Urteil vom Landgericht Hamburg (19. Zivilkammer) - 319 O 181/15

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kooperations- und Dienstleistungsvertrag vom 25.02.2014 über den 25.06.2015 hinaus fortbesteht.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Fortbestand eines Kooperations- und Dienstleistungsvertrages.

2

Der Kläger ist im Bereich der Vermarktung von Persönlichkeitsrechten und gewerblichen Schutzrechten im Sportbereich tätig. Der Profifußballspieler J. B. gründete die Beklagte und übertrug ihr seine vermarktungsfähigen Persönlichkeitsrechte sowie weitere persönliche und gewerblichen Schutzrechte. Die Parteien schlossen am 25.02.2014 einen Kooperations- und Dienstleistungsvertrag, Anlage K 1. Der Kläger sollte weltweit und exklusiv die vertragsgegenständlichen Rechte in Abstimmung mit der Beklagten vermarkten, §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages.

3

Anfang Mai versuchte zunächst der Geschäftsführer der Fa. S. S. – S. A. M. GmbH, und am 22.5.2015 der Beklagtenvertreter vergeblich eine einvernehmliche Aufhebung des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages mit dem Kläger zu erreichen. Der Kläger bat mit Schreiben vom 1.6.2015 (Anlage K 2) den Beklagtenvertreter um Mitteilung, wen er in dieser Angelegenheit vertrete. Eine Antwort erhielt er darauf nicht. Mit Schreiben vom 25.6.2016 (Anlage K 3) kündigte der Sozius des Beklagtenvertreters den zwischen den Parteien geschlossenen Kooperations- und Dienstleistungsvertrag aus wichtigem Grund fristlos. Der Kündigung war eine Vollmacht beigefügt. Der Kläger wies mit Schreiben vom 30.6.2015 (Anlage K 4) die Kündigung wegen fehlender Vorlage einer Originalvollmacht nach § 174 BGB zurück.

4

Der Kläger trägt vor, die Kündigung vom 25.06.2015 sei unwirksam. Der Kläger habe die Kündigungserklärung wirksam gemäß § 174 BGB zurückgewiesen. Das Schriftformerfordernis gemäß § 11 Abs. 3 des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages sei nicht eingehalten worden. Außerdem habe kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB vorgelegen. Er habe diverse Vermarktungstätigkeiten im Interesse der Beklagten entfaltet. Er habe Kontakt zu Werbeagenturen und Unternehmen zum Zweck der potentiellen Vermarktung aufgenommen. Ein Vertragsabschluss mit der Fa. W. GmbH sei an der Ablehnung der Beklagten gescheitert. Der Kläger habe nach dem Ausscheiden des Herrn S. als Geschäftsführer der Beklagten mehrfach erfolglos versucht, die Beklagte zu kontaktieren und die weitere Strategie zu besprechen.

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Der Kläger beantragt,

6

wie erkannt -.

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Die Beklagte beantragt

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Klagabweisung.

9

Die Beklagte trägt vor, die Kündigung sei wirksam. Die Zurückweisung der Kündigung wegen fehlender Vollmacht sei unbegründet. Die fristlose Kündigung sei gemäß § 627 BGB erfolgt, ohne dass es eines wichtigen Grundes bedurfte.

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Dem Kläger sei es nicht gelungen, auch nur einen einzigen Vermarktungserfolg zu erzielen. Dem Kläger sei im Auftrag der Beklagten im Mai 2015 mitgeteilt worden, dass die Beklagte mit der Leistung des Klägers unzufrieden sei und habe den Kläger aufgefordert, seine Vermarktungsbemühungen nachzuweisen. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen. Die Beklagte habe sich entschlossen, den Vertrag mit dem Kläger zu beenden. Bei einem Treffen mit dem Geschäftsführer der Beklagten P. B. am 20.06.2015 habe der Beklagtenvertreter den falschen Betreff bemerkt. Aus Zeitgründen sei die Vollmacht handschriftlich ergänzt worden. Der Geschäftsführer der Beklagten B. habe dies mit einer Paraphe gegengezeichnet.

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Unzumutbar sei das Festhalten an dem Vertrag auch im Hinblick auf die zum Kündigungszeitpunkt noch bestehende Restlaufzeit von 18 Monaten.

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Das Gericht hat die Geschäftsführer der Beklagten Herrn P. B. und Frau M. B. nach § 141 ZPO angehört. Wegen ihrer Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.09.2016 (Bl. 83 ff. GA) Bezug genommen.

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Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Feststellung zu, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kooperations- und Dienstleistungsvertrag über den 25.06.2015 hinaus fortbesteht.

I.

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Der Feststellungsantrag ist zulässig. Das Feststellungsinteresse liegt vor. Die Beklagte hat den zwischen den Parteien geschlossenen Kooperations- und Dienstleistungsvertrag außerordentlich und fristlos durch Schreiben vom 25.06.2015 gekündigt und beruft sich auf die Wirksamkeit der Kündigung. Dadurch besteht für den Kläger eine Unsicherheit über den Bestand des Vertrages. Die Feststellungsklage ist auch nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage, da es dem Kläger gegenwärtig noch nicht möglich ist, vertragliche Provisions- oder Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu beziffern.

