Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 3 O 250/06

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Sturz aus einem Fenster des vom Beklagten betriebenen Gasthauses geltend.
Der Beklagte betreibt seit dem Jahre 1998 als Konzessionsinhaber das Gasthaus L. mit Zimmervermietung in der … Str. in … . Seit dem 01.01.2006 ist er auch Eigentümer dieses Anwesens.
Am 22.01.2005 nahmen die Klägerin und ihr Lebensgefährte W. F. im Gasthaus des Beklagten an einem gemeinsamen Abendessen mit Geschäftsfreunden teil und besuchten dort anschließend eine öffentliche Musikveranstaltung. Dabei konsumierte die Klägerin Alkohol. Einer ihrer Geschäftsfreunde hatte ihr und ihrem Lebensgefährten zuvor ein Zimmer im Gasthaus des Beklagten reserviert. Am 23.01.2006 gegen 01:30 Uhr entschlossen sich die Klägerin und ihr Lebensgefährte im Hinblick auf die Uhrzeit und den genossenen Alkohol, dass ihnen zugewiesene Zimmer im ersten Obergeschoss aufzusuchen. Sie legten sich hin, ohne zuvor das Bad aufzusuchen. Die Klägerin begab sich in der Folgezeit in das zu dem Zimmer gehörige Bad und stürzte aus dem dort befindlichen geöffneten Badezimmerfenster ca. 5 m auf die darunter befindliche Steinterrasse. Wegen der Einzelheiten der Unfallörtlichkeit wird auf die in den Akten der Staatsanwaltschaft … - Zweigstelle … - Az. 83 Js 2080/05 - befindlichen Lichtbilder (Beiakten, AS 99-105) Bezug genommen. Ob das Fenster zu diesem Zeitpunkt bereits geöffnet war, oder erst von der Klägerin vor ihrem Sturz geöffnet wurde, ließ sich nicht mehr feststellen. Bei ihrer späteren Einlieferung in das Städtische Klinikum P. wies die Klägerin eine Blutalkoholkonzentration von 1,8 ‰ auf.
Die am ... 1968 geborene Klägerin erlitt schwere Kopfverletzungen, ein schweres Schädel-Hirn-Trauma mit einer Einblutung zwischen Gehirn und Schädeldecke, einen Bruch des rechten Ringfingers, schwere Prellungen am ganzen Körper. Bei ihr wurde eine Notoperation durchgeführt. Bis zum 30.01.2005 befand sie sich im Koma. In der Zeit vom 13.04.-18.05.2005 wurden Rehabilitierungsmaßnahmen in der S. Klinik in G. durchgeführt. Wegen der Einzelheiten der dort diagnostizierten sturzbedingten Verletzungen und deren Folgen wird auf Seite 4 der Klageschrift vom 23.06.2006 (AS 7) Bezug genommen.
Der bereits im Jahre 1982 durch den Vater des Beklagten veranlasste Umbau des Balkons zum Badezimmer und der Einbau des Fensters in dem zu dem der Klägerin und ihrem Lebensgefährten zugewiesenen Gasthauszimmer zugehörigen Badezimmer entsprechen nicht den Vorschriften der Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO). § 4 LBO AVO (Umwehrungen) schreibt zum Schutz vor Abstürzen eine Mindesthöhe von Umwehrungen von 90 cm vor. Diese Mindesthöhe darf auf 80 cm verringert werden, sofern die Tiefe der Umwehrung – wie hier – mindestens 20 cm beträgt. Eine geringere Brüstungshöhe als die vorgeschriebene Mindesthöhe ist auch nicht ausnahmsweise zulässig. Die in der Folgezeit angestellten polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass die Höhe der Fensterbrüstung im Badezimmer 77,5 cm betrug bei einer Brüstungstiefe von 23 cm und damit die vorgeschriebene Mindesthöhe um 2,5 cm unterschritten war. Nach dem durch den Vater des Beklagten veranlassten Umbau wurden in diesem Bereich keine Veränderungen mehr durchgeführt. Am 30.06.1998 stellte der Beklagte Antrag auf Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit Beherbergungsbetrieb. Am 08.10.1998 wurde ihm eine entsprechende Erlaubnis (AHB, 1/3) ohne Auflagen erteilt.
