Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 41/05
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 13.398,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.8.2005 zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
1
Tatbestand
2Die Klägerin, die einen luftfahrtechnischen Betrieb führt, unterhält bei der Beklagten eine kombinierte Kasko-Obhutshaftpflichtversicherung. Dem Kaskoversicherungsvertrag liegen die LuK 2004 (B 1, Bl. 77 ff. GA), dem Luftfahrtobhutshaftpflichtversicherungsvertrag die DLP 302/01 (B 2, Bl. 84 ff. GA) zugrunde, auf die Bezug genommen wird. Für die Zeit vom 5.2. bis 5.5.2005 stehen Prämien in Höhe von 6699,- €, für die Zeit vom 5.5. bis 5.8.2005 in entsprechender Höhe aus (Rechnungen B 9, Bl. 178 f., vom 1.2.2005 und vom 4.5.2005). Jedenfalls kurzfristig stundete die Beklagte die Prämienforderungen. Mit Schreiben vom 3.8.2005 forderte die Beklagte unter Setzung einer Zweiwochenfrist die Klägerin zur Zahlung auf (B 8, Bl. 176 f. GA). Zuzüglich 3,- € Mahnkosten sind diese Gegenstand der Widerklage, die der Klägerin am 17.1.2006 zugestellt worden ist.
3Gegenstand der Klage sind Ansprüche der Klägerin aufgrund folgenden Sachverhaltes:
4Am 17.8.2004 führte die Klägerin an einem Hubschrauber Hughes 369 D, amtl. Kennzeichen D-I1, eine 100-Stunden-Kontrolle durch. Der Hubschrauber stand im Eigentum der G GmbH. Nach dem Wiedereinbau des Triebwerks gab es beim Triebwerkslauf einen lauten Knall; das Triebwerk erlitt einen erheblichen Schaden.
5Die Klägerin meldete den Schaden, der seitens des Reparaturbetriebs in Israel auf 27.331,20 € veranschlagt wurde (K 9; Bl. 46 GA; die Klägerin macht daneben Kosten für ein Leihtriebwerk und Kosten für den Ein- und Ausbau geltend), bei der Beklagten. Diese beauftragte den Sachverständigen H1 mit der Schadensermittlung. Dieser stellte einen Foreign Objekt Damage fest, der von einer Plastikkappe verursacht worden sei, die wahrscheinlich in den Ansaugbereich des Triebwerks geraten sei (K 4, Bl. 29 ff. GA). Unter Bezugnahme auf das Gutachten lehnte die Beklagte die Übernahme des Schadens durch den Kaskoversicherungsschutz unter dem 28.9.2004 ab (K 5, Bl. 40 GA). Ansprüche der Klägerin aus der Obhutshaftpflichtversicherung wies die Beklagte unter dem 5.11.2004 zurück (K 8, Bl. 44 f. GA = B 6, Bl. 96 f. GA) und wies darauf hin, die DEKRA mit einer Untersuchung des Triebwerks beauftragt zu haben, wozu bereits der Deutsche Luftpool die Klägerin zuvor aufgefordert hatte. In dem Schreiben heißt es dazu: "Durch diese Untersuchung erhofft sich der Versicherer eine Klärung, was genau zu dem Schaden geführt hat, um zu einer abschließenden Beurteilung im Rahmen der Werkstattkaskoversicherung kommen zu können." Für die Klägerin widersprach ihr Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 11.11.2004 der Ablehnung der Deckung aus der Obhuts-Haftpflichtversicherung (K 11, Bl. 51 GA). Unter dem 18.11.2004 bat die Beklagte die Klägerin unter dem Betreff "Kombinierte Luftfahrt Werkstattkasko / Obhuts-Haftpflicht-Versicherung" zur weiteren Feststellung der Schadensursache, darum, dass der Reparaturbetrieb in Israel als "rejected hardware" und "scrap" klassifizierte Teile zwecks weiterer Untersuchung an den Deutschen Luftpool in München sende (B 5, Bl. 95 GA), der die Teile an die DEKRA weiter geben sollte. Vom selben Tag datiert ein Schreiben der Beklagten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, in dem es heißt (Bl. 125 f. GA): "Der Schaden musste unter dem Gesichtspunkt der Obhuts-Haftpflichtversicherung abgelehnt werden. ... Wie Sie diesem [gemeint ist Schreiben vom 5.11.2004] unschwer entnehmen können, haben wir aufgrund der neuen Sachverhaltsschilderung Ihrer Mandantin bereits in die Wege geleitet, dass die DEKRA den Schaden nochmals begutachtet, um zu prüfen, ob der Schaden nicht evtl. doch unter Werkstattkaskoversicherung zu regulieren ist. Bis zur abschließenden Prüfung des Sachverhalts unter dem genannten versicherungsrechtlichen Gesichtspunkt können wir den Schaden Ihrer Mandantin leider nicht regulieren." Die Klägerin ließ das Triebwerk reparieren.
