Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (6. Zivilkammer) - 6 O 276/14

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.001, 96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2014 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 745,40 € vorgerichtliche Anwaltsgebühren zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Widerklage wird abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ein 1/3 der Beklagte 2/3.

5. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Der Streitwert wird auf 17.824, 92 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt eine Bauunternehmung. Im Bereich des Neubaugebietes „Ort" stellte sie die Erschließung her. Der Beklagten ist Eigentümer des neu erschlossenen Grundstücks Straße in Ort (Flurstück ...). Im dortigen Baugebiet ergab sich eine Auffüllung. Hierbei lagen die Erschließungsstraßen gegenüber dem umliegenden Gelände höher. Dies ergab für die Grundstückseigentümer, so auch für den Beklagten, die Notwendigkeit für die Errichtung ihrer Bauvorhaben passend zum Straßenniveau ebenfalls Auffüllungen vorzunehmen. Am Oktober 2013 nahm der Beklagte Kontakt zur Klägerin auf und forderte ein Angebot an. Zu diesem Zeitpunkt stand die Höhenlage des Bauvorhabens des Beklagten noch nicht fest. Unter dem 29.10.2013 erstellte die Klägerin ein Angebot für den Beklagten gemäß seiner Anfrage (Anlage K 2, Bl. 8f. d.A.). Das Angebot wurde auf Basis der durch die Klägerin vorläufig geschätzten Mengen erstellt und endet ausweislich des Angebotes unter Aufschlüsselung von 4 EP- Positionen auf eine Bruttosumme von 5.982, 84 €. Hinsichtlich der Position „Füllboden liefern und einbauen“ war zum Zeitpunkt des Angebotes noch nicht absehbar, ob diese Position überhaupt zur Ausführung kommt. Sie wurde mit der Abkürzung „N.E.P“ im Angebot versehen.

2

Am 08.11.2013 schickte der Beklagte der Klägerin per Email insgesamt 13 Pläne des Bauvorhabens (Lageplan vom 28.10.2013, Anlage K 4, Bl. 11; E-Mailverkehr vom 08.11.2013, Anlage K 5, Bl. 12 d.A.). Am 12.11.2013 erteilte der Beklagte daraufhin per E-Mail der Klägerin den Auftrag (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.). In seiner E-Mail erklärte der Beklagte ausdrücklich, dass er die Klägerin mit der Aufschüttung und Vorbereitung des Grundstückes Straße in Ort beauftragt. Weiter führte er aus, dass er nach Rücksprache mit seinem Architekten darum bitte, ausschließlich Schotterkies aufzufüllen, zumindest die 200 m2 der Bodenplatte, über die Fläche der Garage und der Terrasse solle noch genauer gesprochen werden.

3

Am 18.11.2013 begann die Klägerin mit den Arbeiten auf dem Grundstück des Beklagten. Nach Durchführung der im Umfang bestrittenen Arbeiten durch die Klägerin nahmen die Zeugen A und B am 13. Januar 2014 ohne Einbeziehung der Beklagten (einseitig) das Aufmaß über die tatsächlich ausgeführten Leistungen vor Ort auf (Anlage K 7, Bl. 14 d.A.). Zu diesem Zeitpunkt war die Bodenplatte des Neubauvorhabens bereits errichtet. In der Folge realisierte der Beklagte auf seinem Grundstück ein Neubauvorhaben.

4

Entsprechend dem einseitigen Aufmaß erstellte die Klägerin ihre Rechnung Nr. 141133/15583. Hierbei legte sie der Rechnung Einheitspreise zu Grunde. Auf die Übersendung der Rechnung in Höhe von 16.824, 72 € (Anlage K 8, Bl. 13 d.A.) reagierten der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 16. Februar 2014 und wandten ein, dass die Rechnung überhöht sei. Der Beklagte zahlte lediglich einen Betrag von 5.027, 60 €. Die Klägerin mahnte ihrerseits mit Anwaltsschreiben vom 27.02.2014 die Rechnung unter Fristsetzung zum 11. März 2014 an.

5

Ein im Nachgang anberaumter Ortstermin am 26.04.2014, an welchem die Parteien sowie die hiesigen Prozessbevollmächtigten teilnahmen konnte keine Verständigung zwischen den Parteien herbeiführen.

6

Die Klägerin trägt vor,
Entsprechend dem Angebot der Klägerin sei wie in der Anlage K 2 (Bl. 8f. d.A.) vorgesehen ein Einheitspreisvertrag zustande gekommen. Der Abschluss des Vertrages folge aus dem Wortlaut der Erklärung vom 12.11.2013 (Anlage k 6, Bl. 13 d.A.) „Vorbereitung des Grundstücks Straße in Ort". Hierfür spreche, dass der Abtrag des Oberbodens sowie das Aufbringen des Vlieses erforderliche Vorarbeiten darstellen, um eine Aufschüttung vornehmen zu können. Die Beauftragung des Frostschutzmaterials folge aus der landläufig bekannten Beschreibung „Schotter oder Kies", mit welchem man die realisierte Frostschutzschicht beschreibe.

7

Der Beklagten habe während der Ausführung der Arbeiten zusätzlich die Auffüllung und den Einbau von Frostschutzmaterial auf der Fläche vor und neben dem Gebäude, im Bereich der zukünftigen Terrasse und der Garage auf der Nordseite gewünscht. Auch diese (zusätzliche) Leistung sei ausgeführt worden. Zuvor habe der Zeuge C den Beklagten darauf hingewiesen, dass diese Leistungserweiterung zusätzliche Kosten auslöse. Die VOB/B sei nicht Grundlage des Vertrages.

8

Die Klägerin behauptet, dass der Beklagten die Leistungen der Klägerin auch durch tatsächliches Handeln abgenommen haben, indem dieser auf der Leistung der Klägerin aufbauend sein Neubauvorhaben errichtet hat.

