1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2009, Az. 2 C 162/09, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
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| Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. |
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| Der Kläger begehrt von der beklagten Zusatzversorgungsanstalt eine höhere Betriebsrente. |
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| Der am ... 1948 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01. April 1981 als Beschäftigter im öffentlichen Dienst pflichtversichert. |
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| Mit Bescheid vom 17. Februar 2005 hat die BfA ihm ab dem 01. Oktober 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt, zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2006. Wegen vorzeitiger Inanspruchnahme wurde der Zugangsfaktor gem. § 77 Abs. 2 SGB VI um 10,80 v.H. auf 0,892 vermindert (vgl. Bescheid vom 17. Februar 2005 - AH II 1 - 47; hier: Anl. 6 - AH II 35/37) . Seit dem 01. Juli 2007 erhält der Kläger diese Rente als unbefristete Erwerbsminderungsrente weiter (vgl. Bescheid vom 16. November 2006 - AH II 49). |
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| Durch Bescheid vom 05. November 2008 wurde dem Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund ab dem 01. Januar 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen errechnet; wie zuvor wurde auch hier der Zugangsfaktor wegen vorzeitiger Inanspruchnahme auf 0,892 vermindert (AH II 51 - 83; hier: Anl. 6 - AH 83). Dieser Zugangsfaktor wurde für jeden Kalendermonat, für den die frühere Rente in der Zeit vom 01. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 nicht mehr in Anspruch genommen wird, um 0,003 erhöht, woraus sich ein Zugangsfaktor von 1,0 errechnet. Da die so ermittelte Rente höher war, als die Rente wegen Erwerbsminderung, wurde diese Rente wegen Schwerbehinderung ab dem 01. Januar 2009 gezahlt (AH II 83). |
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| Von der Beklagten erhält der Kläger seit dem 01. Oktober 2004 eine Betriebsrente, bei der u.a. im Rahmen der sozialen Komponente des § 37 Abs. 2 VBLS 11,92 Versorgungspunkte zugrunde gelegt und nach § 35 Abs. 3 VBLS Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme in Höhe von 10,80 v.H. berücksichtigt wurden (Mitteilungen vom 04. und vom 21. Mai 2005 - I 73). |
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| Nach Vorlage des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 05. November 2008 hat die Beklagte die Betriebsrente des Klägers neu berechnet. In der Mitteilung vom 04. November 2008 wird die Neuberechnung mit dem Eintritt eines neuen Versicherungsfalles und der Berücksichtigung von weiteren 0,12 Versorgungspunkten für November 2004 begründet (I 7 - 33; hier: Anl. 1 Seite 3/4 - I 19/21). Diese zusätzlichen Versorgungspunkte führten jedoch wegen bereits zuvor gewährten höheren Versorgungspunkten als soziale Komponente (§ 37 Abs. 2 VBLS) zu keiner höheren Betriebsrente. Auch diese neu berechnete Betriebsrente wurde wiederum wegen vorzeitiger Inanspruchnahme um 10,80 v.H. auf 10,63 Versorgungspunkte vermindert (vgl. Anl. 3 Seite 1 der Mitteilung - I 31). |
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| (3) Die Betriebsrente mindert sich für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI herabgesetzt ist, um 0,3 Prozent, höchstens jedoch um insgesamt 10,8 Prozent. |
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| § 40 VBLS lautet in den hier maßgeblichen Absätzen 1, 2, 3 und 4: |
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| (1) Die Betriebsrente ist neu zu berechnen, wenn bei einer/einem Betriebsrentenberechtigten ein neuer Versicherungsfall eintritt und seit dem Beginn der Betriebsrente aufgrund des früheren Versicherungsfalls zusätzliche Versorgungspunkte zu berücksichtigen sind. |
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| (2) Durch die Neuberechnung wird die bisherige Betriebsrente um den Betrag erhöht, der sich als Betriebsrente aufgrund der neu zu berücksichtigenden Versorgungspunkte ergibt; für diese zusätzlichen Versorgungspunkte wird der Abschlagfaktor nach § 35 Abs. 3 gesondert festgestellt. |
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| (3) Wird aus einer Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung eine Betriebsrente wegen voller Erwerbsminderung oder wegen Alters, wird die bisher nach § 35 Abs. 2 zur Hälfte gezahlte Betriebsrente voll gezahlt. |
