Urteil vom Landgericht Hagen - 4 O 30/12
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Der Kläger macht (vermeintliche) Rückübertragungsansprüche von Wertpapieren sowie Erstattungsansprüche von Girokontoguthaben für eine Erbengemeinschaft, bestehend aus sich und Herr Q2, geltend.
3Der Kläger und Herr Q2 sind zu je ½ die gesetzlichen Erben ihres am 08.04.2011 verstorbenen Vaters, Herr Q. Sie sind in ungeteilter Erbengemeinschaft verbunden.
4Bei der Beklagten handelt es sich um die Lebensgefährtin des Erblassers, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Lebensgemeinschaft noch zum Tode des Erblassers bestand.
5Der Erblasser verfügte über ein Wertpapierdepot bei der Sparkasse L-N (Depotnr.), dessen Wertpapiere am Todestag einen Kurswert in Höhe von 270.684,67 € aufwiesen. Zugleich verfügte er bei der genannten Bank am Todestag über ein Girokonto (GK) mit einem Guthaben in Höhe von 5.267,00 €.
6Am 29.01.2004 unterschrieben der Erblasser, die Beklagte und für die Sparkasse L-N einer ihrer Mitarbeiter eine Urkunde mit der Überschrift „Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall (Wertpapiere/Depot)“. Der Erblasser wurde in der Urkunde als Depotinhaber und die Beklagte als Begünstigte genannt. Nach dem Inhalt der Vereinbarung sollten mit dem Tode des Erblassers alle im Depot Nr. zu diesem Zeitpunkt verbuchten Werte mit Ausnahme solcher, bei denen die Übertragung der Zustimmung oder Bestätigung eines Dritten bedarf, nach Maßgabe der in der Vereinbarung genannten Bedingungen der Beklagten zustehen. In der Urkunde finden sich zudem die nachfolgenden Klauseln:
7„ 1.1 Das Eigentum – bei Sammelverwahrung das Miteigentum – an Inhaber- und Orderpapieren – auch soweit diese Rechte in Sammelurkunden verbrieft sind – geht mit dem Zeitpunkt des Todes des Depotinhabers auf das Depotinstitut über.
8In Namenspapieren verbriefte und sonstige Forderungsrechte gegen Dritte gehen mit dem Zeitpunkt des Todes des Depotinhabers auf das Depotinstitut über. Dies gilt auch für Forderungsrechte aus Inhaber – und Orderpapieren, soweit diese nicht bereits nach Satz 1 auf das Depotinstitut übergehen.
9Der Begünstigte erwirbt mit dem Tod des Depotinhabers das Recht vom Depotinstitut die Übertragung des auf dieses übergegangenen Eigentums/Miteigentums an den Wertpapieren sowie der auf das Institut übergegangenen Forderungsrechte gegen Erstattung etwa angefallener Kosten (z.B. Depotgebühren) zu fordern.
101.2 Alle im Depot verbuchten Forderungsrechte gegen das Depotinstitut (z.B. aus Sparkassenbriefen oder Gutschriften in Wertpapierrechnung) gehen mit dem Tode des Depotinhabers unmittelbar auf den Begünstigten über.
111.3 Mit dem Tode des Depotinhabers gehen in Bezug auf die dem Begünstigten zustehenden Wertpapiere auch die Rechte des Depotinhabers aus einem etwaigen Verwahrverhältnis gegen das Depotinstitut auf den Begünstigen über
12[…]
13Diese Vereinbarung kann vom Depotinhaber zu Lebzeiten widerrufen werden.
14[…]
15Die Vereinbarung erfolgt in Gegenwart des Begünstigten, der die Begünstigung hiermit zur Kenntnis nimmt und zugleich annimmt.“
16Am selben Tag unterzeichneten sowohl Erblasser, Beklagte als auch der Mitarbeiter der Sparkasse L-N eine Vereinbarung, überschrieben mit „Verfügung zugunsten Dritter für den Todesfall (Sparkonto/Sparkassenbrief)“, wonach mit dem Tod des Erblassers alle Rechte aus dem Konto GK unmittelbar auf die Beklagte als Begünstigte übergehen sollten. Auch bezüglich dieser Vereinbarung wurde eine freie Widerruflichkeit bis zum Tode des Erblassers vereinbart. Zudem findet sich auch in dieser Urkunde die Formulierung „Die Vereinbarung erfolgt in Gegenwart des Begünstigten, der die Begünstigung hiermit zur Kenntnis nimmt und zugleich annimmt“.