6Die beschädigten Teile existieren noch; inzwischen hat die Klägerin sie im Laufe des Rechtsstreits an den Deutschen Luftpool versandt (Schreiben vom 28.2.2006, Bl. 223 GA). Zuvor hatte die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Obhutshaftpflichtversicherung eine Deckung erneut am 13.12.2004 versagt (B 12, Bl. 239 ff. GA). Auf das Schreiben wird Bezug genommen.
7Die Klägerin begehrt nunmehr Versicherungsschutz ausschließlich aus der Obhutshaftpflichtversicherung. Sie trägt vor: Ein bei Wartungsarbeiten entstandener Schaden liege nicht vor. Im Ansaugschacht habe sich genauso gut ein Teil lösen können, -das Eindringen eines Fremdkörpers in das Triebwerk sei als Schadensursache anzunehmen-, wie die Plastikkappe der Abdeckung in den Schacht geraten sein könne. Der Sachverständige habe dies als Ursache des Schadens auch nur vermutet. Der Probelauf sei für den Schaden nicht kausal; vielmehr wäre der Schaden auch eingetreten, wenn etwa das Triebwerk ohne Probelauf angelassen worden wäre. Der Probelauf sei nur Anlass des Schadens gewesen, nicht aber dessen Ursache. Das Triebwerk sei vor dem Probelauf auf Fremdkörper überprüft worden. Gegen eine Reparatur des Triebwerks habe die Beklagte selbst nichts gehabt; sie könne sich insoweit –insbesondere unter dem begehrten Versicherungsschutz- nicht auf Obliegenheitsverletzung berufen. Im Übrigen habe sie eine Nachbesichtigung des Triebwerks nur unter dem Aspekt der Kaskoversicherung verlangt, nicht unter der Obhutshaftpflicht, wie sich aus dem Schreiben vom 18.11.2004 an ihren Prozessbevollmächtigten ergebe. Zudem sei davon auszugehen, dass die beschädigten Teile erst am 14.12.2004 beim Zoll eingegangen seien.
8Zur Widerklage trägt die Klägerin vor, die Prämienforderungen seien gestundet. Der Makler habe das für sie mit der Beklagten vereinbart. Hierzu verweist die Klägerin auf Schriftverkehr des Maklers N (Anl. zum Schriftsatz vom 3.2.2006, Bl. 191 ff. GA). Außerdem stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu, da die Beklagte trotz mehrmaliger Aufforderung nicht in der Lage sei zu sagen, was im Bereich Triebwerksprobeläufe versichert sei.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an sie 37.044,82 € nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 18.11.2004 zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Widerklagend beantragt sie,
14die Klägerin zu Zahlung eines Betrages von 13.401,- € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 6699,- € seit dem 1.3.2005, aus 6699,- € seit dem 4.6.2005 und aus 3,- € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Widerklage abzuweisen.
