Urteil vom Landgericht Hamburg (34. Zivilkammer) - 334 O 157/14

Tenor

1. Die von dem Kläger in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D.-Rentide-F. Nr... MT C. B. GmbH & Co. Tankschiff KG (AG H., Az... ) unter der laufenden Tabellen-Nr.: 298 in Höhe eines Betrages von 10.225,84 € als Hauptforderung angemeldete Forderung des Klägers wird im Rang des 38 InsO zur Insolvenztabelle festgestellt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,-- € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten Feststellung einer von ihm zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung auf Rückzahlung eines von ihm der insolventen D.- R.- F. Nr... MT C. B. GmbH & Co. Tankschiff KG. (i. F. Schuldnerin) wieder eingezahlten Ausschüttung.

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Der Kläger beteiligte sich durch Zertifikat vom 12. Februar 1998 als Kommanditist an der Schuldnerin, einer Fonds-Gesellschaft, deren Gegenstand der Bau und Betrieb von Seeschiffen war. Die hat die Schuldnerin hatte das im November 1997 fertiggestellte Tankschiff MT „C. B.“ im Jahr 1998 erworben und nachfolgend betrieben und verchartert.

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Grundlage der Beteiligung des Klägers war ein Verkaufsprospekt, in dem auch der Gesellschaftsvertrag abgedruckt war. Dieser sieht unter § 11 Abs. 3 gewinnunabhängige Ausschüttungen an die Kommanditisten vor. Eine Verpflichtung der Kommanditistin zur Rückzahlung der erhaltenen Ausschüttungen an die Gesellschaft enthält der Gesellschaftsvertrag nicht. Zu den Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

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Durch Beschluss des Amtsgerichts H. - Insolvenzgericht - vom 21. November 2013 (Az... ) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

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Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Kläger von der Schuldnerin erhaltene Ausschüttungen in Höhe von € 10.225,85 an diese zurückbezahlt. Er hatte damit einer Aufforderung der Schuldnerin entsprochen, die mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 (Anl. K 2) die Rückzahlung eingefordert und dazu darauf hingewiesen hatte, dass die Gesellschaft im Hinblick auf ihre wirtschaftliche Situation gezwungen sei, die als Darlehen gewährten Ausschüttungen zu kündigen, soweit hierdurch die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage der einzelnen Kommanditisten gemindert worden sei.

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Der Bundesgerichtshof stellte mit Entscheidungen vom 12. März 2013 (Az. II ZR 73/11 und II ZR 74/11) in entsprechenden Fallgestaltungen fest, dass ein sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebender Rückzahlungsanspruch der Fondsgesellschaft gegen den Kommanditisten im Falle einer Ausschüttung, durch die der Kapitalanteil des Kommanditisten durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert wird, der Kommanditist nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dieses vorsieht. Letzteres hatte der Bundesgerichtshof verneint. Nachfolgend forderte der Kläger sowie eine Vielzahl weiterer Kommanditisten die Rückzahlung der von ihnen an die Schuldnerin zurückbezahlten Ausschüttungen. Dem kam die Schuldnerin nicht nach.

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Unter dem Datum des 17. Januar 2014 meldete der Kläger seine von der Schuldnerin vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht erfüllte Forderung auf Rückgewähr des Betrages von 10.225,85 € als Hauptforderung nach § 38 InsO unter der laufenden Tabellen-Nr. 298 zur Insolvenztabelle an. Im amtlichen Prüfungstermin am 19. Februar 2014 wurde die Forderung von dem Beklagten in voller Höhe bestritten.

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Der Kläger macht geltend, die Rückzahlung der erfolgten Ausschüttung in Höhe von 10.225,85 € sei ohne Rechtsgrund erfolgt, so dass er diesen Betrag gemäß § 812 Abs. 1 BGB von der Schuldnerin zurückfordern könne. Allein die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, dass eine solche Ausschüttung „auf Darlehenskonto gebucht wird“ und bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahme „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ entfällt, lasse sich nicht mit der aus Sicht eines beitretenden Gesellschafters erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Ausschüttung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehe.

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Der Kläger beantragt,

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die Forderung der Klagepartei in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. R.- F. Nr... MT C. B. GmbH & Co. Tankschiff KG. beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - H., Az... unter laufender Tabellen- Nr. 298 in Höhe eines Betrages von 10.225,84 € als Hauptforderung im Rang des § 38 InsO festzustellen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte macht geltend, ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch sei nicht gegeben. Die Schuldnerin hätte zu keiner Zeit Gewinn erwirtschaftet, die Ausschüttungen seien aus dem Gesellschaftsvermögen erfolgt und hätten somit die Kommanditeinlage des Klägers unter die eingetragene Haftsumme gedrückt und stellten somit Rückzahlungen im Sinne von § 172 Abs. 4 HGB dar. Der Beklagte hat gegen den streitgegenständlichen Anspruch, dessen Feststellung der Kläger begehrt, die Aufrechnung mit einem gegen den Kläger in nämlicher Höhe bestehenden Hafteinlageanspruch (§ 171 Abs. 1, 2 HGB) erklärt.

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Außerdem macht der Beklagte geltend, dass im Hinblick auf die von ihm geltend zu machende Hafteinlageforderung der Forderung des Klägers der dolo-agit-Einwand entgegenstehe.

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Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Dem Kläger steht ein Rückzahlungsanspruch gegen die Schuldnerin in Höhe von 10.225,84 € im Rang nach § 38 InsO zu.

