Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 15 O 1/13
Tenor
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 22.03.2012 gegen 17:00 Uhr auf der Autobahn A 15 (E42) bei Spey in Belgien zugetragen hat.
3Unfallbeteiligt waren das Fahrzeug Ford Mondeo mit dem amtlichen Kennzeichen ###### dessen Halterin die Klägerin ist und das Fahrzeug Citroën Belingo mit dem belgischen Kennzeichen #####, welches zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten haftpflichtversichert war. Die Versicherung AG ist die von der Beklagten in Deutschland benannte Zustellbevollmächtigte im Sinne der Vierte Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie (Richtlinie 2000/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG des Rates). Die Klägerin leaste – was streitig ist – das unfallbeteiligte Fahrzeug Ford Mondeo von der Firma XX GmbH (im Folgenden: Leasinggeberin).
4Ein Vertreter der XX GmbH unterzeichnete, was streitig ist, den als Anlage K 1 vorgelegten Vertrag, der mit „Sicherungsabtretung“ überschrieben ist und die Erklärung enthält, die Leasinggeberin trete die ihr im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 22.03.2012 gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des anderen unfallbeteiligten Fahrzeugs entstandenen Rechte an die Klägerin ab. Bezüglich der näheren Einzelheiten der vertraglichen Abrede wird auf die Anlage K 1 verwiesen.
5Die Leasinggeberin verfügt in Deutschland über 357 Mitarbeiter und einen Fahrzeugbestand von 81.000 PKW. Sie ist eine Konzerngesellschaft der XX. Ihre Muttergesellschaft ist die XX N.V. mit Sitz in den Niederlanden.
6Am Unfalltag fuhr Herr T. mit dem von Klägerseite gehaltenen Fahrzeug von Charleroi nach Lüttig, als sich ein Stau bildete und das vorausfahrende Fahrzeug mit dem belgischen Kennzeichen ##### bis zum Stillstand abbremste. Der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs fuhr sodann von hinten auf das klägerische Fahrzeug auf. Die näheren Umstände des Unfallhergangs stehen zwischen den Parteien in Streit.
7Es entstanden laut vorgelegter Reparaturkostenrechnung vom 17.04.2012 Nettoreparaturkosten in Höhe von 11.284,63 €. Darüber hinaus begehrt die Klägerin im Wege der Klage Gutachterkosten in Höhe von 560,21 €, Ersatz eines merkantilen Minderwerts in Höhe von 1.350,00 € und eine Kostenpauschale in Höhe von 25,00 €. Aus eigenem Recht verlangt sie überdies Erstattung von Mietwagenkosten in Höhe von 1.180,00 €.
8Die Klägerin machte die vorstehenden Schadenspositionen mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2012 gegenüber der Regulierungsbeauftragten der Beklagten geltend und forderte zur Zahlung bis zum 14.06.2012 auf.
9Die Klägerin meint, die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorfs sei sowohl international als auch örtlich gegeben.
10Sie behauptet, Herr T. habe das von ihm geführte Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst, bevor das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug von hinten aufgefahren sei und dieses auf das davor stehende Fahrzeug aufgeschoben habe. Die Klägerin behauptet, die geltend gemachten Ersatzansprüche seien der Höhe nach angemessen, im Übrigen seien die zugrundeliegenden Rechnungen ausgeglichen worden.
11Sie behauptet weiterhin, die Leasinggeberin verfüge nicht über eine eigene Rechtsabteilung und reguliere fremdverschuldete Verkehrsunfälle mit Auslandsbezug daher grundsätzlich über die Beauftragung externer Rechtsanwälte.
12Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.399,84 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.06.2012 zu zahlen, die Beklagte weiterhin zu verurteilen, sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei, in Höhe von 755,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, freizustellen.
