Urteil vom Landgericht Essen - 1 O 308/06
Tenor
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 1.974.875,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2006 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt
die Klägerin zu 43 %, der Beklagte zu 1) zu 57 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt die Klägerin zu
20 %, der Beklagte zu 1) zu 80 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.
Das Urteil ist für jede Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin nimmt die Beklagten als Versicherer wegen Verlusten infolge von Unregelmäßigkeiten bei Geldtransporten der inzwischen insolventen Firma B T GmbH in Anspruch.
3Die Klägerin schloss unter dem 24.10.2003/03.11.2004 mit der B T GmbH aus F einen Rahmenvertrag über den Transport, die Bearbeitung und die Verwahrung von Bargeld und sonstigen Werten (Kd.-Nr. …). Gemäß § 5 Abs. 1
4S. 4 des Rahmensvertrages verpflichtete sich die B T GmbH, eine die Klägerin begünstigende Geld- und Werttransportversicherung zu unterhalten. In Vollziehung dieser Bestimmung schloss die B T GmbH über ihren Versicherungsmakler, die B1 W für T- und X GmbH, eine solche Versicherung ab (Police-Nr. CLS …). Die Vertragsdauer der Geld- und Werttransportversicherung erstreckte sich vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2006. In dem Vertrag war angegeben: Führender Versicherer 70 % D GmbH, L1, mit Zusatz "as per certificate SX …", beteiligter Versicherer mit 30 % die Beklagte zu 2).
5Der Versicherungsvertrag sah unter anderem folgende Bestimmungen vor:
62.1.1 Versichert sind unter anderem, aber nicht ausschließlich, alle Sachen, die dem Versicherungsnehmer übergeben oder von ihm übernommen, befördert, bearbeitet oder verwahrt werden.
73.1 Versichert sind die in Ziffer 2 beschriebenen Sachen gegen alle Gefahren und Schäden, gleichviel aus welcher Ursache (...).
83.1.1 Insbesondere besteht Versicherungsschutz für Transporte mit gepanzerten und ungepanzerten Fahrzeugen sowie für die Bearbeitung und Verwahrung.
93.1.2 Insbesondere besteht Versicherungsschutz für Schäden durch Veruntreuung, Unterschlagung oder Diebstahl, die von Mitarbeitern des Versicherungsnehmers, seinen ehemaligen Mitarbeitern oder dem Versicherungsnehmer selbst oder seiner Repräsentanten (...) verursacht werden.
105.1 Der Versicherungsschutz beginnt mit der Übergabe oder Übernahme der versicherten Sachen an bzw. durch den Versicherungsnehmer und endet, wenn dieselben in die Obhut des berechtigten Empfängers übergeben worden sind. Bei Einwurf von Nachttresorkassetten oder ähnlichen Geldbomben endet der Versicherungsschutz ebenso mit der Gutschrift der zum Zwecke der Einzahlung beförderten Gelder auf dem Konto des bestimmungsgemäßen Empfängers wie bei der direkten Verbuchung der Gelder nach erfolgter Bearbeitung durch den Versicherungsnehmer.
119.1 Der Versicherungsnehmer und der Auftraggeber haben Schäden nach Möglichkeit abzuwenden oder zu mindern und den Versicherungsfall unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 120 Stunden nach Feststellung des Schadens, anzuzeigen (...).
129.2 Der Versicherungsnehmer und der Auftraggeber haben Auskunft über abhandengekommene, beschädigte oder vernichtete Sachen zu geben und Schadennachweise zu erbringen, welche der Versicherer billigerweise verlangen kann und die beschaffbar sind. (...)
139.3.1 Nach Ablauf der Frist werden Schäden bzw. Schadenrestforderungen mit 2 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank verzinst; der Höchstzinssatz beträgt jedoch 15 %.
149.3.3 Schadenszahlungen können mit befreiender Wirkung nur direkt an den Auftraggeber des Versicherungsnehmers erfolgen. (...) Den Entschädigungsansprüchen der Auftraggeber können Einwendungen, gleich welcher Art, aus dem Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bis zu einem Betrag in Höhe von 10.000.000,00 € je Schadenfall und für alle Auftraggeber zusammen nicht entgegengehalten werden. Dies gilt insbesondere für die Berufung auf Leistungsfreiheit, auf mangelnde Haftung des Versicherungsnehmers und Nichtzahlung der Prämie.
1515.4 Im Falle eines Prozesses wird der Versicherungsnehmer nur gegen den führenden Versicherer bezüglich dessen Anteils Klage erheben (...). Die Mitversicherer erkennen die gegen den führenden Versicherer ergehende Entscheidung als auch für sie verbindlich an.