Die Klägerin hält unter Berücksichtigung eines etwaigen Mitverschuldens aufgrund ihrer Alkoholisierung ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 9.000,00 EUR für angemessen. Sie hat ihren bisher entstandenen materiellen Schaden auf 4.265,17 EUR beziffert. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 8 der Klageschrift vom 23.06.2006 (AS 15) Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet,
sie und ihr Lebensgefährte hätten erstmals als sie sich schlafen legen wollten den Schlüssel für das von ihnen anschließend benutzte Gästezimmer erhalten, weil sich das ihnen zuvor zugewiesene Zimmer sich als belegt herausgestellt habe. Sie sei gegen 04:00 Uhr aus dem Fenster des Badezimmers gestürzt. Die Unterschreitung der Mindesthöhe der Balkonbrüstung habe ihren Fenstersturz verursacht. Die Klägerin meint, wegen der Nichteinhaltung baurechtlicher Vorschriften greife ein Anscheinsbeweis zu ihren Gunsten, dass der Sturz darauf zurückzuführen sei.
Die Klägerin beantragt,
10 
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 9.000,00 EUR zu zahlen.
11 
2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 4.265,00 EUR Schadensersatz zu bezahlen.
12 
3. Festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden weiteren in Zukunft noch entstehenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen ist.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Der Beklagte behauptet,
16 
bei der gebotenen Rückrechnung auf das Trinkende um ca. 01:30 Uhr ergebe sich eine Blutalkoholkonzentration von ca. 2,0 ‰ zu dem nicht mehr näher bekannten Zeitpunkt des Fenstersturzes. Die Abweichung von 2-2,5 cm von dem vorgeschriebenen Maß sei nicht unfallursächlich geworden. Der Unfall sei allein auf die alkoholische Beeinflussung und die Schlaftrunkenheit der Klägerin zurückzuführen.
17 
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 22.12.2006 (AS 73-77) verwiesen. Die Akten der Staatsanwaltschaft Karlsruhe - Zweigstelle Pforzheim - Az. 83 Js 2080/05 - lagen zu Informationszwecken vor.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
19 
Ein Anspruch gemäß § 701 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin Ersatz im Hinblick auf die von ihr erlittene Körperverletzung begehrt.
II.
20 
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht aus vertraglicher Haftung gemäß §§ 535, 280 Abs. 1, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB zu (vgl. zur Einordnung des Beherbergungsvertrages als Mietvertrag: Palandt/Weidenkaff, 66. Aufl., vor § 535 Rn. 36 m. w. N.). Auch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 LBO AVO, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB kann sie nicht Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden verlangen.
21 
1. Allerdings steht der Klägerin grundsätzlich gem. §§ 535, 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 LBO AVO, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch zu. Der Beklagte hat dadurch, dass die Fensterbrüstung zum Zeitpunkt des Unfalls 2,5 cm niedriger war, als die nach § 4 LBO AVO vorgeschriebenen 80 cm die ihm gegenüber der Klägerin aufgrund des Beherbergungsvertrages obliegenden Pflichten sowie die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Ihm oblag es, soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen konnte, den von ihm in dem Gasthof eröffneten Verkehr möglichst gefahrlos zu gestalten und den Einzelnen vor unvermuteten Gefahrenquellen sowie vor solchen, auf die er sich nicht rechtzeitig einzurichten vermochte, zu schützen. Dabei ist der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Es genügt, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier: Gasthausbetreiber - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Gäste - vor Schäden zu bewahren, die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht - nichts anderes gilt hier für die vertragliche Sorgfaltspflicht - ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2007, VI ZR 274/06, RN. 15; BGH, NJW 2006, 2326; KG