17Wegen des genauen Inhalts der beiden Vereinbarungen wird Bezug genommen auf die Vertragsurkunden vom 29.01.2004 (Bl. 17 ff d. A.).
18Am 01.05.2009 zog die Beklagte aus dem Hause des Erblassers aus. Hierbei unterzeichnete sie eine Erklärung folgenden Inhalts:
19„ Mein Auszug
20Hiermit bestätige, Frau Q4 daß ich am 01.05.2009 freiwillig und ohne Streit aus dem Hause „M 10“ ausziehe.
21Ich bestätige auch, daß ich keine weiteren Forderungen sowie Materielle oder Finanzielle habe.
22Der Auszug erfolgt auf eigenen Wunsch.
23Q4“
24Am 21.04.2011 bestellte das Amtsgericht N – Vormundschaftsgericht – durch Beschluss (Az. 6 XVII P 114) Frau M zur Betreuerin der Beklagten mit dem Aufgabenkreis Aufenthaltsbestimmung, Befugnis zum Empfang von Post, Gesundheitsfürsorge, Vertretung bei Behörden, Ämtern und Versicherungen. Auf Antrag des Klägers erweiterte das Amtsgericht N mit Beschluss vom 13.10.2011 die Betreuung auf den weiteren Wirkungskreis der Vermögenssorge und bestellte auch insofern Frau Yr zur Betreuerin.
25Die Sparkasse L-N übertrug nach dem Tode des Erblassers das Guthaben auf dem Girokonto Nr. auf ein Konto der Beklagten und überwies zudem Teile der Wertpapiere an sie.
26Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.08.2011 forderte der Kläger Frau M auf, die Konten auf die Erbengemeinschaft zurück zu übertragen. Er erklärte gegenüber Frau M vorsorglich den Widerruf der Verfügungen zugunsten Dritter für den Todesfall und trat vorsorglich von dem Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und der Beklagten wegen Störung der Geschäftsgrundlage zurück.
27Mit ebenfalls anwaltlichem Schreiben vom 30.09.2011 forderte der Kläger den „Verfahrenspfleger oder den Betreuer“ auf, das Guthaben und das Wertpapierdepot an die Erbengemeinschaft zurück zu übertragen. Wiederum vorsorglich widerrief er die Verfügungen und erklärte den Rücktritt vom Schenkungsvertrag wegen Störung der Geschäftsgrundlage.
28Dieses Schreiben ging Frau Y zu. Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.10.2011 lehnte die Beklagtenseite die Rückübertragung ab.
29Der Bruder des Klägers, Herr Q2, forderte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.01.2012 Frau M auf, das Guthaben aus dem Girokonto und dem Wertpapierdepot auf die Erbengemeinschaft zurück zu übertragen. Ebenfalls erklärte er vorsorglich den Widerruf der Verfügungen und den Rücktritt vom Schenkungsvertrag wegen Störung der Geschäftsgrundlage.
30Der Kläger behauptet, die Wertpapiere seien auf die Beklagte übertragen worden, er ist jedoch der Ansicht, dies sei nicht mit dinglicher Wirkung erfolgt. Er behauptet, die Wertpapiere seien nicht vor Zustellung des Widerrufes vom 30.09.2011 an die Beklagte mit dinglicher Wirkung übertragen wurden. Er behauptet, der Erblasser und die Beklagte seien bei Auszug davon ausgegangen, die Beklagte habe auf sämtliche Forderungen, auch aus den Verfügungen zugunsten Dritter für den Todesfall, verzichtet. Die Erklärung der Beklagten sei in diesem Sinne erfolgt. Die Verfügungen hätten zudem unter der Bedingung bestanden, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft fortbestehe. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft sei jedoch beendet gewesen. Der Auszug sei aufgrund der Demenzerkrankung der Beklagten erfolgt. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger die Beklagte auch nach deren Auszug finanziell habe absichern wollen. Er ist der Ansicht, die Beklagte habe die ihr übertragenen Vermögenswerte aufgrund Geschäftsunfähigkeit nicht wirksam annehmen können. Mangels Vollzugs des Schenkungsversprechens habe sie die Vermögenswerte ohne Rechtsgrund erlangt.
