Urteil vom Landgericht Freiburg - 12 O 115/13

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR‚ ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu werben:

1. für „Abnehmhosen“, insbesondere „Abnehm-Pantys“ oder „Abnehm-Radlerhosen“ oder „Abnehm-Leggins“ mit folgenden Aussagen:

1.1. „Im Gewebe verkapselte Wirkstoffe Coffein, Grüntee-Extrakt und Rotweinblätter ... helfen, den Umfang zu reduzieren.“

oder

1.2. „Die schlankmachende Wirkung wurde klinisch geprüft“,

oder

1.3. „Nach 28 Tagen wurde eine Umfangreduzierung um die Hüften von bis zu 1,8 cm gemessen.“,

oder

1.4. „Exklusive ... mit den anregenden microverkapselten Anticellulite-Extrakten: Coffein, grüner Tee und Rotweinblätter“

oder

1.5. „Die schlankmachende Wirkung wurde klinisch geprüft!“

oder

„Die schlankmachende Wirkung von Coffein und grünem Tee-Extrakt wurde klinisch geprüft“,

jeweils sofern dies geschieht, wie nachfolgend (nach 1.2.) wiedergegeben.

2. für "Celluliteprodukte“, insbesondere die Cellulitecremes "Thermo-CelIulitecreme ultra-strong-cool“ oder „Thermo-Cellulitecreme power-plus“ oder „Thermo-Cellulitecreme power-zimt“ oder „Cellulite-Pflaster“ oder „Celluliteöl-Komplex“ oder ein „Anticellulite-Massageset“ oder „Cellulitewickel“ mit folgenden Aussagen:

2.1. mit ... dem neuen Fettlöse-Wirkstoff Myriceline“,

oder

2.2. „Das Wirkstoffträger-System von pflanzlichen Liposomen kann die effektiven Biostoffe Coffein, Myriceline und Algen durch die Hautbarriere zu den Fettzellen transportieren, wo sie ihre Wirkung entfalten.“

oder

2.3. "Der Fettlöse-Wirkstoff Myriceline regt den Fettabbau an und kann den Einbau von Fett hemmen.“

oder

2.4. „... pflanzlicher Wirkstoff Myriceline mit einer Dreifach-Wirkung gegen Fettzellen“