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| (4) Bei Neuberechnung der Betriebsrente sind Versorgungspunkte nach § 37 Abs. 2, die aufgrund des früheren Versicherungsfalls berücksichtigt wurden, nur noch insoweit anzurechnen, als sie die zusätzlichen Versorgungspunkte - ohne Bonuspunkte nach § 68 - aus einer Pflichtversicherung übersteigen oder soweit in dem nach § 37 Abs. 2 maßgebenden Zeitraum keine Pflichtversicherung mehr bestanden hat.“ |
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| Der Kläger beanstandet die Höhe seiner Betriebsrente mit Blick auf den unveränderten Abschlag in Höhe von 10,80 v.H. nach § 35 Abs. 3 VBLS, obgleich die gesetzliche Rentenversicherung seit dem 01. Januar 2009 bei der Zahlung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen einen Abschlag nach § 77 SGB VI nicht vornimmt. |
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| Das Amtsgericht, auf dessen Urteil vom 21. Juli 2009 wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, soweit sie den nachfolgenden Feststellungen nicht wiedersprechen, hat die Klage abgewiesen. |
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| Mit seiner dagegen gerichteten Berufung beantragt der Kläger, das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe abzuändern und weiter zu erkennen, |
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| dem Kläger ab dem 01. Januar 2009 eine abschlagsfreie Betriebsrente, sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 229,55 zu bezahlen. |
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| die Berufung des Klägers zurückzuweisen. |
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| Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. |
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| Der Kläger ist der Ansicht, § 35 Abs. 3 VBLS regele keine Minderung der Betriebsrente auf Dauer, sondern lasse im Umkehrschluss die Heraufsetzung ab dem Zeitpunkt vor, in dem die gesetzliche Rente nicht mehr nach § 77 SGB VI gemindert wird. In der ausschließlichen Anwendung des § 40 Abs. 1 VBLS liege eine unangemessene Benachteiligung. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. |
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| Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. |
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| Die Beklagte gewährt dem Kläger auch seit dem 01. Januar 2009 eine Betriebsrente mit einem Abschlag in Höhe von 10,80 v.H. Einen darüber hinaus gehenden Feststellungsanspruch auf abschlagsfreie Betriebsrente kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen. Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass der Kläger nach § 35 Abs. 3 VBLS eine Minderung seiner Betriebsrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme hinnehmen muss. Dies ergibt die Auslegung der Satzungsbestimmungen, für die es, da es sich um Allgemeine Versicherungsbedingungen handelt, auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherten ankommt (vgl. BGHZ 103, 370, 383; BGH VersR 2003, 895 unter II 1 a m.w.N.). |
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| 1. Der Kläger gehört zu den Versicherten, die zuerst Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung und später wegen Altersrente für schwerbehinderte Menschen erhalten, zugleich aber auch eine Betriebsrente der beklagten Anstalt. Die Voraussetzungen für einen Abschlag in der Betriebsrente nach § 35 Abs. 3 VBLS liegen auch nach Änderung der Ansprüche des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung unverändert vor. |
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| Der Zugangsfaktor ist in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Berechnungselement der persönlichen Entgeltpunkte, dessen Höhe in § 77 SGB VI näher geregelt ist. Danach richtet sich der Zugangsfaktor nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder bei Tod und bestimmt, ob die vom Versicherten während des Erwerbslebens erzielten Entgeltpunkte in vollem Umfang oder nur zu einem Anteil bei der Ermittlung des Monatsbetrags der Rente als persönliche Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind. Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und bei Erziehungsrenten für jeden Kalendermonat, für den eine Rente vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, um 0,003 niedriger als 1,0. Beginnt eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 62. Lebensjahres, so bestimmt § 77 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass die Vollendung des 62. Lebensjahres für die "Bestimmung des Zugangsfaktors" maßgebend ist. |
