Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 S 14/03

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 05.09.2003, Az.: 2 C 78/03, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
A.
(§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO)
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Zum besseren Verständnis wird insoweit wiederholend und ergänzend ausgeführt:
Die Klägerin erstrebt im Wege der Feststellungsklage, dass sie statt einer Betriebsrente nach § 18 BetrAVG eine Versorgungsrente als Besitzstandsrente erhält, wozu sie so behandelt werden möchte, als ob sie bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gewesen wäre.
Die Klägerin ist am … 1941 geboren. In der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 30.11.1996 war die Klägerin bei der Beklagten angemeldet. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin beim Bundesverband für den Selbstschutz (Im Folgenden: BVS) endete zum 30.11.1996 durch Auflösungsvertrag. Mit Wirkung vom 01.01.1997 wurde der BVS aufgelöst und sein Vermögen ging einschließlich der Verbindlichkeiten auf die Bundesrepublik Deutschland über.
Bis zum 30.11.2001 war die Klägerin sodann arbeitslos. Seit dem 01.12.2001 erhält die Klägerin eine gesetzliche Altersrente für Frauen von der Bundesknappschaft. Unter dem 26.11.2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Zusatzrente (vgl. I.81). in dem vom Arbeitgeber auszufüllenden Teil B des Antrages (vgl. I.83) füllte das insoweit zuständige Bundesverwaltungsamt unter dem Aspekt des § 37 Abs. 4 Satz 2 VBLS a.F. das Formular dahingehend aus, dass die Klägerin nicht aufgrund einer aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines aus nicht verhaltensbedingten Gründen veranlassten Auflösungsvertrages aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Gemäß Erstmitteilung vom 05.03.2002 (I.15) gewährte die Beklagte mit Wirkung seit 01.12.2001 eine Zusatzrente auf der Grundlage von § 18 BetrAVG. Seit dem 01.12.2003 wird diese Zusatzrente in Höhe von EUR 205,00/netto gewährt (II AH. 19).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Rentenmitteilung vom 05.03.2002 (I.15). Die Klägerin ist der Auffassung, dass § 37 Abs. 4 Satz 1 VBLS a.F. zur Anwendung kommen müsse, da der BVS durch ein Gesetz aufgelöst worden sei und damit auch das Arbeitsverhältnis durch ein Gesetz beendet worden sei. Die in § 37 Abs. 4 Satz 2 VBLS a.F. enthaltene Stichtagsregelung, wonach der Versicherte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet haben müsse, sei willkürlich und entbehre jeder berechtigten Erklärung. Es liege insoweit eine Verletzung von Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz vor. Eine Ungleichbehandlung bestehe auch hinsichtlich von Bundeswehr-Angestellten die bei Schließung ihrer Einheiten auch als 55-Jährige bereits eine Gesamtversorgung erhalten könnten, wenn ihnen kein anderer Arbeitsplatz angeboten werden könnte. Entsprechend seien Personen zu behandeln, die aufgrund der Schließung des BVS ihre Arbeit verloren hätten.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 05.09.2003, auf das Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, die weiterhin die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin eine dynamische Versorgungsrente zu gewähren, wobei sie davon auszugehen hat, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles pflichtversichert war.
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Die Parteien ergänzen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
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(§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO)
13 
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Lediglich in Ergänzung der zutreffenden erstinstanzlichen Entscheidungsgründe wird Folgendes ausgeführt:
14 
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Versorgungsrente als Besitzstandsrente gemäß § 75 Abs. 1 VBLS n.F., § 40 Abs. 1 VBLS a.F.
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1. Die in § 37 Abs. 1 lit. a VBLS a.F. normierte Voraussetzung für eine Versorgungsrente, wonach der Versicherte bei Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gewesen sein muss, liegt bei der Klägerin nicht vor. Die Klägerin war bereits ab 01.12.1996 nicht mehr bei der Beklagten pflichtversichert. Der Versicherungsfall trat jedoch erst rund fünf Jahre später ein, nämlich mit Vollendung des 60. Lebensjahres.
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2. Auch die Fiktion des § 37 Abs. 4 Satz 2 VBLS a.F. greift nicht zu Gunsten der Klägerin ein.
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Die Klägerin befand sich nämlich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst im 56. Lebensjahr und hatte damit noch nicht das 58. Lebensjahr vollendet. Die diesbezüglichen Angaben im Teil B des Antrags der Klägerin sind vom Bundesverwaltungsamt für die Bundesrepublik Deutschland (als der Rechtsnachfolgerin des Arbeitgebers der Klägerin) zutreffend ausgefüllt worden. Aber selbst unzutreffende Angaben wären insoweit maßgeblich (vgl. etwa Urteil vom 29.11.2002 - 6 S 81/02; Urteil vom 18.07.2003, 6 S 6/03, Urteil vom 26.09.2003, 6 S 2/03).