16Das dem Versicherungsvertrag beigefügte Versicherungszertifikat vom 09.02.2005 mit der Zertifikatnummer SX … enthielt die Überschrift "M W1 M1 Niederlassung Deutschland". Im Anschluss wurde die B T GmbH als Versicherungsnehmer und die D GmbH als Korrespondent, an den Mitteilungen und Schadensmeldungen zu richten waren, benannt. Darunter hieß es: "Hiermit wird bestätigt, dass für Rechnung des Versicherungsnehmers ein Versicherungsvertrag gemäß den beiliegenden Versicherungsbedingungen mit den am Vertrag (Zeichnungsvollmacht) Nr. SC… beteiligten M W1 abgeschlossen wurde."
17Mit Vertrag vom 25.07.2005 zwischen der Klägerin, der D1 M2 T1 2000 AG, deren Hauptaktionär die B T GmbH war, und der EA Bank AG wurde der Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und der B T GmbH mit Wirkung ab dem 01.08.2005 teilweise modifiziert. Gegenstand des Vertrages war die Verpflichtung zur abgestimmten Bargeldver- und -entsorgung durch die B T GmbH, die D1 M2 T1 2000 AG und die EA Bank AG.
18Mit Schreiben vom 29.08.2006 teilte die D GmbH der Klägerin mit, dass sie den Versicherungsvertrag mit der B T GmbH wegen erheblicher Differenzen in der Geldbearbeitung bei der B T GmbH mit sofortiger Wirkung gekündigt habe. Die Geschäftsführer hatten spätestens seit dem Jahre 2001 der B T GmbH dadurch Liquidität zuzuführen, dass vereinnahmte Gelder von Kunden nicht unverzüglich, sondern erst verspätet an diese zurückgeführt werden sollten. Hierfür war das zu diesem Zeitpunkt neu zur Verfügung stehende Geld anderer Kunden verwendet worden, während das durch diese Vorgehensweise frei gewordene Kundengeld auf Eigenkonten der B T GmbH überwiesen und für anderweitige geschäftliche Verbindlichkeiten verwendet worden war.
19Am 30.08.2006 erhielt die Klägerin das Schreiben der D GmbH vom 29.08.2006. Mitarbeiter der Klägerin suchten daraufhin die Geschäftsräume der B T GmbH in F auf und stellten Bargeldbestände in Höhe von 617.120,00 €, die auf den Namen der Klägerin ausgezeichnet waren, sicher. Mit Schreiben vom 30.08.2006 erklärten die Beklagten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Versicherungs- vertrages. Mit Schreiben vom 31.08.2006 zeigte die Klägerin ihren Schaden an. Mit Schreiben vom 18.09.2006 setzte die Klägerin den Beklagten eine letzte Zahlungsfrist bis zum 28.09.2006. Am 20.09.2006 erhielt die Klägerin 35.630,00 € Hartgeld zurück.
20Über das Vermögen der B T GmbH wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Die Klägerin konnte im Insolvenzverfahren trotz Anmeldung weder Aus- noch Absonderungsrechte realisieren. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der B T GmbH bestätigte gegenüber der Klägerin die Abtretung der versicherungsrechtlichen Ansprüche.
21Die Klägerin behauptet, dass ihr durch Veruntreuungs- und Unterschlagungs- handlungen der B T GmbH unter Anrechnung der Beträge in Höhe von 617.120,00 € und von 35.630,00 € ein Schaden in Höhe von 3.293.015,00 € entstanden sei, wovon der Beklagte zu 1) 2.305.110,50 € zu tragen habe, die Beklagte zu 2) 987.904,50 €. Aufgrund einer Bargeldanforderung vom 29.08.2006 habe die B T GmbH am gleichen Tag einen Betrag von 3.224.000,00 € zu Lasten des Cbankkontos der Klägerin verfügt. Eine Befüllung der Geldausgabeautomaten mit dieser Summe habe am 30.08.2006 jedoch nicht stattgefunden. Des weiteren habe die B T GmbH am 01.08. und 08.08.2006 jeweils 250.000,00 € zur Befüllung des Geldausgabeautomaten E1 Altstadt abgehoben, diesen jedoch nur einmal bestückt und den weiteren Betrag nicht zurückgezahlt. Ferner habe die B T GmbH ihr überlassene Bargeldbestände in Höhe von 300.000,00 € für Sonderbefüllungen von Geldausgabeautomaten bzw. zur Sonderversorgung von Filialen am 30.08.2006 nicht für diese Zwecke verwendet. Sie habe darüber hinaus Restgelder, d.h. Bargeldbestände, die sich bei einer Neubefüllung von Geldausgabeautomaten (GAA) noch in den Geldausgabekassetten befinden, in Höhe von insgesamt 84.340,00 € nicht zurückgezahlt (GAA C-E: 5.000,00 €; GAA M3 S-Brücke: 3.540,00 €; GAA L2, …straße: 40.000,00 €; GAA L2 Hauptbahnhof: 4.980,00 €; GAA O: 29.820,00 €; GAA N Hauptbahnhof: 1.000,00 €). Schließlich habe sie der Klägerin bislang einen Betrag in Höhe von 87.425,00 €, der aus von den Kunden zur Gutschrift eingereichten Münzen bestanden habe und von der Zentrale der Klägerin in E1 MAC -gerecht verpackt übernommen worden sei, nicht gutgeschrieben.
22Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich ihre Aktivlegitimation bereits aus Ziffer 9.3.3 des Versicherungsvertrages ergebe. Zudem folge ihre Aktivlegitimation aus § 75 Abs. 1 VVG a.F. Für ihre Aktivlegitimation spreche auch, dass es sich vorliegend um eine Transportversicherung handele. Damit stehe das Sacherhaltungsinteresse des Eigentümers an den transportierten Wertgegenständen im Vordergrund. Die Führungsklausel der Ziffer 15.4 des Versicherungsvertrages entfalte zwischen ihr und der Beklagten zu 2) keine Wirkung. Auf die Anfechtung des Versicherungsvertrages und des Versicherungsscheines könnten sich die Beklagten nicht berufen. Es fehle bereits an den materiellen Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung. Die Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB sei ebenfalls nicht gewahrt. Darüber hinaus stehe der Anfechtung bereits Ziffer 9.3.3 des Versicherungsvertrages entgegen. Jedenfalls dürften sich die Beklagten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf die Anfechtung berufen.
23Die Klägerin beantragt,
24- den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 2.305.110,50 € zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2006 zu zahlen,
- die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin 987.904,50 € zuzüglich 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.09.2006 zu zahlen,
- festzustellen, dass die Beklagten entsprechend ihrer anteilig übernommenen Haftung – der Beklagte zu 1) zu 70 % und die Beklagte zu 2) zu 30 % – verpflichtet sind, auch über den Betrag von 3.293.015,00 € hinaus Versicherungsschutz aus der mit der Firma B T GmbH geschlossenen Geld- und Werttransportversicherung (Versicherungs-Nr.: CLS …) vom 09.02.2005 wegen Veruntreuungs-, Unterschlagungs- und/oder Diebstahlshandlungen, die von derzeitigen oder ehemaligen Mitarbeitern der Versicherungsnehmerin, von ihr selbst, ihren Repräsentanten oder von beauftragten anderen Unternehmen bzw. deren derzeitigen oder ehemaligen Mitarbeitern in dem Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2006 begangen wurden, zu gewähren.
Hilfsweise beantragt die Klägerin,
26die Beklagte zu 1) zu verurteilen, in ihrer Eigenschaft als führender Versicherer im Falle ihrer alleinigen Verurteilung in Vollziehung der im Versicherungsvertrag (CLS …, Versicherungsnehmer B T GmbH) in Ziffer 15.3 enthaltenen Führungsklausel die Beklagte zu 2) zur Leistung ihres Anteils von 30 % der Versicherungssumme zu veranlassen.
27Die Beklagten beantragen,
28die Klage abzuweisen.
29Die Beklagten rügen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Essen. Ferner rügen sie das Fehlen der passiven Prozessführungsbefugnis der Beklagten zu 2) im Hinblick auf Ziffer 15.4 des Versicherungsvertrages.
30Die Beklagten bestreiten die angeblichen Verluste der Klägerin. Sie behaupten, dass die Klägerin der B T GmbH gegenüber keinen Auftrag erteilt habe, einen
31Betrag in Höhe von 3.224.000,00 € vom Cbankkonto der Klägerin abzuheben und diesen für die Befüllung von Geldausgabeautomaten zu benutzen. Ein solcher Betrag sei auch nicht vom Cbankkonto der Klägerin abgebucht worden. Des weiteren habe die Klägerin die B T GmbH nicht zweimal beauftragt, einen Betrag von 250.000,00 € vom Cbankkonto der Klägerin abzuheben und damit einen Geldausgabeautomaten in der E1 Altstadt zu befüllen. Ein solcher Betrag sei auch nicht zweimal vom Cbankkonto der Klägerin abgebucht worden. Ferner habe die B T GmbH keinen Betrag in Höhe von 300.000,00 € zur Einlagerung als Reservebestand erhalten. Ihr sei darüber hinaus kein Auftrag zur Entsorgung von Restgeldern in Höhe von 84.340,00 € erteilt worden. Schließlich habe sie keine Münzgelder in Höhe von 87.425,00 € erhalten.
32Die Beklagten meinen, dass ein etwaiger Schaden nicht unter die Transportversicherung falle, da dort nur Sachen versichert seien. Im übrigen meinen sie, dass sie den Versicherungsvertrag gegenüber der B T GmbH mit Schreiben vom 30.08.2006 wirksam angefochten hätten. Ein Anspruch der Klägerin scheitere ungeachtet der Wirksamkeit der Anfechtung ferner daran, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nicht vom Versicherungsschutz gedeckt sei. Jedenfalls seien die Beklagten aufgrund von Obliegenheitsverletzungen der Klägerin gemäß § 6 Abs. 3 VVG a.F. leistungsfrei geworden. Die Klägerin habe die 120-Stunden-Frist nicht eingehalten, innerhalb derer sie nach Feststellung eines Schadenfalles dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherer Anzeige zu erstatten und die erforderlichen Schadensnachweise zu erbringen habe. Eine Einstandspflicht bestehe schließlich nicht, weil es sich um einen sog. gedehnten Schadenfall handele. Der Versicherer hafte nur, wenn schon der Beginn des Schadenfalls in den Versicherungszeitraum falle. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall, da das rechtswidrige Schieben von Kundengeldern schon im Jahre 2001 begonnen habe.
