsatzes zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft und dem Klageabweisungsantrag dieses Angebot abgelehnt.
136VII.
137Da die Ausschüttung vom 25.02.2011 nach Anhängigkeit, aber vor der Rechtshängigkeit der Klage am 15.03.2011 erfolgt ist, ist davon auszugehen, dass der Kläger im Hinblick auf § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht eine teilweise Erledigung, sondern eine teilweise Klagerücknahme hinsichtlich des Ausschüttungsbetrages von 12.981,75 € in Bezug auf den Klagantrag zu 1 erklärt. Dies hat zur Folge, dass der Beklagten insoweit die Kosten gemäß § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aufzuerlegen sind, da dem Kläger bis zu der am 25.02.2011 erfolgten Ausschüttung von 12.981,75 € auch in dieser Höhe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustand.
138VIII.
139Die teilweise einseitige Erledigungserklärung des Klägers ist – soweit der Zahlungsantrag zu 5 betroffen ist - als Feststellungsantrag auszulegen, dass der Rechtsstreit in Bezug auf den Zahlungsantrag zu 5 in Höhe von 1.777,80 € in der Hauptsache erledigt ist. Dieser Feststellungsantrag wäre jedoch nur begründet, wenn die Klage auch in Höhe dieser Beträge zulässig und begründet gewesen wäre und durch ein erledigendes Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden wäre. Hier ist die ursprüngliche Leistungsklage des Klägers aber nicht durch den Eintritt eines erledigenden Ereignisses nach Rechtshängigkeit unbegründet geworden. Die Ausschüttungen an den Kläger hinsichtlich der N3 erfolgten in den Jahren 2004 bis 2009 und damit vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage
140am 15.03.2011.
141VIII.
142Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 3, 709 ZPO.
143Streitwert:
144161.271,23 € bis zum 04.08.2011
145(Antrag zu 1: 70.188,23 €, Antrag zu 2: 9.500,00 € ; Antrag zu 5: 71.583,00 €; Antrag zu 6: 10.000,00 €)
146152.144,85 € ab dem 05.08.2011
147(Antrag zu 1: 57.206,48 €; Antrag zu 2: 9.500,00 €; Antrag zu 5: 75.438,37 €; Antrag zu 6: 10.000,00 €)
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