Urteil vom Landgericht Köln - 24 O 397/06
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Parteien bestand ein Hausratsversicherungsvertrag auf der Grundlage der KGA VHB 2000 (Bl. 14 ff GA).
3Im Februar 2006 kam es zu einem Leitungswasserschaden in dem der Klägerin gehörenden Haus Neu M 3b, ####1 M, bei dem erhebliche Schäden am Haus und am Hausrat entstanden.
4Die Schadensmeldung gegenüber der Beklagten erfolgte durch den Neffen der Klägerin am 17.02.2006, nachdem dieser am 15.02.2006 von der Johanniter-Unfall-Hilfe auf den Schaden aufmerksam gemacht worden war.
5Mit Schreiben vom 21.03.2006 kündigte die Beklagte den Hausratsversicherungsvertrag unter Berufung auf § 13b des Versicherungsvertrages, da die Beklagte davon ausging, das Haus sei jedenfalls länger als 90 Tage unbewohnt geblieben und nicht bedingungsgemäß beaufsichtigt worden. Zugleich setzte die Beklagte eine Frist nach § 12 Abs. 3 VVG.
6Die Klägerin leidet an multipler Sklerose. Jedenfalls seit dem 01.08.2005 befindet sie sich aufgrund eines am 28.07.2005 geschlossenen Wohnstiftsvertrages im F-stift, C-Weg, ####2 I. Der Vertrag (Bl. 117 ff GA) ist auf unbestimmte Zeit geschlossen worden und kann seitens der Klägerin binnen Monatsfrist gekündigt werden.
7Die Klägerin behauptet, im F-stift nur Probezuwohnen. Sie beabsichtige nach wie vor, wieder in ihre alte Wohnung in M zu ziehen, wie sie auch Dritten gegenüber wiederholt geäußert habe. Hierzu sei sie auch bei Inanspruchnahme entsprechender ambulanter Betreuung auch in der Lage. Seit August 2005 habe sie das Haus in M auch wiederholt aufgesucht, im September 2005 zweimal und sodann letztmalig am 09. und 30.10.2005.
8Sie habe ihren Neffen beauftragt, einmal wöchentlich zu dem Haus zu fahren und nach dem Rechten zu sehen; dem sei der Neffe auch nachgekommen, letztmalig am 02.02.2006. Zudem sei mit den Nachbarn vereinbart worden, "rund um das Haus" nach dem Rechten zu sehen.
9Die genaue Schadensursache sei ihr nicht bekannt; sie vermutet einen Rohrbruch, bestreitet jedoch mit Nichtwissen, dass dieser auf einem Einfrieren einer Leitungsrohres beruhe.
10Die Klägerin ist der Auffassung, nach dem von ihr geschilderten ihr Lebenssachverhalt sei ihr Lebensmittelpunkt auch zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihr Haus in M gewesen. Ihren Hausrat habe sie - von einigen Gegenständen des täglichen Bedarfs abgesehen - nicht mit in das Wohnstift genommen, sondern in ihrem Haus in M belassen.
11Soweit die Beklagte sich auf eine zum Leistungsausschluss führenden Gefahrerhöhung berufe, liege diese zum einen objektiv nicht vor, zum anderen sei sie jedenfalls nicht ursächlich für den Schaden geworden. Soweit die Versicherungsbedingungen für eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung bei einer länger als 60 Tage währenden Abwesenheit die Übernachtung einer Person im Haus vorsehe, seien sie überzogen und unwirksam.
12Mit der am 22.09.2006 bei Gericht per Fax eingegangenen Klage, für die am 04.10.2006 ein sodann am 11.10.2006 eingezahlter Gerichtskostenvorschuss eingezahlt worden ist, begehrt die Klägerin Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Einzelnen aufgeschlüsselte Hausratsschäden zu ersetzen. Wegen der Gliederung der Klageanträge wird auf Bl. 8 f der Klageschrift (Bl. 11 GA) Bezug genommen.
13Die Klägerin beantragt,
141.
15die Beklagte zu verurteilen, an sie 20.277,53 € nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
162.
17festzustellen, dass sie Beklagte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratversicherungsvertrag Nr. HxP22-#####/####-1 verpflichtet ist, der Klägerin den Sachschaden am Hausrat gem. den Positionen: 1.29, 1.38, 1.54, 1.57, 1.63, 1.64, 1.74, 1.84, 1.136, 1.142, 1.218, 2.1 bis 2.59 und 1.85 bis 1.114, 1.167, 1.168, 1.300 bis 1.303 des Gutachtens des Unternehmens WBSAN Sanierungsgesellschaft für C2- und X mbH vom 28.08.2006 zu ersetzen;
183.