9

Das durch die Mitarbeiter der Klägerin erstellte Aufmaß enthalte eine zutreffende Abrechnung der Mengen. Das Grundstück des Beklagten sei nach Abtrag des Oberbodens einen Meter hoch aufgefüllt worden. Bei einer Fläche von 19,4 m auf 16, 2 m und einem Gewicht von 2 t/m3 ergebe dies insbesondere auch die angesetzte Menge von 628,56 t Frostschutzmaterial. Das Aufmaß (Anlage K 8, Bl. 15 d.A.) soll ergeben haben, dass auf einer Fläche von 361, 67 m2 Oberboden mit einer Stärke von 25 cm abgetragen worden sei (Pos. 01.01). Weiterhin seien 361, 67 m2 Geotextil oder auch Vlies verlegt worden (Pos. 01.03). Zudem seien 628,560 t Frostschutzmaterial geliefert, eingebaut und verdichtet worden (Pos. 01.04). Die Maße ließen sich auch an Hand einer Plausibilitätskontrolle an Hand der Planungsunterlagen des Bauvorhabens (Anlagenkonvolut K 14 a-e, Bl. 268f. d.A.) nachvollziehen.

10

Die Klägerin ist der Ansicht, dass Ihr unter Anrechnung der bereits geleisteten Zahlung des Beklagten ein ausstehender Werklohn in Höhe von insgesamt 14.993, 82 € zuzüglich Verzugszinsen mit Ablauf der im Schreiben vom 27.02.2014 gesetzten Frist zustehe. Hilfsweise stehe der Klägerin ein Betrag i.H.v 9.001, 96 € zu, welcher sich aus der Begutachtung des gerichtlichen Sachverständigen ergebe (Bl. 317 d.A.) ergebe. Widerklage und Hilfswiderklage seien unbegründet, die Hilfswiderklage darüber hinaus zudem in der konkreten Form prozessual nicht zulässig.

11

Die Klägerin und Widerbeklagte beantragt,

12

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.993, 82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.3.2014 zu zahlen.

13

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 865,00 € vorgerichtliche Anwaltsgebühren zu erstatten.

14

Der Beklagte und Widerkläger beantragt,

15

1. Die Klage wird abgewiesen.

16

2. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagten ein Betrag in Höhe von 989,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

17

hilfsweise - für den Fall dass das Gericht von einem Einheitspreisvertrag ausgeht -

18

Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten einen Betrag in Höhe von 2.831,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

19

Auf die Widerklage hin beantragt die Klägerin und Widerbeklagte,

20

Die Widerklage wird abgewiesen.

21

Der Beklagte und Widerkläger trägt vor,

22

Bei dem Angebot gemäß Anlage K 2 handele es sich lediglich eine Seite mit einer abschließenden Summe von 5.982,84 €. Dieses Angebot habe man uneingeschränkt angenommen, weshalb ein Pauschalpreisvertrag zustande gekommen sei. Auf diesen Vertrag habe man bisher eine Abschlagszahlung erbracht. Selbst wenn ein Einheitspreisvertrag zustande gekommen wäre, seien Mengen und Massen (hilfsweise) weit überhöht. Das einseitige Aufmaß der Zeugen A und B könne nicht korrekt sein und verstoße gegen die Vorgaben des § 14 Abs.1 S. 2 VOB/B. Die Leistungen der Klägerin könne man auch im Nachhinein nicht mehr feststellen. Das nachträglich vorgenommene Aufmaß stelle vor diesem Hintergrund eine Farce da. Zudem habe der Beklagte auch die Firma D Bau-Logistik mit weiteren Auffüllungsmaßnahmen beauftragt (Rechnung der Fa. D Bau-Logistik vom 24.02.2014, Anlage B 2, Bl. 87 d.A.). Auch deshalb könne das Aufmaß der Klägerin nicht mehr zuverlässig ermittelt werden.

23

Zu den einzelnen Positionen trägt der Beklagte (hilfsweise) wie folgt vor: Die Pos.1.01, Oberboden abzutragen und seitlich zu lagern, sei ebenso nicht beauftragt worden, wie die Pos. 01.03 und 01.04. Auch sei der durch die Klägerin angenommene Einheitspreis nicht ortsüblich. Die Pos. 1.01 könne höchstens mit 185 qm und einem Einheitspreis von 1,80 € angemessen abgerechnet werden. Bzgl. der Pos. 01.03 könne man ebenfalls höchstens 185 qm bei einem Einheitspreis von 1,60 € angemessen ansetzen. Das Liefern, Einbringen und Verdichten von Frostschutzmaterial sei weder beauftragt noch nachgewiesen. Frostschutzmaterial sei wenn, dann allenfalls im Umfang von 95 Tonnen eingebracht worden. Der ortsübliche und angemessene Einheitspreis betrage hier 16,50 € was zu einer Gesamtsumme von 1.567, 50 € führe. Der Beklagte vertritt die Ansicht, dass die Klage bereits aus Gründen des § 650 Abs. 2 BGB abzuweisen sei. In der Summe sei die Klägerin auch im Falle der nach Ansicht des Beklagten nicht anzunehmenden Zugrundlegung eines Einheitspreisvertrages deutlich überbezahlt, woraus sich die Forderung der (Hilfs-)Widerklage in Höhe von 2831,10 € ergebe. Die unberechtigte Abrechnung einer Forderung stelle eine Pflichtverletzung i.S.d § 280 BGB da, weshalb dem Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zustehe, welche dieser mit der Widerklage geltend macht.

