1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 - 1 C 139/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Das Berufungsgericht nimmt zunächst Bezug auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 (§§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zweifel an der Richtigkeit und / oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen durch das Gericht erster Instanz bestehen nicht. Neue Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) wurden im Berufungsrechtszug nicht geltend gemacht.
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Auf der Grundlage der vom Gericht erster Instanz festgestellten Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist das angefochtene, die Räumungsklage abweisende Urteil vom 23.05.2002 im Ergebnis zu bestätigen. Das beruht auf folgenden Erwägungen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO):
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1. Der Berufung der Klägerin ist zunächst zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass ihr als Vermieterin ein Recht zur ordentlichen Kündigung des am 06.06.1986 geschlossenen Mietvertrages gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 2 Nr. 1 BGB zusteht. Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Vermieter ein Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anzunehmen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind vorliegend sämtlich erfüllt. Die Beklagte als Mieterin ist mit dem Ausgleich von Nebenkostennachforderungen für die Jahre 1995 bis 1999 in Höhe von EUR 5.252,66 (DM 10.273,31) im Rückstand. Der Nebenkostenrückstand übersteigt die Summe von zehn Monatsmieten. Dies stellt eine erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten dar. Die Beklagte hat das Bestehen des Nebenkostenrückstands der Höhe nach nicht in Abrede gestellt. In Bezug auf fehlendes Verschulden hat sie nichts vorgetragen.
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2. Der Berufung der Klägerin ist auch darin zuzustimmen, dass eine Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin nicht aufgrund der Vorschrift des § 112 InsO ausgeschlossen ist.
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a) Nach § 112 InsO kann der Vermieter ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Wird die nach dem Eröffnungsantrag fällig werdende Miete oder Pacht nicht vertragsgemäß gezahlt, steht § 112 InsO einer Kündigung des Vertragsverhältnisses nach den allgemeinen Regeln nicht entgegen (BGHZ 151, 353 Leitsatz 5).
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b) Eine Nebenkostennachforderung wird, sofern die Parteien nichts anderes ausdrücklich vereinbart haben, erst mit der Erteilung einer nachprüfbaren Abrechnung zur Zahlung fällig (BGHZ 113, 188 (194); BGH WM 1982, 132 f.). Vor Fälligkeit kann Verzug nicht eintreten.
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c) Daraus folgt, dass § 112 Nr. 1 InsO im vorliegenden Fall selbst dann nicht einschlägig ist, wenn man Nebenkostennachforderungen unter "Miete oder Pacht" im Sinne dieser Vorschrift subsumiert. Denn von Seiten der Klägerin sind der Beklagten die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1995-1999 erst mit Schreiben vom 01.10.2000 übersandt und danach an den Treuhänder weitergeleitet worden, während der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Seiten der Beklagten bereits vor dem 21.03.2000 gestellt worden war. Die Nebenkostennachforderungen sind daher - und in Ermangelung einer von den Parteien ausdrücklich getroffenen, hiervon abweichenden Fälligkeitsabrede - erst nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden. Verzug "mit der Entrichtung der Miete oder Pacht" kann somit erst nach Stellung des Eröffnungsantrags und nicht "in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag" eingetreten sein. Eine Kündigungssperre nach § 112 InsO besteht demzufolge vorliegend nicht.
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Zum selben Ergebnis gelangte man, wenn man in Übereinstimmung mit der von der Beklagten vorgetragenen Rechtsansicht die Vorschrift des § 41 Abs. 1 InsO für einschlägig hielte, nach welcher nicht fällige Forderungen als fällig gelten. In diesem Falle wären die Nebenkostennachforderungen - arg.: § 41 Abs. 2 Satz 2 InsO ("... für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur ...") u. § 35 InsO ("... zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens ...") - mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe am 21.03.2000 fällig geworden, nicht aber in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag. Infolgedessen wäre selbst bei Anwendung des § 41 Abs. 1 InsO Verzug mit der Entrichtung der Miete nicht "in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag" eingetreten, weswegen die Kündigungssperre des § 112 InsO auch dann nicht zur Anwendung gelangte.
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d) Die Vorschrift des § 112 InsO enthält Kündigungsbeschränkungen für die Zeit zwischen dem Eröffnungsantrag und der Verfahrenseröffnung (Hess / Weis / Wienberg, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 112 InsO, Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das Mietverhältnis jedoch nicht in der Zeit zwischen dem Eröffnungsantrag und der Verfahrenseröffnung gekündigt. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten war, wie bereits erwähnt, bereits durch Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21.03.2000 eröffnet worden, während das Kündigungsschreiben vom 12.12.2001 datiert. Eine Kündigungssperre nach § 112 InsO besteht vorliegend somit auch aus diesem Grunde nicht.
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3. Das die Räumungsklage abweisende Urteil des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 erweist sich im Ergebnis jedoch gleichwohl als zutreffend. Ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet und ein Treuhänder bestellt (§§ 313, 292 InsO), ist eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter nämlich nicht gegenüber dem Mieter / Schuldner, sondern gegenüber dem Treuhänder zu erklären, der die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt (ebenso Eichner WuM 1999, 260 (262)). Auch der Räumungstitel ist gegen den Treuhänder zu erwirken (Eichner, a. a. O.). Das ergibt sich aus der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Insolvenzverwalters betrauten Treuhänders (§§ 80 Abs. 1, 108 f., 148, 304 Abs. 1 Satz 1, 313 InsO), die sich auch auf den Mietvertrag über die Wohnung des Schuldners erstreckt (vgl. OLG Köln ZIP 2001, 1422 (1427); Eckert, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 108 InsO, Rn. 40). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Kündigung vom 12.12.2001 jedoch nicht gegenüber dem - bereits durch den vorgenannten Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21.03.2002 bestellten - Treuhänder (§ 313 InsO), sondern gegenüber der Beklagten persönlich erklärt. Außerdem hat die Klägerin ihre Räumungsklage nicht gegen den Treuhänder, sondern gegen die Beklagte gerichtet. Es mangelt folglich an einer wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses. Außerdem fehlt es an der Passivlegitimation der Beklagten.
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Aus diesen Gründen ist das auf Abweisung der Räumungsklage lautende Urteil der Vorinstanz vom 23.05.2002 zu bestätigen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Norm fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels derjenigen Partei zur Last, die es eingelegt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 713 ZPO. Gründe, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
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