Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 O 284/08

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Drittwiderklage wird festgestellt, dass der Drittwiderbeklagten keine Ansprüche auf Schadenersatz gegen die Beklagte aus der Vermittlung und Beratung im Zusammenhang mit der mittelbaren Beteiligung an der Falk-Fonds 68, Falk Beteiligungsgesellschaft 68 KG, gem. Beitrittserklärung vom 21.07.1999 zustehen.

3. Der Kläger und die Drittwiderbeklagte tragen je zur Hälfte die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der jeweils zu vollstreckenden Beträge vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt mit der am 10.12.2008 anhängig gemachten und am 22.01.2009 zugestellten Klage von der Beklagten Schadensersatz aus eigenem und aus abgetretenem Recht im Zusammenhang mit der Vermittlung und dem Erwerb von Anteilen an dem geschlossenen Immobilienfonds „Falk-Fonds 68“.
Die Beklagte ist eine Gesellschaft für Wirtschaftsbetreuung und Finanzbetreuung.
Am 21.07.1999 traten der Kläger und die Drittwiderbeklagte (im Folgenden auch als „Klägerseite“ bezeichnet) der Fondsgesellschaft mit einer Beteiligung von 100.000,00 DM zzgl. 5% Agio bei (AH 1). Der Fondsbeitritt wurde durch eine Treuhänderin vollzogen. Die für die Beklagte tätige Vermittlerin V. händigte am Tag der Fondszeichnung den Fondsprospekt aus.
In der von der Klägerseite persönlich unterzeichneten Beitrittserklärung vom 21.07.1999 (AH 1) heißt es u. a.:
„…Den Treuhandvertrag sowie dem Prospekt beigefügten Gesellschaftsvertrag erkenne wir als für uns verbindlich an. Den Prospektinhalt haben wir vollinhaltlich zur Kenntnis genommen…“
Die Drittwiderbeklagte trat mit Abtretungserklärung vom 13.11.2008 die ihr zustehenden Ansprüche „aus der Fondsbeteiligung“ gegen die Beklagte an den Kläger ab.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte behaupten, sie seien von der Vermittlerin grob fehlerhaft und unvollständig beraten worden. Bei den im Zuge des Fondsbeitritts geführten Gesprächen, bei denen es sich inhaltlich um Anlageberatung gehandelt habe, seien sie hinsichtlich Risiken und Struktur des Fonds nicht hinreichend aufgeklärt worden, insbesondere sei es nicht zu einer Aufklärung über das sich aus der Ausschüttung von Einlagen ergebende Rückzahlungsrisiko gekommen. Auf die Risiken bei Wegfall der Komplementärin sei nicht hinreichend hingewiesen worden. Es habe sich um eine weitaus überteuerte Schrottimmobilie gehandelt, mit der die prospektierten Mieten nicht einzunehmen gewesen wären.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 84.490,98 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Drittwiderklagend beantragt die Beklagte,
13 
festzustellen, dass der Drittwiderbeklagten keine Ansprüche auf Schadenersatz gegen die Beklagte aus der Vermittlung und Beratung im Zusammenhang mit der mittelbaren Beteiligung an der Falk-Fonds 68, Falk Beteiligungsgesellschaft 68 KG, gem. Beitrittserklärung vom 21.07.1999 zustehen.
14 
Die Drittwiderbeklagte beantragt,
15 
die Drittwiderklage abzuweisen.
16 
Die Beklagte beruft sich auf Verjährung und vertritt die Ansicht, der Kläger und die Drittwiderbeklagte hätten anhand der ihnen ausgehändigten Fondsprospekts jedenfalls die Möglichkeit gehabt, sich ausreichend über die mit der Anlage verbundenen Risiken zu informieren.
17 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2009 (AS 303 ff.) Bezug genommen.
18 
Mit Schriftsatz vom 18.11.2009 (AS 371/373) wurde im Hinblick auf die gerichtlichen Vergleichsbemühungen mitgeteilt, dass keine Einigung zwischen den Parteien besteht.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die zulässige Drittwiderklage ist begründet.
20 
Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Das Gericht schließt sich insoweit ausdrücklich der zu vergleichbaren Fällen bereits ergangenen Rechtsprechung, insbesondere des Landgerichts Duisburg (Urteil vom 02.03.2007 - 10 O 305/06, juris) und des Landgerichts Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08) an.