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Die in § 37 Abs. 4 Satz 2 VBLS a.F. enthaltene Stichtagsregelung ist nicht willkürlich. Der Beklagten kommt bei der Aufstellung von Stichtagsreglungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. BGH , Beschluß vom 24. 9. 2003, IV ZB 41/02, NJW 2004, 289, 290). Soweit in dieser Satzungsbestimmung zum Ausdruck kommt, dass Versicherte nach Vollendung des 58. Lebensjahres sich auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer tun und nur wenig Chancen auf eine Neueinstellung haben, ist dies eine zutreffende Erwägung. Freilich können auch jüngere Versicherte derartige Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Grenzlinie bei Vollendung des 58. Lebensjahres zu ziehen, ist jedoch nicht minder nachvollziehbar, als sie bei Vollendung beispielsweise des 55. Lebensjahres zu ziehen.
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3. Auch die Sondervorschrift des § 37 Abs. 4 Satz 1 VBLS a.F. greift nicht zugunsten der Klägerin ein. Die Klägerin musste insbesondere nicht aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift aus ihrer Beschäftigung ausscheiden. Der BVS wurde zwar durch Gesetz aufgelöst (vgl. § 1 des Gesetzes über die Auflösung des Bundesverbandes für den Selbstschutz, AH. 27). Damit verlor der BVS allerdings erst einen Monat nach dem Ausscheiden der Klägerin, seine Rechtspersönlichkeit. Zuvor war der BVS gemäß § 11 Abs. 1 Katastrophenschutzgesetz (AH 29, 37) als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 87 Abs. 3 GG organisiert. Gesamt-Rechtsnachfolgerin des BVS wurde jedoch gemäß § 2 des Gesetzes über die Auflösung des Bundesverbandes für den Selbstschutz die Bundesrepublik Deutschland. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin hätte theoretisch also mit der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt werden können.
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Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 37 Abs. 4 Satz 1 VBLS a.F. eine ganz andere Fallkonstellation im Auge hat. Diese Regelung greift zu Gunsten jener Beschäftigten ein, die aufgrund ihres Alters nicht mehr den besonderen, insbesondere körperlichen Anforderungen ihrer ausgeübten Tätigkeiten gerecht werden. Derartige gesetzliche Vorschriften bestehen zwar überhaupt nicht, jedoch gibt es einige Tarifverträge, beispielsweise im Bereich der Flugsicherung, des Justizvollzugsdienstes und der Feuerwehr, die derartige Lebensaltershöchstgrenzen festsetzen (vg. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Kommentar, Stand: August 2002, B § 37, Anmerkung 9a, Bl. B 121b - B 122a).
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4. Die Vorschrift des § 37 Abs. 4 VBLS a.F. ist im Übrigen als Ausnahmevorschrift eng auszulegen (ebenso zum teilweise strukturgleichen § 105b VBLS a.F.: BGH, Urteil vom 14.05.2003, IV ZR 50/02). Ihre entsprechende Anwendung oder erweiternde Auslegung kommt daher nicht in Betracht.
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5. Ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes besteht auch nicht unter dem Aspekt, dass bestimmte Bundeswehrangehörige, die unter einen besonderen Tarifvertrag („Tarifvertrag über einen sozialverträglichen Personalabbau im Bereich des Bundesministers der Verteidigung“ vom 30.11.1991) fallen, aufgrund eines Verwaltungsratsbeschlusses vom 21.01.1992 (der nicht in den Satzungstext integriert wurde) als pflichtversichert gelten, wenn - neben weiteren Voraussetzungen - ihr Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.1997 beendet worden war und sie bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr vollendet hatten (vgl. Gilbert/Hesse, a.a.O., Bl. B 122b-123). Denn insoweit handelt es sich um eine Sonderkonstellation, die die zuständigen Tarifvertragsparteien zum Abschluss eines eigenen diesbezüglichen Tarifvertrages veranlasst hatte. Ähnlich wie bei den von § 37 Abs. 4 S. 1 VBLS a.F. angesprochenen Tarifverträgen sah ein für diese Bundeswehrangehörige anwendbarer Tarifvertrag vor, dass sie, wenn ihnen ein anderer Arbeitsplatz nicht angeboten werden konnte, aus dem Dienstverhältnis ausscheiden mussten (vgl. Gilbert/Hesse, a.a.O., Bl. B 123/ 124). Art. 3 GG verlangt daher jedenfalls nicht von der Beklagten, dass sie Versicherte, die wie die Klägerin nicht in den Anwendungsbereich des genannten Tarifvertrages für Bundeswehrangehörige fallen, ansonsten aber sämtliche Voraussetzungen des Verwaltungsratsbeschlusses vom 21.01.1992 erfüllen, ebenfalls in den Genuss dieser Sonderbestimmungen kommen lässt.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen. Ein Zulassungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO lag nicht vor.

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