13Nachdem die Beklagte unter dem 21.01.2013 eine Zahlung in Höhe von 2.000,00 € geleistet hat, hat die Klägerin die Klage mit Schriftsatz vom 28.01.2013 in dieser Höhe zurückgenommen. Auf die Zahlung der Beklagten vom 29.01.2013 in Höhe von 1.000,00 € hat die Klägerin die Klage auch in dieser Höhe zurückgenommen.
14Die Klägerin beantragt nunmehr,
15die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.399,84 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.06.2012 zu zahlen,
16die Beklagte weiterhin zu verurteilen, sie von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei, in Höhe von 755,80 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, freizustellen,
17der Beklagten die Kosten hinsichtlich des zurückgenommenen Teils aufzuerlegen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Die Beklagte behauptet, Herr T. sei zunächst auf das vorausfahrende Fahrzeug aufgefahren und erst im Anschluss hieran sei das bei ihr versicherte Fahrzeug auf das klägerische Fahrzeug aufgefahren. Sie meint, die Beklagte habe allein für den Heckschaden einzustehen.
21Sie ist der Ansicht, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht gegeben sei. Für die Bestimmung der Person des Geschädigten im Sinne des Art. 11 EuGVVO sei auf die Leasinggeberin abzustellen, da vorliegend nur deren Schaden geltend gemacht werde. Weder die Leasinggeberin noch die Klägerin sei als „schwächere Partei“ im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anzusehen.
22Die Beklagte behauptet weiterhin, die Leasinggeberin verfüge über eine Teamleitung Schadensservice und verfüge somit über eine Abteilung zur Bearbeitung von Schadensfällen.
23Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.
24Entscheidungsgründe:
25I.
26Die Klage ist unzulässig. Soweit die Klägerin Ansprüche aus eigenem Recht geltend macht fehlt es an der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf, soweit Ansprüche aus abgetretenem Recht eingeklagt werden fehlt es an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte.
271.
28Für Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht sind die deutschen Gerichte international nicht zuständig. Denn bei der Bestimmung des Geschädigten im Sinne des Art. 11 EuGVVO ist auf die Leasinggeberin und nicht auf die Klägerin abzustellen. Letzterer ist der Weg der Direktklage gegen die Beklagte nicht eröffnet. Jedenfalls ist sie nicht als „schwächere Partei“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH anzusehen.
29Nach Art. 11 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 b.) EuGVVO kann ein Versicherer, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat wenn es sich um Klagen des Versicherungsnehmers, des Versicherten oder des Begünstigten handelt.
30Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Verweisung in Art. 11 Abs. 2 EuGVVO dabei dahingehend auszulegen, dass der Geschädigte vor dem Gericht des Ortes in einem Mitgliedstaat, an dem er seinen Wohnsitz hat, eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben kann, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist und der Versicherer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats ansässig ist (EuGH, NJW 2008, 819).
31Der im vorliegenden Fall in Anspruch genommene Versicherer, die G., vertreten durch ihre für Deutschland benannte Zustellbevollmächtigte Versicherung AG, hat seinen Sitz in einem Mitgliedsstaat.
32Nach der Umsetzung der Richtlinie 2000/26/EG vom 16.05.2000 (4. Kfz-Haftpflichtversicherungsrichtlinie) ist eine Direktklage des Geschädigten gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer in allen Mitgliedstaaten zulässig (vgl. Münchener Kommentar, EuGVO, 4. Aufl. 2013, Art. 11 Rn. 2; BGH NJW 2007, 71, 72). Im deutschen Recht folgt die Möglichkeit der Direktklage gegen den Versicherer aus § 115 VVG.
33Als Geschädigte im Sinne des Art. 11 EuGVVO ist vorliegend indes nicht die Klägerin sondern die Leasinggeberin als Zedentin anzusehen. Dies hat zur Folge, dass ihr der Gerichtsstand der Direktklage nicht offen steht.
