Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 10 O 563/11
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) zu 45 % und der Kläger zu 2) zu 55 %.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
3Die Kläger begehren von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an der X
4Die Beklagte zu 1) ist Rechtsnachfolgerin der als XX firmierenden Initiatorin des streitgegenständlichen Fonds und Prospektherausgeberin. Außerdem hält sie alle Anteile an der Prorendita Vier Verwaltungsgesellschaft mbH, der Komplementärin der Fondsgesellschaft, die vor Herausgabe des Fondsprospektes anstelle der bisherigen Komplementärin in die Gesellschaft eintrat. Die Beklagte zu 2) verwaltet als Treuhandkommanditistin den streitgegenständlichen Fonds. Der Fonds sollte britische Kapitallebensversicherungen im Zweitmarkt erwerben und mit diesen Handel treiben. Die Beklagte zu 3) ist vermittelnde Bank.
5Der Kläger zu 1) zeichnete am 11./24.01.2007 Anteile an der XX in Höhe eines Beteiligungsbetrages von 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Agio. Der Zeichnung ging Anfang Januar 2007 ein Gespräch zwischen dem Kläger zu 1) und einem Mitarbeiter der Beklagten zu 3), Herr X (im Folgenden: Berater), voraus. Im Rahmen dieses Gesprächs erhielt der Kläger zu 1) einen Verkaufsprospekt der X ausgehändigt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Zeichnung und der Beteiligung wird auf die Beitrittserklärung (Anlage K 6) sowie auf den Verkaufsprospekt Bezug genommen (Anlage K 1).
6Bereits vor dieser Zeichnung investierte der Kläger zu 1) in verschiedene geschlossene Fonds, darunter Immobilien-, Schiffs- und Aktienfonds. Insoweit wird auf die Darstellung im Schriftsatz der Beklagten zu 3) vom 29.10.2012, dort S. 3, verwiesen.
7Der Kläger zu 2) zeichnete am 24.01.2007 Anteile an der X in Höhe eines Beteiligungsbetrages von 25.000,00 EUR zzgl. 5 % Agio. Der Zeichnung ging Mitte Januar 2007 ein Gespräch zwischen dem Kläger zu 2) und einem Mitarbeiter der Beklagten zu 3), Herrn X, voraus. Im Rahmen des Gesprächs erhielt auch der Kläger zu 2) einen Verkaufsprospekt der X ausgehändigt. Wegen der Einzelheiten wird insoweit ebenfalls auf die Beitrittserklärung (Anlage K 7) sowie den Verkaufsprospekt verwiesen. (Anlage K 1).
8Die Kläger halten den Verkaufsprospekt aus mehreren Gründen für fehlerhaft.
9Insbesondere tragen die Kläger in der Klageschrift vor, der Prospekt werbe damit, dass die bereits gutgeschriebenen Jahresboni in Zukunft nicht mehr gestrichen werden könnten. Der Prospekt weise jedoch nicht darauf hin, dass dies nur für den Fall gelte, dass die Versicherungen bis zum Laufzeitende fortgeführt werden könnten. Der Prospekt weise zudem nicht darauf hin, dass abweichend zu deutschen Lebensversicherungen bei Rückgabe der Policen an die Versicherungsgesellschaft so hohe Marktanpassungsabschläge vorgenommen werden könnten, dass der Rückkaufswert unter den Kaufpreis fallen könne. Ferner werde im Prospekt verschwiegen, dass Teile der Ausgabeaufschläge, die der Zeichner über die Bank an die Fondgesellschaft zahle, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen würden, so dass diese ein für den Kunden nicht erkennbares besonderes Interesse habe, gerade diese Beteiligung zu empfehlen. Es würden also Teile der Ausgabeaufschläge an die vermittelnde Bank zurücküberwiesen, ohne dass dies im Prospekt erwähnt sei. Mit Schriftsatz vom 18.07.2012 rügen die Kläger weitere Prospektfehler. Auf den Inhalt des Schriftsatzes wird insoweit Bezug genommen (Bl. 126 ff. GA).
10Nach Ansicht der Kläger ist die Beklagte zu 1) als Prospektherausgeberin und Gründerin einer Publikums-KG für die vorgenannten Prospektfehler verantwortlich. Die Haftung der Beklagten zu 2) ergebe sich aus ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin. Darüber hinaus müsse sich die Beklagte zu 2) die Prospektangaben der Beklagten zu 1) zurechnen lassen, denn die Vermittlung der Beteiligung sei direkt über die Beklagte zu 1) als Erfüllungsgehilfin erfolgt.