21 
Es kann dahinstehen, ob es sich im Rahmen der Gespräche anlässlich des Fondsbeitritts um bloße Vermittlung oder Anlageberatung gehandelt hatte und ob es in diesem Zusammenhang zu falschen Aussagen durch die Vermittlerin gekommen war und ob sich die Beklagte deren Verhalten überhaupt zurechnen lassen muss und ob der Kläger vollumfänglich aktivlegitimiert ist, da sich daraus etwaig ergebende Ansprüche jedenfalls verjährt wären. Denn Kenntnis von den jedem einzelnen etwaigen Beratungs- und Aufklärungsfehler bestand spätestens seit dem Jahr 2004. Verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen hätten daher spätestens zum Ablauf des Jahres 2007 ergriffen werden müssen.
22 
1. Gemäß Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Gemäß Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB wird in den Fällen, in denen die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, die kürzere Frist vom 1. Januar 2002 an berechnet.
23 
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob der Verjährungslauf auch in Überleitungsfällen unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu berechnen ist, da die Klägerseite den Fondsprospekt im Zusammenhang mit dem Fondsbeitritt ausgehändigt bekommen hatte und damit die Möglichkeit gehabt hätte, die im Falle einer Falschberatung gegebenen anspruchsbegründenden Tatsachen zu ermitteln.
24 
Nicht erheblich ist die Frage, ob der Prospekt vor dem Beitritt oder im Anschluss daran ausgehändigt worden war. Für den Lauf der Verjährungsfristen ist alleine erheblich, ab wann die Klägerseite die Möglichkeit gehabt hatte, zu erkennen, dass seine Entscheidung, dem Fonds beizutreten, auf falschen Angaben des Handelsvertreters beruhte.
25 
Gemäß § 199 BGB ist die für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis gegeben, wenn der Betroffene eine Kenntnis der Tatsachen hat, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Einordnung die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlauben. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Geschädigte die ihm bekannten Tatsachen rechtlich zutreffend einordnet (BGH NJW 1993, 2741).
26 
Es ist im Hinblick auf die Kenntnis darauf abzustellen, ab wann es der Klägerseite unter Inanspruchnahme rechtlicher Beratung möglich und zumutbar gewesen wäre, eine - wenn auch nicht risikolose - Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGHZ 122, 317).
27 
2. Soweit der Kläger behauptet, die Angaben des Handelsvertreterin im Rahmen der Gespräche, die zu dem Beitritt geführt haben, hätten im Widerspruch zu den Inhalten des Prospektes gestanden, ist dem zu entgegen, dass die Klägerseite diese Widersprüche hätte erkennen können, wenn sie den Prospekt gelesen hätte. Anders als der Kläger behauptet, deutet die Gesprächsnotiz vom 21.07.1999 nicht auf die Risikolosigkeit der Anlage hin.
28 
Diese Möglichkeit, etwaige Widersprüche zu erkennen, war ab Aushändigung des Fondsprospektes gegeben, da sich aus dem Prospekt die Risiken herauslesen lassen, die mit der Entscheidung, einem geschlossenen Immobilienfonds beizutreten, verbunden sind.
29 
a) Auf den Seiten 1 und 3 des Prospektes wird darauf hingewiesen, dass mit dem Beitritt ein unternehmerisches Risiko verbunden ist und auf das Kapitel „Risiken der Beteiligung“ ab S. 62 verwiesen.
30 
Der Kläger kann sich schon deshalb nicht darauf berufen, der Klägerseite sei suggeriert worden, es handele sich bei dem Fondsbeitritt um eine sichere und risikolose Anlagemöglichkeit, weil ein Blick auf die ersten Seiten des Prospektes gezeigt hätte, dass es sich gerade nicht um eine risikolose Anlageform handelte. Die Formulierungen in dem Prospekt sind insoweit unmissverständlich.
31 
Insbesondere wird in dem Kapitel „Risiken der Beteiligung“ umfangreich dargestellt, welche konkreten Risiken mit dem Immobilienfonds verbunden sind. Dabei wird detailliert auf die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten eingegangen, die im Hinblick auf die nicht abzuschätzende Entwicklung der Mieten, Grundstückspreise, Nachfrage, etc. bestehen.
