Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 8 O 460/04

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.155,44 Euro zuzüglich 4 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 06.08.2004 zu bezahlen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um die Abwicklung eines Leasingvertrages nach dessen vorzeitiger Beendigung.
Im Juni 2002 schlossen sie einen Leasingvertrag über einen PKW BMW 330 ci auf die Dauer von 54 Monaten bei einer monatlichen Leasingrate von 594,83 Euro netto. Dem Vertrag lagen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu Grunde. Wegen Zahlungsrückstandes nach Ziffer XIV. der AGB kündigte die Klägerin am 09.03.2004 das Leasingverhältnis fristlos und verlangte Rückgabe des Fahrzeuges bis 15.03.2004. An diesem Tage bezahlte der Beklagte beim BMW-Autohaus U. in Karlsruhe zur Weiterleitung an die Klägerin 2.050 Euro, das ist 20 Euro weniger als die damals rückständigen Leasingraten.
Am 22.04.2004 meldete sich bei der Klägerin eine Firma A. K. und teilte mit, der BMW sei von der rumänischen Polizei an der Grenze zur Ukraine sichergestellt worden. Die Firma K. bot an, das Fahrzeug für ein Honorar von 3.000 Euro zurückzuholen. Sie übermittelte der Klägerin zugleich die Kopie einer Vollmacht, die angeblich im Leasingfahrzeug gefunden worden sei und derzufolge der Beklagte den Fahrer ermächtigt haben soll, das Fahrzeug ins Ausland zu verbringen und dort zu verkaufen. Die Vollmacht ist mit dem Beglaubigungsvermerk einer - tatsächlich nicht existenten - Notarin versehen. Die Klägerin erteilte am 26.04.2004 dem Zeugen K. Rückholauftrag und erstattete Strafanzeige gegen den Beklagten. Der Zeuge übergab das Fahrzeug am 09.06.2004 dem Autohaus U. und erhielt das vereinbarte Honorar von 3.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer.
Zuvor hatte sich der Beklagte erstmals wieder am 25.05.2004 bei der Klägerin gemeldet und den Leasingvertrag wegen Diebstahls des Fahrzeugs fristlos gekündigt. Der Beklagte war jedoch spätestens am 22.04.2004 über den (behaupteten) Diebstahl informiert, denn er hatte ihn an diesem Tag bereits gegenüber seiner Versicherungsagentur angezeigt.
Die Klägerin ließ sodann das Fahrzeug durch einen Sachverständigen der DEKRA schätzen, der zu einem Händler-Einkaufswert inklusive Mehrwertsteuer von 20.200 Euro gelangte. Mit Schreiben vom 22.06.2004 gab die Klägerin dem Beklagten Gelegenheit, sich selbst oder einen Dritten als Kaufinteressent zu einem Preis über dem gutachterlich ermittelten zu benennen. Binnen der zweiwöchigen Frist meldete sich der Beklagte jedoch nicht. Die Klägerin, die über keine eigene Verkaufsorganisation verfügt, veräußerte demzufolge das Fahrzeug an das Autohaus U. zum ermittelten Händler- Einkaufspreis. Zum regulären Vertragsende am 01.01.2007 hätte die Klägerin bei Einhaltung der vereinbarten Fahrleistung und Rückgabe des Fahrzeugs in vertragsgemäßem Zustand einen Verkaufserlös in Höhe von mindestens 17.715, 26 Euro erzielt. Für das DEKRA - Gutachten wendete die Klägerin 115,36 Euro auf.
Die Klägerin meint, ihr Anspruch sei korrekt berechnet. Insbesondere beruhe die Berechnung auf zutreffend angenommenem Schätzwert des Fahrzeugs. Bei dessen Verwertung habe sie nicht gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen. Der Leasingvertrag sei bereits durch die von ihr ausgesprochene Kündigung beendet worden; zu einer Fortsetzung über den 15.03.2004 hinaus sei es nicht gekommen.
Sie beantragt
wie ausgeurteilt.