oder

2.5. „Zur Anwendung für dunklere Hauttypen und gegen stärkere Cellulite!“

oder

„Zur Anwendung für normale Hauttypen und gegen mittlere Cellulite“,

jeweils sofern dies geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2013 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50 000 vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend, weil sie irreführend für Abnehmhosen und Zellulitisprodukte werbe.
Der Kläger stellt die Anträge: Wie erkannt, wobei anstatt "und/oder" inhaltsgleich nur mit "oder" tenoriert wurde.
Die Beklagte beantragt Klagabweisung.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert es werde bestritten, dass dem Kläger eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehöre, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben würden.
Tatsächlich würden die Abnehmhosen Inhaltsstoffe beinhalten, die beim Tragen von der Hose auf die Haut übergingen und sodann in die Haut einzögen. Hierdurch würden die beschriebenen Effekte und Wirkungen erzielt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Hinweise erteilt mit Verfügungen vom 24. Februar, 21. März, 17. Juli 2014 und 8. Juni 2016 (As 97,131,187, 517). Auch hierauf wird Bezug genommen.
Beweis wurde erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. S. (As. 309 ff), welches der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 9. Januar 2017 erläutert hat. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten sowie die Protokollniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist an der (Fort-)Existenz des Klägers nicht zu zweifeln.
10 
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (nF), weil ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und auch die übrigen Voraussetzungen der genannten Bestimmung vorliegend erfüllt sind.
11 
Die Voraussetzungen der Aktivlegitimation sind im Freibeweisverfahren zu klären. Der Kläger hat eine Mitgliederliste vorgelegt (in doppelter Bezeichnung zu den ursprünglich vorgelegten Anlagen gleichfalls als Anl. K1 bezeichnet) und sich insbesondere darauf bezogen dass ausweislich der Zusammenstellung 24 Hersteller von Kosmetika, 13 Hersteller von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln, eine Kurklinik, 3 Kliniken, 2 Ärztekammern, der Bundesverband deutscher Versandapotheken Mitglied seien. Die Zugehörigkeit der konkretisierten Unternehmen zum Kläger ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin des Klägers, deren Richtigkeit nicht zu bezweifeln ist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Unternehmen sich bei der Eintrittserklärung unrichtig kategorisiert hätten, bei einer Ärztekammer ist derartiges ohnehin auszuschließen. Derartiges wird auch von der Beklagten nicht eingewandt. Soweit die Beklagte die Möglichkeit späterer Änderungen des Geschäftszweckes anspricht, gibt es hierfür keinerlei konkrete Anhaltspunkte. Es handelt sich deshalb um nur theoretische Zweifel, die nicht von Belang sind.
12 
Damit gehören dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Die Beklagte, die ihre Waren ausschließlich im Internet vertreibt, konkurriert mit den im Bundesgebiet niedergelassenen Kliniken und Ärzten der 2 Ärztekammern, deren mittelbare Zugehörigkeit zum Kläger für die Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ausreicht. Zur ärztlichen Tätigkeit gehört auch das Gebiet der Schönheitschirurgie, womit die von der Beklagten beworbenen Produkte im Zusammenhang mit Zellulitis konkurrieren. Die Schönheitschirurgie befasst sich auch mit dem Vorgang des chirurgisch vermittelten Abnehmens und der Reduzierung des Umfangs des menschlichen Körpers. Darüber hinaus sind Hersteller von Kosmetika auf dem Gebiet gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte tätig, indem sie den Wunsch der Abnehmer und Abnehmerinnen nach körperlicher Verschönerung zu erfüllen suchen.
13 
Soweit die Beklagte die vom Kläger konkretisiert vorgelegte Mitgliederliste angreift, verkennt sie, dass ein Wettbewerbsverhältnis keineswegs den Wettbewerb auf gleicher Stufe noch auf demselben Vertriebsweg (Internet) voraussetzt, auch ist, wie soeben dargelegt, die Begrenzung auf den Vertrieb von Antizellulitisprodukten viel zu eng gezogen.