33Schließlich käme nur eine Haftung bis zur Haftungshöchstsumme von 10.000.000,00 € für alle Auftraggeber von B in Betracht.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
35Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen BX, JL, NL, NT, BU, XL, NQ, NT, DX, NM, IK und NT. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 26.05.2008 und 01.12.2008 Bezug genommen.
36Entscheidungsgründe
37Die Klage hat nur zum Teil Erfolg.
38Die Klage gegen die Beklagte zu 2) ist bereits unzulässig. Die Beklagte zu 2) ist nicht passiv prozessführungsbefugt. Aus der Prozessführungsklausel in Ziffer 15.4 des Versicherungsvertrags ergibt sich, dass die B T GmbH verpflichtet ist, nur gegen den führenden Versicherer bezüglich dessen Anteils zu klagen. Diese Prozessführungsklausel wirkt auch gegenüber der Klägerin. Sie konnte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag nach dem Grundsatz der Akzessorietät nur so erwerben, wie die Versicherungsnehmerin B T GmbH sie gestaltet hatte.
39Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Essen ergibt sich jedenfalls aus § 39 ZPO infolge rügelosen Verhandelns des Beklagten zu 1).
40Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist aber nur teilweise begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1) nur ein Anspruch auf Zahlung von 1.974.875,00 € aus dem Versicherungsvertrag mit der Police-Nr. CLS … zu.
41Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Es kann dahinstehen, ob sich ein Direktanspruch der Klägerin aus Ziffer 9.3.3 des Versicherungsvertrages oder aus § 75 Abs. 1 VVG a.F. ergibt, desgleichen ob die B T GmbH bereits durch die Regelung des § 5 Abs. 5 des Rahmenvertrages die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag wirksam an die Klägerin abgetreten hatte. Selbst wenn der Anspruch auf Versicherungsleistungen zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Versicherungsfalls im August 2006 nur der B T GmbH selbst zugestanden hätte, so kann die Klägerin den Beklagten zu 1) aus abgetretenem Recht jedenfalls aufgrund der Erklärung des Insolvenz- verwalters in Anspruch nehmen.
42Der Beklagte zu 1) ist passivlegitimiert. Der Versicherungsschein in Verbindung mit dem Versicherungszertifikat bestätigt ausdrücklich, dass der Versicherungsvertrag mit den M W1 M1geschlossen wurde und diese daher Versicherer sind. Gemäß § 110 b Abs. 2 VAG sind Ansprüche gegen die M W M1 nur gegenüber dem Beklagten zu 1) als Hauptbevollmächtigten M W M1 geltend zu machen.
43Der Versicherungsvertrag ist wirksam. Der Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf die Anfechtung des Versicherungsvertrages und der Versicherungsbestätigung mit der Wirkung des § 142 Abs. 1 BGB i.V.m. § 123 Abs. 1 BGB berufen. Es kann dahinstehen, ob die Anfechtungserklärungen den gesetzlichen Anforderungen genügten oder ob hinsichtlich der Anfechtung ein treuwidriges Verhalten des Beklagten zu 1) wegen der von der Klägerin behaupteten frühzeitigen Kenntnis des Beklagten zu 1) von den Vorgängen bei der B T GmbH vorliegt. Der Berufung auf die Anfechtung steht nämlich bereits die Regelung aus Ziffer 9.3.3 des Versicherungs- vertrages entgegen. Danach hat der Beklagte zu 1) darauf verzichtet, Einwendungen gleich welcher Art aus dem Deckungsverhältnis gegenüber dem Versicherten geltend zu machen. Soweit der Beklagte zu 1) meint, aus dogmatischen Erwägungen könne die Anfechtung nicht als Einwendung aus dem Deckungsverhältnis bewertet werden, vermag die Kammer dieser Rechtsansicht nicht zu folgen. Zwar ist die Anfechtung in der Aufzählung der Ziffer 9.3.3 nicht ausdrücklich genannt. Die Aufzählung ist indes nicht abschließend, wie sich auf der Formulierung "insbesondere" ergibt. Der Einwand der Anfechtung stellt auch eine Einwendung aus dem Deckungsverhältnis im Sinne dieser Bestimmung dar. Bei der Fremdversicherung handelt es sich um eine besondere Ausprägung eines Vertrages zugunsten Dritter nach § 328 BGB. Gemäß § 334 BGB stehen bei einem Vertrag zugunsten Dritter Einwendungen aus dem Vertrag dem Versprechenden auch gegenüber Dritten, hier also gegenüber der Klägerin, zu. Im Rahmen des § 334 BGB ist der Begriff der Einwendung weit zu verstehen und umfasst auch die Anfechtung. Im Einklang damit ist auch der Begriff der Einwendung in Ziffer 9.3.3 zu verstehen. Die einheitliche Auslegung ist deshalb sachgerecht, weil Ziffer 9.3.3 eine Abbedingung des § 334 BGB darstellt. Zu demselben Ergebnis führt auch die teleologische Auslegung von Ziffer 9.3.3, die zugunsten des Versicherten ein weites Begriffsverständnis der Einwendung fordert. Sinn und Zweck der Klausel ist es nämlich, den Versicherten umfassend gegen Verluste abzusichern, weshalb auch die Unregelmäßigkeiten bei der Versicherungsnehmerin B T GmbH trotz vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls entgegen § 61 VVG versichert waren.