II.

16

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Die am 25.06.2015 ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, was zur Folge hat, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kooperations- und Dienstleistungsvertrag vom 25.02.2014 weiterhin fortbesteht.

1.

17

Die Kündigung ist bereits formell unwirksam, da der Kläger die Kündigungserklärung wirksam mit Schreiben vom 30.6.2015 wegen einer fehlenden wirksamen Vorlage einer Originalvollmacht nach § 174 BGB zurückgewiesen hat. Nach § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmacht nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Der Nichtvorlage einer Vollmacht steht es gleich, wenn der Bevollmächtigte zwar eine Vollmachtsurkunde vorlegt, diese aber nicht zur Abgabe der im Streit stehenden einseitigen Willenserklärung berechtigt. Der Empfänger kann sie in gleicher Weise nach § 174 S. 1 BGB zurückweisen (BAG AP Nr. 3 zu § 174 BGB).

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Die der Kündigung beigefügte Vollmacht vom 20.06.2015 enthält keine Bevollmächtigung beider Geschäftsführer der Beklagten zur Kündigung des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages. Die dem Kündigungsschreiben beigefügte Vollmacht erfasste nicht eindeutig die Kündigung des streitgegenständlichen Kooperations- und Dienstleistungsvertrages. Sie enthält weder einen Betreff und noch eine anfängliche und durch beide Vollmachtgeber legitimierte Verwendung gegen den Kläger. Nach ihrem Wortlaut erfolgte sie nur „in Sachen N. S. und S. & R.“. Daneben befindet sich zwar noch ein handschriftlicher Zusatz „und O. S.“ nebst einem Unterschriftskürzel. Der handschriftliche Zusatz wurde durch den Beklagtenvertreter angebracht. Die Abzeichnung des handschriftlichen Zusatzes erfolgte aber lediglich von dem Geschäftsführer der Beklagten P. B.. Die Geschäftsführerin der Beklagten M. B. hatte die Vollmacht vor Anbringung dieses Zusatzes unterzeichnet. Dies steht nach der Anhörung der Geschäftsführer der Beklagten zur Überzeugung des Gerichtes fest. Die Geschäftsführerin M. B. hat erklärt, dass sie die Vollmacht vor Anbringen des handschriftlichen Zusatzes unterzeichnet hat. Bei dem Treffen mit dem Beklagtenvertreter sei sie nicht dabei gewesen. Ihr sei hinterher mündlich mitgeteilt worden, dass die Vollmacht noch einmal geändert werden musste. Sie habe gewusst, dass ihr Exmann und der Beklagtenvertreter die Angelegenheit korrekt regeln würde. Die Vollmacht in der geänderten Form habe sie nicht noch einmal gesehen. Der Zusatz entspreche aber ihrem Willen.

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Rechtsfolge der Zurückweisung ist unabhängig vom Bestehen der Vollmacht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts, nicht nur schwebende Unwirksamkeit (BAG NZA 2005, 1207 2007, 377; Staudinger/Schilken (2014) BGB § 174 Rz. 10). Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus, da die Unwirksamkeit auf der Zurückweisung durch den Erklärungsempfänger beruht (Staudinger/Schilken aaO MünchKomm/Schramm § 174 Rn 11), es ist vielmehr eine Neuvornahme erforderlich (Staudinger/Schilken aaO).

20

Die Zurückweisung erfolgte auch unverzüglich mit Schreiben vom 30.06.2015.

21

Soweit der Kläger zusätzlich die Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 11 Abs. 3 des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages gerügt hat, der Schriftform und den Zugang mittels Einschreiben/Rückschein oder Telefax vorsieht, ist dies unerheblich. Die Vertragsklausel entfaltet keine über das Schriftformerfordernis hinausgehende konstitutive Wirkung im Sinne von § 125 S. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. Vom 21.01.2004 – XII ZR 214/00, juris). Die Abrede zum Versand soll lediglich den Zugang der Kündigungserklärung sichern. Die Beklagte durfte einen Übermittlungsweg von gleicher oder höherer Sicherheit wählen. Die persönliche Übergabe durch einen Boten ist ebenso sicher wie die im Vertrag genannten Zustellungsformen gewesen, zumal zum damaligen Zeitpunkt aufgrund eines Streiks bei der Post die Postzustellung nicht gesichert war.

2.

