1. Die am 23.06.2004 angeordnete einstweilige Verfügung des OLG Karlsruhe Geschäftsnummer 6 U 57/04 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Aufhebungsverfahrens und des Anordnungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
| |
| Die (Aufhebungs-)Klägerin begehrt die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie wegen behaupteter Versäumung der Vollziehungsfrist. |
|
| Die (Aufhebungs-)Beklagte erwirkte in einem gegen die Klägerin gerichteten einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem 23.06.2004 (Geschäftsnummer 6 U 57/04) ein Urteil, in dem der Klägerin verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an der Werbung für das Arzneimittel „U.“ im Programmteil des Fernsehens mitzuwirken, wenn dies in Form sodann im Einzelnen wiedergegebener szenischer Dialoge oder unmittelbar vergleichbar damit geschieht; der Tenor des am 23.06.2004 verkündeten Urteils enthielt allerdings eine offenbare Unrichtigkeit, in dem der Verfügungsklägerin - statt der Verfügungsbeklagten - verboten wurde, an den beschriebenen Handlungen mitzuwirken (AH Klägerin Anlage A 1). Mit Schriftsatz vom 07.07.2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Berichtigung des Urteils beim Oberlandesgericht Karlsruhe (AH Beklagte Anlage Ag 1). Mit Beschluss des OLG Karlsruhe vom 12.07.2004 wurde das Urteil im Urteilstenor entsprechend berichtigt; mit Verfügung vom 13.07.2004 wurde der Berichtigungsbeschluss den Prozessbevollmächtigten der Parteien übersandt, wobei in einem weiteren Schreiben vom 13.07.2004 um Rückgabe sämtlicher Urteilsausfertigungen nebst Ausfertigungen des Berichtigungsbeschlusses zum Zwecke der Ansiegelung und zum Vermerk der Berichtigung gebeten wurde (AH Beklagte Anlage Ag 2, Ag 3). Unter dem 16.07.2004, beim OLG Karlsruhe am 19.07.2004 eingegangen, übersandte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die ihm vorliegenden Urteilsausfertigungen mit den Ausfertigungen des Berichtigungsbeschlusses (AH Beklagte Anlage Ag 4, Ag 5). Unter dem 28.09.2004 bat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten um Übersendung einer Ausfertigung des Urteils vom 23.06.2004 mit dem angesiegelten Berichtigungsbeschluss vom 12.07.2004 (AH Beklagte Anlage Ag 6), woraufhin die Berichtigung unter dem 30.09.2004 auf der Urteilsausfertigung vermerkt wurde und diese mit dem Berichtigungsbeschluss verbundene Urteilsausfertigung dem Beklagtenvertreter am 06.10.2004 zugestellt wurde (AH Beklagte Anlage Ag 7). Daraufhin ließ der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Klägerin am 07.10.2004 eine beglaubigte Urteilsabschrift vom 23.06.2004 mit angesiegeltem Beschluss von Anwalt zu Anwalt zum Zwecke der Vollziehung zustellen; die Zustellung erfolgte am 08.10.2004. |
|
| Unter dem 22.09.2004 gab die Klägerin eine dem Umfang ihrer Verurteilung entsprechende Unterwerfungserklärung ab (AH Klägerin Anlage A 2) und forderte die Beklagte zum Verzicht auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung bis zum 06.10.2004 auf. Mit Schreiben vom 29.09.2004 ließ die Beklagte über ihren Prozessbevollmächtigten die Annahme der abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung erklären ohne auf die Rechte aus der Urteilsverfügung des OLG Karlsruhe vom 23.06.2004 zu verzichten. |
|
| Die Klägerin trägt vor, die einstweilige Verfügung sei wegen nicht fristgerechter Vollziehung sowie auf Grund des Unterwerfungsvertrages wegen Fortfall der Wiederholungsgefahr aufzuheben. Der Beklagten seien damit nicht nur die Kosten des Aufhebungs-, sondern auch des Verfügungsverfahrens aufzuerlegen. |
|
| Der Beklagten wäre es unschwer möglich gewesen, bei gehörig zügigem Verfolgen der Berichtigung zeitnah eine berichtigte Fassung zu erhalten und diese innerhalb der Monatsfrist zuzustellen. Darüber hinaus hätte sie ihren Willen zur Vollziehung dadurch dokumentieren können, dass sie im Rahmen der Zustellung auf den offensichtlichen Fehler und die beantragte Berichtigung hingewiesen hätte. |