Berlin RuS 2005, 437). Konkretisiert werden Sicherheitserwartungen durch Unfallverhütungsvorschriften und DIN-Normen, da diese den Stand der Technik und daher den Standard der Verkehrsauffassung widerspiegeln. Entsprechendes gilt für diejenigen Vorschriften des Bauordnungsrechtes, welche die Sicherheit eines Gebäudes betreffen. Zu diesen Sicherheitsvorschriften ist auch § 4 LBO AVO zu zählen, weil diese u. a. die maßgeblichen Regelungen zu Absturzsicherungen enthält. Bei der Verletzung derartiger Pflichten, die typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, kann zugunsten des Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins dahingehend eingreifen, dass der Unfall kausal auf der Pflichtverletzung beruht, wenn sich - wie hier - die Gefahr verwirklicht, vor welche die postulierte Pflicht gerade schützen soll (vgl. BGH, NJW 1994, 945, 946; KG Berlin, a. a. O.; BayObLG, Urteil vom 08.11.1999, 1 ZRR 176/98, zit. n. juris; BayObLG, NJW-RR 1996, 657, 658; OLC Celle, NJOZ 2002, 270). Vorliegend hat sich bei dem Unfall gerade die Gefahr verwirklicht, vor dem die Klägerin durch die maßgeblichen Regelungen hinsichtlich der Brüstungshöhe bewahrt werden sollte. Die Rechtsgrundsätze zum Anscheinsbeweis dürfen allerdings nur dann herangezogen werden, wenn sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände sowie der besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisenden Tatsachen nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt, sodass sich die für die Sorgfaltspflicht typische Gefahrensituation im konkreten Fall tatsächlich verwirklicht hat. Dabei genügt für die Beurteilung der Typizität nicht die bloße Wahrscheinlichkeit. Vielmehr muss der behauptete Vorgang nach der Lebenserfahrung zu jenen Vorgängen gehören, die schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägtem Muster zu laufen pflegen (BayObLG, Urteil vom 08.11.1999, a. a. O., m. w. N.). Vorliegend bedarf es aus den nachstehenden Gründen indes keiner Entscheidung, ob im Hinblick auf den erheblichen Trunkenheitsgrad der Klägerin, der sich aus der bei ihr nach dem Unfall festgestellten Blutalkoholkonzentration von jedenfalls 1,8 ‰ ergibt, dieser Anscheinsbeweis hinsichtlich der Kausalität der Pflichtverletzung erschüttert ist (vergl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 93; ablehnend für den Fall, dass der Grad der Alkoholisierung nicht hinreichend feststellbar ist: OLG Köln, Urteil vom 18.12.2006, Az. 16 U 40/06, unter www.justiz.nrw.de kostenlos abrufbar).
22 
2. Nach den unstreitigen Umständen hat der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt. Er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB nicht außer Acht gelassen.
23 
a) Allerdings muss er als vertraglicher Schuldner gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. hinsichtlich seiner deliktischen Haftung deshalb, weil er die in § 4 LBO AVO objektivierten Pflichten und somit die sog. „äußere“ Sorgfalt verletzte, was die Verletzung der „inneren“ Sorgfalt indiziert (BGH, NJW 1986, 2757, 2758; BGH, NJW 1994, 2232, 2233; KG Berlin, RuS 2005, 437), solche Umstände darlegen und im Streitfall beweisen, aus denen sich ergibt, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eingehalten hat. Fraglich kann daher nur sein, ob das aus § 276 Abs. 1 BGB zu entnehmende, an den Beklagten als Vertragspartner, Betreiber des Gasthauses und Hauseigentümer gerichtete Sorgfaltsgebot ihn hier aus besonderen persönlichen Gründen nicht zu einer Abwendung den von der zu niedrigen Fensterbrüstung ausgehenden Gefahren verpflichtete, weil er etwa nicht erkennen konnte, dass dieser Bereich eine besondere Gefahrenquelle darstellte. Nur bei solcher Aussage kann ausnahmsweise davon ausgegangen werden, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat bzw. der Schluss von der Nichteinhaltung der „äußeren“ Sorgfalt auf eine Verletzung der „inneren“ Sorgfalt nicht gerechtfertigt ist (BGH, a. a. O.; OLG Celle, NJZ 2002, 270, 272; KG Berlin, a. a. O.).