34Grundsätzlich stellt sich die Rechtslage bei einer Abtretung zwar so dar, dass alle mit der Forderung verbundenen Vereinbarungen und Durchsetzungswege erhalten bleiben, soweit sie nicht in höchstpersönlichen Eigenschaften des Forderungsinhabers begründet sind (vgl. Rohe in: Beck’scher Online Kommentar, BGB, Stand 01.05.2013, § 398 Rn. 60).
35Vorliegend ist indes unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der Systematik sowie Zielsetzung der EuGVVO eine Abweichung hiervon geboten.
36Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass der Schutz des schwächeren und rechtlich weniger erfahrenen Vertragspartners es gebietet, seinen Entschluss zur gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte nicht dadurch zu erschweren, dass er bei einem fremden Gericht klagen muss. Anderenfalls würde die internationale Zuständigkeit eines „fremden“ Gerichts aus dem Blickwinkel des Geschädigten eine Prozessführung gegen das verklagte Versicherungsunternehmen im Ausland, nach Maßgabe nicht nur eines fremden Sach-, sondern auch Verfahrensrechts bedeuten. Dies würde eine spezielle anwaltliche Unterstützung fordern, die erhebliche Kosten verursachen könnte. Zudem mag im Einzelfall die Dauer ausländischer Gerichtsverfahren als ein Nachteil erscheinen (vgl. auch Staudinger, Czaplinski, Verkehrsopferschutz im Lichte der Rom I-, Rom II- sowie Brüssel I- Verordnung, NJW 2009, 2249).
37Der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist indes nicht zu entnehmen, welche Personen zum Kreis der Geschädigten zählen. Hinsichtlich der vorliegenden Fallkonstellation ist zunächst festzustellen, dass der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 EuGVVO für eine Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen keinen Anhaltspunkt enthält, so dass „Geschädigter“ in diesem Sinne grundsätzlich auch eine juristische Person und damit auch die hiesige Klägerin sein kann (vgl. Thomas /Putzo/Hüßtehe, Art. 11 EuGVVO, Rn. 5; OLG Köln, Beschluss vom 11.01.2010, Az.: 13 U 119/09). Für ein weites Verständnis des Geschädigtenbegriffs sprechen auch die Art. 2d der Richtlinie 2000/26 EG in Verbindung mit Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 72/166/EWG, wonach jede Peron, die ein Recht auf Ersatz eines von einem Fahrzeug verursachten Schadens hat, als Geschädigter anzusehen ist (vgl. auch Staudinger/Czaplinski, a.a.O.; OLG Celle, NZV 2009, 77).
38Eine Entscheidung zu der im vorliegenden Fall weiterhin maßgeblichen Frage, ob die Geschädigteneigenschaft auch in der Person des Zessionars gegeben sein muss beziehungsweise ob die Direktklage auch in Abtretungsfällen zulässig ist, liegt bislang nicht vor. Insbesondere sind den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs keine Lösungsansätze für diese Problemstellung zu entnehmen.
39Unter Berücksichtigung des Zwecks und der Systematik der EuGVVO und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist in Abtretungskonstellationen wie der vorliegenden für den nach Art. 11 Abs. 2 EuGVVO in Verbindung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs begründeten Gerichtsstand allein auf die Geschädigteneigenschaft des jeweiligen Forderungsberechtigten abzustellen und damit im vorliegenden Fall auf die Leasinggeberin. Eine Direktklagemöglichkeit des Zessionars ist zu verneinen.
40Nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in der vorzitierten Entscheidung besteht die Funktion der Verweisung in Art. 11 Abs. 2 EuGVVO darin, der in Art. 9 Abs. 1 b) EuGVVO enthaltenen Liste von Klägern die Person hinzuzufügen, die einen Schaden erlitten haben. Einen unmittelbaren Schaden hat vorliegend die Leasinggeberin erlitten.
41Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass es auch nach Ansicht des EuGH gilt, eine Vermehrung der zuständigen Gerichte zu verhindern und der Notwendigkeit einer besonders engen Beziehung zwischen Streitigkeit und Gerichtsstaat Rechnung zu tragen. So hat der EuGH beispielsweise entschieden, dass einem Sozialversicherungsträger oder einem Versicherer des Geschädigten, auf den Ansprüche kraft cessio legis übergegangen sind, das Privileg die Direktklage an seinem Sitz zu erheben, nicht zustehen soll (vgl. EuGH, BeckRS 2009, 71019). Diesbezüglich wurde festgestellt, dass zur Gewährleistung einer vollen Wirksamkeit und autonomen Auslegung der Verordnung Nr. 44/2001 grundsätzlich auf ihre Systematik und Zielsetzung Bedacht zu nehmen ist (EuGH a.a.O., m.w.N.). Aus dem elften Erwägungsgrund der Verordnung ergebe sich insbesondere, dass die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein müssten und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten zu richten haben.
42Ein Vergleich lässt sich insoweit zu der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs betreffend den Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 EuGVVO beziehungsweise Art. 13 EuGVÜ ziehen. Diesbezüglich hat der EuGH entschieden, dass dieser von der Verbrauchereigenschaft des jeweiligen Forderungsberechtigten abhängig ist (vgl. EuGH, NJW 1993, 1251). Auch insoweit hat der EuGH wiederum darauf abgestellt, dass das maßgebliche Übereinkommen grundsätzlich eine Klage am Wohnsitz des Beklagten vorsieht.
43Eine restriktive Auslegung der besonderen Gerichtsstände ist aus systematischen Gründen auch im Rahmen der Zuständigkeit für Versicherungssachen, wie der vorliegenden, vorzunehmen. Die Beschränkung des weiteren Gerichtsstandes ist insbesondere zur Vermeidung der Möglichkeit der Auswahl eines Gerichtsortes erforderlich. Anderenfalls stünde es dem unmittelbar Geschädigten frei, durch Abtretung – möglicherweise sogar an unterschiedliche Zessionare – eine Auswahl des Gerichtes zu treffen. Dies gilt umso mehr für Fälle, in denen der Zessionar die Forderung in Ausübung seiner beruflichen beziehungsweise gewerblichen Tätigkeit – beispielsweise als Inkassounternehmen – einklagt.
44Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Zusammenhang mit der Geltendmachung mittelbarer Schädigungen an dem Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art 5 EuGVÜ. Auch insoweit hat der Gerichtshof mit dem Ausnahmecharakter des Klagerechts am Wohnort des Klägers argumentiert und festgehalten, dass die besondere Zuständigkeit die nach der Wahl des Geschädigten zur Anwendung kommt, drauf beruht, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Infolgedessen ist für die Bestimmung des Erfolgsorts im Rahmen des Art. 5 EuGVÜ der Ort der Erstschädigung des unmittelbar Betroffenen und nicht derjenige des Folgeschadens des mittelbar Geschädigten maßgeblich (vgl. EuGH, NJW 1991, 631).
45Vor diesem Hintergrund ist zur Beantwortung der Frage, inwieweit Forderungen aus abgetretenem Recht dem Gerichtsstand der Direktklage unterliegen, allein auf den Zedent und nicht den Zessionar als Geschädigten abzustellen. Im Gegensatz zu dem unmittelbar Geschädigten mach der Zessionar nämlich gerade keine eigenen Schäden, sondern lediglich abgeleitete Ansprüche geltend.
46Jedenfalls ist die hiesige Klägerin in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche nicht als „schwächere Partei“ im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anzusehen.
47Nach dem 13. Erwägungsgrund der EuGVVO soll diese einen günstigeren Schutz der schwächeren Partei gewährleisten, als ihn die allgemeinen Zuständigkeitsregeln vorsehen (vgl. EuGH, a.a.O.; EuGH, NJW 2000, 3121). Insoweit hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt:
48„Dem Geschädigten das Recht zu verweigern, vor dem Gericht des Ortes seines eigenen Wohnsitzes zu klagen, würde ihm nämlich einen Schutz vorenthalten, der demjenigen entspricht, der anderen ebenfalls als schwächer angesehenen Parteien in Versicherungsrechtsstreitigkeiten durch diese Verordnung eingeräumt wird, und stünde daher im Widerspruch zum Geist dieser Verordnung“ (a.a.O).