|
|
|
| 1. die durch Urteil des Oberlandesgericht Karlsruhe vom 23.Juni 2004 - 6 U 57/04 - erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben; |
|
| 2. dem Antragsgegner die Kosten des Aufhebungsverfahrens einschließlich der Kosten des vorangegangenen Verfügungsverfahrens aufzuerlegen. |
|
|
|
| die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen und dieser die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. |
|
| Die Beklagte trägt vor, das Urteil des OLG Karlsruhe vom 23.06.2004 sei vor der Berichtigung nicht vollstreckungs- und damit auch nicht vollziehungsfähig im Sinne der §§ 936, 928 ZPO gewesen. Erst mit Zustellung des Urteils nebst angesiegeltem Berichtigungsbeschluss, somit frühestens ab 30.09.2004 bzw. 06.10.2004, habe ein vollstreckungsfähiger Titel vorgelegen, der die Vollziehungsfrist habe in Lauf setzen können, weshalb die einstweilige Verfügung wirksam vollzogen worden sei. Ungeachtet dessen sei ein etwaiger Verstoß gegen § 929 Abs. 2 ZPO gemäß § 189 ZPO durch die Amtszustellung geheilt worden. |
|
| Auf die von der Klägerin abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung habe sie sich nicht einlassen müssen, da die Klägerin gehalten gewesen sei, eine Abschlusserklärung abzugeben. |
|
| Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen. |
|
| Die Akte des OLG Karlsruhe 6 U 57/04 (erstinstanzlich LG Karlsruhe 2 O 32/04) ist zu Informationszwecken beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. |
|
| |
| Der zulässige Antrag der Klägerin auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach §§ 927, 936 ZPO ist begründet. |
|
| I. Nach §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Verfügungsgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragt werden. Derartige veränderte Umstände sind vorliegend gegeben. |
|
| 1. Der in der einstweiligen Verfügung vom 23.06.2004 ausgesprochene Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Grund eines Verstoßes gegen § 1 UWG, d.h. der Verfügungsanspruch, ist nach Wegfall der Wiederholungsgefahr erloschen. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr ergibt sich aus der Erklärung der Klägerin vom 22.09.2004. In diesem Schreiben hat die Klägerin bei Vermeidung einer im Fall einer Zuwiderhandlung von der Beklagten zu bestimmenden angemessenen Vertragsstrafe versprochen es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an der Werbung für das Arzneimittel U. im Programmteil des Fernsehens entsprechend der einstweiligen Verfügung des OLG Karlsruhe mitzuwirken. Diese Unterlassungserklärung wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 29.09.2004 akzeptiert; die Frage, ob es einer solchen Annahme überhaupt bedurft hätte, kann dahinstehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten führte die Erklärung der Klägerin zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr, ohne dass es einer darüber hinausgehenden Abschlusserklärung der Klägerin bedurfte (OLG Karlsruhe OLGR 1998, 72; OLG Bamberg WRP 2000, 102). |
|
| 2. Darüber hinaus ist das die einstweilige Verfügung erlassende Urteil des OLG Karlsruhe aufzuheben, weil der Unterlassungstitel nicht innerhalb der Frist der §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO vollzogen, d.h. im Parteibetrieb zugestellt worden ist. |
|
| Nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die Verfügung verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Diese Vollziehungsfrist war im Zeitpunkt der am 08.10.2004 erfolgten Zustellung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits verstrichen. |
|
