Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 1 O 39/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Beklagte ist Kfz-Händler. Unter anderem bietet er gebrauchte Fahrzeuge auf der Internetseite N an. Er annoncierte einen PKW N 1 zu einem Kaufpreis von 20.950 €. Auf diese Anzeige hin kam es zu einem Verkaufsgespräch zwischen dem Beklagten und dem Kläger. Der Verlauf dieses Gesprächs ist streitig. Unstreitig ist, dass in Beisein des Klägers das Fahrzeug von einem Prüfingenieur in Augenschein genommen wurde und dieser über das Ergebnis der Prüfung ein Protokoll unter dem Datum des 30.8.2012 erstellte (Anlage K 11).
3Unter dem Datum des 14./23.8.2012 unterzeichnete der Kläger einen formularmäßig vorgefertigten “Kaufvertrag über gebrauchte Kraftfahrzeuge“. Als Käufer ist darin eine Frau Q angegeben. Frau Q ist die Lebensgefährtin des Klägers und als Inhaberin eines Bestellshops Gewerbetreibende. Der Kaufvertrag enthält den Stempelaufdruck: „Verkauf an Gewerbetreibenden ohne jegliche Gewährleistung“.
4Ebenfalls unter dem Datum des 23.08.12 unterzeichnete der Kläger eine “Garantievereinbarung, Händler für Gebrauchtwagen“ (Anlage K 12).
5In der Folgezeit wurden Mängel am Fahrzeug geltend gemacht. Mit Schreiben vom 11.9.2012 – adressiert an Frau Q - lehnte der Beklagte die Gewährleistung unter Hinweis auf den Gewährleistungsausschluss ab, Vertragspartnerin sei Frau Q . Nach weiterem Schriftwechsel (K 6, K 7) erklärte der Kläger mit Schreiben vom 2.11.2012 (Anl. K8) den Rücktritt vom Kaufvertrag.
6Der Kläger behauptet, er sei während der Vertragsverhandlungen als Käufer aufgetreten. Er habe den Wagen für sich erwerben wollen und später auch selbst aus eigenem Vermögen bezahlt. Der Wagen sei auch auf seinen Namen zugelassen. Der Umstand, dass die Lebensgefährtin als Vertragspartnern im Vertrag Erwähnung finde, sei darauf zurückzuführen, dass der Beklagte darauf gedrängt habe, dass der Handel nur dann sofort abgeschlossen werden könne, wenn die Lebensgefährtin, die Selbstständige sei, im Vertrag aufgeführt werde.
7Das Fahrzeug weise verschiedene Mängel auf. Die Bremsschläuche hinten links und rechts seien porös, die Stoßdämpfer seien unsachgemäß repariert und der Niveaugeber für das Fahrzeug hinten links undicht. Darüber hinaus sei das Traggelenk der Vorderachse rechts ausgeschlagen. Im Fahrzeug sei eine Alarmanlage eines Fremdfabrikats eingebaut, welche mit der Elektronik des Fahrzeugs nicht kompatibel sei. Außerdem sei im Steuergerät des Fahrzeugs ein erheblicher Wasserschaden eingetreten.
8Nachdem der Beklagte die Gewährleistung abgelehnt habe, habe der Kläger das Fahrzeug reparieren lassen. Hierdurch seien Kosten i. H. v. 4142,38 € angefallen.
9Er beantragt,
101. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 21.450 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 2.11.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW N 1 Fahrzeugidentifikationsnummer X ,
112. den Beklagten ferner zu verurteilen, an ihn 4142,38 € nebst Zinsen i. H. v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen
12ihn schließlich zu verurteilen, an ihn 1085,04 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.10.2012 zu zahlen.
13Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
14Er behauptet, die Mitarbeiterin I habe den Kläger darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug wegen des günstigen Preises ausschließlich an Gewerbetreibende abgegeben werde, da keinerlei Mängelhaftung oder Gewährleistung auf dieses Fahrzeug gegeben werden solle. Sie habe auch darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug verschiedene Beeinträchtigungen aufweise. Der Kläger habe daraufhin erklärt, dass es sich um kein Problem handeln würde, da er das Fahrzeug für eine Bekannte suche, die sei Gewerbebetreibende. Am 14.8.2012 sei der Kläger dann erschienen und habe erklärt, dass Frau Q das Fahrzeug erwerben wolle, er - der Kläger - könne das Fahrzeug erwerben, wenn er es für gut befinde. Vor Unterzeichnung des Kaufvertrages habe der Kläger sogar mit Frau Q telefoniert. In diesem Zusammenhang habe die Mitarbeiterin I nochmals darauf hingewiesen, dass keinerlei Gewährleistung übernommen werde.
15Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
16Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus Rücktritt vom Kaufvertrag nach §§ 433, 437 Nr.2 BGB. Ausgehend vom klägerischen Vorbringen – allein auf dieses wird nachfolgend eingegangen - ist ein Kaufvertrag mit dem Kläger ist nicht zustande gekommen. Der Kläger ist vielmehr als Vertreter der Frau Q aufgetreten. Er hatte hierzu – wie die Beklagte nicht wusste – keine Vertretungsmacht. Das Rechtsgeschäft mit Frau Q war schwebend unwirksam (§ 177 Abs.1 BGB), der Beklagte hat sie (konkludent) zur Genehmigung aufgefordert (Schreiben vom 11.09.2012). Frau Q hat die Genehmigung verweigert, indem sie sich - so die Klägerseite – nach Erhalt dieses Schreibens mit dem Beklagten „in Verbindung gesetzt“ hat (Bl.43 d. A.) und im Nachfolgenden – unstreitig - der Kläger Gewährleistungsrechte geltend gemacht hat (u.a. Schreiben vom 11.09.2012). Der Beklagte hat das Wahlrecht aus § 179 Abs.1 BGB dahin ausgeübt, dass er Erfüllung geltend gemacht hat. Die Ausübung des Wahlrechts ist darin zu sehen, dass der Beklagte in diesem Prozess darauf beharrt, dass es sich um einen Unternehmenskauf handelt. Dieser Einwand ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass Frau Q den Pkw nicht für ihren Betrieb benötigt. Schließlich räumt § 179 Abs.1 BGB dem Vertreter gegenüber dem Verkäufer nicht mehr Rechte ein, als der Vertretene gehabt hätte, wäre der Vertrag mit dem Vertretenen zustande gekommen. Im Einzelnen:
17Es fehlt an konsensualen Willenserklärungen gerichtet auf den Verkauf des PKWs an den Kläger. Der Beklagte wollte einen Kaufvertrag mit dem Kläger nicht abschließen und hat dies dadurch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er nur bereit sei, mit der Lebensgefährtin zu kontrahieren (so ausdrücklich z. B. Bl. 2 unten d. A). Die Auffassung des Klägers, getreu dem Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ sei dies irrelevant, weil beide Parteien einen Verkauf an den Kläger gewollt hätten, ist unhaltbar. Schriftsätzlich geht der Kläger nicht darauf ein, was den Beklagten zu einer solchen Falschbezeichnung getrieben hat. Unstreitig ist aber, dass Frau Q Gewerbetreibende ist. Unstreitig ist ferner, dass der Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss vorsieht. Nicht von der Hand zu weisen ist schließlich, dass eine solche Beschneidung von Käuferrechten voraussetzt, dass es sich um keinen Verbrauchsgüterkauf handelt (§§ 474 BGB). Betrachtet man die drei genannten Umstände in ihrer Gesamtheit, so muss man nicht erst das Vorbringen des Beklagten heranziehen um zu erkennen, dass der Beklagte nur mit einer Person zu kontrahieren bereit war, welche die Voraussetzung des § 14 Abs.1 BGB erfüllt. Das traf auf den Kläger – unstreitig – nicht zu. Dass aus Sicht des Klägers die Motivlage des Beklagten erkennbar war (§§ 133, 157 BGB), als dieser darauf „drängte“, mit der Lebensgefährtin als Gewerbetreibende zu kontrahieren, ist ebenso selbstredend, wie der Umstand, dass der Beklagte nicht wusste, dass der Kläger keine Vollmacht hatte.
18Die Rechtsfolgen ergeben sich aus §§ 177, 179 Abs.1 BGB. Das Schreiben vom 11.09.2012 ist unschwer als Aufforderung zur Genehmigung („Sie sind unser Vertragspartner“) anzusehen. Dass sich Frau Q daraufhin mit dem Beklagten „in Verbindung gesetzt“ und anschließend deren Lebenspartner (Kläger) im eigenen Namen Gewährleistungsrechte geltend gemacht hat, ist –ohne weiteres Nachfragen, wie sich denn die „Verbindungsaufnahme“ gestaltet hat – dahin aufzufassen, dass sie sich an dem Vertrag nicht festhalten lassen will (zumal sie angeblich überhaupt kein Auto braucht (Schriftsatz vom 27.09.12, S.3)). Überdies ist auf § 177 Abs.2 S.2 BGB hinzuweisen.