14 
2. Die Klage ist auch nicht missbräuchlich erhoben (§ 8 Abs. 4 UWG): Allerdings kann es missbräuchlich sein, wenn ein Verband im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet. Denn die Klagebefugnis der Verbände liegt nicht nur im Interesse der betroffenen Mitglieder, sondern auch im öffentlichen Interesse. Andererseits gibt es keine Obliegenheit eines Verbandes, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Daher ist entscheidend, ob der Verband überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Hierbei sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen (Köhler/Bornkamm UWG 31. Auflage § 8 RdNr. 4.21).
15 
Für ein derartiges missbräuchliches Verhalten des Klägers sind nicht ausreichend Umstände vorgetragen. Die Beklagte legt zwar eine Vielzahl von Werbemaßnahmen von Mitgliedern des Klägers vor, die in vergleichbarer Weise wie die Beklagte für die Zellulitis bekämpfende Mittel werben. Ein systematisches Vorgehen ist damit jedoch nicht belegt. Die Beklagte legt keinerlei Indizien dar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass es dem Kläger nicht um die Wahrung eines lauteren Wettbewerbs geht, sondern wesentlich um die Gewinnung von Neumitgliedern bei korrespondierender Verschonung bereits geworbener Mitglieder. Der Umstand, dass zahlreiche Mitglieder des Klägers - unterstellt - wettbewerbswidrig in ähnlicher Weise wie die Beklagte werben, belegt ein solches missbräuchliches Verhalten nicht. Missbrauch liegt nicht schon dann vor, wenn nicht sämtliche anderen unlauter handelnden Unternehmen lauterkeitsrechtlich in Anspruch genommen werden. Für die Verschonung kann es ganz unterschiedliche Gründe geben.
16 
3. Die Klage ist begründet, da der Beklagten eine Irreführung der von der Werbung angesprochenen Verbraucher und Verbraucherinnen vorzuhalten ist (§ 5 Abs. 1 UWG (nF)).
17 
4. Zu den Klageanträgen I.1.2. ,1.3,1.5:
18 
a. Diese Anträge können deshalb zusammengefasst werden, weil die Beklagte die schlankmachende Wirkung jeweils mit der Behauptung einer klinischen Prüfung verbunden hat. Dies gilt auch für den Klagantrag I.1.3, der sich zwar nicht dem Wortlaut nach auf eine klinische Prüfung bezieht, jedoch auf einen - hier gleichwertigen - Vorgang einer gemessenen Reduzierung des Umfangs im Bereich der Hüften.
19 
b. Grundsätzlich hat der Kläger die den Unterlassungsanspruch wegen Irreführung begründenden Tatsachen darzutun und zu beweisen (vergleiche nur Pieper/Ohly/Sosnitza UWG 5. Auflage § 5 RdNr. 112). Wer jedoch für sich in Anspruch nimmt, ein bestimmter Vorgang sei erfolgt mit einem von ihm in Anspruch genommenen Ergebnis, übernimmt insoweit die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Darstellung, er hat insoweit die Vortrags- und gegebenenfalls auch die Beweislast hierfür (vergleiche BGH WRP 2010, 522 - Vorbeugen mit Coffein! Rdnr.17).
20 
c. Der Beklagten ist es schon nicht gelungen, eine Prüfung des Sachverhalts, wie von ihr in der Werbung behauptet (klinische Prüfung) vorzutragen. Der Vortrag des Klägers, eine solche klinische Prüfung gebe es nicht, ist unter diesen Umständen als unstreitig zu behandeln (§ 138 Abs. 3 ZPO).
21 
d. Die Beklagte beruft sich für ihren gegenteiligen Vortrag, soweit sie sich überhaupt mit der behaupteten Umfangreduzierung schriftsätzlich konkret befasst, auf die Anl. B1-B3.
22 
e. Die Anl. B1 ist ein Schreiben einer französischen Firma, wonach eine Umfangreduzierung von bis zu 1,8 cm erreicht werden kann. Der Kläger rügt insoweit mit Recht, dass es sich hierbei nur um eine Zusammenfassung von Wirkungsbehauptungen handele. Es wird dabei ohne Konkretisierung von einer Studie durch ein unabhängiges Labor berichtet. Mit der Anl. B1 ist eine durchgeführte klinischen Studie nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen.
23 