24

Mit Hinweisbeschluss 29. Juni 2015, wurde die Klägerin aufgefordert das behauptete Telefongespräch nachzuweisen sowie den Vortrag zur nachträglichen Auftragserweiterung zu konkretisieren. Mit Beschluss vom 03.09.2015 hat das Landgericht die Vernehmung des Zeugen A beschlossen, welche im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 17. November 2015 erfolgt ist (PROT, Bl. 137f. d.A.). Der Beklagte machte hier ebenfalls Angaben. Mittels Beweisbeschluss vom 08.12.2015 (Bl. 142 d.A.) hat das LG Frankenthal die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Die Begutachtung des Sachverständigen konnte jedoch nicht durchgeführt werden. Denn der Beklagte teilte im Rahmen eines Ortstermins am 11.11.2016 mit, dass er das streitgegenständliche Grundstück zwischenzeitlich verkauft hat (Bl. 198 d.A.). Die neuen Eigentümer (Fam. E) wünschen auf ihrem Grundstück keine Bohrungen durch einen Sachverständigen. Nach Beschluss der Kammer vom 17.05.2017 (Bl. 218 f. d.A.) ist der Rechtsstreit auf den Referatsnachfolger als Einzelrichter übertragen worden. Gemäß Beweisbeschluss vom 25.08.2017 hat das Landgericht beschlossen den Zeugen C sowie den Zeugen F zu dem Beweisthema „Aufmaß“ zu vernehmen. Diese wurden im Termin vom 20.10.2017 (Bl. 243 f. d.A.) vernommen. Mittels Beschluss vom 07.12.2017 hat das Gericht den Sachverständigten gebeten zu untersuchen, ob sich ein Mindestumfang des Aufmaßes feststellen lässt (Bl. 277 f. d.A.). Der Sachverständige erstellte daraufhin unter dem 01.06.2018 sein Gutachten (Bl. 293 f. d.A.). Nachdem die Beklagtenseite ergänzende Fragen an die Begutachtung stellte, hat das Gericht den Sachverständigen im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 18.01.2019 ergänzend angehört (PROT, Bl. 361f. d.A.).

Entscheidungsgründe

25

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Widerklage ist zulässig und unbegründet.

1.

26

Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten ein weiterer Anspruch auf Zahlung von Werklohn gemäß § 631 Abs.1 BGB in Höhe von 9.001, 96 € zu. Ein darüber hinaus gehender Anspruch der Klägerin besteht nicht.

a.

27

Zunächst ist der Vertrag zwischen den Parteien nach der Überzeugung des Gerichts in Form eines Einheitspreisvertrages zustande gekommen (§ 286 ZPO). Für den diesbezüglichen Beweis ist die volle richterliche Überzeugung erforderlich. Diese kann nicht mit mathematischen Methoden ermittelt und darf deshalb nicht allein auf mathematische Wahrscheinlichkeitsberechnungen gestützt werden (BGH NJW 1989, 3161 (3162)). Es bedarf auch keiner absoluten Gewissheit oder „an Sicherheit grenzender“ Wahrscheinlichkeit. Erforderlich und ausreichend ist vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 2015, 2111 Rn. 11; 2013, 790 Rn. 17; 1998, 2969 (2971); näher dazu Kopp/Schmidt JR 2015, 51 (52 f.)).

28

Vor diesem Maßstab ist das Gericht von dem Abschluss eines Einheitspreisvertrages zwischen den Parteien überzeugt. Dies belegt die Vorlage der Anlage K 2 (Bl. 9 d.A.). Die Abgabe eines Pauschalpreisangebotes bei Erdaushubarbeiten ist unüblich, wenn die exakten Daten zur Kalkulation vor Angebotsabgabe überhaupt nicht schriftlich vorliegen, wie es für den vorliegenden Sachverhalt unstreitig erfolgt ist. Auch wenn eine derartige wirtschaftliche Unvernunft natürlich rechtlich möglich bleibt, spricht bereits die auffallend ungerade bezifferte Angebotssumme auf der unstreitig vereinbarten Seite 2 der Anlage K 2 dem äußeren Anschein nach gegen einen Pauschalpreisvertrag, der gerade typischerweise mit einer runden Summe ausgehandelt wird. Hier kommt für das Gericht entscheidend hinzu, dass die Seite 1 des Angebotes (Bl. 8 d.A.) für sich genommen überhaupt keine Aussage über die eingepreisten Leistungen, welche die Klägerin nach dem Angebot durchzuführen hat, trifft. Eine plausible Erklärung des Beklagten dahingehend welche Arbeiten die Klägerin nun genau erbringen sollte, wenn nicht die Arbeiten nach S 2 (Bl. 8 d.A.), ist nicht ersichtlich. Die vorgelegte Erklärung im Rahmen einer E-Mail vom 12.11.2013 um 08:22 (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.) ergibt zusammen mit der Erklärung aus der Anlage K 2 auch keine funktional pauschalierte Leistungsbeschreibung, oder Vergütungsabrede.

29

Vielmehr greift die in der Email (Anlage K 6) enthaltene Erklärung des Beklagten aus Sicht eines objektiven Dritten den Inhalt eines vorangegangenen Einheitspreisvertrages auf (§§ 133, 157 BGB), indem der Beklagte hier die konkrete Art der Ausführung aufgreift und lediglich den Umfang der Auffüllung mit Schotterkies anordnet, wobei der Beklagte die Fläche der Garage und der Terrasse ausdrücklich aussparen wollte. Diese Form der Zustimmung lässt denklogisch nur den Rückschluss zu, dass auch der Beklagte das Angebot der Klägerin ursprünglich als Einheitspreisvertrag begriffen hat, dessen dynamische Preisentwicklung nach angefallenen Mengen gerade eine Zustimmung zum Vertrag bei gleichzeitigem Abruf der Leistung für nunmehr genauer definierte Flächen in der vorliegenden Form ermöglicht.

