1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 30.09.2005 - Az.: 2 C 179/05 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
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Wegen des Parteivorbringens in erster Instanz und der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Lediglich ergänzend wird Folgendes angemerkt:
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Die Klägerin ist am ....1944 geboren und verbrachte den Großteil ihres Berufslebens in der DDR. In der Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.07.2000 legte sie bei der Beklagten 43 Umlagemonate zurück. Durch Auflösungsvertrag vom 16.11.1999 schied die Klägerin mit Wirkung zum 31.07.2000 aus ihrem Arbeitsverhältnis als Lehrerin beim Bundesland Mecklenburg-Vorpommern aus. Grundlage für den Auflösungsvertrag war das Lehrerpersonalkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Seit dem 01.10.2004 bezieht die Klägerin eine Altersrente für Frauen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
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Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.10.2004 eine Versicherungsrente in satzungsgemäßer Höhe gemäß § 105b VBLS a.F. i. V. m. § 83 VBLS n.F. i. V. m. § 44 VBLS a.F. zu gewähren.
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Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter und beantragt darüber hinaus hilfsweise
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab dem 01.10.2004 eine Rente gemäß §§ 18 Abs. 2, 1b, 30f BetrAVG zu gewähren.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2006 (II, AS 59-61) Bezug genommen.
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Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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Im Hauptantrag ist die Berufung zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rentenleistung nach § 83 VBLS n.F., § 105b VBLS a.F., § 44 VBLS a.F., da sie nicht gemäß § 105b Satz 1 lit. a VBLS a.F. ununterbrochen bis zum Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert gewesen ist und es bei Anwendung des § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. an der Voraussetzung fehlt, dass der Versicherungsfall vor dem 02.12.2003 eingetreten sein muss.
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1. Die Vorschrift des § 105b VBLS a. F. ist als Ausnahmevorschrift, die den Versicherten aus dem Tarifgebiet West nicht zuteil wird, eng auszulegen. Die Zuerkennung von Ansprüchen über den Wortlaut der Satzungsbestimmung hinaus ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 31.01.2003, 6 O 169/02) und des Bundesgerichtshofes (vgl. Urteil vom 14.05.2003, IV ZR 50/02) ausgeschlossen.
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2. Die Klägerin war nicht gemäß § 105b Satz 1 lit. a VBLS a.F. vom 01.01.1997 an bis zum Eintritt des Versicherungsfalles ununterbrochen pflichtversichert. Vielmehr endete die Pflichtversicherung der Klägerin zum 31.07.2000 mit ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Der Versicherungsfall ist dagegen erst zum 01.10.2004 eingetreten, da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Altersrente für Frauen erhält.
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Die Klägerin gilt auch nicht gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 VBLS a.F. als bis zum Eintritt des Versicherungsfalles pflichtversichert, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind. Das Lehrerpersonalkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist kein Tarifvertrag (BAGE 110, 164). Im übrigen betrifft die Regelung nur Pflichtversicherte, für die wegen der besonderen - insbesondere körperlichen - Anforderungen an die ausgeübte Tätigkeit durch Gesetz oder Tarifvertrag eine besondere vorzeitige Altersgrenze eingeführt ist (vgl. Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, Teil B, § 37 Anm. 9a; Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Teil B, § 37 Rn 12). Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.
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3. Die Voraussetzungen des § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. sind ebenfalls nicht erfüllt. Der Versicherungsfall ist bei der Klägerin nicht vor dem 02.12.2003, sondern erst zum 01.10.2004 eingetreten. Gegen die Stichtagsregelung zum 02.12.2003 bestehen keinerlei Bedenken (vgl. Kammerurteil vom 01.04.2005, Az.: 6 S 36/04).
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a) In ständiger Rechtsprechung beanstandet die Kammer grundsätzlich nicht die in der Satzung der Beklagten enthaltenen Stichtagsregelungen. Denn eine Stichtagsregelung hat zwei Funktionen. Sie bestimmt, wann eine Versorgungsordnung in Kraft tritt und grenzt zugleich den Kreis der Begünstigten ab (Hueck, Anm. zu BAG AP Nr. 176 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu II 1). Vielfach kann eine Versorgungsordnung auf solche Stichtage nicht verzichten, da sie eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen gestalten soll. Selbst das Betriebsrentengesetz hat auf Stichtage nicht verzichtet (vgl. § 26 BetrAVG) (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.03.1985, Az. 3 AZR 19/83, sub III.2.a.).
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b) Die Stichtagsregelung in § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. wurde zweimal verlängert (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, Stand: 01.08.02, B, § 105b, Bl. B 437a/438).
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(1) Ursprünglich bestimmte der durch Verwaltungsratsbeschluss vom 01.02.1996 eingefügte § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. den Stichtag auf den 02.01.2002. Hintergrund war offensichtlich, dass mit Ablauf des Jahres 2001 die Versicherten aus den neuen Bundesländern, in denen die Pflichtversicherung erst zum 01.01.1997 eingeführt worden ist, die Wartezeit von 60 Monaten bei Fortbestand der Versicherung hätten erfüllen können. Die unter § 105b Satz 1 lit. a VBLS a.F. fallenden seit 01.01.1997 Versicherten, deren Arbeitsverhältnis schon seit spätestens 01.01.1992 fortbestand, bedurften der Sonderregelung ab 01.01.2002 nicht mehr.
