Urteil vom Landgericht Köln - 85 O 200/05
Tenor
1.
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an die Klägerin zu zahlen 133.041,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 09.02.2005 abzüglich
320,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 26.07.2003, 90,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 02.06.2004, 430,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 16.02.2004 und
1.190,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 02.09.2003.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
3.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstre-ckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin belieferte die Beklagte, bevor der Markt für solche Handelsware im Laufe des Jahres 2004 einbrach, mit Kunststoffumhüllungen für Mobiltelefone, sogenannten Handy-Covers, welche die Beklagte bei ihr am 19.03.2003 auf der Cebit-Messe in Hannover und am 30.08.2003 auf der Messe IFA in Berlin sowie nach Behauptung der Klägerin auch telefonisch bestellte.
3Die Klägerin verlangt den um den Erlös eines Deckungsverkaufs reduzierten restlichen Kaufpreis sowie Lager- und Speditionskosten für eine nach Darstellung der Klägerin unberechtigte Retoure.
4Die Klägerin beantragt,
5die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 133.041,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der österreichischen Nationalbank seit dem 09.02.2005 zu zahlen.
6Die Beklagte beantragt,
7die Klage abzuweisen.
8Die Beklagte bestreitet telefonische Bestellungen. Bei den Messebestellungen sei es zu gewaltigen Übermengenlieferungen gekommen. Die Klägerin habe Schutzrechte der Firma O verletzt, infolgedessen sei in den Geschäftsräumen der Beklagten eine gewaltige Stückzahl von Handy-Covers beschlagnahmt worden. Die Beklagte habe sich gegenüber der Firma O vergleichsweise zur Zahlung von Schadensersatz und zur Erbringung von Sachleistungen in Höhe von über 100.000,00 € verpflichtet.
9Schließlich erklärt die Beklagte (sinngemäß) die Aufrechnung mit Gegenforderungen.
10Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Akte verwiesen.
11Entscheidungsgründe:
12Die Klage ist weitgehend begründet, Art. 53 CISG. Ein Recht zur Rückgabe der gekauften Ware stand der Beklagten nicht zu.
13Gem. Art. 38 S. 1 CISG hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben. Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert er das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, angezeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet hat. Nach Art. 52 Abs. 2 CISG kann der Käufer dann, wenn der Verkäufer eine größere als die vereinbarte Menge liefert, die zuviel gelieferte Menge abnehmen oder ihre Abnahme verweigern. Nimmt der Käufer die zuviel gelieferte Menge ganz oder teilweise ab, so hat er sie entsprechend dem vertraglichen Preis zu bezahlen.
14Die Beklagte hat hiernach das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, verloren. Nach eigener Darstellung der Beklagten hat sie sich erstmals auf der Messe Cebit im Frühjahr 2004 über gewaltige Übermengenlieferungen im Wert von rund 90.000,00 € beklagt. Dies war weder, wie nach Art. 39 Abs. 1 CISG erforderlich, eine genaue Bezeichnung der Art der Vertragswidrigkeit, noch eine rechtzeitige Rüge, denn bis auf die letzte, telefonisch ausgelöste Lieferung geringen Umfangs, die am 26.02.2004 berechnet wurde, lagen sämtliche Lieferungen zum Zeitpunkt der Cebit-Messe im Jahr 2004 bereits Monate zurück.
15Auch auf die behauptete Verletzung von Schutzrechten kann die Beklagte sich nicht berufen, da sie die entsprechende Rügepflicht nach Art. 43 CISG nicht erfüllt hat. Hiernach hätte sie dem Verkäufer das Recht oder den Anspruch des Dritten innerhalb angemessener Frist nach Kenntnisnahme unter genauer Bezeichnung des Rechts oder des Anspruchs anzeigen müssen. Dies ist unterblieben.
16Die Kammer geht auch davon aus, dass es zu den von der Klägerin dargestellten telefonischen Bestellungen gekommen ist, denn zum einen hat dies der Zeuge I bestätigt, zum anderen hat die Beklagte, sollte die Klägerin ihr im Einzelfall dennoch einmal unbestellte Waren geliefert haben, das hierin liegende Angebot schlüssig dadurch angenommen, dass sie, was bei sämtlichen Lieferungen geschehen ist, wie von der Klägerin mit ihren unwidersprochen gebliebenen Schriftsätzen vom 08.06. und 12.09.2006 listenmäßig belegt worden ist, Abverkäufe aus diesen Lieferungen vorgenommen hat, ohne Rügen zu erheben.
17Mangels Berechtigung der Beklagten zur Rückgabe der Ware stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Lager- und Speditionskosten zu. Gegen den von der Klägerin nach Art. 85, 88 CISG vorgenommenen Selbsthilfeverkauf erhebt die Beklagte keine Einwendungen. Soweit die Klägerin nichts zu einer Anzeige ihrer Verkaufsabsicht vorträgt, würde eine fehlende Anzeige auch nur zur Erstattungspflicht eines daraus folgenden Schadens führen, wofür nichts dargetan ist.
18Der von der Klägerin vorgelegten Zinsberechnung hat die Beklagte nicht widersprochen.
19Im Ergebnis zu reduzieren war die Klageforderung daher nur um die von der Beklagten geltend gemachten vier unstreitigen Gegenforderungen, für die zur Herstellung rechnerischer Kompensation der auch von der Klägerin beanspruchte Zinssatz angesetzt worden ist.
20Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
21Streitwert: 133.041,00 €.
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