30

Das auch der Beklagte offensichtlich von einem solchen Vertragsschluss ausging ist bereits daran erkennbar, dass er selbst eingeräumt hat, dass nach seiner Vorgabe Auffüllungsarbeiten durch die Klägerin ausgeführt worden sind und die Klägerin auch tatsächlich entsprechende Arbeiten - wenn auch in bestrittenem Umfang - ausgeführt hat (PROT vom 17.11.2015, Bl. 137 d.A.). Wie aus der Mail ersichtlich war durch den Beklagten gegenüber der Klägerin zudem der Einbau einer Schotterpolsterung („Schotter Kies") gewünscht worden. Zudem war der Einbau der durch die Klägerin angerechneten Leistungen nach der Bewertung des Sachverständigen Prof. Dr. Kurt G vom 31.05.2018 aus technischer Sicht erforderlich, um das vormalig dem Beklagten gehörende Gebäude höhengerecht zu errichten (Bl. 297 d.A.). Nach der Gesamtschau der Umstände des Vertragsschlusses (§§ 133, 157 BGB) geht das Gericht mithin von einem Einheitspreisvertrag zu den Konditionen aus der Anlage K 2 aus, mit welchem die Parteien vereinbart haben Leistungen wie in der Anlage K2 (Bl. 8 d.A.) zuvor angefragt nach Aufmaß durchzuführen. Die Pos. 01.02 ist hierbei später unstreitig nicht abgerufen worden.

31

Die Einheitspreise betragen demnach:

32

01.01. Oberboden abtragen und lagern, Stärke bis 25cm

m2 EP 2,45

01.02 Füllboden liefern und einbauen

- entfällt mangels Abruf -

01.3. Vlies liefern und verlegen

m2 EP 2,22

01.4. Frostschutzmaterial liefern, einbauen und verdichten

to EP 24,08

33

Die vereinbarten Einheitspreise sind auch nicht wegen sittenwidrig überhöhten Preisen nach § 138 BGB unwirksam.

34

Ein überzeugender Vortrag, warum die Preisgestaltung der Klägerin in den konkreten Einzelpositionen sittenwidrig hoch ausfallen soll, ist durch den Beklagten nicht erfolgt. Die einfache Darstellung einer selbst definierten eigenen Vorstellung eines für angemessen erachteten Einheitspreises genügt hierfür nicht. Wer sich auf die Sittenwidrigkeit beruft, den trifft die Darlegungs- und Beweislast für alle tatsächlichen Voraussetzungen. Dies umfasst im Falle des auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung im Hinblick auf den Preis und die Ausstattung die Angabe vergleichbarer Vertragsgegenstände, die als Maßstab dienen können, sowie auch konkrete weiterführende Angaben für die Darlegung der verwerflichen Gesinnung (BeckOGK/Jakl, 1.11.2018, BGB § 138 Rn. 700, 701). Eine verwerfliche Gesinnung lässt sich jedenfalls nicht mit dem Argument pauschal herleiten, der Beklagte stehe der Klägerin als privater „Häuslebauer“ gegenüber.

35

Demnach schuldete die Klägerin die unter 01.01, 01.03 sowie 01.04 geschuldeten Leistungen, wobei der Einbau von Frostschutzmaterial ausweislich der E-Mail vom 12.11.2013 (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.) lediglich für den Bereich unter der Bodenplatte des Gebäudes vereinbart worden ist.

b.

36

Gemessen an dem soeben beschriebenen Beweismaßstab (s.o.) ist der Klägerin die Beweisführung hinsichtlich einer weiteren nachträglichen Auftragserweiterung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrags durch eine Auffüllung mit Frostschutzkies auch auf der Fläche im Bereich der Garage sowie im Gartenbereich dagegen nicht gelungen.

37

Im Termin vom 17.11.2015 gab der Zeuge C zu Protokoll, dass es in einem Telefonat mit dem Beklagten zu einer nachträglichen Auftragserweiterung dahingehend gekommen sei, dass sämtliche Bereiche außerhalb der Hausfläche aufzufüllen seien. Allerdings gab der Zeuge auch an, dass jedenfalls unter dem Bereich der Garage in der Folge keine Frostschutzschicht eingebracht worden ist. Der Zeuge C konnte keine weiteren genaueren Angaben machen, aus welcher konkreten Aussage in welchem Gespräch genau eine nachträgliche Auftragserweiterung über den Bereich der Bodenplatte hinaus vereinbart worden sein soll. Auch im Rahmen der erneuten Vernehmung vom 20.10.2017 (PROT, Bl. 243 f. d.A.) vermochte der Zeuge insoweit keine verwertbaren Angaben zu machen, die über eine eigene Schlussfolgerung einer späteren Änderung hinausgingen (Bl. 245 d.A.).

38

Der Beklagte gab - insoweit zumindest teilweise stimmig - an, dass es zu keiner den Bereich der Bodenplatte übersteigenden Auftragserteilung gekommen sei (Bl. 140 d. A.). Für den Wahrheitsgehalt diese Einlassung des Beklagten spricht neben dem Umstand, dass auch der Zeuge C sich im Rahmen der ersten Vernehmung lediglich an die Umsetzung einer eingeschränkten Erweiterung ohne den Bereich der Garage (Bl. 139 d.A.) erinnern konnte, auch die Vorlage der Mail vom 12.11.2013 (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.), sowie der vorgelegten Rechnung der Fa. D Bau-Logistik vom 24.02.2014 (Anlage B 2, Bl. 87 d.A.):

