1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bruchsal vom 13.02.2003 – 3 M 4105/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 163.623,63 EUR festgesetzt.
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Mit Beschluss vom 04.02.2002 wurden unter Ziffer II. des Beschlusses die angeblichen Lebensversicherungsverträge des Schuldners mit der .... gepfändet. Eine Anhörung fand vor Erlass des Beschlusses nicht statt.
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Gegen diesen Beschluss legte die Drittschuldnerin als Rechtsnachfolgerin der .... mit Schreiben vom 02.12.2002 Erinnerung ein und teilte dabei mit, dass es sich bei der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bezeichneten Versicherung um eine eigenständige Berufsunfähigkeitsversicherung handelt. Sie beruft sich auf die fehlende Anhörung der Beteiligten und auf die Tatsache, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als Blankettbeschluss unwirksam ist.
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Mit Beschluss vom 13.02.2003 hat das Amtsgericht Bruchsal – 3 M 4105/02 – Ziffer II. des Beschlusses vom 04.02.2002 (hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsrente Nr. 214339336) aufgehoben.
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Hiergegen legte die Gläubigerin am 19.02.2003 sofortige Beschwerde und gab mit Schriftsatz vom 24.04.2003 den pfändbaren Betrag mit 1.442,39 EUR an.
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Die unbedenklich zulässige (§§ 793, 567ff. ZPO) sofortige Beschwerde ist unbegründet.
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Die Rechtspflegerin hat auf die Erinnerung der Drittschuldnerin die Ziffer II. des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 04.02.2003 zu Recht (deklaratorisch) aufgehoben.
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A. Die Erinnerung der Drittschuldnerin als Rechtsnachfolgerin der ... war zulässig. Nachdem eine Anhörung der Beteiligten nicht stattgefunden hatte, war die Erinnerung gemäß § 766 ZPO statthaft, die nicht fristgebunden ist.
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B. Die Erinnerung war auch begründet.
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1. Renten aus vertraglichen Berufsunfähigkeitsversicherungen – um die es im vorliegenden Verfahren geht – sind gemäß § 850 b Abs.1 Nr.1 ZPO nur bedingt pfändbar (OLG Oldenburg NJW-RR 1994, 479; Stöber, Forderungspfändung, 13. Auflage, Rn 1007 mwN).
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2. Dabei rechtfertigt die mangelnde Anhörung der Beteiligten nicht die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Zöller-Stöber, ZPO, 23. Auflage, § 850b, Rn 17).
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3. Ziffer II. des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 04.02.2002 war jedoch (deklaratorisch) aufzuheben, da er mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam war (zur Unwirksamkeit infolge mangelnder Bestimmtheit siehe Lackmann, Zwangsvollstreckungsrecht, 4. Auflage, Rn 272). Denn bei dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 04.02.2002 handelt es sich um einen Blankettbeschluss, aus dem der pfändbare Betrag nicht ersichtlich ist. Ein Blankettbeschluss ist bei einer Pfändung nach § 850b ZPO jedoch unwirksam.
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Zwar verweist § 850b Abs.2 ZPO auf die "für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften", wonach (§ 850c Abs.3 S.2) die Bezugnahme auf die Tabelle ausreichend ist.
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Danach muss bei der Pfändung von Arbeitseinkommen der Drittschuldner, also der Arbeitgeber, den pfändungsfreien Betrag selbst ermitteln. Hintergrund der gesetzlichen Bestimmung ist das besondere Näheverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Aufgrund der arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht ist es dem Arbeitgeber zuzumuten, die pfändbaren Bezüge nach § 850e ZPO zu berechnen und die Unterhaltspflichten zu berücksichtigen, da diese regelmäßig auf der Lohnsteuerkarte eingetragen sind oder unschwer vom Arbeitgeber erfragt werden können.
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Diese Argumente gelten aber nicht bei einer Pfändung nach § 850b ZPO. Denn der private Versicherer hat nicht die gleichen Möglichkeiten, den Versicherungsnehmer zu befragen, wie das im Verhältnis von Arbeitgeber zum Arbeitnehmer der Fall ist. Weder verfügt der private Versicherer über entsprechende Unterlagen, wie etwa die Lohnsteuerkarte, noch hat er einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen den Versicherungsnehmer.
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Aufgrund dieser unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Lage ist die Verweisung in § 850b Abs.2 ZPO auf die "für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften" einschränkend dahingehend auszulegen, dass der § 850c Abs.3 S.2 ZPO, der einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter Bezugnahme auf die Tabelle ermöglicht, von der Verweisung nicht erfasst ist (ebenso LG Augsburg, Rpfleger 1999, 404; Hülsmann, NJW 1995, 1521ff.; unklar Zöller-Stöber, a.a.O., § 850b, Rn 16 und Stöber, a.a.O., Rn 1007, Fn 7).
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Dies gilt auch nach Erlass des 7. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen und der damit neu eingefügten Vorschrift des § 850c Abs.2a ZPO. Zwar ist es zutreffend, dass der Schuldner nach der hier vertretenen Auffassung an der Anpassung nach dieser Vorschrift nicht automatisch teilnimmt. Dem Schuldner ist es jedoch unbenommen, eine Anpassung durch entsprechende Rechtsmittel zu erreichen. Im übrigen gelten die obigen Argumente auch nach Erlass des 7. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen unverändert.
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4. Soweit die Gläubigerin nunmehr erstmals im Beschwerdeverfahren den pfändbaren Betrag beziffert hat, kann dies keine Berücksichtigung finden, da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, wie oben festgestellt, unwirksam ist.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO, die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren auf § 57 Abs.3 BRAGO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 574 Abs. 2 und 3 ZPO.
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