Urteil vom Landgericht Essen - 16 O 181/02
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages.
1
Tatbestand:
2Der Kläger unterzeichnete am 09.05.2001 einen schriftlichen Kaufvertrag, nach dessen Inhalt er von der S... Bau GmbH einen Wohnanhänger erwarb. Er schloss bei der Beklagten für den Wohnanhänger unter der Versicherungsscheinnummer 42-313764-1 0023-7205-P eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 332,34 EUR ab. Weiterhin wurde er in den Fahrzeugbrief eingetragen.
3Mitte September 2001 übersandte er der Beklagte eine Schadensanzeige über eine angebliche Beschädigung seines Wohnanhängers in der Zeit vom 10.09.2001, 17.00 Uhr bis 12.09.2001, 9.15 Uhr.
4Die Beklagte veranlasste daraufhin die Einholung eines Gutachtens der DEKRA. Aufgrund des schriftlichen Gutachtens vom 19.09.2001 stellte der Sachverständige Reparaturkosten in Höhe von 13.711,28 DM fest. Diese ergaben sich für die Beseitigung von Schäden, die durch Hineinstechen mit einem spitzen Gegenstand verursacht wurden (ein Durchstoß in der linken Seitenwand, je eine Durchstoßung an der rechten Seitenwand vor und hinter der Eingangstür, eine Durchstoßung in der Heckwand, drei Durchstöße an der rechten Tür; bis auf die Durchstoßung heckseitig waren alle Durchstöße bis in den Innenraum; weiterhin war das mittlere Ausstellfenster der linken Seite mehrfach gesplittert).
5Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger aus der Vollkaskoversicherung für die Beschädigungen Versicherungsleistungen, die er wie folgt beziffert:
6Fahrzeugschaden laut von der Beklagten eingeholtem Gutachten 13.711,28 DM
7AIlgemeine Kosten 50,00 DM
813.761,28 DM
9abzüglich Selbstbeteiligung 650,00 DM
1013.111,28 DM
11(= 6.703,69 Euro).
12Der Kläger behauptet, er habe einen guten Bekannten, Herrn R... E... gebeten, für den Wohnanhänger einen geeigneten Unterstellort zu suchen.
13Diesen habe er in C... in der Nähe seiner Wohnung bei einer Frau I... gefunden. Zu dem vereinbarten Übergabezeitpunkt habe E..., dem er den Wohnanhänger übergeben habe, Frau I... jedoch nicht angetroffen, die sich zu dieser Zeit in stationärer Krankenhausbehandlung befunden habe. E... habe daraufhin den Wohnanhänger direkt hinter seinem Haus vorläufig abgestellt, wo er beschädigt worden sei.
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.703,69 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (02.04.2002) zu zahlen.
16Die Beklagte beantragte,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte behauptet, der Kläger sei nicht Eigentümer des Wohnanhängers geworden. Er sei vermögenslos und habe den Kaufpreis von 43.000,-- DM gar nicht bezahlen können. Auch die Verkäuferin sei vermögenslos gewesen, es habe sich lediglich um ein Scheingeschäft gehandelt.
19Der Versicherungsfall sei vorgetäuscht, entweder habe der Kläger selbst oder ein anderer Dritter mit seinem Einverständnis den sogenannten "Sperwurfschaden" verursacht, um unberechtigt Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen und sich Geld zu beschaffen.
20Hierfür sprächen neben der Vermögenslosigkeit des Klägers und der angeblichen Verkäuferin des Wohnwagens, das nach der Art des Schadens weder eine mutwillige noch eine böswillige Beschädigung vorläge sondern vielmehr planmäßig und gezielt die Schäden verursacht wurden, die man relativ einfach mit geringen Mitteln billig reparieren könne.
21Für einen vorgetäuschten Schadensfall spräche auch die akute Entdeckungs-
22gefahr, die hinter dem Haus des E... bestanden hätte.
23E... selbst habe bereits 1991 für einen vergleichbaren Schadensfall 20.714,40 DM beansprucht.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Akten gereichten Klageerwiderung.
25Die Akte 57 U Js 4487/01, StA Münster, ist beigezogen worden und informatorisch Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Klage ist unbegründet.
28Dem Kläger stehen Ansprüche gegenüber der Beklagten weder aus § 12 Abs. 1 II f AKB noch aus § 12 Abs. 1 II e AKB zu.
29Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger den nach vorgenannten Vorschriften erforderlichen Minimalsachverhalt, das unbeschädigte Abstellen und beschädigte Wiederauffinden des Wohnwagens, beweisen kann. Die von der Beklagten dargelegten und von dem Kläger im Einzelnen nicht bestrittenen Indizien begründen die erhebliche Wahrscheinlichkeit. dass der Versicherungsfall vorgetäuscht wurde. Diese erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung ist zugleich Indiz für die vorsätzliche Herbeiführung eines Versicherungsfalles gemäß § 61VVG, so dass auch ein Anspruch aus § 12 Abs. 1 II e AKB ausscheidet. Auszuschließen ist zunächst eine Beschädigung durch böswillige Handlung betriebsfremder Personen im Sinne des § 12 Abs. 1 II f AKB. Der Begriff der Böswilligkeit bringt die Freude an der Schädigung des Fahrzeugeigentümers bzw. eine feindliche Gesinnung ihm gegenüber zum Ausdruck. Davon, dass etwaige Täter gerade den Kläger schädigen wollten, kann angesichts der Tatsache, dass sich der Wohnanhänger nicht bei dem Kläger, sondern bei E... in C... befand, nicht ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass ihm feindlich gesinnte Dritte Kenntnis von dem Standort des Wohnwagens hatten. Ebenso wenig ist ersichtlich und vorgetragen, dass dem Zeugen E... feindlich gesinnte Dritte den Wohnwagen beschädigten, weil sie der Meinung waren, dieser gehöre E....
30Nach den von dem Beklagten vorgetragenen Umständen, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, scheidet auch eine Beschädigung des Fahrzeuges durch mutwillige Handlungen im Sinne des § 12 Abs. 1 II f AKB aus.
31Zunächst sprechen Art und Umfang der Schäden und die sich daraus ergebende Begehungsweise bei der Verursachung dieser Schäden gegen den Kläger und seine Behauptung einer Vandalismustat durch unbekannte Dritte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die hier festzustellenden Durchstechungen der äußeren Hülle des Wohnwagens so ausgeführt sind, dass eine sach- und fachgerechte Wiederherstellung den in dem DEKRA-Gutachten festgestellten hohen Aufwand erfordert.
32Auffallend bei den Beschädigungen ist jedoch, wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, dass zwar bis auf eine Durchstoßung an der Heckseite die Durchstöße bis in den Innenraum erfolgten, allerdings die Beschädigungen im Innenraum so positioniert sind, dass sie einfach verdeckt bzw. kaschiert werden können. Im Übrigen lassen sich die Schäden in der Außenhaut durch Abdichtungs-maßnahmen oder Austausch der eigentlichen Wände im Rahmen einer Billigreparatur günstig reparieren. Auch wenn eine solche Reparatur fachlich nicht einwandfrei wäre und dem Reparaturaufwand des Gutachtens nicht entspräche, wäre sie doch ausreichend, um den Wohnwagen weiterhin normal zu nutzen.
33Das Schadensbild und die sich daraus ergebenden Schadensherbeiführungen entsprechen nicht dem üblichen Bild eines Vandalismusschadens, der sich normalerweise bei im öffentlichen Verkehr abgestellten Fahrzeugen ergibt.
34Personenbezogen ist ferner zu berücksichtigen, dass der Kläger dem Sachvortrag der Beklagten nicht entgegengetreten ist, dass ihm gar nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung standen, den Wohnwagen zu erwerben. Er hat unstreitig am 31. August 1999 zuletzt die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Dass sich seine Vermögensverhältnisse seither geändert hätten oder woher er sonst die Mittel für den Erwerb des Wohnwagens bezogen haben will, legt er nicht dar. Aus dem vorgelegten Kaufvertrag ergibt sich vielmehr, dass er den Wohnwagen am 09.05.2001 bar bezahlt haben will.
35Als weiterer Umstand ist zu berücksichtigen, dass auch die Verkäuferin nach den unbestrittenen Ausführungen der Beklagten vermögenslos war. Weiterhin ist die unstreitige Tatsache zu berücksichtigen, dass R... E... dem der Kläger den Wohnwagen gegeben hatte, bereits einmal im Zusammenhang mit einem Sperwurfschadensfall in Erscheinung getreten war.
36Die Gesamtheit vorgenannter Umstände sprechen hier deshalb dafür, dass
37der Kläger entweder selbst den Schaden herbeigeführt oder Dritte hiermit betraut hat.
38Die Beklagte hat für die Beschädigungen auch nicht gemäß § 12 Abs. 1 II e AKB einzustehen. Zwar stellen die Schäden am Wohnwagen des Klägers einen Unfall im Sinne dieser Vorschrift dar, doch bleibt die Beklagte insoweit gemäß § 61VVG bzw. mangels Unfreiwilligkeit dieses Schadenereignisses leistungsfrei. Aufgrund der oben genannten Indizien steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger den Versicherungsfall selbst oder in sonstiger Weise herbeigeführt hat. Insoweit genügt eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung, eine besonders hohe oder gar 100%ige Wahrscheinlichkeit ist nicht erforderlich. Es bedarf insoweit nur des Nachweises eines für das praktische Leben erforderlichen Grades von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
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