24 
b) Dies folgt vorliegend nicht schon daraus, wenn der Beklagte sich darauf verlassen hat, dass ihm nach Übernahme des Betriebes von seiner Mutter auf seinen Antrag hin die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft sowie eines Beherbergungsbetriebes ohne Auflagen am 08.10.1990 nach Überprüfung der einzelnen Zimmer durch die Behörde erteilt wurde. Der Verkehrssicherungspflichtige wird durch derartige öffentlich-rechtliche Genehmigungen einer Anlage grundsätzlich - wie auch hier der Beklagte - nicht von der eigenen Prüfungspflicht befreit. Die Erteilung der öffentlich-rechtlichen Erlaubnis verfolgt andere Zwecke als die auf den von den Vertrauenserwartungen des Verkehrs beruhende, auf den Integritätsschutz gefährdeter Personen ausgerichtete und deshalb in ihrer Zielsetzung umfassendere Verkehrssicherungspflicht (BGH, NJW 1994, 2232, 2233; OLG Celle, NJOZ 2002, 270, 272).
25 
c) Dem Beklagten ist es jedoch dennoch nicht als Fahrlässigkeit anzulasten, dass er nicht erkannt hat, dass die Höhe der Fensterbrüstung eine besondere Gefahrenquelle darstellte. Die Höhe lag lediglich 2,5 cm unter der nach § 4 LBO AVO zulässigen Mindesthöhe von 80 cm. Bei einer derart geringfügigen Abweichung musste er nicht erkennen und mussten bei ihm zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebes, die sechzehn Jahre nach dem Umbau erfolgte, sowie in der anschließenden Zeit keine Zweifel aufkommen, ob die Brüstungshöhe die nach § 4 LBO AVO erforderliche Mindesthöhe aufwies. Er musste im Hinblick darauf auch nicht bei Übernahme des Betriebes bzw. in der Folgezeit seinerseits mit einem Meterstab oder auf andere Weise die genaue Brüstungshöhe überprüfen. Es sind keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er aufgrund anderweitiger Vorkommnisse derartige Zweifel hätte haben müssen. Es mag sein, dass eine andere Beurteilung bei einer lediglich 56 oder auch 60 cm hohen Balkonbrüstung (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2006, Az. 16 U 40/06, a. a. O.) gerechtfertigt ist oder, wenn sich die Gefährlichkeit einer Fensterkonstruktion dem Betreiber im Hinblick auf von ihm getroffene spezifische Anordnungen offensichtlich aufgedrängt hat (vgl. KG Berlin, a. a. O.) bzw. es offenkundig ist, wie etwa bei einem fehlenden Treppenhandlauf, dass dem auf Schutz von Körper und Gesundheit gerichteten Integritätsanspruch der Benutzer nicht hinreichend Rechnung tragen wird (vgl. OLG Celle, a. a. O.). Derartige Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
26 
3. Im Übrigen greift die Klägerin im Hinblick auf ihre erhebliche Alkoholisierung ein derartiges Mitverschulden gemäß § 254 BGB am Zustandekommen des Unfalls, das der allenfalls geringfügige Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten dahinter vollständig zurücktritt.
27 
a) Allerdings ist der Einwand des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB nur begründet, wenn die Klägerin in unfallursächlicher Weise gegen die Sorgfaltsanforderungen in ihren eigenen Angelegenheiten verstoßen hat. Dies muss der Beklagte darlegen und im Streitfall beweisen bzw. zu seinen Gunsten müssen die Grundsätze des Anscheinsbeweises Anwendung finden. Vorliegend hat die Klägerin bereits nicht ernsthaft bestritten, was im Übrigen auch nur schwerlich nachvollziehbar wäre, dass ihre erhebliche Alkoholisierung von zumindest 1,8 ‰ den Unfall mit verursacht hat und sie sich deshalb ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen muss. Im Übrigen spricht jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins insoweit zu ihren Lasten. Es ist offenkundig, dass sich eine Blutalkoholkonzentration von 1,8 ‰ nach der Lebenserfahrung auf die Fähigkeit das Gleichgewicht zu halten, insbesondere die Gang- und Stehsicherheit, negativ auswirkt und die Gefahr irrationaler Handlungen begründet und damit eine erheblich erhöhte Gefahr von Stürzen - auch über Geländer und Brüstungen - besteht.