19Der Beklagte hat sein Wahlrecht ausgeübt, indem er auf die Erfüllung des Vertrags zu den Konditionen besteht, die gegeben wären, wäre der Vertrag durch Frau Q genehmigt worden. Dann wäre der Gewährleistungsausschluss wirksam. Soweit der Kläger vorträgt, es handele sich nicht um einen unternehmensbezogenes Geschäft, da Frau Q den Wagen für ihren Betrieb nicht benötige, ist auf die Entscheidung BGH NJW 2005, 1045-1047 zu verweisen. Dort heißt es u.a.:
20„Der Wortlaut des § 13 BGB läßt allerdings nicht erkennen, ob der Geschäftszweck, von dem die Verbrauchereigenschaft nach §§ 13, 474 BGB abhängt, subjektiv oder objektiv zu bestimmen ist (MünchKommBGB/Micklitz, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 30). Die Frage, inwieweit sich der Geschäftszweck nach dem erklärten Parteiwillen - also nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Vertrages - oder gegebenenfalls nach davon abweichenden tatsächlichen Gegebenheiten richtet, kann aber in dem hier zu beurteilenden besonderen Fall der bewussten Täuschung des Vertragspartners über den Geschäftszweck dahinstehen. Die den Verbraucher schützenden Vorschriften der §§ 474 ff. BGB finden jedenfalls dann keine Anwendung, wenn der Vertragspartner des Unternehmers bei Abschluß des Vertrages wahrheitswidrig als Gewerbetreibender auftritt und dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht (ebenso MünchKommBGB/Lorenz, aaO, § 474 Rdnr. 23; MünchKommBGB/Basedow, aaO, § 310 Rdnr. 48; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 13 Rdnr. 28; Staudinger/Kessal-Wulf (2004), § 491 Rdnr. 42; Jauernig/Berger, BGB, 11. Aufl., § 474 Rdnr. 3; Müller, NJW 2003, 1975, 1979; unklar Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB (2004), § 474 Rdnr. 9).“
21Ein wahrheitswidriges Auftreten im vorstehenden Sinne ist darin zu sehen, dass der Kläger – in genauer Kenntnis der Motivlage des Beklagten – eine Gewerbetreibende als Käuferin benannt hat mit dem Ziel, in den Genuss eines Vermögensvorteils (Pkw) zu gelangen, den er nie erlangt hätte, wären dem Beklagten die tatsächlichen Hintergründe des Rechtsgeschäfts bekannt gewesen. Demgemäß liegt in dem Verschweigen des Umstandes, dass Frau Q den Wagen für ihren Geschäftsbetrieb nicht benötigt, eine Täuschung im vorstehenden Sinne.
22Die Frage, ob die Ausübung des Wahlrechts durch den Beklagten dahin führt, dass aus einem unternehmensbezogenen Rechtsgeschäft ein Verbrauchsgüterkauf wird, also der verkäuferseitig explizit gewollte Gewährleistungsausschluss nach § 475 Abs.1 BGB infolge des Festhaltens am Vertrag unwirksam wird, ist – soweit ersichtlich – obergerichtlich nicht entschieden. Nach der hier vertretenen Meinung erschließt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut („Erfüllung des Vertrags“), dass § 179 BGB nicht zu einer Veränderung der gegenseitigen Rechte und Pflichten führt. Die vom Kläger vertretene Meinung führt zu einer groben Benachteiligung der Verkäuferseite und bietet – wie der vorliegende Fall zeigt – aus Sicht des Verbrauchers eine wohlfeile Möglichkeit, einerseits die Vorteile eines unternehmensbezogenen Kaufs in Anspruch zu nehmen (günstiger Kaufpreis) ohne andererseits das damit verbundene Risiko (keine Gewährleistung) eingehen zu müssen. Damit wird die vom Gesetzgeber sorgsam austarierte Regelung von Verbrauchsgütergeschäften und unternehmensbezogenen Geschäften ausgehebelt.
23Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs.1, 709 ZPO.
24Streitwert: 21.450 € + 4142,38 €.
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Referenzen
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