31Der Kläger hat zuletzt beantragt,
321. die Beklagte zu verurteilen,
33an ihn und Herrn Q2, Im C 5, N, als Gesamtgläubiger gemäß § 432 BGB die Wertpapiere zum Depot Nr.: bei der Sparkasse L-N, und zwar
34Gattung |
Menge |
DK0A2R / LU0268059614 DEKA-Geldmarktplan Inh. TF |
8,00 Stück |
WLZ1LM / DE000WLZ1LM8 WESTLB CAP.BON.ZT11 DAI |
2.115,00 Stück |
WLZ1PX / DE000WLZ1PX6 WESTLB CA.BO.Z 11 DBK |
1.215,00 Stück |
WLZ1UB / DE000WLZ1UB2 WESTLB CA.BO.Z11 SX5E |
1.100,00 Stück |
WLZ2NP / DE000WLZ2NP5 WESTLB CA.BO.Z11 DBK |
345,00 Stück |
WLZ2NQ / DE000WLZ2NQ3 WESTLB CA.BO.Z11 CBK |
2.675,00 Stück |
WLZ2NR / DE000WLZ2NR1 WESTLB. CA. BO.Z11 LHA |
935,00 Stück |
555200 / DE0005552004 Deutsche Post AG NA O.N. |
117,00 Stück |
710000 / E2 Daimler AG NA O.N. |
185,00 Stück |
840400/DE0008404005 Allianz SE VNA O.N. |
165,00 Stück |
zurück zu übertragen,
36hilfsweise, an ihn und Herrn Q2, Im C 5, N, als Gesamtgläubiger gemäß § 432 BGB den Kurswert der Wertpapiere zum Depot Nr.: bei der Sparkasse L-N zum Stichtag 08.04.2011 in Höhe von 270.684,67 € nebst Zinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) seit dem 21.04.2011 zurück zu zahlen,
372. die Beklagte zu verurteilen, an ihn und Herrn Q2, Im C 5, N, als Gesamtgläubiger gemäß § 432 BGB das Guthaben aus dem Konto Nr.: bei der Sparkasse L-N in Höhe von 5.267,00 € nebst Zinsen (5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz) seit dem 21.04.2011 zurück zu zahlen,
383. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.380,79 € nebst Zinsen (5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz) seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche Vertretung zu zahlen.
39Die Beklagte beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie behauptet, die Sparkasse L-N habe bisher nur Wertpapiere zu einem Kurswert in Höhe von 108.605,25 € sowie das Girokontoguthaben auf ihr Konto überwiesen. Die Erklärung vom 01.05.2009 habe sich auf weitere Forderungen gegenüber dem Erblasser, wie Modernisierungsmaßnahmen am Haus, bauliche Veränderungen, Anschaffung von Gegenständen usw. bezogen, die der Kläger im einzelnen mit Nichtwissen bestreitet. Der Auszug sei nur erfolgt, weil der Erblasser wegen Krankheit nicht mehr zu ihrer Versorgung in der Lage gewesen sei, die nichteheliche Lebensgemeinschaft sei nicht beendet gewesen. Sie habe sich weiter mit dem Erblasser getroffen und mit diesem gemeinsam etwas unternommen. Der Erblasser habe kurz vor dem Auszug und auch nachher gegenüber ihren Kindern und dem Schwiegersohn wiederholt geäußert, sie müssten sich um sie keine Sorgen machen, er habe sie finanziell abgesichert. Sie ist der Ansicht, die Schenkungen seien bereits am 29.01.2004 vollzogen worden. Auf die spätere Geschäftsunfähigkeit komme es nicht mehr an.