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Die von dem Kläger auf Aufforderung der Schuldnerin geleistete Rückzahlung des Betrages von 10.225,84 € erfolgte ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Bundesgerichtshof hat dazu in der von den Parteien in Bezug genommenen Entscheidung in entsprechender Fallgestaltung festgestellt, dass in dem Fall, dass einem Kommanditisten auf der Grundlage einer Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag eine Auszahlung geleistet wird, obwohl sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesem Betrag herabgemindert wird, der Kommanditist nur dann zur Rückzahlung an die Gesellschaft verpflichtet ist, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht (Urteil BGH v. 12. 3. 2013, II ZR 73/11, Rn. 10, zitiert nach JURIS). Die in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hatten Gesellschaftsverträge zum Gegenstand, die mit dem hier streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag gleichlautend sind. Der Bundesgerichtshof hat zu diesen festgestellt, dass der Gesellschaftsvertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür enthält, dass die Kommanditisten die Auszahlungen gemäß § 11 Ziffer 3 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags unter dem Vorbehalt einer Rückforderung erhalten haben. Allein aus der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft, dass eine solche Ausschüttung „auf Darlehenskonto gebucht wird“ und bei einem Verzicht des Gesellschafters auf diese Entnahmen „die Bildung einer Darlehensverbindlichkeit“ entfällt, ließe sich nicht mit der aus der Sicht eines beitretenden Gesellschafters erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Ausschüttung unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehe (BGH v. 12. 3. 2013, II /R 73/11, Rn. 15 ff.). Zwar können Zahlungen an den Kommanditisten, durch die sein Kapitalanteil unter die bedungene Einlage herabgemindert oder eine bereits bestehende Belastung vertieft wird, zu einer Haftung nach § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB führen, jedoch betreffen diese Vorschriften ausschließlich die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigerin im Außenverhältnis und nicht das Verhältnis zur Gesellschaft (BGH vom 12. 3. 2013, II ZR 73/11, Rn. 10). Die Schuldnerin war mithin nicht berechtigt, von dem Kläger die Rückzahlung der empfangenen Ausschüttungen zu verlangen; die von dem Kläger geleistete Rückzahlung in Höhe von 10.225,84 € ist deshalb ohne Rechtsgrund im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt.

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Bei dem Anspruch des Klägers aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt es sich um eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO.

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Der Beklagte kann sich gegenüber diesem Anspruch des Klägers nicht mit Erfolg auch die von ihm erklärte Aufrechnung berufen; er kann den Anspruch auch nicht den dolo-agit-Einwand entgegensetzen.

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Der Beklagte hat einen fälligen Anspruch aus §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB auf Einzahlung der Einlage in Höhe von 10.225,84 € nicht dargelegt. Der Beklagte hat dargelegt, dass sich die verwaltete Masse aktuell auf 4.803.314,90 € beläuft und hiervon insgesamt 3.675.795,72 € an die H. N. AG abzusondern sind, so dass ein Betrag in Höhe von 1.127.519,20 € verbleibt. Die Massekosten im Sinne des § 54 InsO belaufen sich nach dem Vorbringen des Beklagten auf insgesamt 147.189,47 €; bei Abzug auch dieses Betrages verbleibt eine zur Verteilung zur Verfügung stehende Masse in Höhe von 980.329,80 €. Demgegenüber stehen Forderungsanmeldungen in Höhe von 366.150,30 €, denen Darlehensansprüche und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Abgabenverbindlichkeiten zugrunde liegen und die nach Auffassung des Beklagten unbedingt anzuerkennen sind. Bei den weiteren angemeldeten Forderungen handelt es sich im Wesentlichen, nämlich in Höhe von insgesamt 4.228.598,62 €, um Forderungen, denen ein, mit dem hiesigen Vortrag des Klägers identischer Sachverhalt zugrunde liegt und die von dem Beklagten bestritten werden.

21

Danach könnten die von dem Beklagten als unbedingt anzuerkennen angesehenen Forderungen im Zuge der Verteilung mit einer Quote von 100 % befriedigt werden, wenn es dem Beklagten gelänge, sämtliche Ansprüche der von Kommanditisten auf Rückgewähr der Ausschüttungen abzuwehren. Bei Zugrundelegung der von dem Beklagten vorgetragenen Zahlen verbliebe jedoch ein nicht unerhebliches Masseguthaben, welches zur Verteilung an die Kommanditisten der Schuldnerin, die von ihnen geleistete Rückzahlungen als Forderungen gemäß § 38 InsO angemeldet haben zur Verfügung stünde. Bereits hieraus ergibt sich zwanglos, dass der von dem Beklagten zur Aufrechnung gestellte Hafteinlagenanspruch aus §§ 171 Abs. 1, 174 Abs. 4 HGB nicht die Höhe des dem Kläger zustehenden Rückzahlungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 BGB erreicht.

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Bei dieser Überlegung fand der Umstand, dass nicht alle Kommanditisten der Schuldnerin Rückzahlungen auf die erhaltenen Ausschüttungen geleistet haben, zunächst keine Berücksichtigung. Der Beklagte selber trägt hierzu vor, dass sich bei erfolgreichem Forderungseinzug der ausstehenden Haftungseinlagen im Sinne der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB die Insolvenzmasse auf 3.051.131,10 € erhöhen würde. Folgerichtig erscheint es, die Rückzahlungsansprüche zunächst zur Tabelle festzustellen und sodann die ausstehenden Hafteinlagen, in der dann bezifferbaren Höhe einzufordern. Erst dann und auf der Basis der sich ergebenden Quote wäre im Rahmen der Verteilung eine Aufrechnung mit der von dem Kläger gem. §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB geschuldeten Hafteinlage möglich.

23

Folglich kann der Beklagte der Bereicherungsforderung des Klägers auch nicht den dolo-agit- Einwand entgegensetzen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgt aus § 709 ZPO und berücksichtigt eine Aussicht auf eine Quote von etwa 50 % im Insolvenzverfahren.

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