Urteil vom Landgericht Hamburg (33. Zivilkammer) - 333 S 45/16

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 03.11.2016, Az. 714 C 23/15, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.743,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 159,21 € für die Zeit vom 6. Dezember 2013 bis zum 20. Januar 2016, auf einen Betrag von 655,58 € für die Zeit vom 6. Dezember 2014 bis zum 20. Januar 2016, auf einen Betrag in Höhe von 962,08 € seit dem 6. Dezember 2014 und auf einen weiteren Betrag von 587,10 € seit dem 06.06.2015 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 3/4 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/4 zu tragen; die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.331,13 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin begehrt den Ausgleich von Mietrückständen nach einer Modernisierungsmieterhöhung. Das Amtsgericht hat die Beklagten ganz überwiegend, nach Abzug zweier zur Aufrechnung gestellten Guthaben aus den Nebenkostenabrechnungen 2013 und 2014, zur Zahlung der von der Klägerin geltend gemachten Mietzinsansprüche, in Höhe von 6.074,59 €, verurteilt.

2

Mit der Berufung wenden sich die Beklagten nunmehr noch gegen die Modernisierungsmieterhöhung, soweit sie die Komplexe

3

- Heizung und Warmwasserversorgung
- Außenanlagen und
- Bäder

4

betrifft.

5

Die Beklagten beantragen,

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unter Abänderung des am 3. November 2016 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek die Klage in Höhe von 4.331,13 € abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf die Darstellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

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Die Berufung der Beklagten ist begründet.

11

Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete gemäß dem Erhöhungsverlangen vom 29. November 2012 über den von den Beklagten zugestandenen Betrag in Höhe von monatlich 144,90 € zu.

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Gemäß § 559 Abs. 1 BGB kann der Vermieter die jährliche Miete um 11% der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen, wenn er Modernisierungsmaßnahmen im Sinne § 555b Nr. 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB durchgeführt hat, d.h. bauliche Veränderungen, die zu einer nachhaltigen Ersparnis von Endenergie führen, den Wasserverbrauch nachhaltig reduzieren, den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen oder die aufgrund von nicht von dem Vermieter zu vertretenen Umständen durchgeführt werden und die keine Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 555a BGB sind.

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In formeller Hinsicht werden an das Erhöhungsverlangen hohe Anforderungen gestellt, es muss eine nachvollziehbare Berechnung, eine hinreichende Erläuterung des angegebenen Verteilungsschlüssels und nachvollziehbare Angaben zu den abgesetzten Kostenanteilen für Instandsetzungen enthalten, wobei die Angabe einer (nachvollziehbaren) Quote genügen kann. Die Erklärung muss so ausgestaltet sein, dass eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages ohne besondere Kenntnisse und ohne Einsicht in die Belege möglich ist. Ausgangspunkt ist dabei jeweils die Angabe der Gesamtkosten.

14

Das Erhöhungsverlangen der Klägerin vom 29. November 2012 (Anlage K1) genügt den vorgenannten Anforderungen in formeller Hinsicht nicht.

15

In Bezug auf den Komplex „Heizung und Warmwasserversorgung“ fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Angabe zu den abgesetzten Kostenanteilen, zumal das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin widersprüchlich ist. In Bezug auf die Heizung hat die Klägerin in dem Mieterhöhungsverlangen vom 29. November 2012, ebenso wie in der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme vom 30. April 2010 (Anlage B2), die Instandsetzungskosten mit 11.000,- €, entsprechend 10% der Gesamtkosten angegeben. Mit Schriftsatz vom 11. November 2015 hat die Klägerin sodann vorgetragen, dass gar kein Instandsetzungsbedarf bestanden hätte und es sich bei dem Abzug in Höhe von 10% der angefallenen Kosten lediglich um einen Kulanzabzug gehandelt habe.

16

Die Angabe der Quote in Höhe von 10% bezogen auf die Kosten für die Heizungsanlage ist nicht nachvollziehbar. Soweit es sich dabei um eine Schätzung handelt, ist diese nur dann zulässig, wenn die Erhaltungskosten nicht eindeutig oder leicht ermittelt werden können (Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 559b Rn. 18). Hierfür bestehen keine Anhaltspunkte. Ebenso ist aus dem Erhöhungsverlangen nicht ersichtlich, dass der Abzug der Instandsetzungskosten lediglich vorsorglich und widerruflich erfolgt sein könnte.

17

Im Hinblick auf den Komplex „Warmwasserversorgung“ genügt das Mieterhöhungsverlangen den Anforderungen ebenfalls nicht. Insoweit fehlt es bereits an Vorbringen dazu, dass es sich überhaupt um eine Modernisierungsmaßnahme gehandelt hat. Der Anschluss an eine zentrale Warmwasserversorgung stellt keine verbessernde Modernisierung dar, wenn die Wohnung - wie vorliegend - einen Durchlauferhitzer hatte (Schmidt-Futterer, aaO, § 555b Rn. 43).