42Das Gericht hat die Akte 6 XVII P 114 des Amtsgerichts N beigezogen. Es hat dem Kläger die sich aus dem Protokoll vom 22.05.2012 (Bl. 106 d. A.) ersichtlichen sowie hierzu ergänzend die sich aus dem Schreiben vom 24.05.2012 (Bl. 111 f.) ergebenen Hinweise erteilt. Mit Beschluss vom 22.05.2012 (Bl. 107 d. A.) erhielt der Kläger eine Schriftsatzfrist bis zum 12.06.2012. Mit Schreiben vom 11.06.2012 hat der Kläger beantragt, den Rechtsstreit der Kammer zur Entscheidung vorzulegen und die Frist zur Stellungnahme bis zum 12.07.2012 zu verlängern.
43Entscheidungsgründe
44Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
45I.
46Einer Vorlage des Rechtsstreits an die Kammer bedurfte es nicht, da die Voraussetzungen nach § 348a Abs. 2 ZPO nicht vorlagen. Die Sache wies weder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf, noch hatte sie grundsätzliche Bedeutung. Auch haben die Parteien eine Vorlage an die Kammer nicht übereinstimmend beantragt. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, sie sei mit einer Übertragung an die Kammer nicht einverstanden.
47II.
48Die Klage ist unbegründet, der Erbengemeinschaft stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Anträge des Klägers waren gemäß §§ 133, 157 BGB dahingehend auszulegen, dass er Leistung an die Erbengemeinschaft, bestehend aus sich und Herrn Q2, gemäß §§ 2039, 432 BGB verlangt.
491.
50Ein Anspruch auf Rückübertragung des Wertpapierdepots besteht nicht.
51a.
52Ein solcher folgt nicht aus § 985 BGB. Die Erbengemeinschaft ist nicht Eigentümer der Wertpapiere geworden. Laut Vereinbarung mit der Sparkasse am 29.01.2004 erwarb diese unmittelbar mit dem Tode des Erblassers das Eigentum an den Wertpapieren, die Übertragung geschah nach § 929 S. 2 BGB. Die Einigung stand unter der Bedingung des Todes des Erblassers. Die Bedingung ist eingetreten. Die Vereinbarung wurde auch nicht vor dem Tod des Erblassers widerrufen.
53b.
54Auch ein Anspruch auf Rückübertragung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1. Alt. 1 BGB besteht nicht. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte Eigentum an den Wertpapieren erworben oder aber die Rechte aus den Wertpapieren bereits geltend gemacht hat, so dass entsprechende Beträge auf ihr Konto gebucht wurden. Für die Leistungen bestand im Verhältnis Erblasser und Beklagte ein Rechtsgrund in Form einer Schenkung gemäß § 516 BGB. In den Erklärungen des Erblassers und der Beklagten am 29.01.2004 ist ein Vertragsschluss im Sinne der §§ 145 ff BGB zu sehen.
55Das Gericht verkennt nicht, dass zur Gültigkeit der Schenkung gemäß § 518 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich eine notarielle Beurkundung erforderlich ist. Allerdings ist die Schenkung auch ohne notarielle Beurkundung im vorliegenden Fall wirksam, da Vollzug gemäß § 518 Abs. 2 BGB eingetreten ist.
56Dabei war für die Frage des Vollzuges nicht auf die erbrechtliche Vorschrift des § 2301 Abs. 1 BGB abzustellen. Im Verhältnis zwischen Erblasser und der Sparkasse L-N bestanden ausweislich der Vereinbarungen vom 29.01.2004 Verträge zugunsten Dritter gemäß §§ 328, 331 BGB. Die Vereinbarungen waren darauf gerichtet, dass ein Dritter, hier die Beklagte, unmittelbar das Recht erwirbt, eine Leistung zu fordern. Die Beklagte sollte nach der Vereinbarung mit Tod des Erblassers das Recht erlangen, die Übertragung des Eigentums/Miteigentums an den Wertpapieren sowie die auf das Depotinstitut übergegangenen Forderungsrechte gegen Dritte zu fordern. Zudem sollten alle im Depot verbuchten Forderungsrechte gegen das Depotinstitut auf sie übergehen. Im Falle des §§ 328, 331 BGB unterliegen sowohl die Rechtsbeziehungen im Deckungsverhältnis als auch im Valutaverhältnis dem Schuldrecht (BGH, Urteil vom 26.11.2003, Az. IV ZR 438/02).