f. Hinsichtlich der Anl. B2 rügt der Kläger mit Recht, es sei noch nicht einmal ersichtlich, ob es sich bei der dort zitierten Studie um das streitgegenständliche Modell handele. Eine konkrete Darlegung zu dieser Frage seitens der Beklagten fehlt (§ 138 Abs. 3 ZPO).
24 
g. Bezüglich der Anl. B3 wendet der Kläger ein, dem Schreiben komme keine Aussagekraft zu. Ersichtlich bezieht sich die Anl. B3 auf die Studie wie Anl. B2. Deshalb kann auf die Bemerkungen zur Anl. B2 verwiesen werden.
25 
5. Zu Klagantrag I 1.1.:
26 
a. Nach durchgeführter Beweisaufnahme ist nicht bewiesen, dass die Abnehmhosen zusammen mit den darin verarbeiteten Wirkstoffen eine schlankmachende Wirkung haben: Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass Methylxantine wie Coffein, aber auch Substanzen wie Grüner Tee Extrakt und Extrakt von Rotweinblättern zum Teil in die Haut aufgenommen würden und wenn auch nur zu einem geringen Prozentsatz im Fettgewebe wirksam seien und dabei wissenschaftlich nachgewiesene Effekte erzielten. Nach Anwendung über 2 Monate sei ein signifikant positiver Effekt auf die Fettzellen nachzuweisen.
27 
Allerdings ist die Wirkung nicht, wie von der Beklagten behauptet, im Sinne einer Umfangreduzierung nachgewiesen, sondern im Sinne einer möglicherweise auch geringfügigen Verbesserung der Unterhautfettgewebestruktur. Letzteres ist nach dem Gesamtzusammenhang des Gutachtens ersichtlich bezogen auf die in der hier zu beurteilenden Werbeaussage nicht angesprochene Zellulitis.
28 
Soweit der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Bewertung ausgeführt hat, die Wirkstoffe hätten Effekte auf den Fettstoffwechsel und könnten diese Umfangreduzierung unterstützen, hat er sich auf die beschriebene mechanische Wirkung der Abnehmhosen bezogen, die den Effekt einer Umfangreduzierung bewirken würden. Die Beklagte bewirbt jedoch nicht eine Unterstützung einer anderweitig bewirkten Umfangsreduzierung durch die genannten Wirkstoffe, sondern, wie in der hier streitigen Aussagen formuliert ist, deren den Umfang reduzierende Wirkung. Diese ist nicht bewiesen.
29 
b. Soweit der Sachverständige einen Einfluss mechanischer Maßnahmen auf den Wassergehalt und die Speicherung von Wasser und wasserbindungsfähigen Substanzen im Fettgewebe behandelt hat, muss den damit angesprochenen Zusammenhänge nicht weiter nachgegangen werden, weil die vom Kläger angegriffenen Aussagen sich sämtlich nicht mit dieser Kompressionsfunktion befassen, sondern mit den in den Anträgen im Einzelnen benannten Wirkstoffen.
30 
6. Zu den Klaganträgen I 1.4 und 2.1 bis 5: Zusammengefasst hat der Sachverständige dargelegt, dass der Eintrag der dort genannten Stoffe möglicherweise eine geringfügige Verbesserung der Unterhautfettgewebestruktur bewirke, die Dauerhaftigkeit könnte nicht bewertet werden und sei möglicherweise erst künftig zu ermitteln. Ergänzend hat sich der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung auf verschiedene medizinische Studien laborchemischer Ausrichtung bezogen. Danach seien Effekte festgestellt worden, der Fettstoffwechsel werde beispielsweise durch Coffein beeinflusst. Der Umfang des Einflusses sei jedoch nicht beurteilbar. Damit ist die gegen Zellulitis gerichtete Wirkung der beworbenen Produkte ("Celluliteprodukte") nicht nachgewiesen, was aus den dargelegten Gründen zulasten der Beklagten geht.
31 
Die Beklagte meint, die angegriffene Werbung befasse sich nicht mit der Dauerhaftigkeit der von den beworbenen Mitteln ausgehenden Wirkung auf Zellulitis. Darum geht es vorliegend jedoch nicht, nachdem der Sachverständige dargelegt hat, dass letztlich das Ausmaß der Wirkung gerade nicht beurteilt werden könne. Hiergegen verstößt die Beklagte dadurch, dass sie derartige Wirkungen mehr als nur minimaler Art in Anspruch nimmt. Auf die zeitliche Dauer kommt es dabei nicht an.
32 
7. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen, nicht bestrittenen Abmahnkosten beruht auf § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
33 
8. Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§ 288 BGB,  91, 709 ZPO.