22

Im Übrigen ist die erklärte außerordentliche Kündigung auch in der Sache nicht wirksam.

a)

23

Es lag kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB vor. Nach § 626 BGB kann das Dienstverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Kündigung kann nach § 626 Abs. 2 BGB nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den Kündigungsgründen Kenntnis erlangt. Einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB haben die Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Die Anhörung der Geschäftsführer der Beklagten hat zur Überzeugung des Gerichtes ergeben, dass die Kündigungsgründe nur vorgeschoben wurden, um sich von dem Vertrag zu lösen. Die Geschäftsführerin M. B. hat erklärt, es sei damals klar gewesen, dass sie sich von jemandem trennen, der mit Herrn S. zusammengearbeitet hatte, denn sei seien mit Herrn S. nicht im Guten auseinandergegangen. Ihr sei mitgeteilt worden, dass der Kläger mit Herrn S. zusammengearbeitet habe. Dies sei der Hauptgrund für die Kündigung gewesen. Frau B. hat klar zum Ausdruck gebracht, dass die Zusammenarbeit des Klägers mit Herrn S. der Grund für die Kündigung war. Herr S. war zuvor im April 2015 als Geschäftsführer der Beklagten abberufen worden. Die Beklagte wollte also einen Neuanfang was die Beratung und Vermarktung des Fußballspielers J. B. anging. Dazu musste man sich auch von dem Vertrag mit dem Kläger lösen. Da die Auflösungsbestrebungen der Beklagten im Mai 2015 nicht erfolgreich verlaufen waren, wurde dann im Juni 2015 die Kündigung erklärt. Beide Geschäftsführer der Beklagten kannten den Kläger zuvor nicht, ihnen musste auch erst einmal die Funktion des Klägers erläutert werden, da zuvor Herr S. sich um die Vermarktung gekümmert hatte.

24

Die jetzt im Nachhinein behaupteten wichtigen Gründe im Sinne von § 626 BGB lagen zum Zeitpunkt der Kündigung nicht vor.

25

Im übrigen wäre die Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB verfristet. Die Beklagte hatte sich schon im Mai 2015 an den Kläger gewandt, um den Kooperations- und Dienstleistungsvertrag aufzulösen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sind der Beklagten die Kündigungsgründe bekannt gewesen. Da die Kündigung erst am 20.06.2015 ausgesprochen wurde, waren die zwei Wochen bereits abgelaufen.

26

Die Unzumutbarkeit am Festhalten des streitgegenständlichen Vertrages folgt auch nicht aus der restlichen Vertragsdauer bis 31.12.2016. Die Beklagte hatte zuvor die Möglichkeit, den Vertrag mit Wirkung zum 31.12.2014 zu kündigen. Hiervon hat die Beklagte jedoch keinen Gebrauch gemacht.

b)

27

Die fristlose Kündigung kann nicht auf § 627 BGB gestützt werden. Nach § 627 BGB ist bei einem Dienstverhältnis die Kündigung auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig, wenn der zur Dienstleistung Verpflichtete Dienste höherer Art auf Grund besonderen Vertrauens zu leisten hat, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen. Die Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist schon fraglich, ob die Tätigkeit des Klägers als Erbringung Dienste höherer Art anzusehen ist. Jedenfalls haben die Parteien die Kündigungsmöglichkeit nach § 627 BGB konkludent ausgeschlossen.

28

Dies ist grundsätzlich möglich, wenn der entsprechende Wille der Parteien deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Aus der Vereinbarung einer bestimmten Dienstzeit von längerer Dauer allein kann dies noch nicht gefolgert werden. Hinzukommen muss ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Durchführung der Vereinbarung (BGH NJW-RR 91, 439). Die Vertragsgestaltung spricht dafür, dass eine möglichst feste Bindung gewollt war. Der Vertrag konnte erstmalig zum 31.12.2014 gekündigt werden. Danach sollte er sich automatisch um zwei Jahre bis 31.12.2016 verlängern und anschließend jeweils um ein weiteres Jahr, sofern keine Kündigung erfolgen sollte. Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Kläger allein auf Provisionsbasis seine Leistungen erbringen sollte. Er hatte ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, Vermarktungserfolge zu erzielen. Ihm sollte deshalb nicht durch eine fristlose Kündigung die Möglichkeit genommen werden, ein angebahntes Geschäft abzuschließen und Provision zu verdienen. § 10 Ziff. 1 Abs. 11 des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages steht dem nicht entgegen, denn nach Abs. 9 dieser Regelung setzt die Entstehung eines Provisionsanspruches den Abschluss eines Vertrages mit einem Sponsoren für den Spieler J. B. voraus. Abs. 11 betrifft den Fall, dass die Zahlung der Provision im Falle eines bereits erfolgreichen Vertragsabschlusses erst nach Beendigung des Kooperations- und Dienstleistungsvertrages erfolgt. Der Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung durch fristlose Kündigung wird davon gerade nicht umfasst. Nach § 7 des streitgegenständlichen Vertrages war eine weltweite Exklusivität für die Zusammenarbeit vereinbart worden. Bis zum 31.12.2014 hatte der Kläger zugesagt, keinen weiteren Fußballspieler neben J. B. zu vermarkten. Auch dies spricht dafür, dass eine möglichst feste Bindung gewollt war. Schließlich war der Vertragserfolg auch davon abhängig, dass dem Beklagten eine längere Zeit für seine Bemühungen eingeräumt wurde

III.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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