32 
Schon in der ersten Spalte auf der Seite 62 heißt es:
33 
„Allgemeine Risiken liegen insbesondere in der Langfristigkeit der Einnahmen, die der Ergebnis-Prognoserechnung zugrunde liegen und die sich aufgrund heute nicht vorhersehbarer Entwicklungen als unzutreffend erweisen und die Rentabilität der Beteiligung nachhaltig beeinflussen und bis zum teilweisen oder gänzlichen Verlust der Einlage führen können.“
34 
Es wird also ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Totalverlusts hingewiesen.
35 
Der Kläger kann vor diesem Hintergrund nicht mit der Ansicht durchdringen, die Klägerseite habe nicht die Möglichkeit gehabt, die Risiken der Anlage zu erkennen. Soweit er geltend macht, diese Möglichkeit habe erst bestanden, als die Probleme bei dem Fonds offenbar wurden, geht er fehl. Denn zu diesem Zeitpunkt realisierten sich die mit der Anlageform verbundenen Risiken lediglich, bestanden hatten sie jedoch bereits ab der Auflage des Fonds.
36 
b) Ferner lässt sich aus klägerischer Sicht nichts daraus ziehen, dass die ausgezahlten Ausschüttungen mangels erwirtschafteter Gewinne ausschließlich im Wege der teilweisen Rückzahlung der Einlagen erfolgten. Insbesondere kann nicht zur Überzeugung des Gerichts angeführt werden, dass der Zedent nicht wissen konnte, dass diese Möglichkeit überhaupt besteht.
37 
Denn auf Seite 62 Spalte 3 heißt es:
38 
„Die persönliche Haftung des Anlegers als Treugeber ist auf den Betrag der von ihm gezeichneten Kommanditeinlage begrenzt; sie erlischt mit Leistung der Einlage, lebt jedoch bei Ausschüttungen, die eine Rückzahlung der Einlage oder von Teilen davon darstellen, im Umfang der Rückzahlung wieder auf.“
39 
Aus dieser Passage ergibt sich unzweifelhaft, dass die Möglichkeit im Rahmen des aufgelegten Fonds vorgesehen war, Ausschüttungen an die Kommanditisten (teilweise) durch Einlagenrückzahlungen vorzunehmen.
40 
Auf die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB ist damit ausreichend hingewiesen (BGH, Beschluss vom 09.11.2009 - II ZR 16/09).
41 
Die klägerseits vorgelegte Entscheidung des OLG Karlsruhe (Außensenat Freiburg, Urteil vom 06.08.2009 - 4 U 11/08) betrifft eine andere Fallkonstellation, da dort der Insolvenzverwalter des Fonds gegen die Anleger auf Rückzahlung der Ausschüttungen klagt. Rein logisch gesehen würde die Übertragung dieser Entscheidung auf den hiesigen Sachverhalt der hier behaupteten Aufklärungspflichtverletzung schon deshalb den Boden entziehen, da die Klägerseite dann gar nicht auf Rückzahlung der Ausschüttungen haften würde und insoweit gar keinen Schäden hätten. Das Herauspicken einzelner Begründungselemente erscheint dem Gericht nicht möglich und angesichts der zitierten BGH-Rechtsprechung auch nicht sachlich veranlasst.
42 
c) Bei Studium des Prospektes und insbesondere des Kapitels „Risiken der Beteiligung“ war zwanglos erkennbar, dass es sich bei dem Fonds um eine (hoch) spekulative Anlageform handelte, die keine Garantien oder Sicherheiten bot. Insbesondere war eine Absicherung gegen den Totalverlust nicht gegeben, der sich letztendlich genau über die in dem Prospekt geschilderten Risikoszenarien (Leerstand, Verfall der Grundstückspreise und - mieten, etc.) realisiert hat.
43 
Da die Klägerseite seit 1999 im Besitz des Prospektes war, hätte sie ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, etwaige sich daraus ergebende Diskrepanzen zu den Angaben des Handelsvertreters aufzudecken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen zu ziehen.