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| § 77 Abs. 2 SGB VI ist als Berechnungsregel zur Umsetzung der allgemeinen Grundsätze zur Rentenhöhe im Sinne des § 63 Abs. 5 iVm § 64 Nr 1 SGB VI zu verstehen (so BSG, Urteil vom 14. August 2008 - B 5 R 32/07 R, in FamRZ 2009, 329 - 332). |
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| Indem die Grundregel des § 77 Abs. 1 SGB VI für die Rentenberechnung zum einen das Alter des Versicherten bei Rentenbeginn oder Tod für maßgebend erklärt und zum anderen das rechnerische Verhältnis zwischen Entgeltpunkten und persönlichen Entgeltpunkten festlegt, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass der Zugangsfaktor und somit die nach § 77 Abs. 2, 3 SGB VI zu ermittelnden "Abschläge" oder "Zuschläge" für die gesamte Dauer des ununterbrochenen Rentenbezugs gelten sollen (vgl. BSG a.a.O. unter Hinweis auf BSG vom 28.10.2004 - B 4 RA 42/02 R - Juris RdNr 281 ff; m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 2009 - 1 BvR 1631/04) . Falls dieselben Entgeltpunkte einer weiteren Rente zu Grunde zu legen sind, ist durch § 77 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI eine erneute Ermittlung des Zugangsfaktors grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. auch § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). |
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| Im vorliegenden Fall hatte die BfA mit Bescheid vom 17. Februar 2005 dem damals 55jährigen Kläger ab dem 01. Oktober 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt, zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2006. Wegen vorzeitiger Inanspruchnahme wurde der Zugangsfaktor gem. § 77 Abs. 2 SGB VI um 10,80 v.H. auf 0,892 vermindert ( AH II 1 - 47; hier: Anl. 6 - AH II 35/37) . Seit dem 01. Juli 2007 erhielt der Kläger diese Rente als unbefristete Erwerbsminderungsrente weiter (vgl. Bescheid vom 16. November 2006 - AH II 49). Durch Bescheid vom 05. November 2008 wurde dem nunmehr 60jährigen Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund ab dem 01. Januar 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen errechnet. Entgeltpunkte, die bereits Grundlage einer früheren Rente- hier: wegen Erwerbsminderung - waren, behielten den Zugangsfaktor der früheren Rente von 0,892. Lediglich für die Zeiten, für den diese frühere Rente wegen Erwerbsminderung in der Zeit vom 01. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2011 nicht mehr in Anspruch genommen wird, sondern die nunmehr neu berechnete Altersrente für Schwerbehinderte Menschen, erhöht sich der Zugangsfaktor für 36 Monate um 0,108 auf 1,000 (AH II 51 - 83; hier: Anl. 6 - AH 83). Da die so ermittelte Rente höher war, als die Rente wegen Erwerbsminderung, wurde diese Rente wegen Schwerbehinderung gem. § 89 Abs. 1 SGB VI ab dem 01. Januar 2009 gezahlt (AH II 83). Denn danach wird bei Bestehen von Ansprüche auf mehrere Renten für denselben Zeitraum aus eigener Versicherung, nur die höchste Rente geleistet. |
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| Nach § 35 Abs. 3 VBLS mindert sich die Betriebsrente für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI herabgesetzt ist um 0,3 Prozent, höchstens jedoch um 10,8 Prozent. |
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| Es liegt demnach für die nach wie vor dem Kläger grundsätzlich zu gewährende gesetzliche Rente wegen Erwerbsminderung die Minderung des Zugangsfaktors der persönlichen Entgeltpunkte nach § 77 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 SGB VI vor. Der Zugangsfaktor wird jedoch für Entgeltpunkte, die der Kläger bei seiner Rente wegen Alters nicht mehr vorzeitig in Anspruch nimmt, um 0,003 je Kalendermonat erhöht. Beim Vergleich dieser beiden nebeneinander stehenden Ansprüche des Klägers auf Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung und wegen Alters für schwerbehinderte Menschen ist in der gesetzlichen Rentenversicherung angeordnet, dass die höchste Rente für die Zahlung maßgeblich sein soll (§ 89 Abs. 1 SGB VI). Die Regelung des § 35 Abs. 3 VBLS trifft eine solche Unterscheidung nicht. Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 VBLS ist allein maßgeblich, dass der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI herabgesetzt ist. Für die gesetzliche Rente des Klägers wegen voller Erwerbsminderung trifft dies auch unverändert zu. Auf die nach § 89 Abs. 1 SGB VI auszuzahlende, höhere Rente wegen Alters für schwerbehinderte Menschen stellt § 35 Abs. 3 VBLS nicht ab. Demnach ist die beklagte Anstalt daher grundsätzlich berechtigt, in Fällen der vorliegenden Art, weiterhin die Betriebsrente wegen des nach § 77 SGB VI herabgesetzten Zugangsfaktors zu mindern. |