17Die Beklagte beruft sich auf Leistungsfreiheit, weil der Schaden als Bearbeitungsschaden nach § 4 Ziffer 1.7.3. DLP 302/01 nicht gedeckt sei. Er sei durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit der Klägerin, nämlich durch den von dieser durchgeführten Probelauf entstanden. Im Übrigen komme eine andere Ursache, als dass die Plastikkappe des Covers in den Ansaugschacht gekommen sei, nicht in Betracht. Vor dem Probelauf hätte die Klägerin sich vergewissern müssen, dass kein Fremdkörper in das Triebwerk geraten sei; das habe sie unterlassen. Indem die Klägerin das Triebwerk habe reparieren lassen, zudem dessen Herausgabe an den Deutschen Luftpool zur erneuten Begutachtung verweigert habe, habe sie gegen ihre Aufklärungsobliegenheit wie gegen das Anerkenntnisverbot verstoßen und die Beweisführung durch die Beklagte vereitelt.
18Zum weitergehenden Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
19Entscheidungsgründe
20Die Klage ist nicht begründet, die Widerklage hingegen bis auf die Zinsmehr- und Mahnkostenforderung schon.
21Im Einzelnen gilt Folgendes.
22- Zur Klage
1.
24Die Klage ist zum einen nicht begründet, weil der Haftungsausschluss des § 4 Ziffer 1.7.3 DLP 302/01 greift. Danach besteht kein Versicherungsschutz wegen Schäden, die an fremden Luftfahrzeugen oder Luftfahrzeugteilen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers (z. B. Bearbeitung, Reparatur, Beförderung, Prüfung) entstanden sind und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden.
25Die Klausel erfasst –wie bei vergleichbaren Ausschlussklauseln für Bearbeitungsschäden üblich- alle Gefahren, die sich im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers verwirklichen (vgl. etwa BGH, NJW-RR 1998, 378). Entscheidend ist, dass der Schaden an einem in der Klausel genannten Objekt durch eine bewusste und gewollte Bearbeitung dieses Objekts entstanden ist. Nicht entscheidend ist, ob die konkret schadensstiftende Handlung ihrerseits bewusst gewollt war, solange sie nur der Teil der Bearbeitung der Sache war (BGH, a.a.O.). Ausgeschlossen ist damit jeder Schaden, der im Rahmen der Bearbeitung des Ausschlussobjekts an diesem entstanden ist. Ob die konkrete Handlung, die zum Schaden führte, lediglich Anlass für den Schaden war, ist insoweit unerheblich. Entscheidend ist nur, dass diese Handlung Teil der Bearbeitung der Sache war und als solche den Schaden bewirkt hat (s. BGH, a.a.O., S. 379).
26Das ist hier der Fall: Hier entstand der Schaden am Triebwerk des von der Klägerin zu wartenden Hubschraubers nach seinem Wiedereinbau beim durchzuführenden Probelauf, der Teil des Wartungsauftrages war. Soweit zwischen den Parteien die genaue Schadensursache streitig ist, kommt es hierauf nicht an. Der Streit beschränkt sich auf die Frage, welcher Fremdkörper in das Triebwerk eingedrungen sein kann. Die Klägerin hat nämlich selbst vorgetragen, dass Schadensursache das Eindringen eines Fremdkörpers sei (Schriftsatz vom 10.5.2005, S. 2 = Bl. 99 GA). Die Beklagte hält dem nur die gutachtliche Feststellung entgegen, es müsse die Plastikkappe, die am Cover befestigt gewesen sei, gewesen sein.
27Verwirklicht hat sich jedenfalls nach beiden Sichtweisen die durch das Eindringen eines Fremdkörpers geschaffene Gefahr beim Probelauf, den die Klägerin hier als Teil der Wartungsarbeiten durchzuführen hatte. Ein anderer Umstand wird nicht vorgetragen.
28Dass der Schaden ohne Probelauf bei anderer Gelegenheit ebenso hätte entstehen können, ist unerheblich. Nach dem hier gegebenen Geschehensablauf ist der Schaden gerade nicht bei anderer Gelegenheit entstanden, sondern durch eine von der Klägerin im Rahmen der von ihr gewerblich übernommenen Wartung durchzuführende Handlung, die als solche auch bewusst und gewollt vorgenommen wurde, nämlich den Probelauf.