Der Beklagte beantragt
10 
Klagabweisung
11 
Er trägt vor, der Leasingvertrag sei im Anschluss an die klägerische Kündigung fortgesetzt worden. Im Rahmen der Zahlung der 2.050 Euro im Autohaus U. habe ihm ein dortiger Mitarbeiter nach telefonischer Rücksprache bei der Klägerin erklärt, die Angelegenheit sei erledigt und er könne das Fahrzeug wieder mitnehmen. Die Klägerin habe auch - insoweit unstreitig - in der Folge keine Rückgabe des Fahrzeugs mehr verlangt und vielmehr versucht, die Leasingraten von seinem Konto abzubuchen. Das Fahrzeug sei ihm dann während seines Urlaubs am 21. oder 22.04.2004 gestohlen worden. Die Klägerin habe das Fahrzeug weit unter Wert weiterverkauft; tatsächlich habe der Händlereinkaufswert bei brutto 22.000 Euro gelegen. Der Beklagte ist der Meinung, die in den AGB der Klägerin für das „Leasing Extra“ vorgesehenen Bedingungen träfen im vorliegenden Fall zu, weswegen er die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert nicht bezahlen müsse. Schließlich habe die Klägerin bei der Rückholung des Fahrzeugs pflichtwidrig und nicht im Interesse des Beklagten gehandelt.
12 
Im Übrigen wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2005.

Entscheidungsgründe

 
13 
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet. Die Klägerin hat nach der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages eine korrekte Abrechnung vorgenommen, ihr stehen auch die sonstigen Ansprüche gegen den Beklagten zu.
I.
1.
14 
Der Klägerin stehen die Leasingraten bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs am 09.06.2004 zu. Unstreitig hat der Beklagte für März 2004 20 Euro zu wenig bezahlt. Für April und Mai 2004 schuldet er noch 1.380 Euro, für den Teilmonat Juni 207 Euro. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte selbst vorträgt, der Vertag habe nach Kündigung durch die Klägerin zunächst fortbestanden. Aber auch bei einer Beendigung des Vertrages auf Grund der klägerischen Kündigung vom März 2004 könnte die Klägerin die Leasingraten bis zur tatsächlichen Rückgabe weiterhin verlangen. Dies ergibt sich entweder als vertraglicher Erfüllungsanspruch, jedenfalls aber als Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe als Mindestschaden auf Grund des Verstoßes des Beklagten gegen die Rückgabeverpflichtung aus Ziffer XVI. 1 AGB. Dementsprechend kann die Klägerin die Abrechnung gem. Ziffer XV AGB erst ab Rückgabe des Fahrzeugs durchführen.
2.
15 
Der Klägerin steht auch die von ihr berechnete Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös zu.
16 
a) Auszugehen ist vom Grundsatz der so genannten „Vollamortisation“ (BGH NJW 1996, 2860; ständige Rechtsprechung). Danach kann der Leasinggeber grundsätzlich den kalkulierten Restwert des Fahrzeugs abzüglich des Veräußerungserlöses verlangen.
17 
b) Auf diesen Anspruch hat die Klägerin auch nicht nach den Bedingungen des so genannten „Leasing Extra“ verzichtet.
18 
Nach dieser auf Seite 2 des Privatleasing-Antrages aufgedruckten und in den AGB näher bestimmten Klausel verzichtet der Leasinggeber im Fall eines Diebstahls oder Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert, wenn letzterer binnen drei Monaten ab Schadenstag bei ihm eingeht. Dies soll nicht gelten, wenn für das Fahrzeug Kasko-Versicherungsschutz mit einer Neupreisregulierungsklausel besteht. Die Klausel steht in Zusammenhang mit X. 1 AGB, wonach der Leasingnehmer eine Fahrzeugvollversicherung mit einer Selbstbeteiligung von höchstens 1.000 Euro abzuschließen hat. Bei Totalschaden oder Verlust des Fahrzeuges kann jeder Vertragspartner den Leasingvertrag kündigen. Taucht das Fahrzeug wieder auf, können beide Seiten die Fortsetzung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen verlangen. Wirtschaftlicher Hintergrund des „Leasing Extra“ ist, dass viele Kasko-Versicherer bei Verlust des Versicherungsgegenstandes nur noch den Wiederbeschaffungswert und nicht den Neupreis erstatten. Diese Differenz soll nach den Bedingungen des „Leasing Extra“ nicht zu Lasten des Leasingnehmers gehen.