44Die Klägerin hat vom Versicherungsschutz umfasste und durch die B T GmbH verursachte Verluste in Höhe von 3.224.000,00 € (Bargeldanforderung vom 29.08.2006) und von 250.000,00 € (doppelt gebuchter Betrag), zusammen 3.474.000,00 €, nachgewiesen, die unter Anrechnung der Bargeldbestände in Höhe von 617.120,00 € und des Hartgeldes in Höhe von 35.630,00 € sowie unter Berücksichtigung von Ziffer 15.4 des Versicherungsvertrages, die die Inanspruchnahme des führenden Versicherers auf seinen Anteil in Höhe von 70 % beschränkt, den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 1.974.875,00 € ergeben.
45Vorliegend bestand ausweislich des Versicherungsvertrages Versicherungsschutz nicht für jedes schadensstiftende Verhalten der B T GmbH. Versichert waren vielmehr nur die in Ziffer 2 des Versicherungsvertrages beschriebenen Sachen vor Gefahren, die sich aus dem körperlichen Gewahrsam und physischen Umgang der B T GmbH ergaben. Versichert war in erster Linie nur das Transportrisiko von körperlichen Gegenständen auf der Transportstrecke. Ein Versicherungsschutz ausschließlich für Buchgeld bestand vorliegend nicht. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der Ziffern 2.1, 2.1.1, 3.1 ff. und 5.1 des Versicherungsvertrages, die jeweils den stofflichen Zugriff auf die versicherte Sache hervorheben. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) handelt es sich vorliegend jedoch nicht um eine reine Transportversicherung. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den Beschluss des BGH vom 21.11.2007 (Az.: IV ZR 48/07) berufen, da sich aus dem Beschluss nicht ergibt, dass der dortige Versicherungsvertrag eine der Ziffer 5.1 des hiesigen Versicherungs- vertrages vergleichbare Regelung enthält. Gemäß Ziffer 5.1 des Versicherungsvertrages endet der Versicherungsschutz neben dem Fall der Übergabe in die Obhut des berechtigten Empfängers der Versicherungsschutz nämlich erst mit der Gutschrift der zum Zwecke der Einzahlung beförderten Gelder auf dem Konto des bestimmungs- gemäßen Empfängers, nicht schon zwingend mit der Einzahlung von Geldern auf einem beliebigen Konto, nur weil in diesem Moment aus dem Bargeld Buchgeld wird. Es kann dahinstehen, ob zwischen der Klägerin und der B Tt GmbH vereinbart war, dass die Gelder zunächst auf ein Sammelkonto von der B T GmbH eingezahlt werden durften und von dort aus auf ein Konto der Klägerin zu überweisen waren.
46Ausgehend davon ist der Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein unter den Versicherungsschutz fallender Schaden in Höhe von 3.474.000,00 € entstanden.
47Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass aufgrund der Bargeldanforderung vom 29.08.2006 die B T GmbH am gleichen Tag einen Betrag von 3.224.000,00 € zu Lasten des Cbankkontos der Klägerin abverfügte, jedoch die für diese Summe anvisierten Geldausgabeautomaten am folgenden Tag nicht befüllte. Der Zeuge BX hat anhand der Aufstellung von B vom 29.08.2006 ( Bl. 88 GA ), des Schecks vom 29.08.2006 ( Bl. 270 GA ) wie auch des Kontoauszuges vom 29.08.2006 ( Bl. 90 GA ) bestätigt, dass der Betrag von 3.224.000,00 € zu Lasten des klägerischen
48Cbankkontos abverfügt wurde. Das Geld wurde an die Mitarbeiter der B T GmbH ausgezahlt. Das ergibt sich aus der Aufstellung von B. Im übrigen spricht das von den Zeugen BX und NL übereinstimmend beschriebene, streng reglementierte Procedere bei der Cbank dafür, das wie folgt abläuft: Das Fahrzeug des Geldtransportunternehmens fährt zunächst in eine Fahrzeugschleuse. Dort müssen sich die Fahrer mit einem Kennwort legitimieren. Anschließend dürfen sie in die Ladehalle fahren. Erst nach Schließen des Tores dürfen die Fahrer aussteigen und zum Schalter gehen. Dort legen sie den Scheck vor. Dieser wird auf seine Ordnungsmäßigkeit und auf die Echtheit der Unterschriften hin überprüft. Es findet ein Abgleich mit Unterschriftenproben statt. Ein anderer Cbankmitarbeiter kontrolliert den Vorgang nochmals (sog. Deckungskontrolle). Erst dann nimmt dieser die Auszahlung vor. Durch die Trennung der Vorgänge "Entgegennahme des Schecks" und "Auszahlung des Geldbetrages" und durch die Deckungskontrolle wird die Richtigkeit der Auszahlung gewährleistet (sog. Vier-Augen-Prinzip). Der Zeuge BX hat weiter bekundet, dass die Geldausgabeautomaten am 30.08.2006 nicht befüllt worden seien. Sie seien in den nachfolgenden Tagen leergelaufen. Die Aussagen der Zeugen BX und NL sind glaubhaft. Zweifel an der Richtigkeit ihrer Aussagen bestehen nicht.