11Eine Haftung der Beklagten zu 3), die allein der Kläger zu 1) in Anspruch nimmt, ergebe sich – in Bezug auf den Kläger zu 1) – aus Schlechterfüllung des mit ihm geschlossenen Anlageberatungsvertrages. Hierzu behauptet der Kläger zu 1), er habe gegenüber dem Berater geäußert, eine sichere Anlage zur Altersvorsorge abschließen zu wollen. Daraufhin habe der Berater ihm in dem Beratungsgespräch die Anlage als seriöse und sichere Anlage zum Vermögensaufbau oder für eine zusätzliche Altersvorsorge empfohlen. Nach Auskunft des Beraters würde die Anlage gleichermaßen Rendite mit Sicherheit verbinden. Über die Risiken der Beteiligung, insbesondere das Totalverlustrisiko und die unsichere Renditeerwartung, habe der Berater nicht informiert. Auch habe die Beklagte zu 3) keine Plausibilitätsprüfung des Verkaufsprospekts vorgenommen. Darüber, welche Innenprovisionen die Beklagte zu 3) erhalten würde, habe sie ebenfalls nicht aufgeklärt.
12Mit dem Zahlungsantrag ihrer Klage beanspruchen die Kläger die Erstattung des von ihnen aufgewendeten Eigenkapitals zzgl. Agio und Ersatz entgangenen Gewinns.
13Die Kläger beantragen,
141. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 24.949,59 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger zu 1) gehaltenen Anteile der X im Nennwert von 20.000,00 EUR zu zahlen;
152. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger zu 2) 31.186,99 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Kläger zu 2) gehaltenen Anteile der X im Nennwert von 25.000,00 EUR zu zahlen;
163. festzustellen, dass sich die Beklagten bezüglich des Klägers zu 1) und die Beklagten zu 1) und 2) bezüglich des Klägers zu 2) hinsichtlich der Übertragung der in Antrag zu Ziff. 1 genannten Anteile im Annahmeverzug befinden;
174. die Beklagten bezüglich des Klägers zu 1) und die Beklagten zu 1) und zu 2) bezüglich des Klägers zu 2) zu verurteilen, diese von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus den von ihnen – den Klägern – gehaltenen Anteilen an der X resultieren.
18Die Beklagten beantragen,
19die Klage abzuweisen.
20Widerklagend beantragt die Beklagte zu 3) hilfsweise,
21festzustellen, dass sämtliche dem Kläger zu 1) über die bereits berücksichtigten Ausschüttungen hinaus zugeflossenen oder nach Schluss der mündlichen Verhandlung zufließenden Ausschüttungen, die ihren Grund in der Beteiligung des Klägers zu 1) an der X haben, von der Zahlungsverpflichtung der Beklagten zu 3) abzuziehen bzw., soweit die Forderung dann bereits beglichen worden sein sollte, an die Beklagte zu 3) zu zahlen sind.
22Der Kläger zu 1) beantragt,
23die Hilfswiderklage abzuweisen.
24Die Beklagten wenden Verjährung ein und stellen Prospektfehler in Abrede. Der Prospekt kläre über alle mit der Beteiligung verbundenen Risiken auf. Ohnehin sei die Beklagte zu 2) schon nicht für die Richtigkeit des Verkaufsprospekts verantwortlich, da sie weder an der Entwicklung der Konzeption des Beteiligungsangebots noch an der Erstellung des Verkaufsprospekts mitgewirkt habe. Genau wie die Beklagte zu 1) sei sie nicht mit dem Vertrieb der Beteiligungen an der Fondsgesellschaft beauftragt worden und habe auch keine Vertriebsverträge mit Dritten abgeschlossen. Dies ergebe sich auch eindeutig aus dem Verkaufsprospekt. Die Beklagte zu 2) habe rein administrative Funktionen übernommen. Von etwaigen Prospektfehlern hätten sie – die Beklagten – ohnehin keine Kenntnis gehabt. Für eine Haftung der Beklagten zu 1) fehle es an der Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens der Kläger, denn die Beklagte zu 1) habe keine über die Erstellung des Verkaufsprospekts hinausgehende Rolle im Verhältnis zu den Klägern gespielt.
25Die Beklagte zu 3) trägt vor, der Kläger zu 1) sei von dem Berater anhand des vollständigen und fehlerfreien Prospekts rechtzeitig und richtig über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände aufgeklärt worden. Im Übrigen handele es sich bei dem – unstreitig als Steuerberater tätigen – Kläger zu 1) um einen versierten und risikobereiten Anleger mit Anlageerfahrung hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlageform sowie Akten und Aktienfonds. Insbesondere habe der Kläger zu 1) von den Vermittlungsprovisionen gewusst. Der Berater habe ihn hierüber nochmals aufgeklärt.
26Die Beklagte zu 3) ist ferner der Ansicht, es sei bereits kein Anlageberatungsvertrag zwischen dem Kläger zu 1) und ihr – der Beklagten zu 3) – zustande gekommen, da der Kläger zu 1) lediglich Auskünfte gewünscht habe. Im Übrigen erhebt auch die Beklagte zu 3) die Einrede der Verjährung. Spätestens mit Ablauf des Jahres 2007 habe der Kläger zu 1) Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den behaupteten Aufklärungspflichtverletzungen gehabt.
27Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 17.01.2013 (Bl. 265 ff. GA) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen X sowie Vernehmung des Klägers zu 1) als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.05.2013 (Bl. 303 ff. GA) verwiesen.
28Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die zulässige Klage ist unbegründet.
31I.
32Die Kläger können die Erstattung des von ihnen aufgewendeten Eigenkapitals zzgl. Agio und Ersatz entgangenen Gewinns von den Beklagten nicht verlangen.
331.
34Durchsetzbare Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) bestehen nicht.
35a)
36Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) im Zusammenhang mit einer Prospekthaftung im engeren Sinne sind verjährt. Die im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Ansprüche aus Prospekthaftung im engeren Sinne verjähren in Anlehnung an die spezialgesetzliche Prospekthaftung gemäß § 13 VerkProspG, § 46 BörsG ein Jahr nach Kenntnis der Unrichtigkeit, höchstens aber in drei Jahren, wobei nach der Rechtsprechung des BGH für den Verjährungsbeginn nicht auf die Veröffentlichung des Prospekts, sondern auf den Erwerb der Anteile abzustellen ist (vgl. BGH, Urteile vom 14.01.2002, Az.: II ZR 40/00, vom 28.02.2008, Az.: III ZR 149/07, und vom 07.12.2009, Az.: II ZR 15/08). Die danach geltende Höchstfrist von drei Jahren seit dem Beitritt der Kläger im Jahr 2007 war vor Klageerhebung bereits verstrichen.
37b)
38Auch haftet die Beklagte zu 1) nicht nach den Grundsätzen der Prospekthaftung über die Prospekthaftung im weiteren Sinne.
39Nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne, die als Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB an die (vor-)vertraglichen Beziehungen zum Anleger anknüpfen (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az.: II ZR 211/09), haftet grundsätzlich nur, wer Vertragspartner des Anlegers ist oder werden soll; außerdem haftet daneben ausnahmsweise derjenige, der als für den (potentiellen) Vertragspartner auftretender Vertreter oder Beauftragter (Sachwalter) in Erscheinung getreten ist und dabei entweder für seine Person Vertrauen in Anspruch genommen und die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat oder ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäftes hatte (vgl. etwa BGH, Urteile vom 23.04.2012, Az.: 211/09, und vom 04.05.2004, Az.: XI ZR 41/03). Die danach erforderlichen (vor-)vertraglichen Beziehungen bestehen zwischen Gründungsgesellschaftern und dem über einen Treuhänder beitretenden Kommanditisten jedenfalls dann, wenn der Treugeber nach dem Gesellschaftsvertrag wie ein unmittelbar beigetretener Kommanditist behandelt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az.: II ZR 211/09).
40Nach diesen Maßgaben kommt eine Haftung der Beklagten zu 1), die der bereits am 21.08.2003 gegründeten Fondsgesellschaft erst am 28.09.2006 als Kommanditistin beigetreten ist (vgl. Anlage K 13), nicht in Betracht. Die Beklagte zu 1) sollte – auch nicht mittelbar über die Treuhänderin – weder Vertragspartner der Anleger werden noch ist sie für die potentiellen Vertragspartner aufgetreten und hat für sich besonderes Vertrauen in Anspruch genommen oder hatte ein unmittelbares eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäftes.
41Nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne haften könnte allenfalls die X. Auch wenn diese ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs (Anlage K 13) formell nicht Gründungsgesellschafter war, dürfte sie aufgrund ihrer Beteiligung an der „Umgründung“ der Gesellschaft im Juni 2006 dennoch als solcher zu behandeln sein, zumal sie in § 4 des Gesellschaftsvertrages den Anlegern so entgegen getreten ist.
42Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da eine Haftung der X nicht zu einer Haftung der Beklagten zu 1) führt, selbst wenn diese deren alleinige Anteilseignerin ist. Die Stellung der Beklagten zu 1) als „Hintermann“ der X vermag zwar unter Umständen eine Haftung der Beklagten zu 1) als Prospektverantwortliche nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im engeren Sinne zu begründen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.02.2010, Az.: ZR 42/08); solche Ansprüche wären jedoch – wie ausgeführt – verjährt. Ansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne, also aus Verschulden bei Vertragsschluss nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB, vermag die Stellung als „Hintermann“ hingegen nicht auszulösen. Nach dem Trennungsgrundsatz, der nur in den – hier nicht gegebenen – Ausnahmefällen der Durchgriffshaftung durchbrochen wird, ist strikt zwischen der Vermögenssphäre eines rechtsfähigen Subjektes wie einer juristischen Person und der Vermögenssphäre der hinter ihr stehenden (juristischen oder natürlichen) Personen zu unterscheiden mit der Folge, dass für die Verbindlichkeiten einer rechtlich selbständigen juristischen Person im Verhältnis zu Dritten nur diese selbst – und nicht deren Hinterleute – einzustehen haben (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2007, Az.: II ZR 239/05). Eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) als „Mutter“ der X aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB scheidet mithin aus.
