Beschluss vom Landgericht Köln - 9 T 20/04
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 29.1.2004 wird der Beschluss des Amtsgerichts Wipperfürth vom 5.1.2004 - 9 C 206/03 - teilweise abgeändert und der Antragstellerin zur beabsichtigten Rechtsverfolgung, soweit sich die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet, Prozesskostenhilfe bei monatlicher Ra-tenzahlung von 45,- EUR bewilligt.
Ihr wird insoweit zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Interessen Rechtsanwalt S, T-Straße, in ####1 E, zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
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G R Ü N D E:
2Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Antragstellerin war auf ihren neuerlichen Antrag vom 2. bzw. 12.12.2003, soweit sich die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegnerin zu 1) richtet, Prozesskostenhilfe zu gewähren, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit weder offensichtlich erfolglos ist noch mutwillig erscheint und die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten für die Rechtsverfolgung nicht vollständig aufbringen kann.
3Das für die neuerliche Stellung des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Zwar trägt die Antragstellerin keine neuen Tatsachen vor, sie bezieht sich aber durch den Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 19.12.2002 - III ZB 33/02 - auf einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt. Das reicht für das Rechtsschutzbedürfnis aus (vgl. Zöller-Philippi, ZPO, 24. Auflage, zu § 117 Rz. 6).
4Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Das ist regelmäßig bereits dann der Fall, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BGH in NJW-RR 2003, 1001 f.; BGH in NJW 2003, 1192, jeweils m.w.Nw.). Hier ist unter anderem die schwierige und - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich ungeklärte Frage des materiellen Rechts zu entscheiden, wie weit der Versenderbegriff in § 661a BGB auszulegen ist. Eine solche grundsätzliche Frage ist nicht in dem summarischen Prozesskostenhilfeverfahren, sondern im ordentlichen Klageverfahren auf der Grundlage der dort nach vertiefter Erörterung getroffenen Feststellungen zu entscheiden (vgl. BGH a.a.O).
5Auf die Frage der Versendereigenschaft kommt es auch an. Insbesondere scheitert ein etwaiger Anspruch aus § 661a BGB nicht schon daran, dass eine Gewinnzusage gar nicht gemacht worden ist. Diese ist vielmehr in dem Schreiben vom 2.8.2002 an die Antragstellerin zu sehen. Die gesamte Aufmachung des Schreibens erweckt den Eindruck, die Antragstellerin habe bereits eine Gesamtsumme von 25.000,- EUR gewonnen. Aus der verschiedentlichen Verwendung des Begriffes "Bar-Anteil-Gewinn" ergibt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Antragstellerin nur ein Teil des Betrages von 25.000,- EUR zustehen soll, zumal der Begriff "Bar-Anteil-Gewinn" in dem Schreiben an keiner Stelle erläutert wird. Jedenfalls aus der Fotoreihe auf Seite 2 des Schreibens ergibt sich eindeutig, dass der Antragstellerin ein Gewinn von 25.000,- EUR zustehen soll (vgl. insoweit auch LG Darmstadt, Urteil vom 17.7.2003, - 9 O 65/03 - (Bl. 124 ff. d.A.)).
6Soweit die Antragsgegner einwenden, die Vorschrift des § 661a BGB sei verfassungswidrig, kann dem nicht gefolgt werden. Zur Verfassungsmäßigkeit der Norm hat das Oberlandesgericht Köln im Urteil vom 24.2.2003 - 16 U 93/02 - (vgl. OLGReport Köln 2003, 185) ausgeführt: "Die Regelung verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Ein Verstoß gegen das Schuldprinzip liegt nicht vor. Zwar setzt § 661a BGB kein persönliches Verschulden des Unternehmers voraus. Eine Haftung aufgrund der zivilrechtlichen Zurechnungsnormen ist indes nicht verfassungswidrig. Obwohl die Norm von ihrem Zweck her auch Sanktionscharakter hat, handelt es sich in erster Linie um eine zivilrechtliche Regelung, die den Unternehmer an eine von ihm erteilte Zusage bindet. Entgegen der Auffassung von Schneider (BB 2002, 1653 [1657]) ist das aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgende Übermaßverbot nicht dadurch verletzt, dass das Gesetz eine Höchstgrenze des zu leistenden Preises nicht vorsieht. Die Schwere der Sanktion hängt entgegen seiner Auffassung nicht von dem nicht kontrollierbaren Umstand ab, wie viele Verbraucher ihre Ansprüche aus § 661a BGB geltend machen, sondern in erster Linie davon, wie vielen Verbrauchern der Unternehmer einen Gewinn zusagt. Damit hat es der Unternehmer aber selbst in der Hand, welchen Ansprüchen er ausgesetzt wird. Schließlich liegt auch keine unzulässige Doppelbestrafung vor. Dieses Verbot wird durch ein Nebeneinander von straf- und zivilrechtlichen Sanktionen nicht verletzt. Das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 103 Abs. 3 GG greift nur ein, wenn die Verhängung einer weiteren echten Kriminalstrafe neben einer bereits erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung in Frage steht (BVerfGE 43, 101 [105])." Dieser Ansicht schließt sich die Kammer an. Anlass für eine Aussetzung und Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG besteht danach nicht.
7Demgegenüber hat das Amtsgericht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe insoweit zu Recht zurückgewiesen, als sich die beabsichtigte Klage gegen den Antragsgegner zu 2) und die Antragsgegnerin zu 3) richtet. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Die Beschwerdebegründung gibt insoweit keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
8Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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