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| Es handelt sich bei dieser Bezugnahme in § 35 Abs. 3 VBLS auch nicht um eine Verweisung auf die Regelungen der gesetzlichen Rentenversicherung, wie sie sich im Satzungswerk der beklagten Anstalt an anderer Stelle findet (vgl. § 45 VBLS), die eine Berücksichtigung von § 89 SGB VI gebieten könnte. § 35 Abs. 3 VBLS stellt nach seinem eindeutigen Wortlaut allein auf einen nach § 77 SGB VI herabgesetzten Zugangsfaktor ab, nimmt jedoch nicht auf die jeweils gewährte oder auszuzahlende gesetzliche Rente Bezug. |
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| Inwieweit bei welcher gesetzlichen Rente nun die Voraussetzungen des § 77 SGB VI vorliegen, kann und muss der Versicherte nicht im einzelnen kennen. Ihm erschließt sich jedoch bei gehöriger Prüfung, dass diese - naturgemäß - dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu entnehmen ist. |
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| Im vorliegenden Fall hätte der Kläger durch die sorgfältige Lektüre des Rentenbescheids der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 05. November 2008 - hier: Anlage 6 Seite 1 - AH II 83 - erkennen können, dass für Entgeltpunkte, die bereits Grundlage einer früheren Rente waren, der Zugangsfaktor der früheren Rente beibehalten wird, weshalb § 35 VBLS insoweit einschlägig sein kann. |
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| Dass die Minderung insoweit dauerhaft sein soll, lässt sich außerdem der mit § 11 Abs. 2 Satz 2 des Tarifvertrages Altersversorgung vom 01. März 2002 übereinstimmenden Regelung des § 40 Abs. 2 Halbsatz 2 VBLS entnehmen. Danach wird bei einer Neuberechnung der Betriebsrente, wenn auch der neue Versicherungsfall eintritt, für die zusätzlichen Versorgungspunkte der Abschlagsfaktor nach § 35 Abs. 3 VBLS gesondert festgestellt. Für die bisherigen Versorgungspunkte bleibt es insoweit ohne Änderung bei dem bisherigen Abschlagsfaktor (vgl. dazu auch Oberschiedsgericht der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, Schiedsspruch vom 19. Juli 2006 - OS 28/04, Seite 5). |
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| Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn § 77 Abs. 3 Satz 2 SGB VI (Entgeltpunkte bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung) vorläge, kann hier dahinstehen; ein solcher Fall liegt ersichtlich nicht vor. |
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| 2. Eine andere Auslegung des § 35 Abs. 3 VBLS ist nicht geboten, d.h. ergibt sich auch nicht aus höherrangigem Recht. |
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| a) Das Gericht geht insoweit von einem eingeschränkten Prüfungsmaßstab aus. |
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| Ein Vergleich von § 7 Abs. 3 des Tarifvertrages Altersversorgung vom 01. März 2002 mit der wortgleichen Regelung in § 35 Abs. 3 VBLS zeigt, dass dies Satzungsbestimmung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien beruht. Diese Entscheidung entspringt damit dem Kernbereich der von Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Tarifautonomie. Der Grundrechtsschutz ist nicht für alle koalitionsmäßigen Betätigungen gleich intensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in dem eine Materie aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden kann, weil sie nach der dem Art. 9 Abs. 3 GG zugrunde liegenden Vorstellung des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen angemessener zum Ausgleich bringen können als der Staat. Das gilt vor allem für die Festsetzung der Löhne und der anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. BVerfGE 94, 268, 284 f.). Auch die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst hat Entgeltcharakter, zählt mithin im weiteren Sinne zum Bereich der Löhne und materiellen Arbeitsbedingungen. Vor diesem Hintergrund betrifft die Festlegung genereller Kriterien für die Bestimmung der Höhe der Betriebsrente nicht lediglich einen peripheren Regelungsgegenstand, sondern einen wesentlichen Teil der Versorgungszusage. Die dieser tarifvertraglichen Vorgabe folgende Satzungsbestimmung des § 35 Abs. 3 VBLS ist deshalb der Inhaltskontrolle nach den AGB-rechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches entzogen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - BGHZ 174, 127 Tz. 32 m.w.N.). Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Entscheidungen der Tarifvertragsparteien genießt auch der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte grundsätzlich zu respektieren haben (BGHZ 174 aaO m.w.N.). Insoweit wirkt der Schutz der Tarifautonomie fort, die den Tarifvertragsparteien besondere Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume eröffnet. |