49Ferner ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die BT GmbH einen doppelt erhaltenen Betrag in Höhe von 250.000,00 € zur Befüllung des Geldausgabeautomaten in der E1 Altstadt bislang nicht zurückgezahlt hat. Zwar steht die Aussage der Zeugin NT, wonach der Geldautomat in der E1 Altstadt am 03.08.2006 mit 250.000,00 € befüllt werden sollte, nicht im Einklang mit der GAA-Aufstellung der B T GmbH. Letztere wies als Tag der Befüllung den 02.08.2006 aus. Nach Ansicht der Kammer resultiert diese Abweichung aus dem langen Zeitraum, der zwischen dem streitgegenständlichen Geschehen und der Zeugenaussage liegt. Denn die sonstigen Bekundungen der Zeugin stimmen mit denen des Zeugen BX überein. Danach sollte der Geldausgabe- automat in der E1 Altstadt am Montag, den 31.07.2006, mit 232.000,00 € befüllt werden, am 02.08.2006 mit 250.000,00 € und am 09.08.2006 mit weiteren 250.000,00 €. Hierfür verfügte die B T GmbH am 01.08.2008 vom Cbankkonto der Klägerin 250.000,00 € ab und am 08.08.2006 weitere 250.000,00 €. Dies hat der Zeuge BX zwar nicht direkt bezeugen können, weil diese Beträge nicht einzeln abgebucht worden waren. Jedoch hat er überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die Abbuchung um Teilbeträge der Schecks vom 01.08.2006
50( Bl. 269 GA ) und vom 08.08.2006 ( Bl. 269 GA ) handele und sie auch aus den Aufstellungen vom 02.08.2006 und vom 09.08.2006 ergebe. Die Zeugin NT hat
51ergänzend bekundet, dass der Geldausgabeautomat in der E1 Altstadt am Montag, den 31.07.2006, wegen des Radrennen "Deutschlandtour" nicht habe befüllt werden können. Deshalb habe man die B T GmbH angewiesen, den Geldausgabeautomaten in der E1 Altstadt am 03.08.2006 (eigentlich: 02.08.2006) mit dem für den 31.07.2006 vorgesehenen Betrag von 232.000,00 € zu befüllen und den für den 03.08.2006 (eigentlich: 02.08.2006) vorgesehenen Betrag von 250.000,00 € wieder auf das Cbankkonto der Klägerin einzuzahlen. Dies ist glaubhaft. Es handelte sich bei dem 31.07.2006 tatsächlich um einen Montag. Darüber hinaus überzeugt der Grund des Erinnerns der Zeugin NT, dass in der E1 Altstadt ein Radrennen stattfand, das die Befüllung des Geldausgabe- automaten verhinderte. Beide Zeugen haben schließlich übereinstimmend ausgesagt, dass der am 01.08.2008 abverfügte und für den 02.08.2006 vorgesehene Betrag von 250.000,00 € bislang nicht an die Klägerin zurückgezahlt worden sei.