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(2) Es ist anzunehmen, dass die Verlängerung der Stichtagsregelung auf den 02.12.2002 durch Verwaltungsratsbeschluss vom 22.09.1999 mit Rücksicht auf folgenden Umstand vorgenommen wurde: Die unter § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. fallenden beitragsfrei Versicherten, deren seit spätestens 01.01.1992 bestehendes Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.2002 geendet hatte, gingen nicht notwendigerweise sofort ab dem 01.01.2002 in Rente. Sie waren zum Teil beispielsweise noch einige Zeit (auch zur Vermeidung eines Rentenabschlags) arbeitslos gemeldet oder befanden sich im vorzeitigen Ruhestand o.ä. Durch die Verlängerung der Stichtagsregelung wurden solche Überbrückungszeiten im Umfang von zunächst 11 Monaten ausgeweitet.
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(3) Durch Verwaltungsratsbeschluss vom 19.10.2001 wurde der Stichtag auf den 02.12.2003 nach hinten verschoben. Somit kamen auch beitragsfrei Versicherte, die noch später in Rente gingen, in den Genuss der Sondervorschrift.
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c) Die Beklagte ist nicht verpflichtet die Vorschrift des § 105b Satz 1 lit. b VBLS a.F. zeitlich noch weiter auszudehnen. Die Begrenzung der Dauer der Überbrückungszeit ist nicht zu beanstanden.
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Hinsichtlich des erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags ist die Berufung gleichfalls zulässig, aber unbegründet. Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 533 Nr. 1 ZPO, da die Einbeziehung von Ansprüchen auf der Grundlage des BetrAVG nach Auffassung des Gerichts sachdienlich ist. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf eine Zusatzrente nach § 18 Abs. 2 BetrAVG, da sie keine unverfallbare Anwartschaft nach §§ 1b, 30f BetrAVG erworben hat.
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1. Auf eine Unverfallbarkeit der Anwartschaft nach § 1b Abs. 1 Satz 2 BetrAVG kann sich die Klägerin schon deshalb nicht berufen, weil das Lehrerpersonalkonzept des Landes Mecklenburg-Vorpommern keine Vorruhestandsregelung im Sinne dieser Vorschrift darstellt. § 1b Abs. 1 Satz 2 BetrAVG ist in seinem Anwendungsbereich auf Vorruhestandsregelungen beschränkt, die im Rahmen des Vorruhestandsgesetzes vom 13.04.1984 (VRG) geschlossen wurden. Das VRG ist jedoch längst durch das Altersteilzeitgesetz vom 10.12.1988 abgelöst worden, an dessen Stelle mittlerweile wiederum ein neues Altersteilzeitgesetz vom 23.07.1996 getreten ist (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Aufl., § 1b Rn 125). Gemäß § 14 VRG war im übrigen die Anwendung dieses Gesetzes von vornherein auf den 01.01.1989 befristet.
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2. Auch die Voraussetzungen für eine Unverfallbarkeit der Anwartschaft nach § 30f BetrAVG sind bei der Klägerin nicht erfüllt. In Betracht käme allenfalls eine Anwendung des § 30f Satz 1 Nr. 2 BetrAVG. Diese Regelung setzt jedoch eine mindestens 12-jährige Betriebszugehörigkeit zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus. Hieran fehlt es bei der Klägerin. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete zum 31.07.2000. Eine 12-jährige Betriebszugehörigkeit zu diesem Zeitpunkt wäre danach nur gegeben, wenn die Klägerin bereits am 01.08.1988 in demselben Betrieb tätig gewesen wäre. Zwar macht die Klägerin geltend, ihre Betriebszugehörigkeit dauere bereits seit dem 01.08.1963 an, und beruft sich hierfür auf die als Anlage K1 vorgelegte Bescheinigung der Stadt A. (I, 15), in der der Beginn der Beschäftigungszeit der Klägerin auf den 01.08.1963 festgestellt wurde. Diese Feststellung ist jedoch nicht maßgeblich für die Frage der Betriebszugehörigkeit. Letztere beurteilt sich allein nach der Dauer der Tätigkeit in demselben Unternehmen, wobei der Begriff des Unternehmens die organisatorische Einheit bezeichnet, die bestimmt wird durch den wirtschaftlichen oder ideellen Zweck, dem ein Betrieb oder mehrere organisatorisch verbundene Betriebe desselben Unternehmens dienen (vgl. Blomeyer/Otto, BetrAVG, 3. Aufl., § 1b Rn 282 ff.). Bei der Klägerin war es so, dass sie zunächst als Lehrerin an einer DDR-Schule tätig war und nach der Wiedervereinigung ein Arbeitsverhältnis mit dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen hat. Nach § 1 des Ersten Schulreformgesetzes des Landes Mecklenburg Vorpommern (SRG) vom 26.04.1991 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern 1991, S. 123) wurde das Schulsystem in Mecklenburg-Vorpommern mit Beginn des Schuljahres 1991/92 durch die Einführung neuer Schularten grundlegend umgestaltet. Zum Ende des Schuljahres 1990/91 wurden alle Stellen im Schuldienst neu ausgeschrieben. Jede Lehrerin und jeder Lehrer konnte sich bewerben. Danach erfolgte in den Schulämtern die Stellenbesetzung und die konkrete Zuordnung der neuen Stelleninhaber zu einer bestimmten Schule. Maßgebend für die Zuweisung der Lehrkräfte zu den neuen Schularten waren die erworbenen Abschlussqualifikationen, die Leistungen und die Eignung der Bewerberin bzw. des Bewerbers (vgl. Conchita Hübner-Oberndörfer, Transformation des Bildungswesens in Mecklenburg-Vorpommern seit 1990, Universität Rostock, Institut für Politik- und Verwaltungswissenschaften, 2001, S. 19 f.). Es handelte sich somit um eine völlige Neuorganisation des staatlichen Schulwesens. Eine Identität der organisatorischen Einheit, in der die Klägerin tätig war, kann unter diesen Umständen nicht angenommen werden.
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Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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