| § 929 Abs. 2 ZPO fordert, dass der, der eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, innerhalb eines Monats nach deren Verkündung - wenn die einstweilige Verfügung auf Grund mündlicher Verhandlung wie vorliegend ergeht - mit der Vollziehung beginnen muss; nach Ablauf der Frist ohne entsprechende Vollziehungshandlung ist die Vollziehung unstatthaft und wirkungslos. Die Vollziehung im Sinne der §§ 928, 936 ZPO erfolgt bei Unterlassungsverfügungen regelmäßig durch Zustellung des Vollstreckungstitels zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Betreiben des Verfügungsklägers im Wege der Parteizustellung. Die daneben von Amts wegen vorgenommene Zustellung der einstweiligen Verfügung kann auch nicht ausnahmsweise als Vollziehung im Sinne dieser Vorschriften gewertet werden (BGH NJW 1993, 268; OLG Karlsruhe NJW RR 1988, 1469). Daran hat auch die Heilungsvorschrift des § 189 ZPO n.F. nichts geändert. Denn diese erfasst Mängel im Zustellungsvorgang und in der Art der Zustellung; hier ist jedoch eine Vollziehung zunächst unterblieben, sodass ein Vollziehungswille gerade nicht erkennbar war. Dieser Mangel lässt sich durch die vorangegangene Amtszustellung nicht heilen. |
|
| Zwar kann die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung auch auf andere Weise als durch Zustellung im Parteibetrieb denkbar sein, es muss sich aber immer um ähnlich formalisierte oder urkundlich belegte, jedenfalls leicht feststellbare Maßnahmen handeln. Zum Beispiel kommt in Betracht, dass innerhalb der Vollziehungsfrist die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Verfügungsbeklagten beantragt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch gemacht wird. Derartige Umstände, die hier eine wirksame Vollziehung der Unterlassungsverfügung annehmen ließen, sind aber nicht erkennbar. |
|
| Damit kommt es auf die Frage an, ob die Zustellung im Parteibetrieb rechtzeitig im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO war. Dies ist zu verneinen, die Vollziehungsfrist von einem Monat wurde vorliegend durch die am 08.10.2004 erfolgte Parteizustellung nicht gewahrt. Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen wollte, dass der am 23.06.2004 verkündete Unterlassungstitel nicht vollstreckungsfähig und damit auch nicht vollziehungsfähig gewesen sei, da die Verfügungsklägerin statt der Verfügungsbeklagten darin zur Unterlassung näher bezeichneter Maßnahmen verurteilt wurde, hat die Vollziehungsfrist nicht erst mit Ausführung der Ansiegelung des Berichtigungsbeschlusses an die Urteilsausfertigungen am 30.09.2004 bzw. sogar erst mit Übersendung der vollstreckbaren Ausfertigungen an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 06.10.2004 zu laufen begonnen. Der Lauf der Vollziehungsfrist beginnt bei einem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Verkündung der Entscheidung und nicht erst mit der Amtszustellung gemäß § 317 ZPO. Durch einen Berichtigungsantrag im Sinne des § 319 ZPO wird die Vollziehungsfrist nicht unterbrochen. Ob bei Einleitung eines Berichtigungsverfahrens grundsätzlich der Berichtigungsbeschluss für den Beginn der Vollziehungsfrist maßgebend ist oder ob es ausnahmsweise erheblich sein kann, auf welcher Ursache die Versäumung der Vollziehungshandlung beruht, bedarf keiner allgemeinen Ausführungen. Denn selbst wenn für den Beginn der Vollziehungsfrist der Berichtigungsbeschluss des OLG Karlsruhe maßgebend wäre, wäre die Vollziehungsfrist von der Beklagten hier nicht eingehalten worden. Die Entscheidung im Berichtigungsverfahren ergeht grundsätzlich durch Beschluss, der, sofern eine Berichtigung ausgesprochen wird, beiden Parteien von Amts wegen zuzustellen ist, § 329 Abs. 3 ZPO. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird dabei auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt, § 319 Abs. 2 ZPO. Jedoch bildet die Anbringung des Berichtigungsvermerkes für die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses keine Voraussetzung (Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, 21. Auflage, § 319 Rdnr. 12; Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 2. Auflage, § 319 Rdnr. 13). Weder die Rückgabe der Urteilsausfertigungen durch die Parteien noch die Ausführung des Vermerks auf der Urschrift und auf den Ausfertigungen des Urteils ist für die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses erforderlich. Damit begann spätestens mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses die Vollziehungsfrist gemäß §§ 928 Abs. 2, 936 ZPO zu laufen. Der Berichtigungsbeschluss wurde den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 16.07.2004 zugestellt (Akte des OLG Karlsruhe 6 U 57/04 Aktenseite 273). Ergänzend sei angemerkt, dass es der Beklagten damit, selbst wenn man davon ausginge, dass die Vollziehungsfrist bereits mit Verkündung des Urteils am 23.06.2004 trotz der erforderlichen Berichtigung des Tenors zu laufen begonnen hätte, noch innerhalb der Monatsfrist möglich gewesen wäre, die Parteizustellung an die Klägerin zu bewirken; dies gilt erst recht, wenn die Vollziehungsfrist erst mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses am 16.07.2004 zu laufen begann (vgl. hierzu KG Berlin WRP 1983, 341; OLG Düsseldorf ZIP 1981, 540). Dass die Beklagte die fehlende Ansiegelung des Berichtigungsbeschlusses an die Urteilsausfertigungen innerhalb eines Monats hätte bewirken können, wäre dies nur nachdrücklich von ihr verfolgt worden, unterliegt keinem Zweifel. Die Beklagte wäre gehalten gewesen, nachdem die Urteilsausfertigungen, die beim OLG Karlsruhe am 19.07.2004 eingegangen sind, nicht kurzfristig nach der Übersendung mit dem Berichtigungsbeschluss versehen worden sind, eine entsprechende Nachfrage an das OLG Karlsruhe zu richten. Dies ist jedoch bis zum 28.09.2004 unterblieben. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich für unbedenklich gehaltenen Schutzziels des § 929 Abs. 2 ZPO - Schuldnerschutz - einschließlich der Auslegung, dass es zur Vollziehung der Zustellung des Titels bedarf (vgl. BVerfG NJW 1988, 3141), wurde vorliegend die Vollziehungsfrist nicht eingehalten. |
|
| II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. |
|
| Auch wenn sich die Kostenentscheidung auf Grund der kostenmäßigen Selbständigkeit von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren grundsätzlich auf die im Verfahren gemäß § 927 ZPO entstandenen Kosten beschränkt, sind der Beklagten vorliegend auch die Kosten des Anordnungsverfahrens aufzuerlegen, da die einstweilige Verfügung von der Beklagten nicht rechtzeitig vollzogen wurde (OLG Karlsruhe, NJWE-WettbR1999, 39, 40 m.w.N.). |
|
| Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO. |
|
| |
| Der zulässige Antrag der Klägerin auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände nach §§ 927, 936 ZPO ist begründet. |
|
| I. Nach §§ 927 Abs. 1, 936 ZPO kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Verfügungsgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragt werden. Derartige veränderte Umstände sind vorliegend gegeben. |
|
| 1. Der in der einstweiligen Verfügung vom 23.06.2004 ausgesprochene Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Grund eines Verstoßes gegen § 1 UWG, d.h. der Verfügungsanspruch, ist nach Wegfall der Wiederholungsgefahr erloschen. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr ergibt sich aus der Erklärung der Klägerin vom 22.09.2004. In diesem Schreiben hat die Klägerin bei Vermeidung einer im Fall einer Zuwiderhandlung von der Beklagten zu bestimmenden angemessenen Vertragsstrafe versprochen es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an der Werbung für das Arzneimittel U. im Programmteil des Fernsehens entsprechend der einstweiligen Verfügung des OLG Karlsruhe mitzuwirken. Diese Unterlassungserklärung wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 29.09.2004 akzeptiert; die Frage, ob es einer solchen Annahme überhaupt bedurft hätte, kann dahinstehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten führte die Erklärung der Klägerin zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr, ohne dass es einer darüber hinausgehenden Abschlusserklärung der Klägerin bedurfte (OLG Karlsruhe OLGR 1998, 72; OLG Bamberg WRP 2000, 102). |