57Die Voraussetzungen des § 518 Abs. 2 BGB liegen vor. Es ist allgemein anerkannt, dass für den Vollzug im Sinne des § 518 Abs. 2 BGB kein Leistungserfolg eintreten muss. Es reicht vielmehr aus, wenn der Schenker alles getan hat, was er für den Vollzug tun muss, so dass ein bedingter oder befristeter Vollzug genügt (BGH, Urteil vom 06.03.1970, Az. V ZR 57/67). Es kann dahinstehen, ob ein solcher (bedingter) Vollzug bereits mit Vereinbarung vom 29.01.2004 vorlag. Jedenfalls ist Vollzug spätestens im Zeitpunkt des Todes des Erblassers eingetreten.
58Dabei war nicht etwa auf den Zeitpunkt der Eigentumserlangung oder Forderungsabtretung durch die Sparkasse L-N abzustellen. Schenkungsgegenstand war die Einräumung des Anspruchs, gegenüber dem Depotinstitut, welches zunächst Eigentümer der Wertpapiere wurde, die Übertragung der Wertpapiere vom Depotinstitut sowie der auf das Depotinstitut übergegangenen Forderungsrechte fordern zu können. Dieser Anspruch ist bereits am 29.01.2004 bedingt entstanden. Mit Erbfall wurde dieser Anspruch vollumfänglich wirksam, ohne dass es eines weiteren Aktes bedurfte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Erblasser alles seinerseits Erforderliche getan. Auf die Frage der Geschäftsfähigkeit kam es nicht mehr an. Dem Akteneinsichtsgesuch des Klägers in die Akte 6 XVII des Amtsgerichts N musste daher nicht entsprochen werden. Erkenntnisse aus dieser Akte wurden nicht zum Gegenstand des Urteils gemacht.
59Das Schenkungsversprechen konnte auch nicht durch die Erben widerrufen werden, da es bereits eine Annahme im Jahre 2004 gegeben hatte, zudem Vollzug durch Erbfall eingetreten war.
60Die Schenkung ist auch nicht etwa aufgrund der Erklärung der Beklagten bei deren Auszug erloschen. Zunächst würde ein Erlass gemäß § 397 BGB einen Vertrag voraussetzen. Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen eines solchen Erlassvertrages ist der Kläger. Etwas anderes kann auch nicht aus einer im Rahmen des § 812 BGB anerkannten sekundären Behauptungslast des in Anspruch Genommenen abgeleitet werden. Dabei ist zwar zu beachten, dass die als Schuldner in Anspruch genommene Partei grundsätzlich die Umstände darzulegen hat, aus denen sie ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen und dass erst dann die darlegungs- und beweisbelastete Partei diese Umstände durch eigenen Vortrag und im Falle des Bestreitens durch geeigneten Nachweis widerlegen muss (BGH, Urteil vom 18.05.1999, Az. X ZR 158/97). Vorliegend sind die Umstände, aus denen eine Schenkung abgeleitet wird, jedoch unstreitig. Nach den genannten Darlegungs- und Beweislastregeln wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, diesen Rechtsgrund zu widerlegen, demnach auch einen etwaigen Verzicht darzulegen und zu beweisen. Er hat jedoch lediglich pauschal behauptet, eine solche Vereinbarung habe bestanden und untermauerte sein Vorbringen mit der Erklärung der Beklagten. Diese Erklärung reichte für eine entsprechende Substantiierung jedoch nicht aus. Der Wortlaut der Erklärung ist offen, es ist nicht ersichtlich, welche Forderungen die Beklagte meinte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund des Bestreitens der Beklagten. Sie hat substantiiert dargelegt, dass sich die Erklärungen auf andere Forderungen der Beklagten gegenüber dem Erblasser bezogen. Zudem war zu beachten, dass der Erblasser bis zu seinem Tod die Möglichkeit hatte, die Vereinbarungen zu widerrufen, dem jedoch nicht nachgekommen ist. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2012 darauf hingewiesen worden, dass noch substantiierter Vortrag zu einer Verzichtserklärung fehlt. Er hat sein Vorbringen innerhalb der ihm eingeräumten Stellungnahmefrist jedoch nicht erweitert. Diese Stellungnahmefrist war auch nicht etwa auf den Antrag des Klägers vom 11.06.2012 hin zu verlängern, da eine Fristverlängerung bis nach dem anberaumten Termin zur Verkündung einer Entscheidung zu einer Verfahrensverzögerung im Sinne des § 296 ZPO geführt hätte. Zudem war dem Kläger eine ausreichend lange Stellungnahmefrist mit Beschluss vom 22.05.2012 eingeräumt worden.