39

Der Beklagte äußerte in der Mail selbst den Bereich der Bodenplatte mit „Schotter Kies" aufzufüllen, behielt sich - aus Sicht eines objektiven Dritten erkennbar - hierbei jedoch die Fläche der Garage und der Terrasse noch vor (§§ 133, 157 BGB). Mit der Bezeichnung „Schotter Kies" hat der Beklagte in seiner Mail offensichtlich den als „Frostschutzmaterial“ durch die Klägerin im Angebot bezeichneten Frostschutzkies/-Schotter unter der Bodenplatte umschrieben. Dass der Bereich der Garage und der Terrasse - wie der Beklagte vorträgt - auch nachträglich nicht mehr beauftragt worden ist, spiegelt sich zudem in der vorgelegten Rechnung der Fa. D wieder. Die Rechnung der Fa. D sieht unter anderem eine Lieferung von Mutterboden für die Gartenverfüllung vor, sowie ein „glatt ziehen" der vorhandenen Schotterfläche um die Bodenplatte (Anlage B 2, Bl. 87 d.A.). Es erschiene wenig plausibel, dass der Beklagte den (vergleichsweise teureren) Schotter im Gartenbereich zunächst einbauen und später wieder ausbauen und mit Mutterboden ersetzen ließ, zumal eine solche Kostenposition in der Rechnung der Fa. D auch nicht auftaucht. Da der Zeuge C zudem bestätigen konnte, dass der Bereich unter der Garage nicht mit Frostschutz verfällt wurde zeigt sich in der Gesamtbetrachtung, dass die Einlassung des Beklagten hier für das Gericht insoweit glaubhaft ist. Das Gericht geht hier davon aus, dass die in der E-Mail vom 12.11.2013 um 08:22 (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.) durch den Beklagten noch vorbehaltenen Leistungen zumindest teilweise durch die Fa. D erbracht wurde. Auch dies spricht insoweit gegen eine nachträgliche Auftragserweiterung durch den Beklagten.

40

Das Ergebnis der Beweisaufnahme genügt demnach nicht um das Gericht von einer nachträglichen Leistungserweiterung zur Einbringung des Frostschutzkieses/-Schotters über den Bereich der Bodenplatte hinaus zu überzeugen, da völlig offen bleibt aus welcher konkreten Erklärung der Beklagten sich ein Rechtsbindungswille hinsichtlich einer Auftragserweiterung ergeben soll.

41

Auch der weitere Bereich des Grundstücks ist nicht nachgewiesen. Alleine aus dem Umstand, dass der Beklagte, bei dem es sich aus bautechnischer Sicht um Laien handelt, der Durchführung einzelner Arbeiten durch die Klägerin möglicherweise nicht widersprochen hat folgt keine konkludente nachträgliche Erweiterung des Auftrags bzgl. der (zudem in Streit stehenden) zusätzlichen Auffüllung und des Einbaus von Frostschutzmaterial auf der Fläche vor dem Gebäude bis zur Straße.

b.

42

Die Forderung der Klägerin besteht demnach nicht in dem durch die Klägerin mit der Schlussrechnung vorgetragenen Umfang.

aa.

43

Zunächst ist das durch die Klägerin vorgelegte einseitige Aufmaß nicht dazu geeignet das Gericht von dem damit vorgetragenen Umfang der tatsächlich durchgeführten Arbeiten zu überzeugen. Insoweit ist auch der Sachverständige Prof. Dr. Kurt G der Auffassung, welche das Gericht teilt, dass ein zweifelsfreies Nachvollziehen der eingebauten Massen als Grundlage der Abrechnung der Klägerin allein auf Grund des Aufmaßes nicht gegeben ist.

bb.

44

Die Angaben der Zeugen C, H sowie F im Rahmen der öffentlichen Sitzung vom 20.10.2017 (Bl. 243 d.A.) ermöglichen dem Gericht für sich genommen keine eigenständige vollständige Überzeugungsbildung hinsichtlich des Aufmaßes, lieferten gleichwohl aber diesbezügliche - am Maßstab des § 286 ZPO gemessen (s.o.) - Anknüpfungstatsachen für eine spätere Schätzung durch den Sachverständigen, um das Aufmaß an Hand der vorhandenen Pläne des Gebäudes nachvollziehbar ermitteln zu können.

45

Die Angaben des Zeugen F waren unergiebig. Ergiebig waren dagegen die Angaben der Zeugen C und H.

46

Der durch den Zeugen C geschilderte Vorgang, wie dieser nach Überbauung der Arbeiten der Klägerin ein Aufmaß genommen haben will, führt dazu, dass das Aufmaß der Klägerin insoweit nachvollzogen werden kann, dass die Tiefe/Stärke der eingebrachten Schotterschicht mit 25 cm anzunehmen ist. Hinsichtlich dieses Zahlenwertes vermochte der Zeuge sich zu erinnern. Weiter vermochte der Zeuge dem Gericht auch überzeugend zu schildern, wie er diese Stärke des Oberbodenabtrages, sowie der Schotterschicht genau ermittelt hat. Der Zeuge konnte nachvollziehbar schildern, wie das Aufmaß unter zu Hilfenahme eines Nivelliergerätes und eines Maßbandes ermittelt wurde. Hierbei folge die Menge des eingebrachten Vlieses aus der Menge des Oberbodenabtrages.

47

Der Zeuge H, welcher als Architekt mit der HOAI-Phase 1-4 am streitgegenständlichen Bauvorhaben beteiligt war, konnte bestätigten, dass es zu einer Auffüllung des Grundstücks gekommen ist, da dieses jedenfalls 80 cm unter dem Niveau der Straße lag. Weiter gab er an, dass die Fläche unter der Bodenplatte auf seine ausdrückliche Empfehlung an den Beklagten mit Frostschutzmaterial aufgefüllt worden ist. Übereinstimmend sagten die Zeugen C und H aus, dass eine Auffüllung in der angesetzten Mächtigkeit notwendig war, um im Verhältnis zu den Erschließungsstraßen eine ebenerdige Errichtung des Bauvorhabens zu gewährleisten. Gründe um an der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu zweifeln sind nicht ersichtlich, zumal sich die Angaben der Zeugen mit den zur Akte gereichten Planungsunterlagen (Anlage K 14a-e, Bl. 268f. d.A.) des streitgegenständlichen Grundstücks insoweit decken.

48

Dass die Klägerin tatsächlich Arbeiten durchgeführt hat steht zwischen den Parteien nicht in Streit.

cc.