28 
b) Hinter dieser aufgrund der erheblichen Alkoholisierung beruhenden Selbstgefährdung der Klägerin tritt der allenfalls leichte Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten vollständig zurück. Die Klägerin musste bewusst sein, dass eine derartige Trunkenheit in einer ihr nicht hinreichend vertrauten Umgebung eine Verletzung ihr selbst gegenüber bestehender Sorgfaltsobliegenheiten bedeutete. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Betreiber eines Gasthauses bzw. ein Gastwirt grundsätzlich mit alkoholisierten Gästen rechnen muss und deshalb an ihn ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab zu stellen ist. Der Zweck einer ausreichend hohen Fensterbrüstung ist es insbesondere in Gasthäusern deshalb auch, Gleichgewichtsstörungen aufzufangen, die aufgrund einer leichten bis mittleren Alkoholisierung entstehen (vgl. OLG Köln, a. a. O.; BGH, NJW 1988, 1588, NJW 1991, 921; Beckscher Online-Kommentar, Bamberger/Roth, Stand 15.03.2007, § 823, Rn. 294, MünchKomm/Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823 Rn. 461). Die Klägerin wies jedoch eine Alkoholisierung auf, die über den Grad einer leichten bis mittleren Alkoholisierung hinausging. Die besonderen Sorgfaltspflichten des Gasthausbetreibers rechtfertigen deshalb kein anderes Ergebnis.
III.
29 
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 20 Nr. 2 GaststG, §§ 276, 249, 253 Abs. 2 BGB zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 20 Nr. 2 GaststG um ein Schutzgesetz zugunsten der Gaststättenbesucher handelt. Ein Verstoß des Beklagten gegen das dort normierte Verbot, alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu verabreichen, lässt sich nicht feststellen. Unter Betrunkenheit ist jeder durch Alkoholgenuss verursachte Zustand zu verstehen, der durch bedeutende körperlich-geistige Ausfallerscheinungen äußerlich auffällt. Die Grenze liegt da, wo der Einfluss des Alkohols offensichtlich einen solchen Grad erreicht hat, dass die betreffende Person sich nach verständiger Beurteilung nicht mehr eigenverantwortlich verhalten kann. Zwar trifft dies nicht erst dann zu, wenn sinnlose Trunkenheit eingetreten ist, sondern schon, wenn die Person zurechnungsunfähig geworden, also der sichere Bereich des § 21 StGB überschritten ist und dies anhand äußerer Anzeichen festgestellt werden kann (OLG Saarbrücken, NJW-RR 1995, 986 ff.). Hinreichende Anhaltspunkte dafür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
IV.
30 
Die Klage war danach mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2 GKG n. F. auf 15.000,00 EUR festgesetzt
33 
(Antrag Ziff. 1: 9.000,00 EUR, Antrag Ziff. 2: 4.265,00 EUR, Antrag Ziff. 3: 1.735,00 EUR).

Gründe

 
18 
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
19 
Ein Anspruch gemäß § 701 BGB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin Ersatz im Hinblick auf die von ihr erlittene Körperverletzung begehrt.
II.
20 
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht aus vertraglicher Haftung gemäß §§ 535, 280 Abs. 1, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB zu (vgl. zur Einordnung des Beherbergungsvertrages als Mietvertrag: Palandt/Weidenkaff, 66. Aufl., vor § 535 Rn. 36 m. w. N.). Auch unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 LBO AVO, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB kann sie nicht Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden verlangen.