19festzustellen, dass die Beklagte aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratversicherungsvertrag N. HxP22-#####/####-1 verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren entstehenden Schäden, insbesondere für Restaurierungsarbeiten und Wertminderungen, am Hausrat gem. allen Positionen des Gutachtens des Unternehmens WBSAN Sanierungsgesellschaft für C2-. und X mbH vom 28.08.2006 zu ersetzen.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte behauptet, eine Rückkehr der Klägerin in ihr Haus in M sei seit August 2005 weder gewollt noch medizinisch möglich. Sie ist der Ansicht, hieraus ergebe sich, dass der Hausrat in M zum Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht mehr versichert gewesen sei, da der Versicherungsort im Sinne des § 10 der VHB 2000 nicht mehr in M, sondern in I gelegen habe.
23Zudem beruft sie sich auf Leistungsfreiheit wegen einer nachträglichen Gefahrerhöhung im Sinne des § 13b GKA VHB 2000. Sie behauptet auch, es sei nicht ordnungsgemäß geheizt worden.
24Sie behauptet, aufgrund der unstreitig in Brandenburg Ende Januar 2006 besonders niedrigen Temperaturen, die bei minus 20 Grad lagen, sei es zu einem Rohrbruch gekommen und zu einem Wasseraustritt nach dem Wiederauftauen der geborstenen Leitung.
25Sie beruft sich auf die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist unbegründet.
29Die Klageausschlussfrist des § 12 Abs. 3 VVG ist allerdings nach den aktenkundigen Daten eingehalten worden.
30Es kann dahinstehen, ob eine Gefahrerhöhung im Sinne des § 13b VVG oder der §§ 23 ff VVG vorliegt und ob sich hieraus die Leistungsfreiheit der Beklagten ergibt. Ferner kann dahinstehen, inwieweit die Beklagte mit ihrem Hinweis auf die fehlende ordnungsgemäße Beheizung auch eine Verletzung der Obliegenheit der Sicherheitsvorschriften des § 14 Abs. 1 b) GKA VHB 2000 geltend gemacht werden soll, ob es hinsichtlich der Kündigungsfrist von Bedeutung ist, dass die Kündigung nicht ausdrücklich auch auf diese Bestimmung Bezug nimmt und ob die Schadensursache tatsächlich ein wegen Frosteinwirkung aufgeplatztes Rohr war.
31Denn es besteht auch unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags keine Deckungspflicht, weil der im Haus M befindliche Hausrat sich nicht am Versicherungsort im Sinne des § 12 GKA VHB 2000 befand. Versicherungsort ist danach die Wohnung des Versicherungsnehmers. Die Wohnung wiederum ist dort anzunehmen, wo sich der Lebensmittelpunkt eines Menschen befindet. Dies ist vornehmlich objektiv zu bestimmen. Vorbehalte und Pläne einer zukünftigen Änderung der tatsächlichen Umstände sind dagegen nicht maßgebend ebensowenig wie die Frage, inwieweit Hausrat in die neue Wohnung mitgenommen worden ist (vgl. OLG Köln, VersR 2000, 450 mit eingehender Begründung; Beschluss des OLG Köln vom 02.03.2004
32– 9 W 67/03 -). Die Klägerin befindet sich unstreitig jedenfalls seit dem 01.08.2005 in einem Wohnstift in I im betreuten Wohnen und hat ihr Haus in M – nach der Behauptung der Klägerin - letztmalig an jeweils zwei Tagen im September und Oktober 2005 aufgesucht. Von einem "Probewohnen", das die ursprüngliche Wohnung als Lebensmittelpunkt belässt, kann jedoch bei einem Wohnen an einem anderen Ort, das deutlich über ein Vierteljahr hinausgeht und – wie vorliegend – mindestens ein halbes Jahr währt (01.08.2005 – 31.01.2006), und bei dem allenfalls sporadisch – vorliegend allenfalls zweimal im Monat und nichtmals das jeden Monat - die frühere Wohnung aufgesucht wird, um dort nach dem Rechten zu sehen, nicht mehr gesprochen werden. Dass die Klägerin – nach ihrem Vortrag auch, nach dem Vortrag der Beklagten nur - in I ab dem 01.08.2005 gewohnt hat, ist unstreitig; insoweit unterscheidet sich dieser Fall von Vorgängen, bei denen sich die Versicherungsnehmer beispielsweise auf einem längeren Arbeits- oder Urlaubsaufenthalt andern Orts befinden, denn in den zuletzt genannten Fällen wird regelmäßig kein Lebensmittelpunkt an dem anderen Ort begründet; es handelt sich in diesen Fällen vielmehr nur um einen vorübergehenden Aufenthalt.
33Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
34Streitwert: bis 40.000,- €
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