44 
Sollte die Klägerseite den Prospekt nicht gelesen haben, läge eine grob fahrlässige Unkenntnis vor, die der Kenntnis gleich stünde. Der Schaden war im Zeitpunkt der Verfügung über die Fondseinlage eingetreten, die Voraussetzungen des § 199 BGB sind erfüllt.
45 
3. Soweit der Kläger auf die angebliche Überteuerung der vom Fonds angeschafften Immobilien bzw. die ursprünglich zu hoch angesetzten zu vereinnahmenden Mieten abhebt, ist ebenfalls von Verjährung auszugehen. Etwaige Anhaltspunkte für damit einhergehende erhöhte wirtschaftliche Risiken können allenfalls in der Verlustzuweisungsmitteilung aus dem Jahr 1999 bzw. der Mitteilung über die Reduktion der Ausschüttungen aus dem Jahr 2004 entnommen werden; die zugehörigen Schriftstücke sind der Klägerseite im jeweiligen Jahr zugegangen (vgl. Beklagtenschriftsatz vom 19.03.2009, S. 16, AS 103). Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, woher die Beklagte überhaupt Kenntnis von dem angeblich geringen Wert der Immobilie bzw. der geringen Höhe der erzielbaren Mieten gehabt haben soll. Mit dem Landgericht Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08, US. 13) ist insoweit darauf zu verweisen, dass das Emissionsprospekt immerhin durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für beanstandungsfrei befunden worden war. Außerdem lobte die einschlägige Presse die vertriebenen Produkte.
46 
Etwaig gegen die Beklagte entstandene Schadensersatzansprüche wären daher mit Ablauf des Jahres 2004 oder spätestens des Jahres 2007 jedenfalls verjährt.
47 
Die Drittwiderklage ist zulässig und begründet. Zur Begründung wird im Einzelnen auf die den Parteien bekannte Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08, US. 15 ff.) verwiesen.
48 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Gründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die zulässige Drittwiderklage ist begründet.
20 
Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Das Gericht schließt sich insoweit ausdrücklich der zu vergleichbaren Fällen bereits ergangenen Rechtsprechung, insbesondere des Landgerichts Duisburg (Urteil vom 02.03.2007 - 10 O 305/06, juris) und des Landgerichts Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08) an.
21 
Es kann dahinstehen, ob es sich im Rahmen der Gespräche anlässlich des Fondsbeitritts um bloße Vermittlung oder Anlageberatung gehandelt hatte und ob es in diesem Zusammenhang zu falschen Aussagen durch die Vermittlerin gekommen war und ob sich die Beklagte deren Verhalten überhaupt zurechnen lassen muss und ob der Kläger vollumfänglich aktivlegitimiert ist, da sich daraus etwaig ergebende Ansprüche jedenfalls verjährt wären. Denn Kenntnis von den jedem einzelnen etwaigen Beratungs- und Aufklärungsfehler bestand spätestens seit dem Jahr 2004. Verjährungsunterbrechende bzw. -hemmende Maßnahmen hätten daher spätestens zum Ablauf des Jahres 2007 ergriffen werden müssen.
22 
1. Gemäß Artikel 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden die nach dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung auf die an diesem Tag bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Gemäß Artikel 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB wird in den Fällen, in denen die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, die kürzere Frist vom 1. Januar 2002 an berechnet.
23 
Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob der Verjährungslauf auch in Überleitungsfällen unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu berechnen ist, da die Klägerseite den Fondsprospekt im Zusammenhang mit dem Fondsbeitritt ausgehändigt bekommen hatte und damit die Möglichkeit gehabt hätte, die im Falle einer Falschberatung gegebenen anspruchsbegründenden Tatsachen zu ermitteln.
24 
Nicht erheblich ist die Frage, ob der Prospekt vor dem Beitritt oder im Anschluss daran ausgehändigt worden war. Für den Lauf der Verjährungsfristen ist alleine erheblich, ab wann die Klägerseite die Möglichkeit gehabt hatte, zu erkennen, dass seine Entscheidung, dem Fonds beizutreten, auf falschen Angaben des Handelsvertreters beruhte.
25 
Gemäß § 199 BGB ist die für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis gegeben, wenn der Betroffene eine Kenntnis der Tatsachen hat, die bei richtiger Verknüpfung und rechtlicher Einordnung die Feststellung der Ersatzpflicht einer bestimmten Person erlauben. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Geschädigte die ihm bekannten Tatsachen rechtlich zutreffend einordnet (BGH NJW 1993, 2741).
