Beschluss vom Landgericht Hamburg (24. Zivilkammer) - 324 O 268/16
Tenor
I.
Den Antragsgegnern wird im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,--, und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000;--; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
untersagt,
1. durch die Berichterstattung:
„Seine Eltern unterschreiben eine Einverständniserklärung, acht Seiten Text. Darin geht es um die Krankheit, die Gefahren und Möglichkeiten der Gentherapie, selbst um die Versicherung. Auch die Alternative, fremde Stammzellen zu transplantieren, wird darin erläutert, allerdings nur in wenigen Zeilen. M. Eltern entscheiden sich für die neue Gentherapie.
[…]
S. H. sagt heute, K. habe sie vor der Gentherapie durchaus über die Möglichkeit informiert, Spender für T. zu finden; sein Zwillingsbruder sei geprüft worden, er habe nicht gepasst.
[…]
Unklar ist, ob K. allen Eltern so deutlich wie den H.s gesagt hat, dass mit einem Spender eine Alternative zur Gentherapie zur Verfügung stünde – oder ob diese Möglichkeit erst später breit diskutiert wurde. Über den Patienten Nummer drei, bei dem die Gentherapie nicht wirkte, schreibt er in einem Brief an das H. C. T. C.: 'Nachdem eine erneute Gentherapie nicht möglich war', sei 'eine Stammzellentransplantation als therapeutische Option den Eltern vorgestellt' worden.“,
den Verdacht zu erweckten und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
Professor K. habe den Eltern des „Patienten Nummer drei“ (sc. M.) vor deren Entscheidung zur Durchführung der Gentherapie nicht persönlich die in der schriftlichen Einverständniserklärung vorgestellte Behandlungsalternative, fremde Stammzellen zu transplantieren, erläutert
2. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
„Den Akten nach nehmen also zehn Kinder an der Studie teil, de facto erhalten aber nur neun die vollständige Gentherapie.“
3. ...
4. durch die Berichterstattung:
„F. ist einer der berühmtesten Kinderärzte Frankreichs. 1999 gelang ihm eine Sensation bei der Krankheit SCID, einer Krankheit, die WAS nicht unähnlich ist.
[…]
F. bekämpfte SCID erfolgreich mit einer Gentherapie.
[…]
K. aber sagt, in Anbetracht der vielen ethischen Argumente in die eine oder andere Richtung habe man sich damals entschlossen, 'die Frage der Verfügbarkeit eines allogenen Stammzellenspenders nicht in die Einschlusskriterien aufzunehmen'. Sein Team habe vor der Gentherapie jeweils lediglich geprüft, ob ein passendes Familienmitglied als Spender zur Verfügung steht.
[…]
K.s Erklärungen sind ausführlich. Reichen sie als Begründung für sein Vorgehen? Selbst K.s Doktorvater A. F. glaubt das nicht. Für seine eigene Studie, die K.s Studie sehr ähnlich war, habe er alle Kinder mit einem in allen zehn Punkten passenden Spender ausgeschlossen: 'Niemals hätte ich ein Kind mit einem passenden Spender in meine Studien aufgenommen.' Er sei 'überrascht', sagt F., dass K. sich an diesen Standard nicht gehalten habe.“
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
in der SCID Gentherapie Studie von A. F. seien nicht nur Kinder mit einem in allen zehn Punkten passenden Familienspender, sondern auch Kinder mit einem in allen zehn Punkten passenden, nicht verwandten Spender ausgeschlossen gewesen;
5. ....;
6. durch die Berichterstattung:
„Wollte K. nicht genau dort hin, an die Grenzen der Kindermedizin? Er hat sie jedenfalls über Jahre hinweg ausgelotet. Bereits als in Paris immer mehr Kinder an Krebs erkrankten, spitzte sich in seiner Studie die Lage zu. Im Januar 2008 warnt eine Mitarbeiterin des P.-E.-Instituts schriftlich: Unter Berücksichtigung der Fälle bei den 'gentherapeutisch behandelten Kindern in Frankreich und den neu aufgetretenen Leukämiefall in England, erscheint eine erneute Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich'. C. K. schreibt damals zurück, er sehe 'grundsätzlich keine neuen Aspekte hinsichtlich des Nutzen-Risiko-Profils unserer Studie'.
Zu diesem Zeitpunkt sind erst zwei Kinder behandelt. Unter den acht, die K. nach dieser Warnung behandeln wird, sind auch die drei, die sterben werden.
Es ist aber nicht so, dass K. auf die Krankheitsfälle der Studien aus London und Paris überhaupt nicht reagiert. Im Dezember 2008 schreibt er in einem Brief an die Ethikkommission: 'Wie Sie wissen, sind im Rahmen von zwei anderen Gentherapiestudien unerwünschte Nebenwirkungen aufgetreten.' Ausdrücklich erwähnt er die Krebsfälle in den Studien in Paris und London. Er ändert das Therapieprotokoll, ein weiteres offizielles Schriftstück der Studie. In dem Protokoll steht, wie die Patienten überwacht werden: Künftig soll das Knochenmark der Patienten alle sechs statt 'wie bisher alle zwölf Monate' untersucht werden.“,
den Eindruck zu erwecken und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
die Nutzen-Risiko-Bewertung der Gentherapie durch Professor K. habe zu keinen weiteren Konsequenzen geführt als die Erhöhung der Häufigkeit der Knochenmarksuntersuchungen von zwölf auf alle sechs Monate;
7. durch die Berichterstattung:
„Wie genau es zur Genehmigung der Studie in der Ethikkommission der medizinischen Hochschule Hannover kam, darüber entstehen im Lauf unserer Recherchen unterschiedliche Versionen. Ob K. zum Beispiel während der Abstimmung über seine Studie am 15. Februar 2005 im Raum blieb, sagt Tr., wisse er nicht mehr. K. selbst verneint das, auch wenn er gar nicht gefragt wird. In einer E-Mail schreibt Tr. noch, K. sei 'an der Entscheidung beteiligt' gewesen – also nicht nur an der Beratung. Das wäre laut Christian Pestalozza ein klarer rechtlicher Verstoß. Im offiziellen Protokoll der Sitzung, in der die Studie beraten wurde, ist K. ebenfalls als Teilnehmer aufgeführt, nicht aber in der Liste derjenigen, die laut Protokoll an 'der Beratung des Antrages mitgewirkt' haben. Am Ende ist es wohl gar nicht so wichtig. Man kannte sich, man verstand sich, man schätzte sich. Der Entschluss der Expertenrunde fiel einstimmig.“
den Verdacht zu erwecken und/oder erwecken zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
der Antragsteller sei an der Entscheidung / Abstimmung der Ethikkommission über seine Studie beteiligt gewesen.
jeweils wenn dies geschieht wie in der Berichterstattung mit der Überschrift „Arzt ohne Grenzen“ vom ...2016, S. Z. M., S. 16 ff., Heft .../2016.
II.
Von den Kosten des Verfahrens haben der Antragsteller 38 % und die Antragsgegner je 31 % zu tragen (§§ 92, 269 ZPO)
III.
Der Streitwert wird auf € 160.000,-- festgesetzt.
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