49Ob eine Partei danach als schwächer anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung des konkreten Bereichs, in dem sich der Rechtsstreit zuträgt, vorliegend dem Versicherungssektor zu bestimmen. Im Hinblick auf die aus abgetretenem Recht geltend gemachten Ansprüche, ist bei der Beurteilung der Stärke der Position der hiesigen Klägerin auch auf die Position der Zedentin abzustellen. Hierfür spricht, dass die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO grundsätzlich restriktiv zu handhaben sind. Es soll keinen Personen Schutz gewährt werden, die dieses Schutzes überhaupt nicht bedürfen. Wird die Aktivlegitimation durch eine Abtretung bewirkt, ist grundsätzlich an die Person der stärkeren an der Abtretung beteiligten Person abzustellen, um zu vermeiden, dass der Gerichtsstand nach der EuGVVO durch Abtretung an schwächerer Parteien erst begründet wird. Die stärkere Partei ist im vorliegenden Fall die Leasinggeberin. Eine schwächere Position ihrerseits gegenüber der Beklagten ergibt sich vorliegend insbesondere nicht daraus, dass die Rechtsverfolgung in Schadensfällen wie dem vorliegenden nach ihrem Vortrag stets an externe Rechtsanwälte vergeben wird. Auch bei Streitigkeiten vor dem Landgericht in Deutschland ist stets die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich und kann diese nicht durch einen Syndikusanwalt erfolgen, so dass bei derartigen Rechtsstreitigkeiten von beiden Parteien ein Rechtsanwalt zu bestellen ist. Vor diesem Hintergrund ist es im Ergebnis unerheblich, ob die Leasinggeberin selbst über eine Rechtsabteilung verfügt oder sich rechtlichen Rat durch externe Dienstleister einholt. Ihre wirtschaftliche Position erlaubt es Ihr jedenfalls entsprechende Schadensfälle durch die Beauftragung externer Rechtsanwälte abzuwickeln. Eine schwächere Position einer juristischen Person kann vielmehr bei einer X-GmbH oder in Fällen angenommen werden, in denen es sich um ein rein regional tätiges Familienunternehmen handelt. So liegt der Fall hier indes nicht. Die Klägerin ist auch nach eigenem Vortrag in großem Umfang bundesweit tätig und hat eine Muttergesellschaft in den Niederlanden. Sie selbst verfügt in Deutschland über 357 Mitarbeiter und 81.500 Fahrzeuge. Eine schwächere Position gegenüber der hiesigen Beklagten liegt damit nicht vor.
502.
51Soweit die Klägerin Ansprüche auf Ersatz von Mietwagenkosten in Höhe von 1.980,00 € aus eigenem Recht geltend macht, ist zwar die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 11 Abs. 2, 9 Abs. 1b EuGVVO begründet, es fehlt aber an der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf.
52Selbst wenn man die Klägerin als schwächere und damit schutzwürdige Partei im Sinne des Art. 11 Abs. 2 EuGVVO ansieht, ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 b) EuGVVO lediglich ein Klagerecht der Klägerin an ihrem Sitz. Der Sitz der hier klagenden Gesellschaft liegt in Worms und somit im Bezirk des Amtsgerichts Worms.
53Im Hinblick auf den Sitz ist entsprechend der unter Ziffer 1. Dieses Urteils zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere zu dem Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 EuGVO bzw. Art. 13 EuGVÜ) auf die Position des aktuellen Forderungsinhabers abzustellen.
54Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorfs ist auch nicht aus anderem Rechtsgrund gegeben.
55II.
56Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
57Streitwert: 14.399,84 Euro.
58Rechtsbehelfsbelehrung:
59Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
60a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
61b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
62Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
63Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
64Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
65Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Referenzen
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