Beschluss vom Landgericht Köln - 19 T 83/02
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 12.04.2002 wird der Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 27.03.2002, Aktenzeichen: 75 IK 60/01, aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag vom 21.12.2001 nach Maßgabe der nachstehenden Gründe an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.
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G R Ü N D E :
2Die Schuldnerin hat am 31.05.2001 unter gleichzeitiger Vorlage eines Schulden-
3bereinigungsplanes den Antrag gestellt, das Verbraucherinsolvenzverfahren über
4ihr Vermögen zu eröffnen und ihr Restschuldbefreiung zu erteilen. Nachdem nicht mehr als die Hälfte der Gläubiger dem Schuldenbereinigungsplan zugestimmt haben, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 07.12.2001 festgestellt, daß das
5Schuldenbereinigungsplanverfahren gescheitert sei und das Verfahren über den
6Eröffnungsantrag wieder aufgenommen werde. Gleichzeitig hat es der Schuldnerin die Zahlung eines Vorschusses von 2.500,00 DM zur Deckung der Verfahrenskosten
7anheimgestellt, weil andernfalls der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen werden müsse. Unter dem 21.12.2001 hat die Schuldnerin daraufhin beantragt, ihr die Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren zu stunden.
8Mit Beschluß vom 27.03.2002, der Schuldnerin zugestellt am 04.04.2002, hat das Amtsgericht den Antrag der Schuldnerin auf Bewilligung der Stundung der
9Verfahrenskosten für das Hauptverfahren zurückgewiesen, weil ihr Ehemann in
10der Lage sei, den erforderlichen Verfahrenskostenvorschuß aufzubringen.
11Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Schuldnerin vom 12.04.2002, bei Gericht eingegangen am 18.04.2002, mit der die Schuldnerin vorgetragen hat, ihr Ehemann sei aus den dem Insolvenzantrag zugrundeliegenden Schuldverhältnissen nicht mitverpflichtet, zudem gefährde eine etwaige Vorschußzahlung durch diesen dessen eigenen angemessenen Unterhalt, hat das Amtsgericht mit Beschluß vom 06.06.2002 nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
12Zur Begründung hat es ausgeführt, unter Berücksichtigung des Gesamteinkommens der Familie der Schuldnerin habe diese jedenfalls gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB einen Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses gegen ihren Ehegatten, der eine Stundung der Verfahrenskosten ausschließe.
13Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß § 4, 4 d InsO, 567 ff. ZPO
14zulässig. Einschlägig ist die neue Fassung der Zivilprozeßordnung, weil die
15angefochtene Entscheidung nach dem 01.01.2002 der Geschäftsstelle des
16Amtsgerichts übergeben worden ist.
17In der Sache selbst ist sie vorläufig begründet.
18Zwar hat das Amtsgericht zu Recht auch in Ansehung der Bestimmung des § 4 a
19Abs. 3 S. 2 InsO bereits im gegenwärtigen Zeitpunkt über die Stundung der
20Verfahrenskosten für das Hauptverfahren entschieden. Nachdem das Schulden-
21bereinigungsplanverfahren gescheitert ist und nach den Angaben der Schuldnerin
22vor deren Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist, steht nämlich die Entscheidung
23über die Eröffnung des Hauptverfahrens im konkreten Fall unmittelbar bevor.
24Die Stundung der Verfahrenskosten für das Hauptverfahren darf der Schuldnerin aber nicht mit der Begründung versagt werden, sie habe gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB einen Anspruch gegen ihren Ehegatten auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses.
25Dahinstehen kann insoweit, ob im Falle des Bestehens eines entsprechenden
26Anspruchs dieser überhaupt bei der Entscheidung über die etwaige Stundung der Verfahrenskosten zu berücksichtigen ist, oder ob es vielmehr in einem solchen Fall dem nach der Eröffnung zu bestellenden Treuhänder obliegt, die Werthaltigkeit des familienrechtlichen Vorschussanspruches zu überprüfen und ihn gegebenenfalls zur Masse zu ziehen (so Grote in ZinsO 2002, 179, 181; wohl auch in Kohte in: Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 4 a Rd.Nr. 10).
27Für die letztgenannte Auffassung spricht jedenfalls nach dem Dafürhalten der Kammer, daß § 4 a InsO seinem Wortlaut nach ausdrücklich nur auf das Vermögen des Schuldners selbst, nicht aber auf die Leistungsfähigkeit etwa vorhandener unterhaltspflichtiger Familienangehöriger abstellt. Auch darf insoweit nicht übersehen werden, daß die bei einer Entscheidung über die Stundung der Verfahrenskosten anzuwendenden Grundsätze die im Falle einer Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO zu berücksichtigenden Voraussetzungen, denen zufolge das Bestehen eines familienrechtlichen Vorschußanspruches stets die Bedürftigkeit und damit zugleich die
28Bewilligung der Prozeßkostenhilfe ausschließt, auf das Insolvenzverfahren nicht ohne weiteres übertragbar sind, weil diesem die Überschuldung und damit die finanzielle Bedürftigkeit des Schuldners immanent ist, was den Gesetzgeber gerade zur Einführung der §§ 4 a ff. InsO veranlaßt hat.
29Diese Frage braucht jedoch im Ergebnis nicht entschieden zu werden, nachdem
30jedenfalls ein Anspruch der Schuldnerin auf Zahlung eines Verfahrenskosten-
31vorschusses gegen ihren Ehegatten gemäß § 1360 a Abs. 4 BGB nicht besteht.
32Voraussetzung eines Vorschußanspruches nach der vorgenannten Gesetzes-
33bestimmung ist nämlich stets, daß die rechtliche Angelegenheit, wegen derer die
34Vorschußzahlung beansprucht wird, ihre Wurzeln in der ehelichen Lebens-
35gemeinschaft hat und eine enge persönliche Verbindung zwischen dem Rechtsstreit der unterhaltspflichtigen Person und den Bedürfnissen des Ehegatten besteht.
36Daran fehlt es jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Eröffnung des Insolvenz-
37verfahrens aufgrund von Schuldverpflichtungen aus vorehelichen Zeiten beantragt wird (vgl. Grote, a.a.O. S. 180 f.).
38Demgemäß wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Gründe über die
39Bewilligung der Verfahrenskostenstundung neu zu entscheiden sein, wobei die
40Kammer bereits jetzt darauf hinweist, daß nach ihrem Dafürhalten Umstände, die
41für eine ablehnende Entscheidung über die Stundung sprechen könnten, jedenfalls gegenwärtig nicht ersichtlich sind.
42Da die Entscheidung des Insolvenzgerichts derzeit noch ungewiß ist, muß auch die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde zurückgestellt werden; auch sie wird dem Amtsgericht übertragen.
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