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| Da andererseits die Beklagte als Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 VBLS) eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, ist die gerichtliche Kontrolle ihrer Satzungsbestimmungen nach ständiger Rechtsprechung neben der Prüfung, ob die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft beachtet sind, jedenfalls darauf zu erstrecken, ob ein Verstoß gegen das Grundgesetz vorliegt (vgl. BGHZ 174 aaO Tz. 33 f. m.w.N.). Da die Rechtssetzung durch Tarifvertrag in Ausübung eines Grundrechts der Tarifvertragsparteien (Art. 9 Abs. 3 GG) erfolgt, es sich um eine privatautonome Gestaltung auf kollektiver Ebene handelt und dabei die auf der einzelvertraglichen Ebene bestehenden Vertragsparitätsdefizite typischerweise ausgeglichen werden, sind den Tarifvertragsparteien allerdings größere Freiheiten einzuräumen als dem Gesetzgeber. Ihre größere Sachnähe eröffnet ihnen Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Gesetzgeber verschlossen sind (vgl. dazu BGHZ 174 aaO Tz. 36; BAGE 69, 257, 269 f. unter Hinweis auf BVerfGE 82, 126, 154). |
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| Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit und die sich daraus ergebende Tarifautonomie werden durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt (vgl. u.a. BVerfGE 100, 271, 283 f.; 103, 293, 306 ff.; BAGE 99, 112, 118 ff.). Entgegenstehende, verfassungsrechtlich begründete Positionen können sich insbesondere aus den Grundrechten der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergeben. Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG und die Grundrechte der vom Tarifvertrag erfassten Personen begrenzen sich mithin wechselseitig. Die Grenzen sind durch einen möglichst schonenden Ausgleich zu ermitteln, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Diese Maßstäbe sind auch bei der Überprüfung der Satzungsregelungen der Beklagten heranzuziehen (BGHZ 174 aaO Tz. 38). |
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| b) Gemessen daran hält die Regelung des § 35 Abs. 3 VBLS der gerichtlichen Kontrolle stand. |
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| aa) Insbesondere liegt kein Eingriff in eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition vor. Zwar hat der Bundesgerichtshof die mit Eintritt des Versicherungs- bzw. Versorgungsfalles bestehenden Rentenansprüche aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - ebenso wie das BAG die Rentenansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung (vgl. BAGE 101, 186, 194; BAG ZTR aaO 263; DB 2004, 2590, 2591) - dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterstellt (vgl. BGHZ 155, 132, 140). Wie weit dieser Schutz reicht, hängt aber vom Inhalt der die Versorgung bestimmenden privatrechtlichen Vereinbarungen ab (vgl. BGHZ 174 aaO Tz. 41; BAGE 101 aaO 194 f.; BAG, Urteil vom 21. August 2007 - 3 AZR 102/06 - veröffentlicht in juris Tz. 35). Über die eingeräumten Ansprüche hinausgehende Rechtspositionen gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Auch bloße Chancen und Erwartungen werden nicht geschützt (BGHZ 174 aaO; BAGE 101 aaO; BAG, Urteil vom 21. August 2007 aaO Tz. 34). |
|
| Zunächst ist festzustellen, dass die Minderungsregelung des § 35 Abs. 3 VBLS nicht schlechthin zu einer Versagung jeglicher Betriebsrentenleistungen führt. In Rede steht vielmehr lediglich eine Reduzierung um höchstens 10,8 Prozent. Insoweit handelt es sich, bezogen auf das Zusatzversorgungsversprechen schlechthin, um einen Nachteil von beschränkter Intensität. |
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| Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere gehört zum besonders eigentumsgeschützten Kern eines Rentenanspruchs weder eine bestimmte Leistungshöhe noch -art. Nur die auf Beitragsleistungen gründenden Elemente oder Faktoren der Anspruchskonstituierung sind in den besonderen Eigentumsschutz einbezogen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 2004 - IV ZR 56/03 - VersR 2004, 453 unter II 1 d; Papier in Maunz/Dürig/Herzog, Grundgesetz Band II Lfg. Juni 2002 Art. 14 GG Rdn. 141). Diese werden durch die Minderungsregelung des § 35 Abs. 3 VBLS nicht berührt. |
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| Die gleichwohl vor allem zu beachtenden allgemeinen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes, die auch für die Tarifvertragsparteien und den Satzungsgeber maßgeblich sind (vgl. BGHZ 178, 101 = VersR 2008, 1677 Tz. 26; BAGE 118, 326, 337), sind nicht verletzt. |