52Hingegen hat die Kammer nicht feststellen können, ob die B T GmbH Bargeldbestände in Höhe von 300.000,00 € für Sonderbefüllungen von Geldausgabe- automaten bzw. zur Sonderversorgung von Filialen bis zum 30.08.2006 für diese oder anderweitige Zwecke verwendet hat. Zwar haben die Zeugen BX, NT und XL übereinstimmend ausgesagt, dass sog. Befüllreserven bei der B T GmbH hinterlegt worden seien, und zwar 200.000,00 € in F und 100.000,00 € in L1, allerdings auch mehrfach zur Verwendung gelangt seien. Keiner der Zeugen hat jedoch der Kammer den genauen Stand der Befüllreserven überzeugend erklären können. So hat der Zeuge BX ausgesagt, dass das Geld der Befüllreserven immer wieder aufgefüllt worden sei. Er hat jedoch nicht bekunden können, wann die Reserven letztmalig aufgefüllt worden sind. Auch die Zeugin JL hat nichts Näheres zur Klärung beitragen können. Sie hat zwar erklärt, dass sie im Cash-Center der B T GmbH in F gewesen sei. Das Geld im eigentlichen Sinne habe sie aber nicht gesehen. Auch die Zeugin NT hat lediglich bekunden können, dass
53es Befüllreserven gegeben habe. Wie genau die Abläufe gewesen seien, wisse sie allerdings nicht. Das Geld habe sie nicht gesehen. Auch die Zeugen BU, XL und NQ haben keine näheren Angaben machen können. Die Zeugin BU hat ausgesagt, dass sie die Befüllreserve im Tresorraum in L1 mal gesehen habe. Diese sei immer wieder in Anspruch genommen worden. Geld sei abgeholt und wieder aufgefüllt worden. Der Zeuge XL hat bekundet, dass nach der Inventur am 11.08.2006 in L1 140.000,00 € im P-Behälter für die Klägerin gewesen seien. Am 26.08.2006 sei dieser Behälter nicht mehr da gewesen. Der Zeuge NQ hat ausgesagt, dass die B T GmbH Reserven eingelagert habe. Er könne aber nicht sagen, wie viel genau und ob überhaupt etwas eingelagert gewesen sei.
54Ferner hat die Kammer nicht feststellen können, dass die B T GmbH Restgelder in Höhe von insgesamt 84.340,00 € nicht zurückgezahlt hat. Die Aussagen der Zeugen BX, DX, NT und NM sind unergiebig. Der Zeuge BX hat sich weder an den Gesamtbetrag noch an die einzelnen Beträge erinnern können, weil er als Abteilungsleiter nicht in dem operativen Geschäft stecke. Die Zeugen DX, NT und NM haben lediglich bekunden können, dass sie am 01.09.2006 zum Auszählen von Restbeständen aus Geldausgabe- automaten abkommandiert worden seien. Die Ergebnisse hätten sie protokolliert und sodann nach E1 weitergeleitet. Ein Abgleich mit Sollbeständen hätten sie nicht vorgenommen.
55Die Kammer hat schließlich nicht feststellen können, dass die B T GmbH der Klägerin einen Betrag in Höhe von 87.425,00 € nicht gutgeschrieben hat.
56Die Aussagen der Zeugen BX, JK und NT sind unergiebig. Zwar haben sie den Ablauf des Zählens, Rollierens und Verschweißen des Hartgeldes beschreiben können. Sie haben auch übereinstimmend die Unterschrift des Abgabeprotokolls vom 23.08.2006 als die des Zeugen NT identifiziert. Jedoch haben sie nicht bekunden können, wer dem Zeugen NT am 23.08.2006 Hartgeld in welcher Höhe ausgehändigt hat. Der Zeuge IK war am besagten Tag im Urlaub. Die Zeugen IK und NT haben übereinstimmend erklärt, dass der Zeuge NT die Summe von 87.425,00 € nicht bestätigen könne. Er habe nicht in den Behälter sehen können.
57Die Verluste, soweit nachgewiesen, fallen auch in zeitlicher Hinsicht unter den Deckungsschutz. Versicherter Zeitraum war der 01.01.2005 bis einschließlich
5831.12.2006. Die Verluste sind innerhalb des versicherten Zeitraums – im Laufe des Monats August 2006 – angefallen. Der Einwand des Beklagten zu 1), es sei ein Versicherungsfall nach den Grundsätzen des sog. gedehnten Schadens eingetreten, weil die Unterschlagungen vom August 2006 letztlich zur Abdeckung der in den Vorjahren begangenen Geldverschiebungen dienten, geht ins Leere. Ein einheitlicher Schadenfall käme nur dann in Betracht, wenn vorliegend ein allgemeiner Vermögensschaden eingetreten wäre. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Gegenstand der Versicherung waren nach den vorstehenden Ausführungen gemäß Ziffer 2.1 und 2.1.1 konkrete Sachen, d.h. die Gelder, die der B T GmbH zum Transport übergeben worden sind. Erst dann kam überhaupt ein Schadenseintritt in Betracht. Allein der Umstand, dass die Gelder zur Verschleierung frühere Unterschlagungen genutzt wurden oder werden sollten, kann als bloßes Motiv der Zweckentfremdung auf den Versicherungsschutz keinen Einfluss haben.
59Eine Leistungsfreiheit des Beklagten zu 1) ergibt sich auch nicht aus der von ihm behaupteten Erschöpfung der Höchsthaftungssumme. Der Vortrag des Beklagten zu 1) ist nicht hinreichend substantiiert. Er hat schon nicht vorgetragen, dass er auch von anderen Auftraggebern der B T GmbH berechtigterweise in Anspruch genommen wird. Der vorliegend mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Betrag in Höhe von 2.305.110,50 € erschöpft die Höchsthaftungssumme nicht. Zugrunde zu legen ist dabei, dass die Höchsthaftungssumme gemäß Ziffer 9.3.3 stets nur das konkrete Schadensereignis betrifft ("je Schadenfall").