29Soweit die Klägerin in den Raum stellt, sie habe vor dem Probelauf eine Kontrolle des Triebwerks auf Fremdkörper durchgeführt, und damit nahe legen will, es liege allenfalls ein Unterlassen einer gehörigen Prüfung vor, kann sie damit nicht gehört werden. Zum einen ist ihr Vortrag schon widersprüchlich: Wenn sie einerseits einräumt, dass ein Fremdkörper schadensursächlich geworden ist, wie ausgeführt, und andererseits behauptet, eine FOD-Inspektion habe ordnungsgemäß stattgefunden, so kann Letzteres nicht sein, sonst hätte der Fremdkörper aufgefallen sein müssen. Zum anderen kommt es hierauf aber auch nicht an. Es ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass ein Probelauf durchzuführen war; ebenso ist die FOD-Kontrollnotwendigkeit als solche nicht streitig. Zwangsläufig musste eine solche aber dem Probelauf vorausgehen. Damit aber hat sich durch den Probelauf, fraglos eine gewerbliche Handlung der Klägerin, eine Gefahr verwirklicht, dass ein Schaden eintritt, der aufgrund vorangegangener und wohl unsorgfältiger Bearbeitung des Triebwerks angelegt war. Zum Wartungsauftrag gehörte aber auch die FOD-Kontrolle.
30Der Haftungsausschluss erfasst hier den ganzen mit der Klage geltend gemachten Schaden. Unproblematisch werden von der Klausel alle Kosten erfasst, die zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlich sind. Das sind hier die geltend gemachten Reparaturkosten bezogen auf das Triebwerk, aber auch die Aus- und Einbaukosten. Soweit bisweilen Bearbeitungsschadensklauseln auf diese Kosten beschränkt sind (s. BGH, a.a.O.; auch NVersZ 1999, 394), so ist die hier vereinbarte Klausel weiter gefasst. Von ihr werden auch alle aus dem Schaden am Objekt der gewerblichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers entstandenen Vermögensschäden erfasst. Darunter fallen auch die geltend gemachten Kosten eines Leihtriebwerks, denn ohne den Schaden am Triebwerk wäre ein Leihtriebwerk nicht erforderlich geworden.
312.
32Zum anderen ist die Klage auch nicht begründet, weil die Klägerin ihre Aufklärungsobliegenheit aus § 8 Ziffer 2 DLP verletzt hat mit der Folge der Leistungsfreiheit der Beklagten nach Maßgabe des § 9 DLP. Die Klägerin hat nämlich die Weisung der Beklagten, die beschädigten Teile untersuchen zu lassen, nicht befolgt. Nach § 8 Ziffer 2 ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, den Weisungen des Versicherers zur Aufklärung des Versicherungsfalles Folge zu leisten. Hier hat nach insoweit nicht bestrittenem Vortrag der Beklagten vor der Deckungsablehnung vom 5.11.2004 bereits der in die Regulierung eingebundene Deutsche Luftpool die Klägerin aufgefordert, das Triebwerk an die DEKRA zu senden, was nicht geschehen ist. Dann hat sie der Aufforderung vom 18.11.2004 (B 5, Bl. 95 GA) nicht Folge geleistet, wonach die zerstörten Teile an den DLP gesendet werden sollten.