18

Im Übrigen fehlt es auch an der erforderlichen Angabe der Gesamtkosten. Nach dem Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 11. November 2015 sind u.a. die Kosten für den neuen Warmwasserkessel vorweg im Verhältnis der Bestandswohnungen zu den neu geschaffenen Wohnungen aufgeteilt worden, so dass lediglich eine anteilige Belastung der Bestandsmieter im Rahmen der Modernisierungsmieterhöhung erfolgt ist. Dem Mieterhöhungsverlangen ist dieser Umstand indes nicht zu entnehmen; ohne Einsicht in die Belege ist den Beklagten eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages somit aufgrund fehlender Angabe der Gesamtkosten nicht möglich.

19

In Bezug auf den Komplex „Außenanlagen“ fehlt es bereits an der Darlegung einer Verbesserung und Komforterhöhung und damit einer Modernisierung. Die Darstellung der nunmehr errichteten Außenanlagen und deren Bestandteilen genügt insoweit nicht, zumal die Außenanlagen im Zuge der Aufstockungen und des Neubaus naturgemäß in Mitleidenschaft mit der Folge eines entsprechenden Instandsetzungsbedarfs gezogen worden sein dürften. Entsprechend ist ausweislich der Schlussrechnung der Z.F. GmbH vom 16. April 2012 (Anlage K11) und den dortigen handschriftlichen Bemerkungen auf Seite 16 wiederum eine Aufteilung der Kosten auf die Bestandswohnungen und die neu gebauten Wohnungen erfolgt. Von den so aufgeteilten Kosten sind sodann 60% (97.848,09 € netto, entsprechend 16.439,23 € brutto) als „Anteil allgemeine Außenanlagen“ in die Berechnung der Modernisierungsmieterhöhung eingestellt worden. Dem Mieterhöhungsverlangen ist jedoch weder die Aufteilung auf Bestand und Neubau noch der weitere Abzug von 40% zu entnehmen, so dass das Verlangen auch insoweit formell unwirksam ist. Hinzu tritt, dass selbst bei Einsichtnahme in der Belege die Berechnung nicht nachvollziehbar ist, weil der „Anteil allgemeine Außenanlagen“ in Höhe von 60% keinerlei Erläuterung erfährt.

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In Bezug auf den Komplex „Bäder“ fehlt es ebenso an der Darlegung, dass eine Modernisierungsmaßnahme vorgelegen hat. Die Vergrößerung eines Badezimmers auf Kosten einer separaten Toilette stellt keine Wohnwertverbesserung dar (Schmidt-Futterer, § 555b Rn. 104), sondern der umgekehrte Umstand (Aufteilung der Sanitärfläche in gesondertes WC und Badraum). Ebenso stellt die Erneuerung der Sanitäreinrichtungen keine Wertverbesserung dar, zumal das Badezimmer nach dem Vorbringen der Beklagten, welchem die - insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin - mit einfachem Bestreiten und damit nicht hinreichend entgegen getreten ist, bereits mit einer Spülstopp-Einrichtung der WC-Anlage, einem Einhebelmischer und einer Abluftanlage ausgestattet war.

21

Darüber hinaus fehlt es auch hinsichtlich der Bäder an einer nachvollziehbaren Erläuterung des insoweit aufgeführten Instandsetzungsanteils von 25%. Dass die Erhaltungskosten nicht eindeutig oder leicht hätten ermittelt werden können, ist nicht ersichtlich.

22

Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

23

Unter Zugrundelegung einer Istmiete von 584,70 € im Zeitraum vom August 2013 bis einschließlich Januar 2014 sowie einer Istmiete von 639,60 € im Zeitraum vom Februar 2014 bis einschließlich Juni 2015 und einer Sollmiete von 769,83 € (ursprüngliche Kaltmiete 412,70 € zzgl. Modernisierungserhöhung in Höhe von 144,90 € zzgl. Heiz- und Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 212,23 € - wie von dem Amtsgericht festgestellt) bis einschließlich Dezember 2014 ist der verbleibende Differenz-Mietzinsanspruch durch die von der Klägerin erklärte Aufrechnung mit dem Guthaben der Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2013 in Höhe von 766,44 € bis einschließlich November 2013 sowie einen anteiligen Betrag der Dezembermiete 2013 in Höhe von 25,92 € erloschen, so dass zunächst ein ab dem 6. Dezember 2013 zu verzinsender Betrag in Höhe von 159,21 € verblieben ist.

24

Dieser ist sodann, ebenso wie die verbliebenen Differenz-Mietzinsansprüche für den Zeitraum von Januar bis April 2014 sowie einen anteiligen Betrag in Höhe von 97,76 € durch die mit Schriftsatz vom 20. Januar 2016 erklärte Aufrechnung mit dem Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2014 (814,79 €) erloschen; der verbleibende Betrag (ab Februar 2015 Sollmiete 728,04 € und Istmiete 639,60 €) ist weiter entsprechend zu verzinsen.

25

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der ersten Instanz folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Kostenentscheidung hinsichtlich des Berufungsverfahrens folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

26

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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