432.
44Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) haben die Kläger ebenfalls nicht. Die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten zu 2) aufgrund ihrer Funktion als Treuhandkommanditistin liegen nicht vor.
45a)
46Als Treuhandkommanditisten traf die Beklagte zu 2) die Verpflichtung, künftige Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind, und sie insbesondere über regelwidrige Auffälligkeiten zu informieren (vgl. BGH, Urteile vom 15.07.2010, Az.: III ZR 321/08, vom 13.07.2006, Az.: III ZR 361/04, und vom 01.12.1994, Az.: III ZR 93/93). Da die Beklagte zu 2) selbst nicht zu den Prospektverantwortlichen zählt, musste sie grundsätzlich nur die Umstände offenbaren, die ihr bekannt waren oder bei gehöriger Prüfung hätten bekannt sein müssen (vgl. BGH, Urteile vom 15.07.2010, Az.: III ZR 321/08, und vom 14.01.2002, Az.: II ZR 40/00), wobei sie allerdings gehalten war, sich Kenntnis über die rechtlichen und wirtschaftlichen Grundlagen der Gesellschaft zu verschaffen, derer sie zur sachgerechten Erfüllung ihrer Treuhänderpflichten bedurfte (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.1982, Az.: II ZR 124/81). Auch für sie als Treuhandkommanditisten gelten aber nicht dieselben (strengen) Maßstäbe wie für die Anlagegesellschaft, die in eigener Verantwortung die rechtliche Einstufung ihrer Geschäftstätigkeit umfassend und unter Inanspruchnahme aller zu Gebote stehenden Erkenntnismöglichkeiten prüfen muss (vgl. dazu BGH, Urteil vom 01.12.2011, Az.: III ZR 56/11).
47Einer Haftung nach diesen Grundsätzen steht die Erklärung in § 13 Nr. 2 S. 3 des Treuhandvertrages, der zufolge die Beklagte zu 2) das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondsstruktur nicht beteiligt hat, nicht von vorneherein entgegen. Hierdurch könnte sich die Beklagte jedenfalls nicht ohne Rücksicht auf ihren wirklichen Kenntnisstand von ihrer Haftung befreien (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2006, Az.: III ZR 361/04).
48Daran gemessen haben die Kläger Pflichtverletzungen der Beklagten zu 2) schon nicht schlüssig dargelegt. Es wird nicht deutlich, weshalb die Beklagte zu 2) in ihrer Funktion als Treuhandkommanditistin die von den Klägern erhobenen Beanstandungen zumindest hätte erkennen müssen. Unabhängig davon sind für die Kammer die mit der Klageschrift gerügten Prospektfehler nicht ersichtlich.
49Insbesondere wird der potentielle Anleger – entgegen der Ansicht der Kläger – sowohl auf die in der Regel geringen Rückkaufswerte der Lebensversicherungspolicen als auch auf den Umstand hingewiesen, dass die zugewiesenen Jahresboni lediglich im Falle vertragsgerechter Fortführung der Lebensversicherung garantiert sind. Auf Seite 20 des Prospekts heißt es unter der Überschrift „Bewertung britischer Zweitmarkt-Lebensversicherungen“ insoweit:
50„Die Rückkaufswerte sind grundsätzlich sehr gering und spiegeln nicht die geleisteten Prämienzahlungen und die durch die Versicherungsgesellschaft erwirtschafteten Überschüsse wider. Die tatsächliche Wertentwicklung, der „innere Wert“ einer Police, reflektiert dagegen die geleisteten Prämienzahlungen, die jährlich zugewiesenen und bei vertragsgerechter Fortführung der Lebensversicherung im Folgenden erwarteten garantierten Jahresboni und den erwarteten Schlussbonus.“
51Zudem wird in dem Prospekt im Zusammenhang mit der Darstellung des Fremdkapitals deutlich darauf hingewiesen, dass die Höhe der Rückkaufswerte Schwankungen unterliegt. So heißt es auf Seite 32 des Prospekts:
52„Die Rückkaufswerte unterliegen Schwankungen. Davon abhängig variieren das während der Investitionsphase in Anspruch genommene Fremdkapital und der Gesamtfinanzierungsrahmen.“
53Da auch im Übrigen die erheblichen Risiken der Beteiligung in dem Prospekt (insbesondere auf Seite 11 ff.) übersichtlich dargestellt und nicht verharmlost werden, ist nicht ersichtlich, welche weiteren Informationen die Beklagte zu 2) in ihrer Funktion als Treuhandkommanditistin den Anlegern hätte zukommen lassen sollen.