19 
Nach Auffassung des Gerichts geht aus der Klausel mit hinreichender Klarheit hervor, dass sie nur für Fälle gilt, in denen das Fahrzeug Totalschaden erlitten hat oder endgültig verschwunden ist. Denn nur in diesem Fall tritt die Kaskoversicherung überhaupt ein. Der Zusammenhang zwischen der Kasko-Versicherung und dem Eingreifen des „Leasing Extra“ wird in der Klausel deutlich erkennbar dargestellt, zumal dem Leasingnehmer auf Grund der Regelung X. 1 AGB die Verpflichtung zum Abschluss der Kasko-Versicherung bewusst ist. Danach gibt „Leasing Extra“ dem Leasingnehmer ein zusätzliches Recht, dessen Beschränkung auf eine bestimmte Fallkonstellation ihn schon deswegen nicht unangemessen benachteiligen kann. Auch besteht kein Konflikt mit zwingendem Gesetzesrecht. Der Leasingnehmer steht auch nicht dann schlechter, wenn das Fahrzeug wieder aufgefunden wird, als wenn es dauerhaft verschwunden ist. Er kann nämlich in diesem Fall nach der bereits zitierten Klausel die Fortsetzung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen verlangen. Da die Klausel aber lediglich eine Besserstellung des Leasingnehmers bewirkt, steht es im Belieben des Leasinggebers, durch klar verständliche Formulierungen den Anwendungsbereich der Klausel auf bestimmte Fallkonstellationen zu beschränken, wie es vorliegend geschehen ist.
20 
c) Die Klägerin hat bei ihrer Berechnung korrekt auf den Tag der Fahrzeugrückgabe abgestellt. Dabei gilt, dass die Forderung des Leasinggebers um so niedriger ist, je früher der entsprechende Stichtag gewählt wird, denn der Ausgleichsanspruch ist niedriger als die Leasingrate bei fortbestehendem Vertrag, da dem Leasingnehmer ja nur im letzterem Fall das Fahrzeug weiterhin zur Verfügung steht. Die Frage, wem das Fahrzeug zur Verfügung steht, entscheidet dabei zugleich über die Art und Weise der Abrechnung. Erst wenn der Leasinggeber die Möglichkeit hat, das Fahrzeug zu verwerten, kann er gezwungen sein, die genau an diese Möglichkeit geknüpfte Berechnungsweise anzuwenden. Schon deshalb ist in jedem Fall bei der Berechnung auf den Stichtag der Fahrzeug-Rückgabe abzustellen und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung (hier: durch die Klägerin).
21 
Darüber hinaus ist der Beklagte wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens daran gehindert, sich darauf zu berufen, ab der Kündigung durch die Klägerin bis zum 09.06.2004 hätte nur der niedrigere Ausgleichsanspruch geltend gemacht werden dürfen, denn es hätte am Beklagten gelegen, das Fahrzeug pünktlich zurückzugeben.
22 
d) Die Behauptung des Beklagten, der Vertrag sei über die Kündigung durch die Klägerin hinaus fortgesetzt worden, kann dahinstehen: Da die Konditionen des „Leasing Extra“ nicht gelten, kommt es auf den Eingang des Wiederbeschaffungswertes (der ohnehin nicht identisch ist mit dem von der Klägerin erzielten Händlereinkaufspreis) nicht an. Es ist auch nicht von Relevanz, durch wessen Kündigung der Vertrag aufgelöst wurde, da sich die Rechtsfolgen in jedem Fall aus dem Prinzip der Vollamortisation bezogen auf den Tag der Rückgabe des Fahrzeugs ergeben.
23 
e) Die Klägerin hat ihre Forderung auch insoweit zutreffend berechnet, als sie den Schätzwert aus dem DEKRA-Gutachten eingestellt hat. Sie hat damit ihrer Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Leasingfahrzeuges genügt.