49

Die Vorlage der Rechnung der Fa. D (Anlage B2, Bl. 87 d.A. s.o.) vermag das Gericht auch nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin unter der Bodenplatte kein Frostschutzmaterial eingebracht hat und auch hinsichtlich der übrigen Positionen keiner Arbeiten durchgeführt hat. Entsprechende Positionen tauchen in der Rechnung auch nicht auf. Schon der Umfang der dort genannten Arbeiten deckt sich nicht mit dem Werkvertrag welchen der Beklagte mit der Klägerin abgeschlossen haben. Das Auffüllen eines Grundstücks und Erdarbeiten zur Verlegung einzelner Rohre sind auch aus Sicht eines technischen Laien vollkommen unterschiedliche Gewerke, zumal auch die in der Rechnung der Fa. D genannten Positionen nicht mit den Mengen in Einklang zu bringen sind, wie sie der Sachverständige später an Hand der Planungsunterlagen ermittelt hat. Das bei der Realisierung eines Bauvorhabens eine Vielzahl von Gewerken über Schnittstellen aufweist ist dem Gericht aus einer Vielzahl weiterer Bauverfahren bekannt. Alleine aus der Vorlage der Anlage B 2 folgt für das Gericht demnach nicht, dass die durch die Klägerin abgerechneten Arbeiten tatsächlich durch eine dritte Firma durchgeführt worden sind. Zumal die durch die Klägerin durchzuführenden Arbeiten im gesamten Bauablauf denklogisch zur Realisierung eines Kellerlosen Hauses am Anfang stehen, um zunächst die Auffüllung bis zur höher liegenden Ebene der Erschließungsstraßen zu realisieren.

dd.

50

Da die Zugänglichkeit für weitere Aufgrabungen, insbesondere unter der Bodenplatte, nach der Fertigstellung des Gebäudes inzwischen ausgeschlossen ist, ist der tatsächliche Leistungsumfang der Arbeiten der Klägerin nach § 287 Abs. 2 ZPO durch das Gericht zu schätzen. Die Regelung des § 287 Abs. 2 ZPO greift immer dann, wenn die vollständige Aufklärung aller maßgeblichen Umstände mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist (BeckOK ZPO/Bacher ZPO § 287 Rn. 9-12a, beck-online). So liegt der Fall hier.

51

Ein Rückbau des Gebäudes für die Feststellung eines zweifelsfreien Aufmaßes kommt nicht in Betracht. Das Gericht macht sich insoweit die durch den Sachverständigen Prof. Dr G durch Schätzung ermittelten erforderlichen Mindestumfang im Rahmen der Schätzung zu eigen, welchen dieser unter Berücksichtigung der durch die Zeugenvernehmung der Zeugen C und H insoweit glaubhaft (§ 286 ZPO, s.o.) geschilderten Stärke der eingebrachten Frostschutzschicht von 25 cm, sowie den Plänen des streitgegenständlichen Grundstückes ermittelt hat. Die geschlussfolgerten Werte hat der Sachverständige in seinem Gutachten auf der Seite 6 zusammengestellt hat (Bl. 297 d.A.):

52

Pos. 1.01 = Mindestfläche 297 m2

Pos. 1.02 = entfällt

Pos. 1.03. = Mindestfläche 297 m2

Pos. 1.04 = 432 Tonnen

53

Diese liegen in den Positionen 1.01 sowie 01.04 deutlich unter dem einseitigen Aufmaß der Klägerin. Die Schätzung des für Fragen der vorliegenden Art besonders qualifizierten Sachverständigen genügt dem Gericht hierbei als eigene Schätzgrundlage im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO. Denn der Sachverständige hat bei der Ermittlung als Mindestmaß auf die Angaben des Zeugen C des Architekten H zurückgegriffen, welcher das Bauvorhaben bis zur Genehmigungsplanung (HOAI Phase 4, Bl. 248 d.A.) betreut hat. Weiter hat der Sachverständige die Grundfläche des Gebäudes aus der Anlage K 4 (Bl. 11 d.A.), sowie nachvollziehbar eine Neigung von 45° angenommen und hat zusätzlich rechnerisch die Trockendichte der „Frostschutzschicht“ berücksichtigt. Die hieraus resultierende Berechnung des Sachverständigen ist auch für einen bautechnischen Laien, der die Grundrechenarten sicher beherrscht insbesondere unter Einbeziehung der Planskizzen (Bl. 304, 305 d.A.)

54

nachvollziehbar. Die Bewertung des Sachverständigen beruht demnach auf hinreichenden Anknüpfungstatsachen.

ee.

55

Das im vorliegenden Rechtsstreit keine Schürfe angelegt werden konnten und eine Bauteilöffnung nicht erfolgt ist, ist für das Gericht daher nicht von Entscheidungsrelevanz. Im hiesigen Rechtsstreit ist unstreitig, dass die Klägerin tatsächlich Arbeiten durchgeführt hat, wobei der Beklagte selbst den Einbau von „Schotter/Kies“ und damit einhergehende Arbeiten an seinem Grundstück eingeräumt hat. Bereits deshalb ist davon auszugehen, dass die Klägerin die durch den Sachverständigen ermittelte Materialstärke auch tatsächlich eingebracht hat.

56

Aber selbst, wenn man dies anders bewerten würde stünde dieser Umstand der durch das Gericht getroffenen Entscheidung nicht entgegen.

57

Denn die Einholung von Schürfen durch den Sachverständigen ist im Rahmen des hiesigen Rechtsstreites nämlich durch den Beklagten dadurch schuldhaft vereitelt worden, dass dieser das streitgegenständliche Anwesen zwischenzeitlich an Dritte verkauft hat, obgleich der Prozess sich zu diesem Zeitpunkt bereits mitten in der Beweisaufnahme befand.

