Beschluss vom Landgericht Düsseldorf - 022 Ns-70 Js 7769/14-153/15
Tenor
Der Akteneinsichtsantrag der L1 vom 22.10.2015 wird zurückgewiesen.
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Gründe:
2I.
3Der Angeklagte ist durch nicht rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 13.05.2015 u.a. wegen Körperverletzungstaten zum Nachteil der L1 schuldig gesprochen worden. In der Berufungshauptverhandlung wird diese als Zeugin zu vernehmen sein.
4II.
5Das Akteneinsichtsgesuch war zurückzuweisen. Zwar kann die Antragstellerin als gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO in Verbindung mit § 223 StGB nebenklageberechtigte Verletzte über einen Rechtsanwalt grundsätzlich Akteneinsicht beanspruchen, oh-ne dass es hierfür der Darlegung eines berechtigten Interesses bedarf (§ 406e Abs. 1 Satz 2 StPO). Im vorliegenden Fall liegt jedoch ein Versagungsgrund im Sinne von § 406e Abs. 2 StPO vor.
6Gemäß § 406e Abs. 2 Satz 2 StPO kann dem Verletzten die Akteneinsicht versagt werden, soweit der Untersuchungszweck gefährdet erscheint. Dies ist hier beim gegenwärtigen Verfahrensstand der Fall, denn die Antragstellerin ist zu den sie betreffenden Tatvorwürfen in der Berufungsinstanz noch nicht vor Gericht zeugenschaftlich vernommen worden. Bei einer solchen Konstellation ist die Akteneinsicht im Regelfall zu verweigern, weil die Gefahr besteht, dass die Kenntnis des Verletzten vom Akten-inhalt die Unbefangenheit, die Zuverlässigkeit oder den Wahrheitsgehalt seiner noch bevorstehenden Zeugenaussage beeinträchtigen könnte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.05.2014, III-1 Ws 196/14 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Selbst bei einer nur eingeschränkten Akteneinsicht bestünde die Gefahr einer bewussten oder unbewussten „Anpassung" der Erinnerung der Zeugin an das in Anklageschrift/erstinstanzliche Urteil dokumentierte Ermittlungsergebnis und damit eine Verfälschung ihrer noch zu erwartenden Aussage vor Gericht. Dieser Gefahr kann im Stadium vor Abschluss der Vernehmung der Verletzten nur durch vollständige Versagung der Akteneinsicht Rechnung getragen werden.
7Das Akteneinsichtsgesuch war daher schon im Hinblick auf eine zu besorgende Gefährdung des Untersuchungszwecks abzulehnen. Auf die Frage, ob darüber hinaus „überwiegende schutzwürdige Interessen" des Angeklagten im Sinne von § 406e Abs. 2 Satz 1 StPO einer Akteneinsicht durch den Rechtsanwalt der Antragstellerin L1 entgegenstehen kommt es daher derzeit nicht an.
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Referenzen
- 1 Ws 196/14 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 223 Körperverletzung 1x
- StPO § 406e Akteneinsicht; Auskunft 4x
- StPO § 395 Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger 1x