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| Vielmehr liegt die Regelung in der Gestaltungsmacht der Beklagten und der ihr Regelwerk bestimmenden Tarifpartner. |
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| Die Beklagte ist insoweit nicht gezwungen, die Regeln der gesetzlichen Rentenversicherung wie zum Beispiel in § 89 SGB VI für die Errechnung der Höhe der Betriebsrente zu übernehmen. Denn sie bzw. die Tarifpartner können die Leistungsvoraussetzungen ihres Zusatzversorgungssystems - im Rahmen des durch das höherrangige Recht vorgegebenen Gestaltungsspielraumes - autonom bestimmen (vgl. BGH-Urteil vom 14. November 2007 aaO Tz. 115). Für die abweichende Handhabung gegenüber Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung liegen vielmehr - ebenso wie der inhaltsgleichen Regelung des § 7 Abs. 3 ATV - sachliche Erwägungen zugrunde (vgl. zum Folgenden Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst, Band 3, § 7 ATV Erl. 5). Die Vorschrift ist im Zusammenhang mit anderen Satzungsbestimmungen zu sehen. So ist etwa bei der versicherungsmathematischen Kalkulation der Altersfaktoren die Häufigkeit vorzeitiger Renteninanspruchnahmen und das Eingreifen von Rentenabschlägen ein mitentscheidender Berechnungsfaktor. Wenn eine Rente früher in Anspruch genommen wird, kann die Zusatzversorgungskasse auch nur einen kürzeren Zeitraum mit dem eingebrachten Kapital Zinsen erwirtschaften (vgl. dazu bereits LG Karlsruhe, Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 S 25/07; veröffentlicht bei juris). |
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| bb) Darüber hinaus liegt kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vor. Dieser ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 105, 73, 110; 55, 72, 88; BVerfG VersR 2000, 835, 837). Eine solche Fallgestaltung ist hier nicht gegeben. Soweit einerseits geregelt ist, dass Betriebsrenten wegen der Herabsetzung des Zugangsfaktors nach § 77 SGB VI in der Höhe gemindert werden (§ 35 Abs. 3 VBLS) und andererseits bei einer Neuberechnung für zusätzliche Versorgungspunkte der Abschlagsfaktor nach § 35 Abs. 3 VBLS gesondert festgestellt wird (§ 40 Abs. 2 Halbsatz 2 VBLS), werden nicht etwa verschiedene Normadressaten ungleich behandelt. Betroffen ist vielmehr nur ein und derselbe Rentenberechtigte, der je nach Höhe der errechneten Betriebsrente anders behandelt wird, wobei nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich ist, dass diese Regelung auf Willkür beruht. Ob es sich dabei um die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelungsmöglichkeit handelt, ist nicht entscheidend (vgl. BGHZ 178, 101 = VersR 2008, 1677 Tz. 26; BVerfGE 55, 72, 90; 36, 174, 189). |
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| 3. Mangels Anspruch auf eine abschlagfreie Betriebsrente steht dem Kläger auch ein Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten zur Geltendmachung dieser Betriebsrente nicht zu. |
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| Die Berufung war daher vollumfänglich zurückzuweisen. |
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| Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf die §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. |
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| Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Dies setzt voraus, dass die genannte für klärungsbedürftig gehaltene Frage in Rechtsprechung und Literatur oder den beteiligten Verkehrskreisen unterschiedlich beurteilt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 319/02 - VersR 2004, 225 unter 2 a; BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - VersR 2003, 1144 unter 1 a). Da es sich bei § 35 Abs. 3 VBLS um eine Neuregelung gegenüber den bisherigen (Gesamtversorgungs-) Satzungsbestimmungen der Beklagten handelt, die wegen des Sitzes der beklagten Anstalt in Karlsruhe für die Betriebsrentner im wesentlichen nur durch die hier ansässigen Zivilgerichte behandelt werden, gibt es insoweit, wenn die Problematik bislang nicht auch durch das Oberlandesgericht Karlsruhe behandelt wurde, keine unterschiedliche Beurteilung verschiedener Berufungsgerichte. Wegen der Vielzahl von Anwendungsfällen für die Berechnung der Höhe der Betriebsrente bei vorzeitiger Inanspruchnahme durch Rentenberechtigte, die in der gesetzlichen Rentenversicherung eine neue Rente erhalten, ist deshalb ausnahmsweise nicht auf die unterschiedliche Beurteilung verschiedener Gerichte, sondern auf die Bedeutung der Regelung für die große Anzahl möglicherweise betroffener Betriebsrentner abzustellen. |
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