24 
Die AGB regeln hierzu in Ziffer XV. 2, dass der Leasinggeber durch einen unabhängigen Sachverständigen den Abgabepreis an den gewerblichen Handel schätzen lässt, wobei die Kosten dieses Gutachtens beide Seiten je zur Hälfte tragen und die Schätzung verbindlich sein soll. Danach soll der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Gelegenheit geben, binnen zwei Wochen einen Kaufinteressenten zu benennen, der einen höheren Preis zu zahlen bereit ist. Diese Frist kann aus wichtigem Grund um weitere zwei Wochen verlängert werden. Mit dieser Konstruktion tragen beide Seiten ein gleich hohes Risiko, dass sich der Sachverständige in eine Richtung irrt und den Wert des Fahrzeuges entweder zu hoch oder zu niedrig annimmt.
25 
Gleichwohl könnte der erste Teil der Klausel insofern Bedenken begegnen, als der Leasingnehmer an die Schätzung des Händlereinkaufspreises gebunden wird. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1997, 3167) entspricht eine Verwertung zu diesem Preis nicht unbedingt der geforderten bestmöglichen Verwertung des Leasingobjekts. Jedoch hat die Klägerin den Beklagten die in den AGB vorgesehene Möglichkeit gewährt, das Fahrzeug zu einem Preis über dem Schätzwert selbst zu erwerben oder einen erwerbswilligen Dritten zu benennen. Wäre danach der Beklagte der Auffassung gewesen, dass das Fahrzeug vom Sachverständigen zu gering bewertet wurde, hätte er es erwerben können, wobei er lediglich einen geringfügig höheren Preis als den Schätzwert hätte bieten müssen; er hätte es dann zum von ihm angenommenen höheren tatsächlichen Marktwert weiter veräußern können. Dafür wurde dem Beklagten eine zumutbare Frist von zwei Wochen, die auf insgesamt vier Wochen verlängerbar war, eingeräumt, binnen derer er jedoch nicht reagiert hat. Nachdem der Beklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kommt es auf seinen Vortrag, das Gutachten der DEKRA sei falsch, nicht an.
3.
26 
Gemäß Ziffer XV. 2 AGB schuldet der Beklagte die Hälfte der angefallenen Gutachterkosten. Die Klausel ist wirksam, dient doch die Ermittlung des Fahrzeugwertes im Zeitpunkt der Rückgabe auch dem Interesse des Leasingnehmers (BGH a.a.O.).
4.
27 
Schließlich schuldet der Beklagte auch die der Klägerin entstandenen Rückholkosten.
28 
Dabei kann dahinstehen, ob sich dies schon unter dem Gesichtspunkt des Verzugs wegen nicht fristgerechter Rückgabe des Fahrzeugs ergibt. Jedenfalls beruht ein entsprechender Anspruch der Klägerin auf Geschäftsführung ohne Auftrag gem. den §§ 683, 670 BGB.
29 
Da die Klägerin mit dem Beklagten im Zeitpunkt der Mitteilung des Zeugen K. keinen Kontakt hatte und sich der Beklagte entgegen seiner (wirksamen) vertraglichen Verpflichtung, sich bei der Klägerin zu melden (X. 2 AGB), nicht mit der Klägerin in Verbindung setzte, blieb dieser nichts anderes übrig, als, auf den mutmaßlichen Willen des Beklagten abstellend, eine Entscheidung zu treffen, die auch dessen Interessen am ehesten gerecht wurde. Der mutmaßliche Wille ist dabei nicht der subjektive des Geschäftsführers, sondern derjenige, den der Geschäftsherr (also der Beklagte) bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde (vgl. OLG München NJW-RR 1988, 1013). Mangels anderer Anhaltspunkte deckt sich der mutmaßliche Wille mit dem Interesse des Geschäftsherrn (BGHZ 47, 370, 374).