54Der Prospekt ist darüber hinaus nicht deshalb fehlerhaft – und demzufolge die Beklagte zu 2) auch nicht zu einer Richtigstellung oder Ergänzung der Angaben verpflichtet –, weil die an die Beklagte zu 3), über die die Kläger die Beteiligungen zeichneten, gezahlten Provisionen darin nicht ausgewiesen sind. Anders als die Pflicht zur ungefragten Aufklärung über Vertriebsprovisionen und sonstige Weichkosten, die insgesamt eine Größenordnung von 15 % des einzubringenden Kapitals überschreiten und damit aufgrund ihrer Größenordnung Rückschlüsse auf die Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen (vgl. BGH, Urteile vom 03.03.2011, Az.: III ZR 170/10, und vom 01.03.2004, Az.: II ZR 88/02) und die auch dem Kapitalsuchenden im Rahmen der von ihm geschuldeten vollständigen und richtigen Information des Anlegers über die wesentlichen Eigenschaften der Anlage obliegt, betrifft die davon zu unterscheidende Offenlegungspflicht der von dem Anlageberater für die Vermittlung der Anlage vereinnahmten Provisionen nicht die anlagegerechte Beratung, sondern stellt eine Konkretisierung der allgemeinen Aufklärungspflicht über (mögliche) Interessenkollisionen dar (vgl. BGH, Urteile vom 15.04.2010, Az.: III ZR 196/09, und vom 26.06.2012, Az.: XI ZR 316/11) und soll den Anleger in die Lage versetzen, die Beratungsleistung des Beraters zutreffend einschätzen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 03.03.2011, Az.: III ZR 170/10). Sie obliegt regelmäßig allein dem Berater – hier also der Beklagten zu 3) – selbst (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013, Az.: XI ZR 240/10), während selbst der Kapitalsuchende nur unter besonderen – hier nicht ersichtlichen – Umständen ausnahmsweise zu einer Aufklärung zur Zahlung solcher Provisionen verpflichtet sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2011, Az.: II ZR 277/09). Für den Treuhandkommanditisten, der ebensowenig wie der Kapitalsuchende eine anlegergerechte Beratung schuldet, sondern – wie aufgezeigt – zu einer Aufklärung (nur) über alle wesentlichen Punkte verpflichtet ist, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind, gilt nichts anderes.
55Soweit Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) hinsichtlich der von den Klägern mit Schriftsatz vom 18.07.2012 erstmalig gerügten Prospektfehler geltend gemacht werden, sind diese jedenfalls verjährt.
56Nach § 13 Nr. 3 S. 2 des Treuhandvertrages verjähren – sofern nicht grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten der Beklagten zu 2) oder Ansprüche wegen physischer Schäden in Rede stehen – etwaige Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) spätestens fünf Jahre nach ihrer Entstehung. Die darin liegende Verkürzung der Frist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist nicht zu beanstanden. Anderes gilt nur bei einer Verkürzung der Frist auf weniger als fünf Jahre (vgl. BGH, Urteile vom 29.05.2008, Az.: III ZR 59/07, und vom 13.07.2006, Az.: III ZR 361/04). Die Vereinbarung der Verkürzung von Verjährungsfristen in AGB ist nicht schlechthin ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 29.05.2008, Az.: III ZR 59/07), auch nicht, wenn sie konkurrierende deliktische Ansprüche erfassen sollten (vgl. BGH, a.a.O.). Insofern bestehen hier gegen die Wirksamkeit der Bestimmung keine durchgreifenden Bedenken, weil eine deliktische Haftung der Beklagten zu 2) ohnehin nur unter engen subjektiven Voraussetzungen in Frage kommt und einer Haftung der Beklagten zu 2) aus § 826 BGB oder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der vorsätzlichen Verletzung eines Schutzgesetzes die Regelung in § 13 Nr. 3 S. 2 des Treuhandvertrages wegen dessen S. 3 ohnehin nicht entgegen steht.
57Soweit die Kläger unter Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.12. 2003, Az.: III ZR 118/03, die Bestimmung für überraschend hält, übersehen sie, dass dies in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fall nur deshalb galt, weil die dortige Klausel Dritte mit einbezog (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2003, Az.: III ZR 118/03), was hier nicht der Fall ist. Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Klausel auch nicht gemäß §§ 309 Nr. 12 b), 242 BGB unwirksam. Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen dieser Vorschriften überhaupt erfüllt sind, bezieht sich die von den Klägern angegriffene Formulierung in § 13 Nr. 3 S. 1 des Treuhandvertrages, die eine Geltendmachung der Ansprüche durch eingeschriebenen Brief innerhalb einer sechs monatigen Ausschlussfrist vorsieht, nicht auf die hier maßgebliche Regelung des § 13 Nr. 3 S. 2 des Treuhandvertrages. Die Ausschlussfrist bezieht sich ersichtlich nur auf den Fall der kenntnisabhängigen Verjährungsfrist von drei Jahren, nicht hingegen auf die von einer etwaigen Kenntniserlangung unabhängige und allein auf die Entstehung der Ansprüche abstellende Frist des § 13 Nr. 3 S. 2 des Treuhandvertrages von fünf Jahren.