Gründe

 
Die Klage ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist an der (Fort-)Existenz des Klägers nicht zu zweifeln.
10 
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG (nF), weil ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben und auch die übrigen Voraussetzungen der genannten Bestimmung vorliegend erfüllt sind.
11 
Die Voraussetzungen der Aktivlegitimation sind im Freibeweisverfahren zu klären. Der Kläger hat eine Mitgliederliste vorgelegt (in doppelter Bezeichnung zu den ursprünglich vorgelegten Anlagen gleichfalls als Anl. K1 bezeichnet) und sich insbesondere darauf bezogen dass ausweislich der Zusammenstellung 24 Hersteller von Kosmetika, 13 Hersteller von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln, eine Kurklinik, 3 Kliniken, 2 Ärztekammern, der Bundesverband deutscher Versandapotheken Mitglied seien. Die Zugehörigkeit der konkretisierten Unternehmen zum Kläger ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der Geschäftsführerin des Klägers, deren Richtigkeit nicht zu bezweifeln ist. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Unternehmen sich bei der Eintrittserklärung unrichtig kategorisiert hätten, bei einer Ärztekammer ist derartiges ohnehin auszuschließen. Derartiges wird auch von der Beklagten nicht eingewandt. Soweit die Beklagte die Möglichkeit späterer Änderungen des Geschäftszweckes anspricht, gibt es hierfür keinerlei konkrete Anhaltspunkte. Es handelt sich deshalb um nur theoretische Zweifel, die nicht von Belang sind.
12 
Damit gehören dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Die Beklagte, die ihre Waren ausschließlich im Internet vertreibt, konkurriert mit den im Bundesgebiet niedergelassenen Kliniken und Ärzten der 2 Ärztekammern, deren mittelbare Zugehörigkeit zum Kläger für die Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ausreicht. Zur ärztlichen Tätigkeit gehört auch das Gebiet der Schönheitschirurgie, womit die von der Beklagten beworbenen Produkte im Zusammenhang mit Zellulitis konkurrieren. Die Schönheitschirurgie befasst sich auch mit dem Vorgang des chirurgisch vermittelten Abnehmens und der Reduzierung des Umfangs des menschlichen Körpers. Darüber hinaus sind Hersteller von Kosmetika auf dem Gebiet gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte tätig, indem sie den Wunsch der Abnehmer und Abnehmerinnen nach körperlicher Verschönerung zu erfüllen suchen.
13 
Soweit die Beklagte die vom Kläger konkretisiert vorgelegte Mitgliederliste angreift, verkennt sie, dass ein Wettbewerbsverhältnis keineswegs den Wettbewerb auf gleicher Stufe noch auf demselben Vertriebsweg (Internet) voraussetzt, auch ist, wie soeben dargelegt, die Begrenzung auf den Vertrieb von Antizellulitisprodukten viel zu eng gezogen.
14 
2. Die Klage ist auch nicht missbräuchlich erhoben (§ 8 Abs. 4 UWG): Allerdings kann es missbräuchlich sein, wenn ein Verband im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet. Denn die Klagebefugnis der Verbände liegt nicht nur im Interesse der betroffenen Mitglieder, sondern auch im öffentlichen Interesse. Andererseits gibt es keine Obliegenheit eines Verbandes, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Daher ist entscheidend, ob der Verband überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Hierbei sind die Gesamtumstände zu berücksichtigen (Köhler/Bornkamm UWG 31. Auflage § 8 RdNr. 4.21).
15 