|
| 2. Darüber hinaus ist das die einstweilige Verfügung erlassende Urteil des OLG Karlsruhe aufzuheben, weil der Unterlassungstitel nicht innerhalb der Frist der §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO vollzogen, d.h. im Parteibetrieb zugestellt worden ist. |
|
| Nach §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO ist die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung unstatthaft, wenn seit dem Tage, an dem die Verfügung verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch sie erging, zugestellt ist, ein Monat verstrichen ist. Diese Vollziehungsfrist war im Zeitpunkt der am 08.10.2004 erfolgten Zustellung an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits verstrichen. |
|
| § 929 Abs. 2 ZPO fordert, dass der, der eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, innerhalb eines Monats nach deren Verkündung - wenn die einstweilige Verfügung auf Grund mündlicher Verhandlung wie vorliegend ergeht - mit der Vollziehung beginnen muss; nach Ablauf der Frist ohne entsprechende Vollziehungshandlung ist die Vollziehung unstatthaft und wirkungslos. Die Vollziehung im Sinne der §§ 928, 936 ZPO erfolgt bei Unterlassungsverfügungen regelmäßig durch Zustellung des Vollstreckungstitels zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Betreiben des Verfügungsklägers im Wege der Parteizustellung. Die daneben von Amts wegen vorgenommene Zustellung der einstweiligen Verfügung kann auch nicht ausnahmsweise als Vollziehung im Sinne dieser Vorschriften gewertet werden (BGH NJW 1993, 268; OLG Karlsruhe NJW RR 1988, 1469). Daran hat auch die Heilungsvorschrift des § 189 ZPO n.F. nichts geändert. Denn diese erfasst Mängel im Zustellungsvorgang und in der Art der Zustellung; hier ist jedoch eine Vollziehung zunächst unterblieben, sodass ein Vollziehungswille gerade nicht erkennbar war. Dieser Mangel lässt sich durch die vorangegangene Amtszustellung nicht heilen. |
|
| Zwar kann die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung auch auf andere Weise als durch Zustellung im Parteibetrieb denkbar sein, es muss sich aber immer um ähnlich formalisierte oder urkundlich belegte, jedenfalls leicht feststellbare Maßnahmen handeln. Zum Beispiel kommt in Betracht, dass innerhalb der Vollziehungsfrist die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Verfügungsbeklagten beantragt und damit von der einstweiligen Verfügung Gebrauch gemacht wird. Derartige Umstände, die hier eine wirksame Vollziehung der Unterlassungsverfügung annehmen ließen, sind aber nicht erkennbar. |
|
| Damit kommt es auf die Frage an, ob die Zustellung im Parteibetrieb rechtzeitig im Sinne des § 929 Abs. 2 ZPO war. Dies ist zu verneinen, die Vollziehungsfrist von einem Monat wurde vorliegend durch die am 08.10.2004 erfolgte Parteizustellung nicht gewahrt. Selbst wenn man der Auffassung der Beklagten folgen wollte, dass der am 23.06.2004 verkündete Unterlassungstitel nicht vollstreckungsfähig und damit auch nicht vollziehungsfähig gewesen sei, da die Verfügungsklägerin statt der Verfügungsbeklagten darin zur Unterlassung näher bezeichneter Maßnahmen verurteilt wurde, hat die Vollziehungsfrist nicht erst mit Ausführung der Ansiegelung des Berichtigungsbeschlusses an die Urteilsausfertigungen am 30.09.2004 bzw. sogar erst mit Übersendung der vollstreckbaren Ausfertigungen an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 06.10.2004 zu laufen begonnen. Der Lauf der Vollziehungsfrist