58

Eine Beweisvereitelung beim Sachverständigenbeweis ist dann anzunehmen, wenn die nichtbeweisbelastete Partei beweiserhebliche Gegenstände der Untersuchung durch den Sachverständigen unzugänglich macht, und dem Sachverständigen dadurch die zur Untersuchung des Falles notwendigen Gegenstände fehlen, so dass für den Prozessausgang zu klärende technische Fragen nicht mehr geprüft werden können. Dass der Beklagte die Klägerin auf die Absicht das Anwesen zeitnah zu verkaufen bereits vor Prozessbeginn hingewiesen hat, mit der Folge, dass eine vorherige Absicherung der Beweiserhebung durch ein vorgeschaltetes Beweissicherungsverfahren in Betracht gekommen wäre, ist nicht vorgetragen. Vielmehr trägt der Beklagte selbst vor, die Klägerin erst im Rahmen eines Ortstermins am 11.11.2016 über den beabsichtigten Verkauf unterrichtet zu haben. Die nunmehrigen Eigentümer sind nicht verpflichtet einen Eingriff in die Substanz des nunmehr in ihrem Eigentum stehenden Gebäudes zu dulden. Dritte können die Duldung einer Begutachtung verweigern, wenn sie ihnen unzumutbar ist (BeckOK ZPO/von Selle, 31. Ed. 1.12.2018, ZPO § 144 Rn. 6). Ein Dritter muss seine vermögensrechtlichen Interessen denen der beweisführenden Partei nicht generell unterordnen. Eine Unzumutbarkeit für den betroffenen Dritten ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine Beweisführung nur durch eine Bauteilöffnung im Bereich der Bodenplatte zu realisieren ist, sowie mit Aufgrabungsarbeiten im Bereich eines bestehenden Gebäudes verbunden ist, da hierdurch spürbar in das Grundrecht der neuen Gebäudeeigentümer nach Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen wird.

59

Aus diesem Grund kann der Beklagte nicht damit gehört werden, dass der Sachverständige nicht zusätzlich zu der Rekonstruktion der eingebrachten Materialstärken an Hand der Pläne Schürfe angelegt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Vgl. BGH v. 11.06.2015, Az.: I ZR 226/13) liegt in Anwendung des Rechtsgedankens aus §§ 427, 441 Abs. 3 Satz 3, 444, 446, 453 Abs. 2, 454 Abs. 1 ZPO und § 242 BGB eine Beweisvereitelung vor, wenn eine Partei ihrem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht. Dies kann während des Prozesses durch gezielte oder fahrlässige Handlungen geschehen, mit denen bereits vorhandene Beweismittel vernichtet oder vorenthalten werden. So liegt der Fall auf Grund der fehlenden Duldungspflicht der neuen Eigentümer (s.o.) hier. Der Beklagte wäre dazu angehalten gewesen, die Beklagte rechtzeitig auf den angedachten Verkauf hinzuweisen, oder im Verhältnis zu den neuen Eigentümern eine entsprechende Duldungspflicht insoweit wirksam zu vereinbaren. Als Folge dieses Versäumnisses des Beklagten ist im vorliegenden Fall jedenfalls eine Beweiserleichterung der insoweit beweisbelasteten Klägerin dahingehend anzunehmen, dass die Nichtdurchführung einer Bauteilöffnung und das fehlende Anlegen von Schürfen für die wirksame Begutachtung des Sachverständigen nicht zu fordern sind. Selbst wenn man - anders als das Gericht - die Anknüpfungstatsachen des Sachverständigen nicht genügen lassen würde, würde sich am Ergebnis der Aufmaßermittlung nichts ändern.

ff.

60

Entgegen der Ansicht der Klägerin sind höhere Menge in den angesetzten Positionen nicht nachgewiesen.

61

Auch aus der Angabe des Beklagten, dass er gewünscht habe, dass das Grundstück „aufgefüllt“ (Anlage K 6, Bl. 13 d.A.) ist keine hinsichtlich der einzelnen Rechnungspositionen differenzierende Angabe zu erkennen, welche das Bestreiten der tatsächlich im Bereich neben der Bodenplatte eingebrachten Mengen widersprüchlich erscheinen ließe. Nach alledem sieht das Gericht keinerlei überzeugenden Grund die insoweit verbauten Mengen nicht auf der Grundlage der sachverständigen Schätzung eines Mindestaufmaßes im Rahmen des § 287 ZPO zuzusprechen. Abzüglich der bereits erbrachten 5.027, 60 € schuldet der Beklagte den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 9.001, 96 €. Die Forderung der Klägerin ist auch fällig. Spätestens in der Ingebrauchnahme des Gebäudes ist eine konkludente Abnahme der Werkleistung der Klägerin zu sehen. Eine anderweitige Bewertung ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 14 VOB/B, da die VOB/B zwischen den Parteien nicht wirksam vereinbart worden ist. Weder das ursprüngliche Angebot der Klägerin noch die spätere Bestätigung des Beklagten durch E-Mail vom 12.11.2013 (Anlage K 56, Bl. 13 d.A.) nimmt auf die Muster-Regelungen der VOB/B Bezug.

c.

62

Dieser Forderung der Klägerin steht auch nicht die Wertung des § 650 BGB entgegen. § 650 BGB bildet für sich genommen einen Kündigungstatbestand ab. Eine Kündigung ist vor Ingebrauchnahme des Gebäudes nicht ausgesprochen. Die in der Literatur diskutierte Frage, ob dieser Regelung zum das Recht zur Vertragsanpassung innewohnt kann an dieser Stelle offenbleiben. Denn jedenfalls ist vorliegen kein Fall gegeben, bei welchem die Überschreitung der ursprünglichen Kostenangaben derart eklatant ausfällt. Auch eine analoge Anwendung im Sinne einer Billigkeitsregelung, scheidet aus. § 650 BGB liegt die Erwägung zu Grunde, dass die irrige Annahme des Bestellers, das Werk zu dem vom Unternehmer veranschlagten Preis erhalten zu können, nicht als Motivirrtum unbeachtet bleiben darf, weil die Ursache des Irrtums im Risikobereich des Unternehmers liegt. Die Vorschrift beinhaltet eine besondere Kündigungsregelung. Dieser Gedanke ist nicht im Sinne einer reinen Billigkeitsregelung übertragbar.

d.

