Beschluss vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (1. Zivilkammer) - 1 T 32/06
Tenor
1. In Abänderung des vorgenannten Beschlusses wird die der Berufsbetreuerin für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 29. November 2005 aus der Landeskasse zu bewilligende Vergütung auf 1.091,20 € festgesetzt.
2. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
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I. Mit Beschluss vom 18. Januar 2006 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Ludwigshafen am Rhein die Vergütung der Berufsbetreuerin (allerdings als Aufwandsentschädigung bezeichnet) auf 940,69 € für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 bis 29. November 2005 auf der Grundlage des ab dem 01. Juli 2005 geltenden Betreuervergütungsrechts festgesetzt und dabei den nach § 4 VBVG geltenden Stundensatz von 44,-- € um die Umsatzsteuer in Höhe von 16 % gekürzt, da die Betreuerin unstreitig nicht umsatzsteuerpflichtig ist.
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Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit ihrem am 24. Januar 2006 eingegangenem Rechtsmittel vom 22. Januar 2006, mit dem sie ihren Antrag auf Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 1.091,220 € unter Berücksichtigung des vollen Stundensatzes von 44,-- € weiterverfolgt.
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II. Die gemäß §§ 56 g Abs. 5, 19 ff FGG zulässige sofortige Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg.
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Dabei ist für den vorliegenden Fall gemäß Art. 12 des 2. BtÄndG neues Vergütungsrecht anzuwenden, da Vergütung ab dem 01. Juli 2005 begehrt wird.
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Die Berufsbetreuerin ist daher gemäß §§ 1908 i Abs. 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB, 1 Abs. 2 VBVG für ihre Tätigkeit zu vergüten, wegen unstreitiger Mittellosigkeit aus der Landeskasse. Der zu vergütende Stundensatz ergibt sich aus § 4 VBVG, wobei Abs. 2 bestimmt, dass auch entstandene Aufwendungen sowie anfallende Umsatzsteuer mit dem Stundensatz abgegolten sind.
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Diese pauschalierte Abrechnungsweise steht einer einzelfallbezogenen Betrachtung, ob Umsatzsteuer (und auch Aufwendungen) tatsächlich entstanden sind und eventuell in welcher Höhe, entgegen, was bereits aus dem Wesen der Pauschalierung folgt. Der Gesetzgeber führt in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 15/4874 Seite 31) aus, dass die Stundensätze nicht nur den Vergütungsanspruch abdecken, sondern auch Ansprüche auf Erstattung von Umsatzsteuer, „wenn eine solche erhoben wird“.
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Damit ist klar gestellt, dass anfallende Umsatzsteuer nicht zusätzlich zur Vergütung erstattet werden kann, nicht aber gesagt, dass sie aus dem Stundensatz ganz oder teilweise herauszurechnen ist, wenn sie bei Kleinunternehmen im Sinne von § 19 Umsatzsteuergesetz nicht, oder bei Betreuungsvereinen nur mit vermindertem Steuersatz anfällt.
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Der Gesetzgeber hat a.a.O. dementsprechend ausgeführt, dass der Vorteil, den ein Betreuungsverein durch die im Stundensatz enthaltene niedrigere Umsatzsteuer hat, gerade gewollt ist und nicht die Umsatzsteuerersparnis aus dem Stundensatz herauszurechnen ist, weil auf diese Weise Betreuungsvereine gefördert werden sollen. Entsprechendes muss dann für den Berufsbetreuer gelten, der als Kleinunternehmer keine Umsatzsteuer bezahlt und auch einer entsprechenden Förderung als Berufsanfänger und Kleinunternehmer unterliegt, wobei ihm ein Teil des Vorteils dadurch wieder verloren geht, dass jetzt der gesamte Bruttobetrag der Einkommenssteuer unterliegt. Jedenfalls ergibt sich aus den Motiven des Gesetzgebers kein Anhaltspunkt, dass hier etwas anderes gewollt wäre, was - wie bereits ausgeführt - auch dem Wesen der pauschalen Abgeltung widersprechen würde. Vielmehr soll die Umsatzsteuer mit dem Stundensatz abgegolten sein, gleich in welcher Höhe sie anfällt. Eine Überprüfung der Umsatzsteuerpflicht bzw. ihrer Höhe soll erkennbar im Vergütungsverfahren durch den Rechtspfleger ebenso wenig erfolgen, wie eine Prüfung der Aufwendungen. Dementsprechend würde auch niemand auf den Gedanken kommen, Abstriche (in welcher Höhe auch?) vom Stundensatz vorzunehmen, wenn keine oder geringe Aufwendungen entstanden sind.
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Veröffentliche Rechtsprechung zu der vorstehenden Frage war nicht auffindbar. Der Kammer zur Verfügung stehende Literatur hat sich gegen eine Kürzung des Stundensatzes bei fehlender Umsatzsteuerpflicht ausgesprochen (Fröschle, Betreuungsrecht, Rdn. 245; Deinert/Lütgens, Die Vergütung des Betreuers 2005, Rdn. 891; Heidelberger Kommentar zum Betreuungs- und Unterbringungsrecht, § 4 VBVG, Rdn. 11).
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Die Betreuerin ist daher entsprechend ihrem korrigierten Antrag in Höhe von 24,8 Stunden x 44,-- € mit 1.091,20 € zu vergüten (nicht Aufwandsentschädigung, wie im angefochtenen Beschluss zum Ausdruck gekommen).
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Die weitere Beschwerde ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuzulassen, § 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG.
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