61Auch eine bedingte Schenkung in dem Sinne, dass diese unter der Bedingung des Fortbestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gestanden hat und sich die Beklagte deswegen nicht hieraus berufen kann, hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt. Insofern gilt das bereits im Rahmen des Erlassvertrages zur Darlegungs- und Beweislast Gesagte. Insbesondere folgt eine solche Bedingung nicht aus den Urkunden vom 29.01.2004. Der Kläger hat eine solche Bedingung lediglich behauptet, nach substantiiertem Bestreiten der Beklagten seinen Vortrag jedoch weder erweitert, noch ihn unter Beweis gestellt. Auch hier ist ein entsprechender Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2012 erfolgt.
62c.
63Auch ein Anspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB wegen Wegfalles des mit der Leistung verfolgten Zwecks ist nicht hinreichend dargelegt. Grundsätzlich trägt der Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen, hier also für die Rechtsgrundabrede und die Tatsache, dass der bezwecke Erfolg nicht eingetreten ist. Der Kläger hat behauptet, die Schenkung habe unter der Bedingung bestanden, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft fortbestehe. Dies wurde von der Beklagten substantiiert bestritten. Der Kläger ist auch diesbezüglich auf seine Darlegungs- und Beweislast hingewiesen worden, hat seinen Vortrag jedoch nicht innerhalb der Stellungnahmefrist erweitert.
64d.
65Ebenfalls nicht hinreichend dargelegt ist ein Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Auch hierbei trägt der Kläger als derjenige, der sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft, die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGH, Urteil vom 08.11.2002, Az. V ZR 398/01). Dies gilt sowohl für die Behauptung, dass bestimmte Vorstellungen dem Vertrag zugrunde gelegen haben, als auch, dass die Parteien mögliche Änderungen nicht in ihre Erwägungen eingestellt haben. Die Beklagte hat bestritten, dass das Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Bedingung für die Schenkung gewesen sei. Dem ist der Kläger weder hinreichend substantiiert entgegengetreten, noch hat er Beweis angeboten. Auch hierauf ist er durch das Gericht hingewiesen worden.
662.
67Der Hilfsantrag gemäß Ziff. 1 ist ebenfalls unbegründet. Auch insofern besteht aus den bereits genannten Gründen kein Anspruch auf Auszahlung.
683.
69Bezüglich des Antrages zu Ziff. 2 besteht kein Anspruch auf Rückübertragung des Girokontoguthabens. Ein solcher folgt nicht aus § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Die Beklagte hat die Forderungen gegenüber der Bank nicht ohne Rechtsgrund erworben. Rechtsgrund ist auch hier eine – vollzogene – Schenkung. Die Forderungen wurden bereits im Jahre 2004 bedingt abgetreten. Die Bedingung ist mit Tod des Erblassers eingetreten. Auch diesbezüglich sind weder ein Verzichtsvertrag, eine bedingte Schenkung oder die Anspruchsvoraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB bzw. des § 313 BGB dargelegt. Insofern wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
704.
71Die Zinsanträge und der Antrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren teilen das Schicksal der Hauptforderung.
725.
73Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 2 ZPO.
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Referenzen
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