21 
1. Allerdings steht der Klägerin grundsätzlich gem. §§ 535, 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 LBO AVO, 276, 249, 253 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch zu. Der Beklagte hat dadurch, dass die Fensterbrüstung zum Zeitpunkt des Unfalls 2,5 cm niedriger war, als die nach § 4 LBO AVO vorgeschriebenen 80 cm die ihm gegenüber der Klägerin aufgrund des Beherbergungsvertrages obliegenden Pflichten sowie die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt. Ihm oblag es, soweit dies mit zumutbaren Mitteln geschehen konnte, den von ihm in dem Gasthof eröffneten Verkehr möglichst gefahrlos zu gestalten und den Einzelnen vor unvermuteten Gefahrenquellen sowie vor solchen, auf die er sich nicht rechtzeitig einzurichten vermochte, zu schützen. Dabei ist der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Es genügt, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier: Gasthausbetreiber - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Gäste - vor Schäden zu bewahren, die ihm den Umständen nach zuzumuten sind. Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht - nichts anderes gilt hier für die vertragliche Sorgfaltspflicht - ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2007, VI ZR 274/06, RN. 15; BGH, NJW 2006, 2326; KG Berlin RuS 2005, 437). Konkretisiert werden Sicherheitserwartungen durch Unfallverhütungsvorschriften und DIN-Normen, da diese den Stand der Technik und daher den Standard der Verkehrsauffassung widerspiegeln. Entsprechendes gilt für diejenigen Vorschriften des Bauordnungsrechtes, welche die Sicherheit eines Gebäudes betreffen. Zu diesen Sicherheitsvorschriften ist auch § 4 LBO AVO zu zählen, weil diese u. a. die maßgeblichen Regelungen zu Absturzsicherungen enthält. Bei der Verletzung derartiger Pflichten, die typischen Gefährdungen entgegenwirken sollen, kann zugunsten des Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins dahingehend eingreifen, dass der Unfall kausal auf der Pflichtverletzung beruht, wenn sich - wie hier - die Gefahr verwirklicht, vor welche die postulierte Pflicht gerade schützen soll (vgl. BGH, NJW 1994, 945, 946; KG Berlin, a. a. O.; BayObLG, Urteil vom 08.11.1999, 1 ZRR 176/98, zit. n. juris; BayObLG, NJW-RR 1996, 657, 658; OLC Celle, NJOZ 2002, 270). Vorliegend hat sich bei dem Unfall gerade die Gefahr verwirklicht, vor dem die Klägerin durch die maßgeblichen Regelungen hinsichtlich der Brüstungshöhe bewahrt werden sollte. Die Rechtsgrundsätze zum Anscheinsbeweis dürfen allerdings nur dann herangezogen werden, wenn sich unter Berücksichtigung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände sowie der besonderen Merkmale des Sachverhalts ein für die zu beweisenden Tatsachen nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf ergibt, sodass sich die für die Sorgfaltspflicht typische Gefahrensituation im konkreten Fall tatsächlich verwirklicht hat. Dabei genügt für die Beurteilung der Typizität nicht die bloße Wahrscheinlichkeit. Vielmehr muss der behauptete Vorgang nach der Lebenserfahrung zu jenen Vorgängen gehören, die schon auf den ersten Blick nach einem durch Regelmäßigkeit, Üblichkeit und Häufigkeit geprägtem Muster zu laufen pflegen (BayObLG, Urteil vom 08.11.1999, a. a. O., m. w. N.). Vorliegend bedarf es aus den nachstehenden Gründen indes keiner Entscheidung, ob im Hinblick auf den erheblichen Trunkenheitsgrad der Klägerin, der sich aus der bei ihr nach dem Unfall festgestellten Blutalkoholkonzentration von jedenfalls 1,8 ‰ ergibt, dieser Anscheinsbeweis hinsichtlich der Kausalität der Pflichtverletzung erschüttert ist (vergl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 93; ablehnend für den Fall, dass der Grad der Alkoholisierung nicht hinreichend feststellbar ist: OLG Köln, Urteil vom 18.12.2006, Az. 16 U 40/06, unter www.justiz.nrw.de kostenlos abrufbar).
22 
2. Nach den unstreitigen Umständen hat der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt. Er hat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt im Sinne von § 276 BGB nicht außer Acht gelassen.