26 
Es ist im Hinblick auf die Kenntnis darauf abzustellen, ab wann es der Klägerseite unter Inanspruchnahme rechtlicher Beratung möglich und zumutbar gewesen wäre, eine - wenn auch nicht risikolose - Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGHZ 122, 317).
27 
2. Soweit der Kläger behauptet, die Angaben des Handelsvertreterin im Rahmen der Gespräche, die zu dem Beitritt geführt haben, hätten im Widerspruch zu den Inhalten des Prospektes gestanden, ist dem zu entgegen, dass die Klägerseite diese Widersprüche hätte erkennen können, wenn sie den Prospekt gelesen hätte. Anders als der Kläger behauptet, deutet die Gesprächsnotiz vom 21.07.1999 nicht auf die Risikolosigkeit der Anlage hin.
28 
Diese Möglichkeit, etwaige Widersprüche zu erkennen, war ab Aushändigung des Fondsprospektes gegeben, da sich aus dem Prospekt die Risiken herauslesen lassen, die mit der Entscheidung, einem geschlossenen Immobilienfonds beizutreten, verbunden sind.
29 
a) Auf den Seiten 1 und 3 des Prospektes wird darauf hingewiesen, dass mit dem Beitritt ein unternehmerisches Risiko verbunden ist und auf das Kapitel „Risiken der Beteiligung“ ab S. 62 verwiesen.
30 
Der Kläger kann sich schon deshalb nicht darauf berufen, der Klägerseite sei suggeriert worden, es handele sich bei dem Fondsbeitritt um eine sichere und risikolose Anlagemöglichkeit, weil ein Blick auf die ersten Seiten des Prospektes gezeigt hätte, dass es sich gerade nicht um eine risikolose Anlageform handelte. Die Formulierungen in dem Prospekt sind insoweit unmissverständlich.
31 
Insbesondere wird in dem Kapitel „Risiken der Beteiligung“ umfangreich dargestellt, welche konkreten Risiken mit dem Immobilienfonds verbunden sind. Dabei wird detailliert auf die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten eingegangen, die im Hinblick auf die nicht abzuschätzende Entwicklung der Mieten, Grundstückspreise, Nachfrage, etc. bestehen.
32 
Schon in der ersten Spalte auf der Seite 62 heißt es:
33 
„Allgemeine Risiken liegen insbesondere in der Langfristigkeit der Einnahmen, die der Ergebnis-Prognoserechnung zugrunde liegen und die sich aufgrund heute nicht vorhersehbarer Entwicklungen als unzutreffend erweisen und die Rentabilität der Beteiligung nachhaltig beeinflussen und bis zum teilweisen oder gänzlichen Verlust der Einlage führen können.“
34 
Es wird also ausdrücklich auf die Möglichkeit eines Totalverlusts hingewiesen.
35 
Der Kläger kann vor diesem Hintergrund nicht mit der Ansicht durchdringen, die Klägerseite habe nicht die Möglichkeit gehabt, die Risiken der Anlage zu erkennen. Soweit er geltend macht, diese Möglichkeit habe erst bestanden, als die Probleme bei dem Fonds offenbar wurden, geht er fehl. Denn zu diesem Zeitpunkt realisierten sich die mit der Anlageform verbundenen Risiken lediglich, bestanden hatten sie jedoch bereits ab der Auflage des Fonds.
36 
b) Ferner lässt sich aus klägerischer Sicht nichts daraus ziehen, dass die ausgezahlten Ausschüttungen mangels erwirtschafteter Gewinne ausschließlich im Wege der teilweisen Rückzahlung der Einlagen erfolgten. Insbesondere kann nicht zur Überzeugung des Gerichts angeführt werden, dass der Zedent nicht wissen konnte, dass diese Möglichkeit überhaupt besteht.