beginnt bei einem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Verkündung der Entscheidung und nicht erst mit der Amtszustellung gemäß § 317 ZPO. Durch einen Berichtigungsantrag im Sinne des § 319 ZPO wird die Vollziehungsfrist nicht unterbrochen. Ob bei Einleitung eines Berichtigungsverfahrens grundsätzlich der Berichtigungsbeschluss für den Beginn der Vollziehungsfrist maßgebend ist oder ob es ausnahmsweise erheblich sein kann, auf welcher Ursache die Versäumung der Vollziehungshandlung beruht, bedarf keiner allgemeinen Ausführungen. Denn selbst wenn für den Beginn der Vollziehungsfrist der Berichtigungsbeschluss des OLG Karlsruhe maßgebend wäre, wäre die Vollziehungsfrist von der Beklagten hier nicht eingehalten worden. Die Entscheidung im Berichtigungsverfahren ergeht grundsätzlich durch Beschluss, der, sofern eine Berichtigung ausgesprochen wird, beiden Parteien von Amts wegen zuzustellen ist, § 329 Abs. 3 ZPO. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird dabei auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt, § 319 Abs. 2 ZPO. Jedoch bildet die Anbringung des Berichtigungsvermerkes für die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses keine Voraussetzung (Stein/Jonas, Kommentar zur ZPO, 21. Auflage, § 319 Rdnr. 12; Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 2. Auflage, § 319 Rdnr. 13). Weder die Rückgabe der Urteilsausfertigungen durch die Parteien noch die Ausführung des Vermerks auf der Urschrift und auf den Ausfertigungen des Urteils ist für die Wirksamkeit des Berichtigungsbeschlusses erforderlich. Damit begann spätestens mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses die Vollziehungsfrist gemäß §§ 928 Abs. 2, 936 ZPO zu laufen. Der Berichtigungsbeschluss wurde den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 16.07.2004 zugestellt (Akte des OLG Karlsruhe 6 U 57/04 Aktenseite 273). Ergänzend sei angemerkt, dass es der Beklagten damit, selbst wenn man davon ausginge, dass die Vollziehungsfrist bereits mit Verkündung des Urteils am 23.06.2004 trotz der erforderlichen Berichtigung des Tenors zu laufen begonnen hätte, noch innerhalb der Monatsfrist möglich gewesen wäre, die Parteizustellung an die Klägerin zu bewirken; dies gilt erst recht, wenn die Vollziehungsfrist erst mit Zustellung des Berichtigungsbeschlusses am 16.07.2004 zu laufen begann (vgl. hierzu KG Berlin WRP 1983, 341; OLG Düsseldorf ZIP 1981, 540). Dass die Beklagte die fehlende Ansiegelung des Berichtigungsbeschlusses an die Urteilsausfertigungen innerhalb eines Monats hätte bewirken können, wäre dies nur nachdrücklich von ihr verfolgt worden, unterliegt keinem Zweifel. Die Beklagte wäre gehalten gewesen, nachdem die Urteilsausfertigungen, die beim OLG Karlsruhe am 19.07.2004 eingegangen sind, nicht kurzfristig nach der Übersendung mit dem Berichtigungsbeschluss versehen worden sind, eine entsprechende Nachfrage an das OLG Karlsruhe zu richten. Dies ist jedoch bis zum 28.09.2004 unterblieben. Unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich für unbedenklich gehaltenen Schutzziels des § 929 Abs. 2 ZPO - Schuldnerschutz - einschließlich der Auslegung, dass es zur Vollziehung der Zustellung des Titels bedarf (vgl. BVerfG NJW 1988, 3141), wurde vorliegend die Vollziehungsfrist nicht eingehalten. |
|
| II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. |
|
| Auch wenn sich die Kostenentscheidung auf Grund der kostenmäßigen Selbständigkeit von Anordnungs- und Aufhebungsverfahren grundsätzlich auf die im Verfahren gemäß § 927 ZPO entstandenen Kosten beschränkt, sind der Beklagten vorliegend auch die Kosten des Anordnungsverfahrens aufzuerlegen, da die einstweilige Verfügung von der Beklagten nicht rechtzeitig vollzogen wurde (OLG Karlsruhe, NJWE-WettbR1999, 39, 40 m.w.N.). |
|
| Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO. |
|