23 
a) Allerdings muss er als vertraglicher Schuldner gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB bzw. hinsichtlich seiner deliktischen Haftung deshalb, weil er die in § 4 LBO AVO objektivierten Pflichten und somit die sog. „äußere“ Sorgfalt verletzte, was die Verletzung der „inneren“ Sorgfalt indiziert (BGH, NJW 1986, 2757, 2758; BGH, NJW 1994, 2232, 2233; KG Berlin, RuS 2005, 437), solche Umstände darlegen und im Streitfall beweisen, aus denen sich ergibt, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eingehalten hat. Fraglich kann daher nur sein, ob das aus § 276 Abs. 1 BGB zu entnehmende, an den Beklagten als Vertragspartner, Betreiber des Gasthauses und Hauseigentümer gerichtete Sorgfaltsgebot ihn hier aus besonderen persönlichen Gründen nicht zu einer Abwendung den von der zu niedrigen Fensterbrüstung ausgehenden Gefahren verpflichtete, weil er etwa nicht erkennen konnte, dass dieser Bereich eine besondere Gefahrenquelle darstellte. Nur bei solcher Aussage kann ausnahmsweise davon ausgegangen werden, dass der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat bzw. der Schluss von der Nichteinhaltung der „äußeren“ Sorgfalt auf eine Verletzung der „inneren“ Sorgfalt nicht gerechtfertigt ist (BGH, a. a. O.; OLG Celle, NJZ 2002, 270, 272; KG Berlin, a. a. O.).
24 
b) Dies folgt vorliegend nicht schon daraus, wenn der Beklagte sich darauf verlassen hat, dass ihm nach Übernahme des Betriebes von seiner Mutter auf seinen Antrag hin die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft sowie eines Beherbergungsbetriebes ohne Auflagen am 08.10.1990 nach Überprüfung der einzelnen Zimmer durch die Behörde erteilt wurde. Der Verkehrssicherungspflichtige wird durch derartige öffentlich-rechtliche Genehmigungen einer Anlage grundsätzlich - wie auch hier der Beklagte - nicht von der eigenen Prüfungspflicht befreit. Die Erteilung der öffentlich-rechtlichen Erlaubnis verfolgt andere Zwecke als die auf den von den Vertrauenserwartungen des Verkehrs beruhende, auf den Integritätsschutz gefährdeter Personen ausgerichtete und deshalb in ihrer Zielsetzung umfassendere Verkehrssicherungspflicht (BGH, NJW 1994, 2232, 2233; OLG Celle, NJOZ 2002, 270, 272).
25 
c) Dem Beklagten ist es jedoch dennoch nicht als Fahrlässigkeit anzulasten, dass er nicht erkannt hat, dass die Höhe der Fensterbrüstung eine besondere Gefahrenquelle darstellte. Die Höhe lag lediglich 2,5 cm unter der nach § 4 LBO AVO zulässigen Mindesthöhe von 80 cm. Bei einer derart geringfügigen Abweichung musste er nicht erkennen und mussten bei ihm zum Zeitpunkt der Übernahme des Betriebes, die sechzehn Jahre nach dem Umbau erfolgte, sowie in der anschließenden Zeit keine Zweifel aufkommen, ob die Brüstungshöhe die nach § 4 LBO AVO erforderliche Mindesthöhe aufwies. Er musste im Hinblick darauf auch nicht bei Übernahme des Betriebes bzw. in der Folgezeit seinerseits mit einem Meterstab oder auf andere Weise die genaue Brüstungshöhe überprüfen. Es sind keine Anhaltspunkte vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er aufgrund anderweitiger Vorkommnisse derartige Zweifel hätte haben müssen. Es mag sein, dass eine andere Beurteilung bei einer lediglich 56 oder auch 60 cm hohen Balkonbrüstung (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2006, Az. 16 U 40/06, a. a. O.) gerechtfertigt ist oder, wenn sich die Gefährlichkeit einer Fensterkonstruktion dem Betreiber im Hinblick auf von ihm getroffene spezifische Anordnungen offensichtlich aufgedrängt hat (vgl. KG Berlin, a. a. O.) bzw. es offenkundig ist, wie etwa bei einem fehlenden Treppenhandlauf, dass dem auf Schutz von Körper und Gesundheit gerichteten Integritätsanspruch der Benutzer nicht hinreichend Rechnung tragen wird (vgl. OLG Celle, a. a. O.). Derartige Umstände liegen hier jedoch nicht vor.
26 
3. Im Übrigen greift die Klägerin im Hinblick auf ihre erhebliche Alkoholisierung ein derartiges Mitverschulden gemäß § 254 BGB am Zustandekommen des Unfalls, das der allenfalls geringfügige Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten dahinter vollständig zurücktritt.