37 
Denn auf Seite 62 Spalte 3 heißt es:
38 
„Die persönliche Haftung des Anlegers als Treugeber ist auf den Betrag der von ihm gezeichneten Kommanditeinlage begrenzt; sie erlischt mit Leistung der Einlage, lebt jedoch bei Ausschüttungen, die eine Rückzahlung der Einlage oder von Teilen davon darstellen, im Umfang der Rückzahlung wieder auf.“
39 
Aus dieser Passage ergibt sich unzweifelhaft, dass die Möglichkeit im Rahmen des aufgelegten Fonds vorgesehen war, Ausschüttungen an die Kommanditisten (teilweise) durch Einlagenrückzahlungen vorzunehmen.
40 
Auf die Möglichkeit des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB ist damit ausreichend hingewiesen (BGH, Beschluss vom 09.11.2009 - II ZR 16/09).
41 
Die klägerseits vorgelegte Entscheidung des OLG Karlsruhe (Außensenat Freiburg, Urteil vom 06.08.2009 - 4 U 11/08) betrifft eine andere Fallkonstellation, da dort der Insolvenzverwalter des Fonds gegen die Anleger auf Rückzahlung der Ausschüttungen klagt. Rein logisch gesehen würde die Übertragung dieser Entscheidung auf den hiesigen Sachverhalt der hier behaupteten Aufklärungspflichtverletzung schon deshalb den Boden entziehen, da die Klägerseite dann gar nicht auf Rückzahlung der Ausschüttungen haften würde und insoweit gar keinen Schäden hätten. Das Herauspicken einzelner Begründungselemente erscheint dem Gericht nicht möglich und angesichts der zitierten BGH-Rechtsprechung auch nicht sachlich veranlasst.
42 
c) Bei Studium des Prospektes und insbesondere des Kapitels „Risiken der Beteiligung“ war zwanglos erkennbar, dass es sich bei dem Fonds um eine (hoch) spekulative Anlageform handelte, die keine Garantien oder Sicherheiten bot. Insbesondere war eine Absicherung gegen den Totalverlust nicht gegeben, der sich letztendlich genau über die in dem Prospekt geschilderten Risikoszenarien (Leerstand, Verfall der Grundstückspreise und - mieten, etc.) realisiert hat.
43 
Da die Klägerseite seit 1999 im Besitz des Prospektes war, hätte sie ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, etwaige sich daraus ergebende Diskrepanzen zu den Angaben des Handelsvertreters aufzudecken und die sich daraus ergebenden Konsequenzen innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen zu ziehen.
44 
Sollte die Klägerseite den Prospekt nicht gelesen haben, läge eine grob fahrlässige Unkenntnis vor, die der Kenntnis gleich stünde. Der Schaden war im Zeitpunkt der Verfügung über die Fondseinlage eingetreten, die Voraussetzungen des § 199 BGB sind erfüllt.
45 
3. Soweit der Kläger auf die angebliche Überteuerung der vom Fonds angeschafften Immobilien bzw. die ursprünglich zu hoch angesetzten zu vereinnahmenden Mieten abhebt, ist ebenfalls von Verjährung auszugehen. Etwaige Anhaltspunkte für damit einhergehende erhöhte wirtschaftliche Risiken können allenfalls in der Verlustzuweisungsmitteilung aus dem Jahr 1999 bzw. der Mitteilung über die Reduktion der Ausschüttungen aus dem Jahr 2004 entnommen werden; die zugehörigen Schriftstücke sind der Klägerseite im jeweiligen Jahr zugegangen (vgl. Beklagtenschriftsatz vom 19.03.2009, S. 16, AS 103). Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar vorgetragen, woher die Beklagte überhaupt Kenntnis von dem angeblich geringen Wert der Immobilie bzw. der geringen Höhe der erzielbaren Mieten gehabt haben soll. Mit dem Landgericht Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08, US. 13) ist insoweit darauf zu verweisen, dass das Emissionsprospekt immerhin durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für beanstandungsfrei befunden worden war. Außerdem lobte die einschlägige Presse die vertriebenen Produkte.
46 
Etwaig gegen die Beklagte entstandene Schadensersatzansprüche wären daher mit Ablauf des Jahres 2004 oder spätestens des Jahres 2007 jedenfalls verjährt.
47 
Die Drittwiderklage ist zulässig und begründet. Zur Begründung wird im Einzelnen auf die den Parteien bekannte Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden (Urteil vom 17.04.2009 - 9 O 338/08, US. 15 ff.) verwiesen.
48 
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

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