583.
59Durchsetzbare Ansprüche gegen die Beklagte zu 3) gemäß § 280 Abs. 1 BGB stehen dem Kläger zu 1) ebenfalls nicht zu.
60a)
61Der Kläger zu 1) und die Beklagten zu 3) haben einen Anlageberatungsvertrag geschlossen. Regelmäßig kommt ein solcher stillschweigend zustande, wenn im Zusammenhang mit der Anlage eines Geldbetrages tatsächlich ein Beratungsgespräch zwischen Kreditinstitut und Anlageinteressent stattfindet (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2002, Az.: XI ZR 218/01). Dies ist hier der Fall. Die pauschale Behauptung der Beklagten zu 3), der Kläger zu 1) habe Anfang Januar 2007 lediglich Auskünfte gewünscht, ist mangels hinreichend substantiierten Vortrags insoweit unbeachtlich. Darüber hinaus werden Banken regelmäßig als Anlageberater und nicht lediglich als Anlagevermittler tätig (BGH, Urteil vom 09.03.2011, Az.: XI ZR 191/10).
62b)
63Aus einem Anlageberatungsvertrag ist der Berater zur vollständigen und richtigen Anlageberatung verpflichtet. Inhaltlich hängt die konkrete Ausgestaltung der dem Berater obliegenden Pflichten von den Umständen des Einzelfalles ab, namentlich der Person des Kunden einerseits und dem konkreten Anlageprodukt andererseits (vgl. BGH, Urteil vom 06.07.1993, Az.: XI ZR 12/93). Zu den in der Person des Kunden liegenden, die sog. anlegergerechte Beratung prägenden Umständen gehören insbesondere dessen u.a. durch seine Anlageerfahrung bestimmter Wissensstand, seine Risikobereitschaft und sein Anlageziel. Hinsichtlich des Anlageobjektes hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dies sind sowohl allgemeine Risiken wie die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes als auch spezielle Risiken, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben, also bei Finanzmarktprodukten etwa Kurs-, Zins- und Währungsrisiko (vgl. BGH, ebd.). Dabei schuldet der Berater nicht nur eine zutreffende, vollständige und verständliche Mitteilung der für den Anlageentschluss relevanten Tatsachen, sondern darüber hinaus eine fachmännische Bewertung, um eine dem Anleger und der Anlage gerecht werdende Empfehlung abgeben zu können (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2009, Az.: XI ZR 338/08). Während die dem Kunden geschuldete Aufklärung über die relevanten Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Kunde (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2006, Az.: XI ZR 63/05).
64Die danach von dem Berater geschuldete Aufklärung kann grundsätzlich sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Die Aushändigung eines Verkaufsprospekts ist eines von mehreren Mitteln für den Berater, die ihm obliegende Informationspflicht zu erfüllen. Dies ist für die Informationspflicht des Anlagevermittlers anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2006, Az.: III ZR 205/05); für die Informationspflicht des Anlageberaters gilt dies ebenso. Sofern das übergebene Material nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann, genügt der Berater mit der Übergabe des Informationsmaterials seiner Aufklärungspflicht. Anderes gilt, wenn der Berater mit von dem Prospekt abweichenden mündlichen Erklärungen ein Bild zeichnet, das die schriftlichen Hinweise entwertet oder für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert (vgl. BGH, Urteil vom 19.06.2008, Az.: III ZR 159/07) oder durch mündliche Erklärungen den Eindruck erweckt, der Interessent erhalte hierdurch – mündlich – die allein maßgebliche, vollständige Aufklärung und brauche sich den Prospekt überhaupt nicht (mehr) anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2007, Az.: III ZR 145/06). Nichts Anderes kann gelten, wenn der Kunde zu erkennen gibt, das schriftliche Aufklärungsmaterial nicht zu verstehen, oder weiterführende Fragen stellt.
65Die Beweislast für eine Verletzung dieser Aufklärungs- und Beratungspflichten trägt der Kläger zu 1) als diejenige Partei, die sie behauptet. Die hierdurch für den Anleger mit dem Nachweis einer negativen Tatsache verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vortragen muss, wie im Einzelnen beraten bzw. aufgeklärt worden sein soll. Anschließend obliegt dem Anleger der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutrifft (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.2009, Az.: XI ZR 152/08).
66Die Beklagte zu 3) hat im Einzelnen vorgetragen, dass und wie der Kläger zu 1) über die mit der Anlage verbundenen Risiken anhand des Verkaufsprospekts aufgeklärt worden sein soll. Hiermit ist sie ihrer sekundären Darlegungslast ausreichend nachgekommen. Die geschilderte Aufklärung würde – wäre sie tatsächlich erfolgt – genügen, um die Beratungspflichten der Beklagten zu 3) zu erfüllen.
