Urteil vom Landgericht Kiel (12. Zivilkammer) - 12 O 66/12

Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche des Klägers aus einem Grundstückskaufvertrag mit den Beklagten.

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Die Parteien schlossen am 15. Dezember 2010 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Hausgrundstück Kxxx Straße XX in XXX, verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts XXX Blatt XXX. Zuvor hatten Gespräche des Klägers mit dem von den Beklagten beauftragten Makler XXX bzw. dessen Mitarbeiter, dem Zeugen XXX, über das Grundstück und über die darauf errichteten zwei Gebäude stattgefunden. Der Inhalt dieser Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. Im Juli 2011 erfuhr der Kläger von seinem Nachbarn, dass der Vater der Beklagten, von dem die Beklagten das Grundstück geerbt hatten, mit diesem Nachbarn Herrn Nxxx vor dem Verwaltungsgericht am 15. Dezember 2005 einen Vergleich geschlossen hatte. Danach sollte Herr Nxxx dem Vater der Beklagten zur Abgeltung der dem Vater entstehenden Nachteile durch ein Bauvorhaben des Herrn Nxxx einen Betrag von 10.000 € zahlen.

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Der Kläger behauptet, die Beklagten hätten bei Abschluss des Kaufvertrages den Vergleichsschluss ihres Vaters vor dem Verwaltungsgericht und damit die beabsichtigten Baumaßnahmen des Nachbarn bewusst verschwiegen. Der Kläger habe für eine Kostenermittlung für die zu erwartenden Umbaukosten auf dem klägerischen Grundstück aufgrund der von Herrn Nxxx beabsichtigten Baumaßnahmen 535,50 € aufgewendet. Der Mitarbeiter des Maklers, Herr XXX, habe ihm erklärt, man könne das hintere Haus für mindestens 700 € monatlich vermieten. Er, der Kläger, habe deshalb das Haus mit einem Kostenaufwand von 19.249,50 € renoviert und einen Mietausfall von 24.365,00 € erlitten, von dem er einen erstrangigen Teilbetrag in Höhe der Renovierungskosten geltend mache. Aufgrund eines Gesprächs beim Stadtbauamt XXX habe er diesbezüglich erfahren, dass das auf dem hinteren Teil des von ihm von den Beklagten erworbenen Grundstücks stehende Gebäude nicht wie beabsichtigt als Dauerwohnung, sondern allenfalls als Fremdenzimmer vermietet werden dürfe. Auf dem Grundstück habe sich ferner die Parzelle 25/3 mit 1 m² befunden, die im Eigentum eines Dritten gestanden habe und von dem Kläger von diesem Dritten zum Kaufpreis von 250 € erworben worden sei, da anderenfalls eine Erschließung des hinteren Grundstücksteils erschwert gewesen wäre. Die Existenz dieser Parzelle hätten die Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig verschwiegen, denn Herr XXX habe dem Kläger Unterlagen übergeben und mitgeteilt, dass sich daraus alles Wesentliche für den Wert des Grundstücks ergebe.

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Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht Kiel sei gemäß Art. 5 Nr. 1a EuGVVO zuständig, da er Schadensersatzansprüche aus einem Vertragsverhältnis geltend mache.

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Der Kläger beantragt,

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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 19.499,50 € nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger alle Aufwendungen von der Hand zu halten, hilfsweise zu erstatten, die ihm dadurch entstehen, dass von der Parzelle Gemarkung XXX Flur XX, Flurstück 000 aus an das Haus des Klägers auf der Parzelle Gemarkung XXX Flur XX Flurstück 001 im Wege der Grenzbebauung angebaut wird,
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3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Nebenkosten in Höhe von 1.023,16 € zu erstatten.
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Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagten sind der Auffassung, es bestehe für den Kläger wegen der beabsichtigten Baumaßnahmen des Nachbarn nur eine Duldungspflicht, nicht aber die Pflicht, selbst Baumaßnahmen vorzunehmen. Der Kläger habe sich selbst über die Gegebenheiten des Grundstücks informieren müssen.

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Die Klage ist den Beklagten am 9. Mai 2012 zugegangen. Sie haben mit der Klagerwiderung mit Schriftsatz vom 11. Juli 2012 die Unzuständigkeit des Landgerichts Kiel gerügt.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unzulässig, denn eine internationale Zuständigkeit des Landgerichts Kiel ist nicht gegeben.

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Da die Beklagten ihren Wohnsitz in Dänemark haben, bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach den Vorschriften der EuGVVO, die in den in Betracht kommenden Regelungen aufgrund des Abkommens der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19. Oktober 2005 für anwendbar erklärt worden ist. Danach sind die Beklagten gemäß Art. 2 EuGVVO vor den Gerichten in Dänemark zu verklagen, da sie in diesem Mitgliedstaat ihren Wohnsitz haben.

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Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gemäß Art. 3 Abs.1 i.V.m. Art. 5ff. EuGVVO liegt nicht vor. Gemäß Art. 5 Nr. 1a EuGVVO kann eine Person mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, wobei es dann auf die Zuständigkeit für den Erfüllungsort ankommt. Nach der Rechtsprechung des EuGH bedeutet „vertraglicher Anspruch“ jede „freiwillig gegenüber einer anderen Person eingegangene Verpflichtung“ (EuGH NJW 2002, 3159; EuGH NJW-RR 2004, 1291. Danach sind nicht nur die unmittelbaren vertraglichen Pflichten wie Leistungs-, Unterlassungs- und Nebenpflichten, sondern auch Sekundärpflichten, also die Verpflichtungen gemeint, die an die Stelle einer nicht erfüllten vertraglichen Pflicht treten (Saarländisches OLG v. 16.02.2011, 1 U 574/09-153-, OLG Köln v. 16.12.2008, 9 U 47/07, beide zit. nach juris). Die dermaßen zu begründende Zuständigkeit bestimmt sich dann nach dem Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (vgl. EuGH NJW 2002, 3159), wobei es auf die konkret streitige Verpflichtung, nicht aber auf die ursprünglich zu erfüllende Vertragspflicht ankommt (vgl. Saarländisches OLG v.16.02.2011 aaO).

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Nach diesen Grundsätzen kommt vorliegend zwar grundsätzlich eine Ausnahme von der Wohnortregel aus Art. 2 EuGVVO in Betracht, da der Kläger Schadensersatzansprüche aus dem zwischen den Parteien in geschlossenen Grundstückskaufvertrag geltend macht. Insofern ist aber für die Zuständigkeit auf den Erfüllungsort für die streitige Verpflichtung abzustellen, der sich nach §§ 269, 270 BGB bestimmt und damit in Dänemark liegt. Bei den geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich unabhängig von der für Art. 5 EuGVVO entscheidenden Frage, ob diese Ansprüche im Zusammenhang mit vertraglichen Beziehungen der Parteien stehen, um Schadensersatzansprüche wegen der behaupteten Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten durch die Beklagten. Für solche Schadensersatzansprüche, bei denen es sich um reine Zahlungsansprüche und qualifizierte Schickschulden handelt, ist der Erfüllungsort gemäß §§ 269, 270 BGB der Wohnsitz der Beklagten zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses.

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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.


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