30 
Da sich der Beklagte im entscheidenden Zeitpunkt nicht unverzüglich, sondern erst über einen Monat später (!) bei der Klägerin gemeldet hatte, lag dieser nur die Mitteilung der Firma K. vom 22.04.2004 vor, wonach sie von einer versuchten Unterschlagung des Fahrzeugs ausgehen musste. Nach Auskunft der Firma K. vom Folgetag war schnelles Handeln angezeigt. Eine sofortige Meldung bei der Klägerin wäre dem Beklagten übrigens möglich gewesen, der immerhin am 22.04.2004 bereits seine Versicherungsagentur über den angeblichen Diebstahl informierte. Unter diesen Umständen entsprach es aus objektivierter ex-ante-Sicht der Klägerin dem mutmaßlichen Willen und Interesse des Beklagten, das Fahrzeug schnellstmöglich zurückzuholen. Die Klägerin konnte nicht wissen, was der Beklagte später vorgetragen hat, dass er nämlich bereit gewesen wäre, das Fahrzeug selbst zurückzuführen. Dabei ist ohnehin völlig offen, ob ihm dies gelungen wäre, und es kann dahinstehen, ob die Klägerin auf ein entsprechendes Angebot von ihm hätte eingehen müssen. Nachdem die Klägerin auch auf Grund der vorgelegten (gefälschten) Vollmacht von einem strafbaren Handeln des Beklagten ausgehen durfte, wäre sie jedenfalls kaum gehalten gewesen, den Beklagten selbst mit einer Rückführung zu beauftragen. Verlässliche Anhaltspunkte, dass sie noch Zeit zum Überlegen und Ermitteln gehabt hätte, hatte die Klägerin im damaligen Zeitpunkt nicht und sind auch vom Beklagten nicht vorgetragen; sie konnte auch nicht abwarten, bis die Polizei vielleicht eingegriffen hätte. Damit entfällt zugleich ein Verstoß der Klägerin gegen § 681 BGB, also die Verpflichtung des Geschäftsführers, die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen und dessen Entschließung abzuwarten. Mit dem Aufschub wäre nämlich Gefahr verbunden gewesen.
31 
Dass die Firma K. eventuell selbst betrügerisch aufgetreten ist, wofür etwa die Vorlage einer gefälschten Vollmacht sprechen kann, gebietet keine andere Bewertung. Die Klägerin konnte hierzu nämlich keinerlei kurzfristige Feststellungen treffen. Die Vollmacht war jedenfalls nicht für den Laien offensichtlich gefälscht, was auch vom Beklagten nicht behauptet wird. Im Zeitpunkt der Übernahme war die Geschäftsführung jedenfalls im Interesse des Beklagten. Deswegen kommt es darauf, ob die Firma K. tatsächlich zuverlässig und erfahren ist, nicht an.
32 
Die jedenfalls nicht von vornherein überhöht erscheinenden Aufwendungen von 3.000 Euro plus Mehrwertsteuer durfte danach die Klägerin im Sinne von § 670 BGB für erforderlich halten.
II.
33 
Der Beklagte schuldet Verzugszinsen in beantragter Höhe auf Grund der Mahnung vom 26.07.2004.
III.
34 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Gründe

 
13 
Die zulässige Klage ist in der Sache begründet. Die Klägerin hat nach der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages eine korrekte Abrechnung vorgenommen, ihr stehen auch die sonstigen Ansprüche gegen den Beklagten zu.
I.
1.
14 
Der Klägerin stehen die Leasingraten bis zur tatsächlichen Rückgabe des Fahrzeugs am 09.06.2004 zu. Unstreitig hat der Beklagte für März 2004 20 Euro zu wenig bezahlt. Für April und Mai 2004 schuldet er noch 1.380 Euro, für den Teilmonat Juni 207 Euro. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte selbst vorträgt, der Vertag habe nach Kündigung durch die Klägerin zunächst fortbestanden. Aber auch bei einer Beendigung des Vertrages auf Grund der klägerischen Kündigung vom März 2004 könnte die Klägerin die Leasingraten bis zur tatsächlichen Rückgabe weiterhin verlangen. Dies ergibt sich entweder als vertraglicher Erfüllungsanspruch, jedenfalls aber als Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe als Mindestschaden auf Grund des Verstoßes des Beklagten gegen die Rückgabeverpflichtung aus Ziffer XVI. 1 AGB. Dementsprechend kann die Klägerin die Abrechnung gem. Ziffer XV AGB erst ab Rückgabe des Fahrzeugs durchführen.
2.
15 
Der Klägerin steht auch die von ihr berechnete Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös zu.
16 
a) Auszugehen ist vom Grundsatz der so genannten „Vollamortisation“ (BGH NJW 1996, 2860; ständige Rechtsprechung). Danach kann der Leasinggeber grundsätzlich den kalkulierten Restwert des Fahrzeugs abzüglich des Veräußerungserlöses verlangen.