67Ausgehend von diesen Maßstäben vermag das Gericht nicht festzustellen, dass die Beratung des Klägers zu 1) durch den Mitarbeiter der Beklagten zu 3), den Zeugen X nicht anleger- und anlagegerecht war.
68(1)
69Eine nicht anlegergerechte Beratung lässt sich schon deswegen nicht feststellen, weil dem klägerischen Vorbringen keine konkrete Ausführungen zu den Anlagezielen des Klägers zu 1) zu entnehmen sind. Der alleinige Vortrag, der Kläger zu 1) habe eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gewollt, reicht insoweit nicht aus. Insbesondere wird diese pauschale Behauptung bereits durch das tatsächliche Anlageverhalten des Klägers zu 1) in der Vergangenheit, also in der Zeit vor der streitgegenständlichen Beteiligung, widerlegt. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 3), der von dem Kläger zu 1) nicht hinreichend qualifiziert bestritten wird, investierte der Kläger zu 1) bereits zuvor in eine Vielzahl von geschlossene Immobilien- und Schiffsfonds sowie Aktienfonds (vgl. Aufzählung im Schriftsatz der Beklagten zu 3) vom 29.10.2012, dort S. 3). Dieses Anlageverhalten verdeutlicht, dass der Kläger zu 1) durchaus bereit war, nicht unerhebliche Verluste in Kauf zu nehmen und steht in Widerspruch zu seinem pauschalen Vorbringen in diesem Rechtsstreit, allein an einer sicheren Anlage interessiert gewesen zu sein. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die Empfehlung der streitgegenständlichen Anlage dem angeblichen Risikoprofil des Klägers zu 1) widersprochen hat.
70(2)
71Der Behauptung des Klägers zu 1), der Berater habe nicht über die bestehenden erheblichen Risiken der streitgegenständliche Anlage informiert, steht entgegen, dass die Beratung nach dem eigenen Vortrag des Klägers zu 1) anhand des Verkaufsprospekts erfolgt ist und dieser Grundlage der Beratung war. Wie bereits ausgeführt werden in dem Prospekt die Risiken der Beteiligung übersichtlich und zutreffend dargestellt. Insbesondere wird bereits auf Seite 9 des Prospekts darauf hingewiesen, dass sich der Prospekt an risikobewusste Anleger wendet. Die Möglichkeit des Totalverlustes der Einlage wird auf Seite 11 des Prospekts dargestellt. Auf den Umstand, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt, wird der Anleger schließlich auf Seite 16 des Prospekts hingewiesen.
72Soweit der Kläger zu 1) meint, die Beklagte zu 3) habe ihre Pflichten dadurch verletzt, dass sie den Prospekt nicht auf Plausibilität überprüft habe und der Prospekt die Rentabilität der Anlage nicht plausibel darstelle, folgt dem die Kammer nicht.
73Zwar hat die Beklagte zu 3) im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt darauf zu kontrollieren, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit sie das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind (BGH, Urteile vom 17.02.2011, Az.: III ZR 144/10, und vom 22.03.2007, Az.: III ZR 218/06). Eine mangelnde Plausibilität des Anlagekonzepts lässt sich dem streitgegenständlichen Verkaufsprospekt jedoch nicht entnehmen.
74Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Dabei übernimmt der Prospektherausgeber jedoch grundsätzlich keine Gewähr dafür, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintritt; die Interessen des Anlegers werden dadurch gewahrt, dass Prognosen im Prospekt durch Tatsachen gestützt und ex-ante betrachtet vertretbar sein und nach den damals gegebenen Verhältnissen und unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken erstellt werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az.: II ZR 75/10). Über die Vertretbarkeitsprüfung hinausgehende Risikoabschläge, die der einer Prognose notwendig innewohnenden Unsicherheit Rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene Risikodarstellung nicht notwendig; der Prognose dürfen auch optimistische Erwartungen zugrunde gelegt werden, solange die sie rechtfertigenden Tatsachen sorgfältig ermittelt sind und die darauf gestützte Prognose aus damaliger Sicht vertretbar ist, eine realistische, kaufmännischen Erfahrungen entsprechende vorsichtige Kalkulation ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2009, Az.: XI ZR 337/08).
75Nach diesen Maßstäben sind die in dem Prospekt enthaltenen Prognoseansätze nicht zu beanstanden. Die nachträglich tatsächlich eingetretene Entwicklung ist kein Beleg für die Fehlerhaftigkeit der Prognose (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, Az.: II ZR 75/10). Fehlerhafte, nämlich unvertretbare Ansätze, werden von dem Kläger zu 1) nicht aufgezeigt. Das in dem Prospekt auf Seite 13 genannte Risiko des Zusammenbruchs der Handelsaktivitäten, das sich infolge der Finanzkrise tatsächlich realisierte, durfte bei Prospekterstellung als theoretisch betrachtet und musste ebenso wenig wie die anderen in dem Prospekt beschriebenen Risiken in die Prognoseberechnungen aufgenommen werden.