33Mit dieser Aufforderung hat die Beklagte nicht nur zu erkennen gegeben, einzig unter dem Aspekt der Werkstattkaskoversicherung trotz Deckungsablehnung vom 28.9.2004 erneut in die Deckung einzutreten, was zum Wiederaufleben vertraglicher Obliegenheiten führt (dazu etwa BGH, NJW-RR 1998, 378, 379). Schon im Betreff des Schreibens vom 18.11.2004, das an die Klägerin selbst gegangen ist, zeigt sich, dass sich das Schreiben auf den gesamten Versicherungsvertrag bezog und damit auch auf den hier streitigen Aspekt der Obhutshaftpflicht. Der Klägerin ist in diesem Zusammenhang einzuräumen, dass durch das Schreiben der Beklagten vom selben Tag an den klägerischen Prozessbevollmächtigten (Bl. 125 f. GA) der Eindruck entstehen konnte, dass die Beklagte ihre Einstandspflicht nur noch unter dem Aspekt der Werkstattkasko zu prüfen beabsichtigte, so dass keine Obliegenheiten aus dem Obhutshaftpflichtvertrag aufleben konnten. Dafür spricht in der Tat die Fassung dieses Schreibens, in dem die Beklagte mitteilt, dass sie noch prüfen will, ob der Schaden nicht doch unter die Werkstattkaskoversicherung fällt. Indes zeigt der weitere Schriftverkehr der Parteien, dass beide gleichwohl davon ausgingen, dass die Beklagte die Frage ihrer Einstandspflicht unter allen möglichen Aspekten weiter prüfen wollte, so dass auch die Prüfung unter dem Aspekt des Obhutshaftpflichtschutzes auflebte mit der Folge, dass die Klägerin wieder die vertraglichen Obliegenheiten trafen. Aus dem klägerseits vorgelegten Schreiben des für sie tätigen Maklers N vom 29.11.2004 (K 4, Bl. 197 ff. GA) ergibt sich nämlich, dass die Klägerin weiterhin darlegte, warum aus ihrer Sicht der Schaden unter die Obhutshaftpflicht fallen soll. Das Schreiben, das sich nur mit diesem Aspekt des Versicherungsvertrages der Parteien beschäftigt, endet mit der Ankündigung, dass veranlasst werde, dass der beschädigte Kompressor an die DLP gesandt werde. Genau das ist bis zum 1.3.2006 nicht geschehen. Damit wird aber deutlich, dass die Klägerin sehr wohl erkannt hatte, dass auch unter dem Aspekt der Obhutshaftpflicht Obliegenheiten wieder auflebten, indem die Beklagte mit Schreiben vom 18.11.2004 um die Übersendung der beschädigten Teile bat. Besonders deutlich wird die entsprechende Sichtweise beider Parteien aus dem zweiten Abschnitt des inhaltlich insoweit von der Klägerin nicht in Frage gestellten letzten Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 13.12.2004 (B 12, Bl. 239 GA). Die Beklagte nimmt in dem Schreiben Bezug auf die Bewertung der Sachlage unter dem Gesichtspunkt der Obhutshaftpflichtversicherung. Sie führt dann aus, dass eine Neubewertung insoweit zugesagt worden sei unter Verweis auf das Schreiben des Herrn N vom 29.11.2004.
34Vor diesem Hintergrund hätte die Klägerin der Beklagten zumindest mitteilen müssen, was gegen eine zeitnahe Übersendung der beschädigten Teile spricht, so dass es auf die Frage, wann die Teile beim Zoll ankamen, nicht weiter ankommt. In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, wann die Klägerin die beschädigten Teile zurückerhielt. Immerhin sollen sie schon am 18.8.2004 an den israelischen Reparaturbetrieb versandt worden sein (Transferrecord Bl. 151 GA). Die Kostenaufstellung dieses Betriebs datiert vom 23.9.2004. Das genaue Datum der Rückführung wird nicht näher dargetan. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Aufgrund der Weisung –anders ist die dort formulierte Bitte nicht zu verstehen- der Beklagten im Schreiben vom 18.11.2004 hätte es der Klägerin oblegen, der Beklagten nähere Auskünfte zu geben, wann mit einem Eintreffen der Teile beim DLP zu rechnen sein konnte. Warum sie eine entsprechende weitere Veranlassung, entgegen der Ankündigung ihres Maklers im Schreiben vom 29.11.2004, unterlassen hat, trägt sie nicht weiter vor.
35Damit hat sie die Vermutung erheblichen Verschuldens im Sinne von § 9 DLP nicht widerlegt. Zumindest ist von grob fahrlässigen Handeln der Klägerin auszugehen. Zum von ihr zu führenden Kausalitätsgegenbeweis des § 9 Satz 2 DLP hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie hat nicht behauptet, dass mittels der jetzt übersandten Teile auch nach dem langen Zeitablauf eine eindeutige Klärung des Schadenshergangs nach wie vor möglich sei und dies insbesondere auch vor dem Hintergrund der unstreitig erfolgten Reparatur des Triebwerks.
363.