17 
b) Auf diesen Anspruch hat die Klägerin auch nicht nach den Bedingungen des so genannten „Leasing Extra“ verzichtet.
18 
Nach dieser auf Seite 2 des Privatleasing-Antrages aufgedruckten und in den AGB näher bestimmten Klausel verzichtet der Leasinggeber im Fall eines Diebstahls oder Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert, wenn letzterer binnen drei Monaten ab Schadenstag bei ihm eingeht. Dies soll nicht gelten, wenn für das Fahrzeug Kasko-Versicherungsschutz mit einer Neupreisregulierungsklausel besteht. Die Klausel steht in Zusammenhang mit X. 1 AGB, wonach der Leasingnehmer eine Fahrzeugvollversicherung mit einer Selbstbeteiligung von höchstens 1.000 Euro abzuschließen hat. Bei Totalschaden oder Verlust des Fahrzeuges kann jeder Vertragspartner den Leasingvertrag kündigen. Taucht das Fahrzeug wieder auf, können beide Seiten die Fortsetzung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen verlangen. Wirtschaftlicher Hintergrund des „Leasing Extra“ ist, dass viele Kasko-Versicherer bei Verlust des Versicherungsgegenstandes nur noch den Wiederbeschaffungswert und nicht den Neupreis erstatten. Diese Differenz soll nach den Bedingungen des „Leasing Extra“ nicht zu Lasten des Leasingnehmers gehen.
19 
Nach Auffassung des Gerichts geht aus der Klausel mit hinreichender Klarheit hervor, dass sie nur für Fälle gilt, in denen das Fahrzeug Totalschaden erlitten hat oder endgültig verschwunden ist. Denn nur in diesem Fall tritt die Kaskoversicherung überhaupt ein. Der Zusammenhang zwischen der Kasko-Versicherung und dem Eingreifen des „Leasing Extra“ wird in der Klausel deutlich erkennbar dargestellt, zumal dem Leasingnehmer auf Grund der Regelung X. 1 AGB die Verpflichtung zum Abschluss der Kasko-Versicherung bewusst ist. Danach gibt „Leasing Extra“ dem Leasingnehmer ein zusätzliches Recht, dessen Beschränkung auf eine bestimmte Fallkonstellation ihn schon deswegen nicht unangemessen benachteiligen kann. Auch besteht kein Konflikt mit zwingendem Gesetzesrecht. Der Leasingnehmer steht auch nicht dann schlechter, wenn das Fahrzeug wieder aufgefunden wird, als wenn es dauerhaft verschwunden ist. Er kann nämlich in diesem Fall nach der bereits zitierten Klausel die Fortsetzung des Vertrages zu den bisherigen Bedingungen verlangen. Da die Klausel aber lediglich eine Besserstellung des Leasingnehmers bewirkt, steht es im Belieben des Leasinggebers, durch klar verständliche Formulierungen den Anwendungsbereich der Klausel auf bestimmte Fallkonstellationen zu beschränken, wie es vorliegend geschehen ist.
20 
c) Die Klägerin hat bei ihrer Berechnung korrekt auf den Tag der Fahrzeugrückgabe abgestellt. Dabei gilt, dass die Forderung des Leasinggebers um so niedriger ist, je früher der entsprechende Stichtag gewählt wird, denn der Ausgleichsanspruch ist niedriger als die Leasingrate bei fortbestehendem Vertrag, da dem Leasingnehmer ja nur im letzterem Fall das Fahrzeug weiterhin zur Verfügung steht. Die Frage, wem das Fahrzeug zur Verfügung steht, entscheidet dabei zugleich über die Art und Weise der Abrechnung. Erst wenn der Leasinggeber die Möglichkeit hat, das Fahrzeug zu verwerten, kann er gezwungen sein, die genau an diese Möglichkeit geknüpfte Berechnungsweise anzuwenden. Schon deshalb ist in jedem Fall bei der Berechnung auf den Stichtag der Fahrzeug-Rückgabe abzustellen und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung (hier: durch die Klägerin).