60Der Beklagte zu 1) kann sich nicht mit Erfolg auf §§ 62, 79 Abs. 1 VVG a.F. berufen. Er hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Klägerin gegen die Obliegenheitspflichten zur Schadensabwendung und Schadensminderung verstoßen hat. Die Behauptung des Beklagten zu 1), der Klägerin hätten sich am 03.08.2006 die Unregelmäßigkeiten bei der
61B T GmbH aufdrängen und zu einem Abbruch der Geschäftsbeziehungen veranlassen müssen, ist nach Ansicht der Kammer bereits nicht hinreichend substantiiert. Dem pauschalen Vortrag des Beklagten zu 1) kann nicht entnommen werden, dass die Klägerin schon vor dem 30.08.2006 eine reaktionspflichtige Kenntnis von den Geldverschiebungen bei der B T GmbH gehabt hat.
62Der Beklagte zu 1) kann sich ebenfalls nicht darauf berufen, die Klägerin habe die vereinbarte 120-Stunden-Frist zur Schadensanzeige verstreichen lassen. Wegen §§ 153 Abs. 1, 158a VVG a.F. galt vorliegend eine Wochenfrist, welche der Beklagte zu 1) nicht wirksam abbedingen konnte. Diese Wochenfrist hat die Klägerin, soweit es die hier zuerkannten Schadenspositionen betraf, auch gewahrt. Als Zeitpunkt der Kenntnis der Klägerin vom Versicherungsfall ist nach dem Vorgenannten der 30.08.2006 zugrunde zu legen. Die Schadensanzeige der Klägerin erfolgte unstreitig am 31.08.2006. Die Schadensanzeige genügte auch inhaltlich den Anforderungen. Die Berufung des Beklagten zu 1) auf die fehlenden Schadensnachweise an diesem Tag ist treuwidrig. Es steht im Widerspruch zu Ziffer 9.2 des Versicherungsvertrages. Angesichts der Komplexität des Schadensfalles konnte der Versicherer innerhalb dieser kurzen Zeitspanne eine weitergehende Schadenskonkretisierung nach Ansicht der Kammer billigerweise nicht verlangen.
63Der geltend gemachte Zinsanspruch ist zwar ist zeitlicher Hinsicht berechtigt, nicht jedoch in der Höhe. Der Beklagte zu 1) befand sich ab dem 29.09.2006 in Verzug. Die Klägerin hatte den Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 18.09.2006 zur Leistung bis spätestens zum 28.09.2006 aufgefordert. Eine Zahlung des Beklagten zu 1) war nicht erfolgt. Es war indes der gesetzliche Zinssatz gemäß § 288 Abs. 1 BGB zugrunde zu legen. Einerseits weist der Beklagte zu 1) zutreffend darauf hin, dass die in § 288 Abs. 2 BGB vorgesehene Erhöhung des gesetzlichen Zinssatzes hier deshalb nicht in Betracht kommt, weil es sich bei Ansprüchen auf Versicherungsleistungen nicht um Entgelt im Sinne der Vorschrift handelt. Andererseits fand vorliegend auch Ziffer 9.3.1 des Versicherungsvertrages mit dem darin vorgesehenen Zinssatz in Höhe von 2 % über dem jeweils gültigen Basiszinssatz mit der Obergrenze von 15 % keine Anwendung. Es handelt sich bei Ziffer 9.3.1 um eine verzugsunabhängige, an den Eingang des
64Schadensnachweises anknüpfende Regelung, die bei Verzugseintritt den gesetzlichen Zinssatz nicht ausschließt.
65Der Feststellungsantrag ist bereits unzulässig. Es fehlt an einem Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Zwar ist ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Rechtsverhältnisses schon aufgrund des Bestreitens seitens der Beklagten gegeben. Die Klägerin hat indes kein Interesse gerade an der alsbaldigen Feststellung. Die Klägerin kann sich nicht auf den Aspekt der Rechtsgefährdung nach Maßgabe des § 12 Abs. 3 VVG a.F. berufen. Ein Fristennachteil droht ihr vorliegend nicht. Auch bei Erhebung einer bloßen Teilklage ist die Klagefrist für den gesamten Anspruch gewahrt, sofern der Versicherungsnehmer bzw. der Anspruchsberechtigte zu erkennen gibt, dass er auf den übrigen Teil nicht verzichten will, und sofern der Gesamtanspruch, der auf einem einheitlichen Tatbestand beruhen muss, der Höhe nach hinreichend feststeht.
66Der gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend gemachte Hilfsantrag ist ebenfalls unzulässig. Der Antrag genügt nicht den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil es an der hinreichenden Bestimmtheit mangelt. Der Antrag hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die Klägerin hat nicht konkretisiert, in welcher Form und mit welchen Maßnahmen der Beklagte zu 1) auf die Beklagte zu 2) einzuwirken habe.
67Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO.
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