63

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Anderweitige Anspruchsgrundlagen der Klägerin sind nicht ersichtlich und würde zudem auf Grund des mangelnden Nachweises eines weiter reichendes Aufmaßes der Klägerin auch keinen weitergehenden Zuspruch ermöglichen.

e.

64

Der Klägerin steht zudem auf Grund der Mahnung vom 27.02.2014 unter dem Gerichtspunkt des Verzuges ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 347, 60 € (1,3 er Gebühr aus 3.222,27 € zzgl. Auslagen, jedoch keine MwST) zu.

65

Die Mahnung ist trotz der darin enthaltenen Zuvielforderung wirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt eine Zuvielforderung die Wirksamkeit der Mahnung und damit den Verzug hinsichtlich der verbleibenden Restforderung nicht in Frage, wenn der Schuldner die Erklärung nach den Umständen des Falles als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss (Urt. v. 25.06.1999 - V ZR 190/98, NJW 1999, 3115 m.w.N; v. 28.01.2000 - V ZR 252/98, WM 2000, 586). Um eine weit übersetzte Forderung, die den berechtigten Teil in den Hintergrund treten ließ, handelte es sich nicht, weil die Rechnungen der Klägerin auch unter Berücksichtigung der tatsächlich geringeren Mengen zu 60% berechtigt waren. Der Beklagte hätten zudem unter Hinzuziehung der Planungsunterlagen sowie seines Architekten selbst errechnen können, dass die Klägerin noch eine über den Betrag von 5.027, 60 € hinausgehende Forderung geltend machen kann. Diese Berechnung hing gerade nicht von internen, dem Beklagten nicht zugänglichen Daten der Klägerin ab. Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind jedoch nur in Höhe des tatsächlich aus der Schlussrechnung noch berechtigten Betrages und nicht aus dem ursprünglich geltend gemachten Gesamtbetrag geschuldet. Da die Klägerin zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, sind die Anwaltsgebühren nur als Nettozahlung geschuldet (745, 40 € netto statt 887, 887, 03 € brutto).

66

Die Klageforderung der Klägerin ist zudem nach §§ 288 Abs.1, 280 Abs.1, 2, 286 Abs. 1 BGB (s.o.) ab dem 12.03.2014 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

2.

67

Die Widerklage ist unbegründet.

a.

68

Ein Anspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin auf Rückzahlung bereits geleisteter 2.831,10 €, deren Rückforderung der Beklagte für den Fall, dass das Gericht einen Einheitspreisvertrag anwendet, geltend macht, besteht nicht. Die Begutachtung durch den Sachverständigen hat nicht ergeben, dass die Klägerin bereits überzahlt ist (s.o.). Vielmehr kann die Klägerin noch weitere 9.001, 96 €. fordern (s.o.). Eine Unwirksamkeit der angesetzten Einheitspreise folgt auch nicht aus § 138 BGB (s.o.). Ein Anspruch wegen Überzahlung aus § 812 Abs.1 S. 1 Alt. 1 o. 2 BGB des Beklagten gegenüber der Klägerin scheidet mithin aus, da für die bereits geleistete Zahlung ein Rechtsgrund besteht. Anderweitige Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

b.

69

Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Anwaltskosten. Zwar kann eine Zuvielforderung theoretisch eine Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) aus dem Werkvertrag darstellen. Hierfür muss die Zuvielforderung allerdings nach den Umständen des Falles derart außer Verhältnis stehen, dass der Schuldner diese nicht mehr als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen musste. Bereits die Zuvielforderung der Klägerin im Schreiben vom 27.02.2014 fällt nicht derart eklatant aus, dass Sie die Mahnung der Klägerin unwirksam werden lässt (s.o.). Auch erscheint die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich. Aus Sicht der Beklagten war durchaus erkennbar, dass der Klägerin ein weiterer noch offener Betrag, wenn auch ein geringerer als der geltend gemachte, aus der Schlussrechnung zusteht. Insbesondere waren den Beklagten die Anknüpfungstatsachen, welcher der Sachverständige seiner Schätzung zu Grunde gelegt hat, selbst bekannt.

3.

70

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Klagepartei obsiegt mit der Klage in Höhe von 9.001, 96 € und mit der Widerklage in Höhe von 2.831,10 €. Die Beklagtenseite obsiegt im Hinblick auf die Klageforderung in Höhe von 5.991 86 €. Dies führt zur ausgeurteilten Quote.

71

Die Vollstreckungsentscheidung beruht für die Klägerin auf § 709 S. 1, 2 ZPO, für den Beklagten auf § 708 Nr. 11, 711 S. 2 ZPO.

72

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 45, 48 GKG i.V.m § 3 ZPO.

73

Die mit der Widerklage geltend gemachte Überzahlung ist mit der Klageforderung zu addieren. Hier ist zwar das gleiche materielle Rechtsverhältnis (= Werkvertrag) betroffen, so dass bei strikter Anwendung der „Identitätsformel“ nicht zu addieren wäre, denn gibt das Gericht der Klage statt, muss die Widerklage zwangsläufig abgewiesen werden. Da wirtschaftlich betrachtet jedoch die gesamte Werklohnforderung betroffen wird, sind die Gegenstände zusammenzurechnen (OLG Celle AnwBl. 1964, 177; OLG Nürnberg AnwBl. 1983, 89; Schneider/Herget Rn. 3098). Die durch beide Parteien geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten bleiben als Nebenforderungen bei der Streitwertbestimmung unberücksichtigt.

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