21 
Darüber hinaus ist der Beklagte wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens daran gehindert, sich darauf zu berufen, ab der Kündigung durch die Klägerin bis zum 09.06.2004 hätte nur der niedrigere Ausgleichsanspruch geltend gemacht werden dürfen, denn es hätte am Beklagten gelegen, das Fahrzeug pünktlich zurückzugeben.
22 
d) Die Behauptung des Beklagten, der Vertrag sei über die Kündigung durch die Klägerin hinaus fortgesetzt worden, kann dahinstehen: Da die Konditionen des „Leasing Extra“ nicht gelten, kommt es auf den Eingang des Wiederbeschaffungswertes (der ohnehin nicht identisch ist mit dem von der Klägerin erzielten Händlereinkaufspreis) nicht an. Es ist auch nicht von Relevanz, durch wessen Kündigung der Vertrag aufgelöst wurde, da sich die Rechtsfolgen in jedem Fall aus dem Prinzip der Vollamortisation bezogen auf den Tag der Rückgabe des Fahrzeugs ergeben.
23 
e) Die Klägerin hat ihre Forderung auch insoweit zutreffend berechnet, als sie den Schätzwert aus dem DEKRA-Gutachten eingestellt hat. Sie hat damit ihrer Pflicht zur bestmöglichen Verwertung des Leasingfahrzeuges genügt.
24 
Die AGB regeln hierzu in Ziffer XV. 2, dass der Leasinggeber durch einen unabhängigen Sachverständigen den Abgabepreis an den gewerblichen Handel schätzen lässt, wobei die Kosten dieses Gutachtens beide Seiten je zur Hälfte tragen und die Schätzung verbindlich sein soll. Danach soll der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Gelegenheit geben, binnen zwei Wochen einen Kaufinteressenten zu benennen, der einen höheren Preis zu zahlen bereit ist. Diese Frist kann aus wichtigem Grund um weitere zwei Wochen verlängert werden. Mit dieser Konstruktion tragen beide Seiten ein gleich hohes Risiko, dass sich der Sachverständige in eine Richtung irrt und den Wert des Fahrzeuges entweder zu hoch oder zu niedrig annimmt.
25 
Gleichwohl könnte der erste Teil der Klausel insofern Bedenken begegnen, als der Leasingnehmer an die Schätzung des Händlereinkaufspreises gebunden wird. Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1997, 3167) entspricht eine Verwertung zu diesem Preis nicht unbedingt der geforderten bestmöglichen Verwertung des Leasingobjekts. Jedoch hat die Klägerin den Beklagten die in den AGB vorgesehene Möglichkeit gewährt, das Fahrzeug zu einem Preis über dem Schätzwert selbst zu erwerben oder einen erwerbswilligen Dritten zu benennen. Wäre danach der Beklagte der Auffassung gewesen, dass das Fahrzeug vom Sachverständigen zu gering bewertet wurde, hätte er es erwerben können, wobei er lediglich einen geringfügig höheren Preis als den Schätzwert hätte bieten müssen; er hätte es dann zum von ihm angenommenen höheren tatsächlichen Marktwert weiter veräußern können. Dafür wurde dem Beklagten eine zumutbare Frist von zwei Wochen, die auf insgesamt vier Wochen verlängerbar war, eingeräumt, binnen derer er jedoch nicht reagiert hat. Nachdem der Beklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kommt es auf seinen Vortrag, das Gutachten der DEKRA sei falsch, nicht an.
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26 
Gemäß Ziffer XV. 2 AGB schuldet der Beklagte die Hälfte der angefallenen Gutachterkosten. Die Klausel ist wirksam, dient doch die Ermittlung des Fahrzeugwertes im Zeitpunkt der Rückgabe auch dem Interesse des Leasingnehmers (BGH a.a.O.).
4.
27 
Schließlich schuldet der Beklagte auch die der Klägerin entstandenen Rückholkosten.
28 
Dabei kann dahinstehen, ob sich dies schon unter dem Gesichtspunkt des Verzugs wegen nicht fristgerechter Rückgabe des Fahrzeugs ergibt. Jedenfalls beruht ein entsprechender Anspruch der Klägerin auf Geschäftsführung ohne Auftrag gem. den §§ 683, 670 BGB.
