Beschluss vom Landgericht Essen - III StVK 1/16
Tenor
Es wird festgestellt, dass die dem Verurteilten L im zurückliegenden Zeitraum von der Vollzugsbehörde angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen gemäß § 66c II, I Nr. 1 StGB entspricht.
1
GRÜNDE:
2I.
3Der Verurteilte wurde mit Urteil des Landgerichts C vom 19.11.2013, Az.: …, wegen Vergewaltigung unter Auflösung einer Gesamtfreiheitsstrafe aus einem anderen Urteil und unter Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt; zugleich wurde die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dem Urteil lag zugrunde, dass der erheblich und auch wegen Sexualdelikten einschlägig vorbestraften Verurteilte mit seiner damaligen Beziehungspartnerin, die er in den Tagen und Stunden vor der Tat bedroht und geschlagen hatte, in der Nacht vom 06. auf den 07.03.2011 den Analverkehr ausführte, obwohl er genau wusste, dass seine damalige Beziehungspartnerin nicht freiwillig bereit war, in dieser Weise mit ihm zu verkehren.
4II.
5Der Verurteilte befand sich seit dem 02.04.2011 u. a. in dieser Sache in Untersuchungs- und dann in Strafhaft; seit dem 12.05.2015 befindet er sich zur Durchführung einer sozialtherapeutischen Behandlung in der Sozialtherapeutischen Anstalt H. Endstrafe im Hinblick auf sämtliche Verurteilungen ist auf den 15.10.2018 notiert; es ist sodann die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung aus dem vorbezeichneten Urteil des Landgerichts C vom 19.11.2013 vorgesehen.
6Die Sozialtherapeutische Anstalt H gelangte in ihrer Stellungnahme vom 16.03.2016 zu folgender diagnostischer Einschätzung:
7Psychodiagnostisch liege bei dem Verurteilten auf der Persönlichkeitsebene eine Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Anteilen vor. Dabei imponierten im Kontakt vor allem die narzisstischen Anteile, es fänden sich ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit, ein Verlangen nach übermäßiger Bewunderung, ein hohes Anspruchsdenken (vor allem gegenüber seinen Partnerinnen), ausbeuterische Beziehungsgestaltungen, ein Mangel an Empathie sowie überhebliche Verhaltensweisen und Haltungen. Der dissoziale Anteil drücke sich in der andauernden Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, der Unfähigkeit, aus Bestrafung/Erfahrung zu lernen, sowie der Neigung, andere für das eigene Verhalten verantwortlich zu machen, aus.
8Vor dem Hintergrund dieser diagnostischen Einschätzung wurden dem Verurteilten nach seiner Aufnahme in die Sozialtherapeutische Anstalt folgende Maßnahmen zur Behandlung und Betreuung angeboten und werden mit ihm durchgeführt:
9- 10
Anlassbezogene Gespräche mit dem Abteilungsteam
- 11
Teilnahme an pädagogischen Angeboten (schulischer Unterricht nach Stundenplan)
- 12
Regelmäßige Behandlungsgespräche
- 13
Regelmäßige Gespräche mit dem psychologischen Dienst
- 14
Teilnahme an den Wohngruppensitzungen (wöchentlich)
- 15
Teilnahme an der deliktheterogenen Aufnahmegruppe (wöchentlich)
- 16
Vollzeitiger Einsatz im Holzbereich des Werkdienstes
- 17
Teilnahme am Pflichtsport
- 18
Teilnahme an der Rückfallprophylaxegruppe für Vergewaltiger
- 19
Einzeltherapeutische Gespräche bei einem externen Psychotherapeuten
Zudem ist der Beginn einer Ausbildung des Verurteilten zum Energieanlagenelektroniker zum 01.07.2016 angedacht.
21Perspektivisch zielen die Maßnahmen der Sozialtherapeutischen Anstalt auf eine Reduktion der bei dem Verurteilten - welcher laut der Stellungnahme der Sozialtherapeutischen Anstalt H vom 13.06.2016 von Beginn an behandlungsmotiviert war - bestehenden Risikofaktoren ab.
22III.
23Gemäß § 119a I Nr. 1 StVollzG stellt die Kammer fest, dass die angebotene Betreuung den gesetzlichen Anforderungen des § 66c II, I Nr. 1 StGB entspricht.
24Nach § 66c I Nr. 1 StGB muss dem Verurteilten auf Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung angeboten werden, die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Verurteilten zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind, und die zum Ziel hat, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann.
25Diesen Anforderungen genügt die angebotene, oben dargestellte Betreuung. Dabei beruht diese Feststellung der Kammer maßgeblich auf den Stellungnahmen der Sozialtherapeutischen Anstalt vom 16.03.2016 und 13.06.2016, in welchen die Anstalt sowohl das Ergebnis der Behandlungsuntersuchung zu Beginn der Aufnahme des Verurteilten in die Sozialtherapeutische Anstalt dargestellt und die Behandlung, insbesondere hinsichtlich der oben aufgeführten Behandlung- und Betreuungsangebote, beschrieben hat. Die Behandlung- und Betreuungsangebote sind auf die Persönlichkeitsproblematik des Verurteilten abgestimmt. Zwar ist derzeit noch nicht einschätzbar, inwieweit die von dem Verurteilten ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit bis zum Endstrafenzeitpunkt soweit gemindert sein wird, dass die Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entbehrlich wird. Anderes war angesichts der bei dem Verurteilten bestehenden Persönlichkeitsstörung mit narzisstischen und dissozialen Anteilen und des nur gut ein Jahr langen Behandlungszeitraums in der Sozialtherapeutischen Anstalt aber auch nicht zu erwarten. Jedenfalls erweisen sich die im Einzelnen dargestellten Behandlungsangebote als im Sinne des § 66c I Nr. 1 StGB individuell und abgestimmt auf den Verurteilten.
26Der Verurteilte hat seinerseits keine Einwendungen gegen die Behandlung oder gegen einzelne Behandlungsmaßnahmen erhoben.
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