27 
a) Allerdings ist der Einwand des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB nur begründet, wenn die Klägerin in unfallursächlicher Weise gegen die Sorgfaltsanforderungen in ihren eigenen Angelegenheiten verstoßen hat. Dies muss der Beklagte darlegen und im Streitfall beweisen bzw. zu seinen Gunsten müssen die Grundsätze des Anscheinsbeweises Anwendung finden. Vorliegend hat die Klägerin bereits nicht ernsthaft bestritten, was im Übrigen auch nur schwerlich nachvollziehbar wäre, dass ihre erhebliche Alkoholisierung von zumindest 1,8 ‰ den Unfall mit verursacht hat und sie sich deshalb ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen muss. Im Übrigen spricht jedenfalls der Beweis des ersten Anscheins insoweit zu ihren Lasten. Es ist offenkundig, dass sich eine Blutalkoholkonzentration von 1,8 ‰ nach der Lebenserfahrung auf die Fähigkeit das Gleichgewicht zu halten, insbesondere die Gang- und Stehsicherheit, negativ auswirkt und die Gefahr irrationaler Handlungen begründet und damit eine erheblich erhöhte Gefahr von Stürzen - auch über Geländer und Brüstungen - besteht.
28 
b) Hinter dieser aufgrund der erheblichen Alkoholisierung beruhenden Selbstgefährdung der Klägerin tritt der allenfalls leichte Sorgfaltspflichtverstoß des Beklagten vollständig zurück. Die Klägerin musste bewusst sein, dass eine derartige Trunkenheit in einer ihr nicht hinreichend vertrauten Umgebung eine Verletzung ihr selbst gegenüber bestehender Sorgfaltsobliegenheiten bedeutete. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Betreiber eines Gasthauses bzw. ein Gastwirt grundsätzlich mit alkoholisierten Gästen rechnen muss und deshalb an ihn ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab zu stellen ist. Der Zweck einer ausreichend hohen Fensterbrüstung ist es insbesondere in Gasthäusern deshalb auch, Gleichgewichtsstörungen aufzufangen, die aufgrund einer leichten bis mittleren Alkoholisierung entstehen (vgl. OLG Köln, a. a. O.; BGH, NJW 1988, 1588, NJW 1991, 921; Beckscher Online-Kommentar, Bamberger/Roth, Stand 15.03.2007, § 823, Rn. 294, MünchKomm/Wagner, BGB, 4. Aufl., § 823 Rn. 461). Die Klägerin wies jedoch eine Alkoholisierung auf, die über den Grad einer leichten bis mittleren Alkoholisierung hinausging. Die besonderen Sorgfaltspflichten des Gasthausbetreibers rechtfertigen deshalb kein anderes Ergebnis.
III.
29 
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auch nicht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 20 Nr. 2 GaststG, §§ 276, 249, 253 Abs. 2 BGB zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 20 Nr. 2 GaststG um ein Schutzgesetz zugunsten der Gaststättenbesucher handelt. Ein Verstoß des Beklagten gegen das dort normierte Verbot, alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu verabreichen, lässt sich nicht feststellen. Unter Betrunkenheit ist jeder durch Alkoholgenuss verursachte Zustand zu verstehen, der durch bedeutende körperlich-geistige Ausfallerscheinungen äußerlich auffällt. Die Grenze liegt da, wo der Einfluss des Alkohols offensichtlich einen solchen Grad erreicht hat, dass die betreffende Person sich nach verständiger Beurteilung nicht mehr eigenverantwortlich verhalten kann. Zwar trifft dies nicht erst dann zu, wenn sinnlose Trunkenheit eingetreten ist, sondern schon, wenn die Person zurechnungsunfähig geworden, also der sichere Bereich des § 21 StGB überschritten ist und dies anhand äußerer Anzeichen festgestellt werden kann (OLG Saarbrücken, NJW-RR 1995, 986 ff.). Hinreichende Anhaltspunkte dafür sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
IV.
30 
Die Klage war danach mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
31 
Beschluss
32 
Der Streitwert wird gem. § 63 Abs. 2 GKG n. F. auf 15.000,00 EUR festgesetzt
33 
(Antrag Ziff. 1: 9.000,00 EUR, Antrag Ziff. 2: 4.265,00 EUR, Antrag Ziff. 3: 1.735,00 EUR).

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.