37Ob weitere Obliegenheitsverletzungen greifen können, kann dahinstehen, insbesondere die Frage, ob hier die Reparatur des Triebwerks leistungsbefreiend sein kann, jedenfalls wenn sie vor einer unter dem 18.11.2004 erklärten Freigabe erfolgte.
38II.
39Die Widerklage ist im tenorierten Umfang begründet.
40Dass die Klägerin aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag Prämien wie mit Rechnungen vom 1.2. und 4.5.2005 geltend gemacht schuldet, ist zwischen den Parteien unstreitig und folgt aus dem Versicherungsvertrag der Parteien.
41Soweit die Klägerin eine Stundung der Prämien behauptet, belegt dies der vorgelegte Schriftverkehr gerade nicht: Ausweislich des vorgelegten Schreibens des Maklers N vom 14.6.2005 (K 1, Bl. 191 ff. GA) war nur eine kurzfristige Stundung der Prämien vereinbart, die die Beklagte auch eingeräumt hat. Der Makler spricht in seinem Schreiben davon, dass vereinbart sei, dass die "Prämien zunächst" gestundet werden sollten. Mit Schreiben vom 27.7.2005 (K 2, Bl. 193 f. GA) bestätigte er diese "zunächst" erfolgte Stundung und bat um eine Stundung der offenen Prämien bis zu einer Gerichtsentscheidung. Dass eine solche unbefristete Stundungsabrede dann auf dieses Schreiben hin auch erfolgte, trägt die Klägerin selbst nicht in dieser Deutlichkeit vor. Ihr Vortrag, die Prämienansprüche seien gestundet, den sie unter das Zeugnis des Herrn N gestellt hat, trägt eine solche Behauptung nicht, da für diese keine Grundlage im vorgelegten Schriftverkehr zu finden ist. Im Gegenteil lässt die Prämienanforderung der Beklagten vom 3.8.2005 (B 8, Bl. 176 GA) erkennen, dass die Beklagte jedenfalls ab dann und damit in Reaktion auf die Anfrage vom 27.7.2005 ihre Ansprüche gegen die Klägerin nicht mehr zu stunden bereit war und sie diese nunmehr geltend machte. Da sie im Übrigen eingeräumt hat, dass zunächst eine Stundung vereinbart war, die die Fälligkeit der Forderungen jedenfalls bis zum 3.8.2005 hinderte, konnte die Klägerin auch erst mit Ablauf der im Schreiben vom 3.8.2005 gesetzten Zweiwochenfrist in Verzug geraten, so dass sich die geltend gemachte Nebenforderung hier erst ab dem 20.8.2005 (3.8. zzgl. 2 Wochen zzgl. Zugangsfrist) aus Verzug begründet (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) feststellen lässt. Da damit auch keine Grundlage für die geltend gemachten Mahnkosten aus Verzug vor dem 20.8.2005 zu erkennen war, war die Klage auch insoweit abzuweisen.
42Dabei war der Antrag dahingehend auszulegen, dass die Beklagte Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrte und nicht Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz. Indes konnten lediglich 5 Prozentpunkte zuerkannt werden gemäß § 288 Abs. 1 BGB. Die Prämienforderung ist keine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB. Die Vorschrift erfasst nur auf die Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtete Forderungen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 288 Rn. 8 mit Verweis auf § 286 Rn. 27).
43Die Klägerin kann die Prämien schließlich auch nicht zurückhalten. Eine Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen hat die Klägerin nicht erklärt. Vor allem steht der Klägerin kein Anspruch auf Auslegung des Versicherungsvertrages gegen die Beklagte zu. Für einen solchen gibt es keine Grundlage, zumal die Beklagte mit Schreiben vom 18.2.2005 (Bl. 252 GA) hinreichend deutlich gemacht hat, wofür Versicherungsschutz besteht. Für einen weitergehenden Auskunftsanspruch gibt es keinen Grund.
44III.
45Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II Nr. 1, 709 ZPO.
46Streitwert:
47Klage: 37.044,82 €
48Widerklage: 13.401,- €
49Insgesamt: 50.445,82 €
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Referenzen
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