Für ein derartiges missbräuchliches Verhalten des Klägers sind nicht ausreichend Umstände vorgetragen. Die Beklagte legt zwar eine Vielzahl von Werbemaßnahmen von Mitgliedern des Klägers vor, die in vergleichbarer Weise wie die Beklagte für die Zellulitis bekämpfende Mittel werben. Ein systematisches Vorgehen ist damit jedoch nicht belegt. Die Beklagte legt keinerlei Indizien dar, die den Schluss rechtfertigen könnten, dass es dem Kläger nicht um die Wahrung eines lauteren Wettbewerbs geht, sondern wesentlich um die Gewinnung von Neumitgliedern bei korrespondierender Verschonung bereits geworbener Mitglieder. Der Umstand, dass zahlreiche Mitglieder des Klägers - unterstellt - wettbewerbswidrig in ähnlicher Weise wie die Beklagte werben, belegt ein solches missbräuchliches Verhalten nicht. Missbrauch liegt nicht schon dann vor, wenn nicht sämtliche anderen unlauter handelnden Unternehmen lauterkeitsrechtlich in Anspruch genommen werden. Für die Verschonung kann es ganz unterschiedliche Gründe geben.
16 
3. Die Klage ist begründet, da der Beklagten eine Irreführung der von der Werbung angesprochenen Verbraucher und Verbraucherinnen vorzuhalten ist (§ 5 Abs. 1 UWG (nF)).
17 
4. Zu den Klageanträgen I.1.2. ,1.3,1.5:
18 
a. Diese Anträge können deshalb zusammengefasst werden, weil die Beklagte die schlankmachende Wirkung jeweils mit der Behauptung einer klinischen Prüfung verbunden hat. Dies gilt auch für den Klagantrag I.1.3, der sich zwar nicht dem Wortlaut nach auf eine klinische Prüfung bezieht, jedoch auf einen - hier gleichwertigen - Vorgang einer gemessenen Reduzierung des Umfangs im Bereich der Hüften.
19 
b. Grundsätzlich hat der Kläger die den Unterlassungsanspruch wegen Irreführung begründenden Tatsachen darzutun und zu beweisen (vergleiche nur Pieper/Ohly/Sosnitza UWG 5. Auflage § 5 RdNr. 112). Wer jedoch für sich in Anspruch nimmt, ein bestimmter Vorgang sei erfolgt mit einem von ihm in Anspruch genommenen Ergebnis, übernimmt insoweit die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Darstellung, er hat insoweit die Vortrags- und gegebenenfalls auch die Beweislast hierfür (vergleiche BGH WRP 2010, 522 - Vorbeugen mit Coffein! Rdnr.17).
20 
c. Der Beklagten ist es schon nicht gelungen, eine Prüfung des Sachverhalts, wie von ihr in der Werbung behauptet (klinische Prüfung) vorzutragen. Der Vortrag des Klägers, eine solche klinische Prüfung gebe es nicht, ist unter diesen Umständen als unstreitig zu behandeln (§ 138 Abs. 3 ZPO).
21 
d. Die Beklagte beruft sich für ihren gegenteiligen Vortrag, soweit sie sich überhaupt mit der behaupteten Umfangreduzierung schriftsätzlich konkret befasst, auf die Anl. B1-B3.
22 
e. Die Anl. B1 ist ein Schreiben einer französischen Firma, wonach eine Umfangreduzierung von bis zu 1,8 cm erreicht werden kann. Der Kläger rügt insoweit mit Recht, dass es sich hierbei nur um eine Zusammenfassung von Wirkungsbehauptungen handele. Es wird dabei ohne Konkretisierung von einer Studie durch ein unabhängiges Labor berichtet. Mit der Anl. B1 ist eine durchgeführte klinischen Studie nicht dargelegt, geschweige denn bewiesen.
23 
f. Hinsichtlich der Anl. B2 rügt der Kläger mit Recht, es sei noch nicht einmal ersichtlich, ob es sich bei der dort zitierten Studie um das streitgegenständliche Modell handele. Eine konkrete Darlegung zu dieser Frage seitens der Beklagten fehlt (§ 138 Abs. 3 ZPO).
24 
g. Bezüglich der Anl. B3 wendet der Kläger ein, dem Schreiben komme keine Aussagekraft zu. Ersichtlich bezieht sich die Anl. B3 auf die Studie wie Anl. B2. Deshalb kann auf die Bemerkungen zur Anl. B2 verwiesen werden.
25 
5. Zu Klagantrag I 1.1.:
26 