29 
Da die Klägerin mit dem Beklagten im Zeitpunkt der Mitteilung des Zeugen K. keinen Kontakt hatte und sich der Beklagte entgegen seiner (wirksamen) vertraglichen Verpflichtung, sich bei der Klägerin zu melden (X. 2 AGB), nicht mit der Klägerin in Verbindung setzte, blieb dieser nichts anderes übrig, als, auf den mutmaßlichen Willen des Beklagten abstellend, eine Entscheidung zu treffen, die auch dessen Interessen am ehesten gerecht wurde. Der mutmaßliche Wille ist dabei nicht der subjektive des Geschäftsführers, sondern derjenige, den der Geschäftsherr (also der Beklagte) bei objektiver Beurteilung aller Umstände im Zeitpunkt der Übernahme geäußert haben würde (vgl. OLG München NJW-RR 1988, 1013). Mangels anderer Anhaltspunkte deckt sich der mutmaßliche Wille mit dem Interesse des Geschäftsherrn (BGHZ 47, 370, 374).
30 
Da sich der Beklagte im entscheidenden Zeitpunkt nicht unverzüglich, sondern erst über einen Monat später (!) bei der Klägerin gemeldet hatte, lag dieser nur die Mitteilung der Firma K. vom 22.04.2004 vor, wonach sie von einer versuchten Unterschlagung des Fahrzeugs ausgehen musste. Nach Auskunft der Firma K. vom Folgetag war schnelles Handeln angezeigt. Eine sofortige Meldung bei der Klägerin wäre dem Beklagten übrigens möglich gewesen, der immerhin am 22.04.2004 bereits seine Versicherungsagentur über den angeblichen Diebstahl informierte. Unter diesen Umständen entsprach es aus objektivierter ex-ante-Sicht der Klägerin dem mutmaßlichen Willen und Interesse des Beklagten, das Fahrzeug schnellstmöglich zurückzuholen. Die Klägerin konnte nicht wissen, was der Beklagte später vorgetragen hat, dass er nämlich bereit gewesen wäre, das Fahrzeug selbst zurückzuführen. Dabei ist ohnehin völlig offen, ob ihm dies gelungen wäre, und es kann dahinstehen, ob die Klägerin auf ein entsprechendes Angebot von ihm hätte eingehen müssen. Nachdem die Klägerin auch auf Grund der vorgelegten (gefälschten) Vollmacht von einem strafbaren Handeln des Beklagten ausgehen durfte, wäre sie jedenfalls kaum gehalten gewesen, den Beklagten selbst mit einer Rückführung zu beauftragen. Verlässliche Anhaltspunkte, dass sie noch Zeit zum Überlegen und Ermitteln gehabt hätte, hatte die Klägerin im damaligen Zeitpunkt nicht und sind auch vom Beklagten nicht vorgetragen; sie konnte auch nicht abwarten, bis die Polizei vielleicht eingegriffen hätte. Damit entfällt zugleich ein Verstoß der Klägerin gegen § 681 BGB, also die Verpflichtung des Geschäftsführers, die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen und dessen Entschließung abzuwarten. Mit dem Aufschub wäre nämlich Gefahr verbunden gewesen.
31 
Dass die Firma K. eventuell selbst betrügerisch aufgetreten ist, wofür etwa die Vorlage einer gefälschten Vollmacht sprechen kann, gebietet keine andere Bewertung. Die Klägerin konnte hierzu nämlich keinerlei kurzfristige Feststellungen treffen. Die Vollmacht war jedenfalls nicht für den Laien offensichtlich gefälscht, was auch vom Beklagten nicht behauptet wird. Im Zeitpunkt der Übernahme war die Geschäftsführung jedenfalls im Interesse des Beklagten. Deswegen kommt es darauf, ob die Firma K. tatsächlich zuverlässig und erfahren ist, nicht an.
32 
Die jedenfalls nicht von vornherein überhöht erscheinenden Aufwendungen von 3.000 Euro plus Mehrwertsteuer durfte danach die Klägerin im Sinne von § 670 BGB für erforderlich halten.
II.
33 
Der Beklagte schuldet Verzugszinsen in beantragter Höhe auf Grund der Mahnung vom 26.07.2004.
III.
34 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

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