76d)
77Ob die Beklagte zu 3) eine Aufklärungspflicht über die an sie geflossenen Provisionen verletzt hat, kann dahinstehen. Die Kammer geht davon aus, dass die Provisionszahlungen für den Kläger zu 1) jedenfalls nicht anlageentscheidend und somit eine etwaige Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden nicht kausal war. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob es sich bei den hier von der Beklagten zu 3) vereinnahmten Provisionen überhaupt um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Rechtsprechung handelt und ob die Beklagte zu 3) den Kläger zu 1) hierüber ordnungsgemäß – mündlich oder schriftlich – aufgeklärt hat.
78Zwar streitet für den Kläger zu 1) im Falle einer festgestellten Aufklärungspflichtverletzung im Hinblick auf erhaltene Provisionen grundsätzlich die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. BGH, Urteile vom 02.03.2009, Az.: II ZR 266/07, und vom 12.05.2009, Az.: XI ZR 586/07). Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen. Bei ihr handelt es sich nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BGH, Urteil vom 08.05.2012, Az.: XI ZR 262/10). Nach diesen Grundsätzen trägt hier also die Beklagte zu 3) die Beweislast dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn sie sich pflichtgemäß verhalten hätte.
79Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens hat die Beklagte zu 3) widerlegt. Die Kammer ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass die Provisionszahlungen an die Beklagte zu 3) für den Kläger zu 1) bei seiner Anlageentscheidung ohne Bedeutung waren. Zwar hat der Kläger zu 1) im Rahmen seiner Vernehmung angegeben, dass er die Beteiligung nicht erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass noch eine „Zusatzprovision“ zu zahlen ist. Er konnte dem Gericht im Folgenden jedoch nicht plausibel vermitteln, warum gerade die Höhe der Provisionen für seine Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen sein soll. Denn er hat mehrfach bekundet, dass ihm bereits bei der Beratung Anfang Januar 2007 klar gewesen sei, dass die Beklagte zu 3) eine Vergütung erhalte und mit der Anlageberatung Geld verdiene; schließlich wolle die Bank seiner Auffassung nach immer verdienen. Er habe lediglich nicht gewusst, in welcher Höhe sie hierfür Geld bekomme. Der Kläger zu 1) hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass ihm zum Zeitpunkt der Zeichnung bewusst war, dass die Beklagte zu 3) als beratende Bank aufgrund von Provisionszahlungen in der Regel auch eigene Interessen verfolgt, die möglicherweise seine Interessen als Anleger gefährden können. Dementsprechend hat der Kläger zu 1) den Interessenkonflikt der Bank, dem mit der Aufklärungspflicht über Rückvergütungen begegnet werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2006, Az.: XI ZR 56/05), erkannt. Gleichwohl ist er die streitgegenständliche Beteiligung, ohne nach der Höhe der ihm dem Grunde nach bekannten Provision zu fragen, eingegangen. Dieses Verhalten zeigt deutlich, dass es dem Kläger zu 1) bei seiner Entscheidung für die Beteiligung nicht maßgeblich auf die Provisionszahlungen angekommen sein kann. Vielmehr war ihm der erkannte Interessenkonflikt der Beklagten zu 3) offensichtlich gleichgültig. Wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte er von einer Zeichnung Abstand genommen oder zumindest nach der konkreten Höhe der an die Beklagte zu 3) fließende Provision gefragt. Die Gleichgültigkeit der Provisionen für seine Anlageentscheidung hat der Kläger zu 1) zudem dadurch bekräftigt, dass er im Rahmen seiner Vernehmung sogar ausdrücklich erklärte, dass ihm auch die Höhe des Agios „gleich gewesen“ wäre. Schließlich spricht der Umstand, dass nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2013 erklärten Verständnis des Klägers zu 1) die Höhe der Provisionen auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Anlageprodukts eine Rolle spielt und seiner Auffassung nach höhere Provisionen zu einer negativen Entwicklung führen, dafür, dass jedenfalls der aufgrund von Rückvergütungen zu befürchtende Interessenkonflikt der ihn beratenden Bank für den Kläger zu 1) ohne Bedeutung war.
80Aus diesen Gründen war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
81II.
82Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 100 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.
83Streitwert: 51.250,00 EUR
84Antrag zu 1) = 21.000,00 EUR
85Antrag zu 2) = 26.250,00 EUR
86Antrag zu 4) = 4.000,00 EUR
87Wenzel |
Schleif |
RichterOtte ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Wenzel |
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Referenzen
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