Beschluss vom Landgericht Essen - 9 T 96/06
Tenor
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Essen
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2007
an diesem Tag durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht L.,
die Richterin am Landgericht Dr. I. und den Richter
am Landgericht Dr. W. b e s c h l o s s e n :
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gladbeck vom 21.06.2006 -Aktenzeichen 18 UR II 79/05 - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten und hat den Antragstellern die den Antragstellern im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
1
Gründe:
2Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft X in H.. Im Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Gladbeck vom 28.09.2005 mit dem Aktenzeichen 18 II 53/03 WEG ist festgesetzt worden, dass die Antragsteller an den Antragsgegner 1.037,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2005 zu erstatten haben. Die Antragsteller haben daraufhin gegen den Antragsgegner Vollstreckungsabwehrklage im Wege der Antragserweiterung mit Schriftsatz vom 26.10.2005 in dem Verfahren 18 II 68/05 Amtsgericht Gladbeck erhoben. Das Amtsgericht Gladbeck hat diese Antragserweiterung mit Beschluss vom 09.11.2005 abgetrennt, das abgetrennte Verfahren unter dem Aktenzeichen 18 II 79/05 weitergeführt und mit Beschluss vom 01.12.2005 darauf hingewiesen, dass das abgetrennte Verfahren nur den oben genannten Kostenfestsetzungsbeschluss betrifft.
3Die Antragsteller haben behauptet, sie hätten mit Anwaltsschriftsatz vom 18.10.2005 die Aufrechnung mit den monatlichen Vorauszahlungen 2005 in Höhe von 440,00 Euro pro Monat für die Wohnung Nr. 162 erklärt, beginnend mit Januar 2005. Die Zahlungshöhe beruhe auf dem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 30.11.2004. Hilfsweise werde die Aufrechnung noch einmal erklärt. Äußerst hilfsweise werde mit den titulierten Forderungen aus dem Verfahren Amtsgericht Gladbeck, Beschluss vom 21.06.2005, Aktenzeichen 18 II 75/04 WEG, erklärt.
4Die Antragsteller haben sodann die im genannten Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Forderungen bezahlt und die Hauptsache für erledigt erklärt.
5Sie haben beantragt,
6die Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen.
7Der Antragsgegner hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt,
8den Antragsstellern die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.
9Er hat vorgetragen, gegen einen Zahlungsanspruch aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss könne nicht mit Wohngeldkosten aufgerechnet werden. Das folge einerseits aus der entstehenden Kostenvermengung bezüglich der anteiligen Kostenlast des obsiegenden Wohnungseigentümers und andererseits daraus, dass Wohngeldzahlungen zweckgebundene Zahlungen seien. Hier sei mit Wohngeldforderungen die Aufrechnung erklärt worden, obwohl er schon längst kein Wohnungseigentümer mehr gewesen sei. Eine Aufrechnungslage habe nicht bestanden, weil Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft ihr als Ganzes zustehen würden.
10Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21. 06.2006 dem Antragsgegner die Gerichtskosten auferlegt und die Nichterstattung der außergerichtlichen Kosten angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt, es verweise auf seinen Beschluss vom 21.06.2006 im Verfahren 18 UR II 67/05. Diesen Beschluss haben sodann die Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.08.2006 vorgelegt.
11Der Antragsgegner hat gegen diesen Beschluss im vorliegenden Verfahren sofortige Beschwerde eingelegt. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und behauptet, die zur Aufrechnung gestellten Forderungen seien allesamt streitig. Seit 2002 seien sämtliche Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne angefochten.
12Er beantragt,
13unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Kosten des Verfahrens den Antragstellern aufzuerlegen.
14Die Antragsteller beantragen,
15die sofortige Beschwerde zurückzuweisen und dem Antragsgegner die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Antragsteller aufzuerlegen.
16Sie behaupten, die erste Instanz habe inzwischen die Beschlussanfechtungen zum Wirtschaftsplan 2004 und 2005 zurückgewiesen.
17Die sofortige Beschwerde ist zulässig, da der Antragsgegner im Schriftsatz vom 10.09.2006 beantragt hat, auch die außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen, womit die Wertgrenze des § 20 a Abs. 2 FGG erreicht ist. Sie ist aber nicht begründet. Wenn wie hier die Parteien das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklären, muss die Kostenentscheidung nach § 47 WEG daran orientiert sein, welchen Erfolg die Klage ohne das erledigende Ereignis gehabt hätte. Zu Recht hat das Amtsgericht alle Gerichtskosten dem Antragsgegner auferlegt. Denn ohne das erledigende Ereignis hätten die Antragsteller obsiegt, da die Aufrechnungserklärung der Antragsteller die im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung zum Erlöschen gebracht hat. Entgegen der Annahme des Antragsgegners bestand eine Gegenseitigkeit der Forderungen. Richtig ist allerdings, dass der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 02.06.2005 in NJW 2005, 2061, 2068 der Wohnungseigentümergemeinschaft Teilrechtsfähigkeit bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitragsansprüchen gegen einzelne Wohnungseigentümer zugebilligt hat. Mit diesem Beschluss hat er die Rechtslage geändert, da zeitlich zuvor die Eigentümergemeinschaft nicht partei- und prozessfähig war und alle Eigentümer diese Ansprüche geltend machen mussten. In der Rechtsprechung - Landgericht Stralsund, Zeitschrift für Miet- und Raumrecht 2007, 146 - ist anerkannt, dass die Wohnungseigentümer in den sogenannten Altfällen, worunter Verfahren vor Veröffentlichung des genannten Beschlusses des Bundesgerichtshofes zu verstehen sind, Vertrauensschutz genießen. Da hier einerseits der streitgegenständliche Kostenfestsetzungsbeschluss auf einem Beschluss der Kammer vom 11.02.2005 im Verfahren 9 T 130/04 als der maßgebenden Kostengrundentscheidung basiert und diese Kostengrundentscheidung zeitlich vor Verkündung des oben genannten Beschlusses des Bundesgerichtshofes ergangen ist, und da andererseits auch die zur Aufrechnung gestellten Wohngeldvorschussforderungen ebenfalls vor Verkündung des oben genannten Beschlusses des Bundesgerichtshofes fällig geworden sind, können die Antragsteller noch die alte Rechtslage in Anspruch nehmen, die vor Verkündung des oben genannten Beschlusses des Bundesgerichtshofes bestand.
18Soweit der Antragsgegner vorträgt, mit Wohngeldforderungen könne nicht aufgerechnet werden, weil sie zweckgebunden sind, so trifft das nicht zu. Eine Verrechnungsmöglichkeit der Wohngeldforderung der Wohnungseigentümer mit Gegenansprüchen eines einzelnen Wohnungseigentümers war anerkannt (Kammergericht NJW Rechtsprechungsreport 1993, 1104). Dem Antragsgegner nutzt auch nichts sein Einwand, dass die Vorschusszahlungen streitig seien, weil seit 2002 sämtliche Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne angefochten worden seien. Denn im Verfahren über den Antrag auf Zahlung von Wohngeld können Einwendungen gegen das formelle Zustandekommen und den sachlichen Inhalt eines zugrundeliegenden Eigentümerbeschlusses grundsätzlich nicht geltendgemacht werden (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2000, 390).
19Der Antragsgegner muss die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten nach § 47 Satz 1 WEG tragen, da die Beschwerde unbegründet ist. Entgegen § 47 Satz 2 WEG muss er auch die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten tragen, da das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet ist (Engelhardt in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004, § 47 WEG Rdnr. 7).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
This content does not contain any references.