a. Nach durchgeführter Beweisaufnahme ist nicht bewiesen, dass die Abnehmhosen zusammen mit den darin verarbeiteten Wirkstoffen eine schlankmachende Wirkung haben: Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass Methylxantine wie Coffein, aber auch Substanzen wie Grüner Tee Extrakt und Extrakt von Rotweinblättern zum Teil in die Haut aufgenommen würden und wenn auch nur zu einem geringen Prozentsatz im Fettgewebe wirksam seien und dabei wissenschaftlich nachgewiesene Effekte erzielten. Nach Anwendung über 2 Monate sei ein signifikant positiver Effekt auf die Fettzellen nachzuweisen.
27 
Allerdings ist die Wirkung nicht, wie von der Beklagten behauptet, im Sinne einer Umfangreduzierung nachgewiesen, sondern im Sinne einer möglicherweise auch geringfügigen Verbesserung der Unterhautfettgewebestruktur. Letzteres ist nach dem Gesamtzusammenhang des Gutachtens ersichtlich bezogen auf die in der hier zu beurteilenden Werbeaussage nicht angesprochene Zellulitis.
28 
Soweit der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Bewertung ausgeführt hat, die Wirkstoffe hätten Effekte auf den Fettstoffwechsel und könnten diese Umfangreduzierung unterstützen, hat er sich auf die beschriebene mechanische Wirkung der Abnehmhosen bezogen, die den Effekt einer Umfangreduzierung bewirken würden. Die Beklagte bewirbt jedoch nicht eine Unterstützung einer anderweitig bewirkten Umfangsreduzierung durch die genannten Wirkstoffe, sondern, wie in der hier streitigen Aussagen formuliert ist, deren den Umfang reduzierende Wirkung. Diese ist nicht bewiesen.
29 
b. Soweit der Sachverständige einen Einfluss mechanischer Maßnahmen auf den Wassergehalt und die Speicherung von Wasser und wasserbindungsfähigen Substanzen im Fettgewebe behandelt hat, muss den damit angesprochenen Zusammenhänge nicht weiter nachgegangen werden, weil die vom Kläger angegriffenen Aussagen sich sämtlich nicht mit dieser Kompressionsfunktion befassen, sondern mit den in den Anträgen im Einzelnen benannten Wirkstoffen.
30 
6. Zu den Klaganträgen I 1.4 und 2.1 bis 5: Zusammengefasst hat der Sachverständige dargelegt, dass der Eintrag der dort genannten Stoffe möglicherweise eine geringfügige Verbesserung der Unterhautfettgewebestruktur bewirke, die Dauerhaftigkeit könnte nicht bewertet werden und sei möglicherweise erst künftig zu ermitteln. Ergänzend hat sich der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung auf verschiedene medizinische Studien laborchemischer Ausrichtung bezogen. Danach seien Effekte festgestellt worden, der Fettstoffwechsel werde beispielsweise durch Coffein beeinflusst. Der Umfang des Einflusses sei jedoch nicht beurteilbar. Damit ist die gegen Zellulitis gerichtete Wirkung der beworbenen Produkte ("Celluliteprodukte") nicht nachgewiesen, was aus den dargelegten Gründen zulasten der Beklagten geht.
31 
Die Beklagte meint, die angegriffene Werbung befasse sich nicht mit der Dauerhaftigkeit der von den beworbenen Mitteln ausgehenden Wirkung auf Zellulitis. Darum geht es vorliegend jedoch nicht, nachdem der Sachverständige dargelegt hat, dass letztlich das Ausmaß der Wirkung gerade nicht beurteilt werden könne. Hiergegen verstößt die Beklagte dadurch, dass sie derartige Wirkungen mehr als nur minimaler Art in Anspruch nimmt. Auf die zeitliche Dauer kommt es dabei nicht an.
32 
7. Der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen, nicht bestrittenen Abmahnkosten beruht auf § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
33 
8. Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§ 288 BGB,  91, 709 ZPO.

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